Verteilung der Einzelkosten & Fazit

Montag, 24. August 2009
 / von Leonidas
 

Und letztlich sehr interessant ist die prozentuale Verteilung der Einzelkosten bei unterschiedlichen Grafikkarten. Hier ergeben sich teils deutliche Differenzen bei Karten unterschiedlicher Preisregionen. Folgendes wurde anhand einiger ATI-Grafikkarten ermittelt, da dort die vorhandenen Komponenten-Einzelpreise doch besser belegt sind (die Kosten für das Grafikboard wurden nachfolgend zusammengezogen):

 Aufschlüsselung nach den Einzelkosten (ATI)

Sehr schön zu sehen ist, wie mit steigendem Kartenpreis der Anteil des Grafikchips klar zunimmt und der Anteil der Platine (nebst allen Aufbauten außer Chip und Speicher) ebenfalls klar abnimmt. Der Anteil des Speichers nimmt dagegen bis in den Mainstream-Bereich hinein ebenfalls ab, nur im Performance- und HighEnd-Bereich gibt es dann durch die dort üblichen größeren Speichermengen wieder einen zunehmenden Anteil am gesamtem Herstellungspreis einer Grafikkarte. Selbige Tendenzen existieren dann auch bei den nVidia-Modellen, wo beim Spitzenmodell GeForce GTX 285 der Anteil des Grafikchips sogar bei über der Hälfte des gesamten Herstellungspreises liegt.

 Aufschlüsselung nach den Einzelkosten (nVidia)

Der bei zunehmender Karten-Leistungsfähigkeit kleiner werdende Anteil des Grafikboards samt Aufbauten ist aber auch als Hinweis darauf zu sehen, daß es unserer Meinung nach durchaus möglich ist, im Performance- und HighEnd-Bereich die absoluten Billig-Bauteile wegzulassen und dort nur solche Komponenten zu benutzen, welche ohne das berüchtigte Spulenfiepen auskommen. Die Kosten für die Stromversorgung, zu welchen die bewußten Spulen einen Teil beitragen, liegen je nach Marktsegment der Karte zwischen 4 und 9 Dollar, was im Performance- und HighEnd-Bereich nur noch zwischen 5 und 7 Prozent des Karten-Herstellungspreises ausmacht. Die Benutzung besserer Komponenten dürfte hier mit maximal ein bis zwei Dollar Mehrpreis zu Buche stehen, was im Sinne des HighEnd-Charakters dieser Produkte doch tragbar erscheint.

Ein Wort noch zu den Kosten für die jeweiligen Kühlkonstruktionen, welche vorstehend mit in die Kosten für das Grafikboard eingerechnet wurden: Einzeln betrachtet sind die Kosten für Kühler und Lüfter in Relation zum Kartenpreis betrachtet recht konstant, sie schwanken maximal zwischen 10 und 17 Prozent und liegen meistens bei 13 bis 15 Prozent des Karten-Herstellungspreises. Dies hängt offenbar mit den jeweiligen Verlustleistungen der einzelnen Karten zusammen: Steigende Performance bedeutet höhere Verlustleistung und damit größere benötigte Lüfter. Sicherlich kann man mit eher verlustleistungsarmen Karten an dieser Stelle einiges einsparen – die Erfahrung zeigt aber, daß Sparsamkeit im Grafikkarten-Sektor letztlich nur zur Steigerung der Performance benutzt wird, womit man am Ende wieder auf das gleiche herauskommt.

Abschließend möchten wir ein klein wenig davor warnen, aus den vorstehend aufgelisteten Karten-Herstellungspreisen auf mögliche Gewinnmargen der Grafikkartenhersteller schließen zu wollen. Solche Rechnungen lassen sich mit dem vorhandenen Datenmaterial nicht anstellen, da es hierbei zu viele unbekannte Punkte gibt. So lassen sich beispielsweise die Marketing-Kosten eines Grafikkartenherstellers schwer auf einzelne Produkte aufschlüsseln – dazu gehört schließlich nicht nur Werbung, sondern auch Messen wie die CeBIT, welche für die Hersteller sehr heftig ins Geld gehen. Auch die Eigenkosten eines Grafikkartenherstellers sind uns (natürlich) nicht bekannt, so daß sich diese Rechnung unmöglich serös anstellen läßt.

