Launch-Analyse: AMD Radeon HD 7850 & 7870 (Nachträge)

Montag, 5. März 2012
 / von Leonidas
 

Nachtrag vom 19. März 2012

Wie für jede Grafikkarte des gehobenen Preisbereichs interessiert auch bei der Anfang des Monats vorgestellten und nunmehr in den Handel kommenden Radeon HD 7870 natürlich deren Übertaktungseignung. Wir haben uns zu diesem Zweck durch alle Launchtests und alle nachfolgenden Tests zur Radeon HD 7870 auf der Suche nach entsprechenden Übertaktungsergebnissen gewühlt – wobei die erste Erkenntnis dieser Suche ist, daß derzeit fast ausschließlich Berichte zu AMD-Testsamples der Radeon HD 7870 vorliegen und noch kaum Berichte zu Herstellerkarten (und gar keine mit Übertaktungsergebnissen zu Herstellerkarten). Dies muß keinen Einfluß auf die Übertaktbarkeit der Karten haben, allerdings wäre ein (breitbandiger) Quervergleich zu Herstellerkarten in dieser Frage doch schöner, weil es das Ergebnis besser absichern würde.

Zur Ausgangslage: Die Radeon HD 7870 ist die größte Grafiklösung basierend auf dem Pitcairn-Grafikchip und taktet ihre 1280 (1D) Shader-Einheiten mit regulär 1000/2400 MHz. Die anliegenden default-Spannungen betragen laut HT4U 1,22V für den Chip und 1,5V für den GDDR5-Speicher. Die Übertaktungs-Grenzwerte der Karte liegen original bei 1400/2900 MHz, was jedoch kaum erreicht wurde und damit keinen limitierenden Faktor darstellt. Die nachfolgende Übersicht der Übertaktungsergebnisse zur Radeon HD 7870 erfasst nun auch erstmals den Unterschied von Karten, die per erhöhter Spannungszufuhr übertaktet wurden, zu solchen Karten, wo die Übertaktung "nur" auf Basis der default-Spannung erfolgte:

Overclocking-Ergebnisse der Radeon HD 7870 (default = 1000/2400 MHz)
AnandTech 1150/2700 MHz (AMD-Referenz) VR-Zone 1280/3000 MHz @ 1,3V (AMD-Referenz)
The Tech Report 1200/2750 MHz (AMD-Referenz) The Tech Report 1275/2750 MHz @ 1,3V (AMD-Referenz)
Legit Reviews 1200/2700 MHz (AMD-Referenz) Neoseeker 1250/2652 MHz @ 1,3V (AMD-Referenz)
Hardware.fr 1200/2880 MHz (AMD-Referenz)
TechSpot 1220/2550 MHz (AMD-Referenz)
TechPowerUp 1205/3040 MHz (AMD-Referenz)
Rage3D 1200/2750 MHz (AMD-Referenz)
PC Perspective 1200/- MHz (AMD-Referenz)
Hexus 1158/2900 MHz (AMD-Referenz)
Hardware Canucks 1196/2602 MHz (AMD-Referenz) HT4U 1180/2900 MHz (AMD-Referenz)
HardOCP 1190/2800 MHz (AMD-Referenz) ComputerBase 1126/3208 MHz (AMD-Referenz)
Guru3D 1175/2900 MHz (AMD-Referenz) Golem 1220/- MHz (AMD-Referenz)

Damit läßt sich sagen, daß die Radeon HD 7870 ohne Spannungszugabe durchschnittlich auf 1188/2817 MHz übertaktbar ist, mit Spannungszugabe (für den Chip) liegt das Ergebnis bei 1268 MHz Chiptakt, wobei hierfür allerdings nur drei Ergebnisse vorliegen. Diese lassen vermuten, daß eine höhere Spannung bei der Radeon HD 7870 in erster Linie ein gutklassiges Übertaktungsergebnis erzwingen kann, daß sich das Übertaktungspotential aber nur eher geringfügig nach oben verschiebt. So erreichten die besten Karten ohne Spannungsmodifizierung auch schon 1220 MHz Chiptakt, die durchschnittlichen 1268 MHz Chiptakt bei spannungsmodifizierten Modellen sind da kein beachtbar Zugewinn. Sprich: Spannungsmodifizierung ist bei der Radeon HD 7870 das Mittel der Wahl, wenn eine Karte nur ein unterdurchschnittliches Übertaktungsergebnis erreicht, ansonsten bringt diese Option aber wenig ein.

