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Intel bringt mit der "Arc A380" seine erste "Alchemist"-basierte Desktop-Grafikkarte heraus

Intel hat – momentan China-exklusiv – die allerste "Alchemist" Desktop-Grafikkarte nunmehr für OEMs und Retail-Segment endlich offiziell herausgebracht: Die "Arc A380" basiert auf dem kleineren ACM-G11 (SOC2) Grafikchip und geht mit nur 1024 FP32-Einheiten an einem 96-Bit-Speicherinterface in Konkurrenz zu den LowEnd-Produkten von AMD und nVidia. Mittels des ungewöhnlichen Speicherinterface kann Intel allerdings gleich 6 GB Grafikkartenspeicher verbauen, was gegenüber den jeweiligen AMD-Angeboten mit deren nur 4 GB VRAM durchaus ein handfestes Plus-Argument darstellt. Letztere werden zudem wie bekannt von einigen Abspeckungen bei PCI-Express-Interface, Decode/Encode-Support und maximaler Monitor-Anzahl limitiert – wovon die Intel-Karte ebenfalls unbetroffen ist (abzüglich einer kleinen, ertragbaren Abspeckung am PCI-Express-Interface).

Arc A380 Radeon RX 6400
Preislage (China) 1030 Yuan  (Liste) 1199 Yuan  (Retail)
Performance/Yuan in 11 Spielen Intel-Aussage:  "bis zu +25%"
realer Durchschnitt:  ~121,1%
100%
reale Performance ~104,0% 100%
Performance/Yuan gemäß Intels Angaben unter 1080p auf "Medium"-Settings, reale Performance gemäß eigener Umrechnung

Deren Problempunkte liegen eher bei Performance und Spiele-Kompatibilität: So berichteten Vorab-Tests von Start-Schwierigkeiten mit einzelnen Spielen sowie generell schlechten Frametimes (stark schwankenden Minimum-Frameraten). Aber auch die reine Performance der Intel-Grafikkarte ist etwas in Frage zu stellen: Intel zeigte hierzu eine vergleichsweise nichtssagende Benchmark-Folie, zuzüglich gab es das Versprechen von "up to 25% better performance per yuan". Dies wurde in der medialen Berichterstattung oftmals als "25% mehr Performance" verstanden, dabei wurde allerdings sowohl das "up to" als auch der Preisbezug dieser Angabe mißachtet. Gemäß den Intel-Fußnoten geht es hierbei um einen Preis/Leistungs-Vergleich zur Radeon RX 6400, zu welcher ein aktueller chinesischer Retail-Preis von 1199 Yuan (~$178) ermittelt wurde. Beachtend die Werte zu den einzelnen Spielen schrumpft Intels Preis/Leistungs-Vorteil erst einmal auf +21,1%, umgerechnet auf die reale Performance ergibt dies +4,0% Mehrperformance gegenüber der Radeon RX 6400.

Und dies ist aus reiner Performance-Sicht dann doch eher enttäuschend, denn bei der Arc A380 handelt es sich immerhin um den "ACM-G11" Chip im Vollausbau, welcher hier gegenüber der Radeon RX 6400 in einer stark abgespeckten Variante des zugrundeliegenden "Navi 24" Chips nur ziemlich knapp gewinnt. Ein anderer Testaufbau könnte zudem das Ergebnis durchaus noch in Richtung eines Performance-Gleichstands verschieben, schließlich ist die Benchmark-Auswahl bei Hersteller-eigenen Tests selten wirklich allgemeingültig (sondern oftmals rosarot gefärbt). Hier ergibt sich also eher noch Spielraum nach unten hin, während es dagegen nach oben hin womöglich nur über Treiber-Verbesserungen im Laufe der Zeit geht. Intel gleicht dies beim konkreten Produkt wenigstens über einen günstigen Preis wieder aus, die genannten 1030 Yuan dürften nach Währungsumrechnung und unter Berücksichtigung der leicht unterschiedlichen Mehrwertsteuer-Sätze (China: 16%) auf einen Euro-Preis von ca. 152€ hinauslaufen.

Arc A380 Radeon RX 6400 Radeon RX 6500 XT GeForce RTX 3050
Chipbasis Intel ACM-G11 AMD Navi 24 XL AMD Navi 24 XT nVidia GA106-150
Fertigung 7,2 Mrd. Transistoren auf 157mm² Chipfläche unter der 6nm-Fertigung von TSMC 5,4 Mrd. Transistoren auf 107mm² Chipfläche in der 6nm-Fertigung von TSMC 12,0 Mrd. Transistoren auf 276mm² Chipfläche in der 8nm-Fertigung von Samsung
Hardware 2 Raster-Engines, 8 Shader-Cluster (Xe-Cores), 1024 FP32-Einheiten, 96 Bit GDDR6-Interface 1 Raster-Engine, 12 Shader-Cluster, 768 FP32-Einheiten, 16 MB "Infinity Cache", 64 Bit GDDR6-Interface 1 Raster-Engine, 16 Shader-Cluster, 1024 FP32-Einheiten, 16 MB "Infinity Cache", 64 Bit GDDR6-Interface 2 Raster-Engines, 20 Shader-Cluster, 2560 FP32-Einheiten, 128 Bit GDDR6-Interface
Taktraten 2000/? MHz & 16 Gbps ?/2039/2321 MHz & 16 Gbps 2310/2610/2815 MHz & 18 Gbps 1552/1777 MHz & 14 Gbps
Speicherausbau 6 GB GDDR6 4 GB GDDR6 4 GB GDDR6 8 GB GDDR6
off. Verbrauch 75W 53W  (ASIC: ?) 107W  (ASIC: 80W) 130W
Abspeckungen nur PCIe 4.0 x8 nur PCIe 4.0 x4, kein AV1 Decode, kein H.264/4K & H.265 Encode, max. 2 Displays nur PCIe 4.0 x8
FHD Perf.Index geschätzt ~440-460% ~440% 580% 820%
Listenpreis 1030 Yuan (~$153) $159 $199 / 209€ $249 / 279€
Release Juni 2022 (China) OEMs: 19. Jan. 2022 – Retail: 20. Apr. 2022 19. Januar 2022 27. Januar 2022