Bekannt sind dagegen einige weitere Zusatzkosten wie die für Beilagen, Transport, Verpackung und RMA. So kosten beigelegte Kabel und Adapter zwischen 0,25 bis 1,50 Dollar pro Stück, wobei natürlich bei den HighEnd-Modellen üblicherweise das volle Programm beigelegt wird und bei den LowCost-Modellen nur das allernötigste. Die Verpackung selber kostet zwischen 1,50 Dollar für eine extrakleine Retail-Verpackung und 4 Dollar für eine der üblichen großen Retail-Verpackungen, eine eingeprägte Schrift auf der Verpackung oder andere Extras kosten im übrigen jeweils einen Dollar extra.

Der Transport zwischen Grafikkartenhersteller und Distributor ist dann ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor, diesen kann man mit im Schnitt 6 Prozent des Großhandelspreises ansetzen. Der Preis ist daher so hoch, da Grafikkarten üblicherweise per Luftfracht zu den Distributoren verschickt werden – der Transport per Schiff ist zwar billiger, dauert aber auch seine Zeit und hat daher das Risiko, daß sich die Grafikkartenpreise inzwischen ändern. Und letztlich kommen noch die RMA-Kosten hinzu, wobei die RMA-Quote sehr unterschiedlich ist: Bei HighEnd-Modellen beträgt diese üblicherweise 2 bis 3 Prozent, bei LowCost-Modellen dürfte sie wohl um einiges niedriger liegen. Die RMA-Quote deutet im übrigen nicht direkt auf die dadurch entstehenden Kosten hin, diese können unter Umständen sogar höher ausfallen.

All dies hilft aber wie gesagt nicht weiter, um eine mögliche Gewinnspanne der Grafikkartenhersteller zu ermitteln, da wir zum einen wie gesagt nicht die Eigenkosten der Hersteller kennen und zum anderen auch nicht den Großhandelspreis – denn nur zu diesem verkauft ein Grafikkartenhersteller schließlich seine Produkte. Von den allgemein bekannten Straßenpreisen wären hier also noch die Kosten und die Marge der Einzel- und Großhändler abzuziehen, zu welchen es genauso wenig handfeste Angaben gibt.

Allenfalls kann man die allgemeine Aussage aufstellen, daß bei den LowCost- und Mainstream-Karten üblicherweise Gewinnmargen für die Grafikkartenhersteller von wenigen Dollar pro Stück vorhanden sind und es in diesen Marktsegmenten die schiere Masse macht. Bei Performance- und HighEnd-Grafikkarten liegt dagegen üblicherweise eine höhere Marge vor – primär deswegen, weil in diesen Marktsegmenten deutlich weniger Karten abgesetzt werden und sich das ganze ohne höhere Gewinnmarge kaum lohnen würde. Zudem existiert gerade bei den Performance- und HighEnd-Grafikkarten ein größeres wirtschaftliches Risiko (Preissenkungen, Neuvorstellungen, Kursschwankungen), womit auch der Risikoaufschlag im Kartenpreis höher ausfallen muß.

Realistisch betrachtet ist das Grafikkarten-Geschäft ein höchst riskantes für die Hersteller und Händler: Zu den vorgenannten Risikopunkten kommt auch noch hinzu, daß es eigentlich zu viele Anbieter und zu viele Händler gibt, die sich preislich Tag für Tag aufs neue zu unterbieten versuchen. In einem solchen Markt sind die Endabgabepreise üblicherweise vollkommen "ausgelutscht" – insofern ist nicht davon auszugehen, daß wirklich viel Geld bei den Grafikkartenherstellern sowie im Groß- und Einzelhandel übrig bleibt.

Wir danken für die wertvollen Informationen zu den Nebenkosten (Beilagen, Transport, Verpackung und RMA) durch einen befreundeten Mitarbeiter eines bekannten Grafikkartenherstellers.