In der Insgesamtbetrachung ist die Radeon HD 7870 mit durchschnittlich 19 Prozent mehr Chiptakt und 17 Prozent mehr Speichertakt durch Übertaktung ohne Spannungszugabe ein durchschnittlicher Übertakter – mit dem hohen Chiptakt hat AMD schon die meisten Reserven aus diesem Design genommen. Beide Übertaktungen zusammengenommen können jedoch durchaus für 10 bis 15 Prozent mehr Performance stehen – und mehr benötigt die Radeon HD 7870 gar nicht, um auf das Performanceniveau von (unübertakteten) GeForce GTX 580 und Radeon HD 7950 Karten zu kommen. Dies ist ein in jedem Fall optisch schöner Gewinn – ansonsten ist das durchschnittliche Übertaktungsergebnis aber klar zu gering (gerade im Vergleich zu den Übertaktungsergebnissen der Radeon HD 7950), um bei der Radeon HD 7870 von einer guten Übertakter-Karte sprechen zu können.

Nachtrag vom 22. März 2012

Die am 5. März offiziell vorgestellten Radeon HD 7850 & 7870 Grafikkarten erreichen nunmehr in größerer und lieferbarer Anzahl den Einzelhandel, nachdem zum offiziellen Verkaufsstart am 19. März nur ein paar vereinzelte Exemplare gelistet wurden. Dabei erreicht die Radeon HD 7850 eine Preislage von 220 bis 240 Euro – was zum Listenpreis von 249 Dollar passt (umgerechnet 225 Euro), aber eigentlich nicht gut genug ist, um die gleich schnelle Radeon HD 6950 2GB mit Preisen ab 210 Euro auch von preislicher Seite her unter Druck setzen zu können. Die Radeon HD 7870 gibt es dagegen für 300 bis 330 Euro, was ebenfalls zum Listenpreis von 349 Dollar passt (umgerechnet 314 Euro), jedoch das Problem aufwirft, daß die Karte damit viel teurer als die nur knapp 10 Prozent langsamere GeForce GTX 570 zu Preisen ab 230 Euro ist, einmal abgesehen von der knapp 10 Prozent schnelleren GeForce GTX 580, welche es derzeit schon ab 340 Euro gibt.

AMD Northern Islands AMD Southern Islands nVidia Fermi
Radeon HD 7950
Performance-Index: 290%
aktuelle Preislage: 380-410 Euro
GeForce GTX 580
Performance-Index: 280%
aktuelle Preislage: 340-380 Euro
Radeon HD 7870
Performance-Index: 260%
aktuelle Preislage: 300-330 Euro
Radeon HD 6970
Performance-Index: 240%
aktuelle Preislage: 280-300 Euro
GeForce GTX 570
Performance-Index: 240%
aktuelle Preislage: 230-250 Euro
Radeon HD 6950
Performance-Index: 220%
aktuelle Preislage (1GB): 190-220 Euro
aktuelle Preislage (2GB): 210-240 Euro
Radeon HD 7850
Performance-Index: 220%
aktuelle Preislage: 220-240 Euro
GeForce GTX 560 Ti 448 Cores
Performance-Index: 230%
aktuelle Preislage: 210-230 Euro

In allen Fällen können die 28nm-Grafikkarten von AMD nur ihr besseres Performance/Stromverbrauchs-Verhältnis (und ein teilweise moderneres Featureset) in die Runde werden, in der Frage des Performance/Preis-Verhältnisses liegen sie aber nicht besser als die 40nm-Grafikkarten von AMD und nVidia. Der 28nm-Käufer hat also nach wie vor von der 28nm-Fertigung keinerlei Performance-Vorteile, sondern "nur" Vorteile beim Stromverbrauch und beim Featureset. Dies hilft natürlich den im Markt noch vorhandenen 40nm-Grafikkarten, sich weitgehend ohne größere Preisabschläge noch zu verkaufen – gleichzeitig dämmt dies auch den Run auf die 28nm-Beschleuniger, welche derzeit nach wie vor unter zu geringen Nachliefermengen an 28nm-Chips seitens Chipfertiger TSMC leiden.

Mit der Zeit wird eine steigende Liefermenge an 28nm-Chips sowie das Auslaufen der 40nm-Beschleuniger aber natürlich den Weg frei machen zu klaren Preissenkungen bei den 28nm-Beschleuniger, auf daß der 28nm-Käufer dann auch mehr Performance für das gleiche Geld bekommt – so, wie man es von einer neuen Generation auf Basis einer neuen Fertigungstechnologie auch erwarten kann. Langfristig kann man die Radeon HD 7850 & 7870 auf dem Preispunkt ihrer natürlichen Vorgänger erwarten – und diese lauten Radeon HD 6850 & 6870. Vielleicht werden Radeon HD 7850 & 7870 niemals gänzlich deren radikal niedrige Preispunkte erreichen, aber das Ziel von 150 Euro für eine Radeon HD 7850 und 200 Euro für eine Radeon HD 7870 kann man schon ausgeben. So gesehen ist die jetzige Preissituation auf den ersten Blick überzogen – aber jene Zielpreise werden sich voraussichtlich nur ganz langfristig ergeben, Blickrichtung Jahresende.