Damit könnte man sehr gut gegenüber der Radeon RX 6400 anstinken, welche hierzulande derzeit ab 169 Euro kostet, ihre diversen Nachteile hat und vor allem nur mit 4 GB Grafikkartenspeicher daherkommt. Produkt-technisch ergibt sich somit kein Problem an der hiermit gebotenen Performance – sondern eher die Frage, wo denn Intels entsprechendes Angebot in westlichen Breiten ist. Aber natürlich testet man Produkte mit nicht ganz ausgereiften Treibern lieber doch in China, in der westlichen Welt zieht einem das kritische Publikum gern das Fell über die Ohren bei schwachen Frametimes und (teilweise) nicht funktionierenden Spielen. Das eigentliche Problem dieses von Arc A380 erreichten Performance-Niveaus liegt jedoch vielmehr darin, dass dies beachtbar unterhalb der bisherigen Erwartungen für einen Vollausbau des ACM-G11-Chips ist – und damit auch die Performance-Erwartungen der anderen Intel-Grafiklösungen bis hinauf zur Arc A780 beeinflusst.

Jene hat grob die vierfache Hardware und sollte eigentlich in Performance-Richtung der GeForce RTX 3070 gehen – was jedoch aus jetziger Sicht nur bei einer (praktisch nicht möglichen) perfekten Skalierung funktionieren würde. Abzüglich Skalierungs-Verluste muß Intel wohl deutlich kleinere (Performance-)Brötchen bei seinen "Alchemist"-basierten Desktop-Grafikkarten backen: Die größte Intel-Lösung Arc A780 dürfte nach einer aktualisierten Hochrechnung nunmehr zu kämpfen haben, überhaupt einer GeForce RTX 3060 Ti folgen zu können – und auch das restliche Portfolio musste somit entsprechend heruntergestuft werden. Dies kommt dann als weiterer Bremspunkt gegenüber einem größer angelegten Launch der "Alchemist" Desktop-Grafikkarten hinzu: Die ursprüngliche Performance-Zielsetzung wird wohl nicht ganz erfüllt, was somit auch den ansetzbaren Verkaufspreis limitiert.

Hardware Speicher Perf-Prognose (bisher) Perf-Prognose (aktualisiert)
Arc A780 32 Xe (4096 FP32) @ 256 Bit 16 GB GDDR6 grob GeForce RTX 3070 etwas schlechter als GeForce RTX 3060 Ti
Arc A770 möglw. 32 Xe (4096 FP32) @ 256 Bit 8 GB GDDR6 grob GeForce RTX 3060 Ti irgendwo zwischen GeForce RTX 3060 & 3060 Ti
Arc A750 möglw. 24 Xe (3072 FP32) @ 128/256 Bit 8 GB GDDR6 grob GeForce RTX 3060 bestenfalls RTX3060 (oder etwas schlechter)
Arc A580 16 Xe (2048 FP32) @ 128 Bit 8 GB GDDR6 bestenfalls RX6600 (oder etwas schlechter) bestenfalls RTX3050 (oder etwas schlechter)
Arc A380 8 Xe (1024 FP32) @ 96 Bit 6 GB GDDR6 etwas besser als Radeon RX 6500 XT wie Radeon RX 6400 (oder minimal besser)
Arc A350 möglw. 6 Xe (768 FP32) @ 64 Bit 4 GB GDDR6 etwas besser als Radeon RX 6400 beachtbar langsamer als Radeon RX 6400
Arc A310 möglw. 6 Xe (768 FP32) @ 64 Bit 4 GB GDDR6 grob Radeon RX 6400 deutlich langsamer als Radeon RX 6400
Anmerkung: eigene Einschätzung des Intel "Alchemist" Arc A## Desktop-Portfolios samt eigener Performance-Abschätzungen

Der andere Bremspunkt liegt darin, dass ein Grafikkarten-Launch im Sommer 2022 automatisch mit dem Herbst-Launch der nächsten Grafikkarten-Generation von AMD & nVidia verglichen werden wird – und so gesehen eigentlich keine Chance hat. Aus dieser Situation heraus dürfte auch kaum ein Grafikkarten-Hersteller hierbei mitmischen wollen, denn die Chance, in wenigen Wochen auf unabsetzbaren Produkten herumzusitzen, ist einfach zu groß. Intel dürfte wohl eher die schon vorhandenen ACM-G10 Grafikchips für die Arc A500 & A700 Serien irgendwie im OEM-Segment verklappen und nachfolgend keine neuen mehr produzieren. Allein der ACM-G11 Grafikchip für die Arc A300 Serie hat wohl die Chance, im LowEnd-Segment und für Mobile-Bedürfnisse eine gewisse Zeit weitergeführt zu werden. Die hierbei gemachten Erfahrungen dienen dann hoffentlich dazu, die vorhandenen Probleme bei der Spiele-Kompatibilität und den Frametimes aus dem Weg zu räumen, so dass dies wenigstens bei der nachfolgenden Intel Grafik-Generation "Battlemage" kein Thema mehr sein muß.