Nachtrag vom 31. März 2012

Zur Radeon HD 7850 sind nach dem Launch zum Monatsanfang noch deren Übertaktungsergebnisse der verschiedenen Hardware-Tests nachzureichen. Trotz des nun ausreichend großen Zeitabstands zum Launch fanden sich leider nur wenige Übertaktungsergebnisse zu Herstellerkarten, auch Tests mit erhöhten Spannungswerte sind wie schon bei den Übertaktungsergebnissen zur Radeon HD 7870 Mangelwarre. Damit muß man derzeit erst einmal mit einer Masse an Übertaktunsgergebnissen zur Radeon HD 7850 leben, welche schon am Launchtag mit AMD-Pressesamples erzeugt wurden – welche natürlich nicht zwingend auf die Übertaktungsergebnisse mit den eigentlichen Herstellerkarten übertragbar sind.

Zur Ausgangslage: Die Radeon HD 7850 als die kleinere der beiden Pitcairn-Grafikkarten taktet wie bekannt per default mit 860/2400 MHz und läuft dabei laut TechPowerUp auf denselben 1,2V Chip- sowie 1,5V Speicher-Spannung wie die Radeon HD 7870. Die Übertaktungs-Grenzwerte der Karte liegen original bei 1050/2900 MHz, was gleich mehrfach (auch ohne Spannungszugabe) erreicht wurde und demzufolge durchaus die maximale Übertaktungsleistung limitiert, sofern man diese Limits nicht mit Fremdtools wie dem MSI Afterburner entsprechend erhöht.

Overclocking-Ergebnisse der Radeon HD 7850 (default = 860/2400 MHz)
Legit Reviews 1050/2400 MHz (AMD-Referenz) VR-Zone 1280/3000 MHz @ 1,3V (AMD-Referenz)
TechSpot 975/2550 MHz (AMD-Referenz) VR-Zone 1175/3050 MHz @ 1,3V (Asus DirectCU II Top)
TechPowerUp 1140/3160 MHz (AMD-Referenz) HT4U 1025/2760 MHz (XFX Black Edition)
PC Perspective 1050/- MHz (AMD-Referenz)
Neoseeker 1050/2900 MHz (AMD-Referenz)
Hexus 1050/2900 MHz (AMD-Referenz)
Hardware Canucks 1002/2614 MHz (AMD-Referenz) HardOCP 1050/2800 MHz (AMD-Referenz)
AnandTech 1050/2900 MHz (AMD-Referenz) ComputerBase 1025/3006 MHz (AMD-Referenz)

Ohne Spannungszugabe erreicht die Radeon HD 7850 ein durchschnittliches Übertaktungsergebnis von 1042/2836 MHz, was 21 Prozent mehr Chiptakt und 18 Prozent mehr Speichertakt ergeben. Dieses durchschnittliche Übertaktungsergebnis sagt im Fall der Radeon HD 7850 aber doch recht wenig zum Übertaktungsverhalten einer Karte aus dem Handel aus, denn: Zum einen limitierte wie schon gesagt bei vielen Übertaktungsversuchen das BIOS-Taktlimit und wurde somit nicht das gesamte Potential der Karte ausgereizt. Zum anderen aber gab es ein paar bemerkbar niedrige Übertaktungsergebnisse sowohl beim Chiptakt als auch beim Speichertakt, so daß die Radeon HD 7850 – zumindest von diesen Ergebnissen her – als eher unzuverlässiger Übertakter am besten beschrieben ist.

Erklärbar ist dies über den Umstand, daß für die Radeon HD 7850 natürlich die tendentiell schlechteren Chips verwendet werden: Sowohl die schlechteren Pitcairn-Chips als auch die schlechteren Speicherchips (bei identischem Speichertakt gegenüber der Radeon HD 7870). Damit ist die Streubreite bei der Radeon HD 7850 automatisch höher, gerade jetzt am Anfang der 28nm-Fertigung. Dies bedeutet aber auch, daß sich später bei gut funktionierender 28nm-Fertigung die Übertaktungsergebnisse der Radeon HD 7850 stabilisieren sollten. Den prinzipiell gesehen sollte die Radeon HD 7850 aufgrund ihres (relativ) niedrigen Chiptakts der bessere Übertakter gegenüber der Radeon HD 7850 sein, die wenigen Übertaktungsergebnisse per Spannungszugabe deuten in die Richtung ähnlicher Taktraten, wie sie bei der Radeon HD 7870 unter Übertaktung möglich sind.

Diese Prognose wird wenn dann aber nur bei sehr viel später produzierten Radeon HD 7850 zutreffen können – für den Augenblick ist die Radeon HD 7850 ein ebenso durchschnittlicher Übertakter wie die Radeon HD 7870 mit zudem einem bemerkbaren Risiko von eher schlecht übertakbaren Karten. Mit der durchschnittlichen Übertaktung von +21% bzw. +18% bei Chip und Speicher kommt man in etwa auf ca. 15 Prozent Mehrperformance, was eine derart (durchschnittlich) übertaktete Radeon HD 7850 knapp unterhalb des Performance-Niveaus einer Radeon HD 7870 führt.