Die Problematik der nicht eindeutigen Benchmark-Diagramme

Sowohl der letztjährige Launch der Radeon RX 590 als auch der kürzliche Launch der GeForce GTX 1660 Ti förderten bei der Auswertung der aufgelaufenen Benchmarks der Launch-Reviews die Problematik zu Tage, das einige Webseiten die notwendige Genauigkeit bei den Benennungs-Angaben ihrer Benchmark-Diagramme vermissen lassen, welche Grafikkarten da jeweils exakt getestet wurden. Dies ist im deutschsprachigen Internet eigentlich gar nicht mehr zu beobachten, im englischsprachigen Internet jedoch nicht gerade selten – teilweise sogar bei bekannten Publikationen. Dies fällt natürlich besonders bei Hardware-Launches ohne vorliegendes Referenzdesign und damit (naturgemäß) mit gewissem Anteil an werksübertakteten Karten auf, ist aber auch unterschwellig bei vielen anderen Hardware-Tests mit dabei, da ja oftmals frühere Testergebnisse bzw. Testanordnungen für nachfolgende Artikel weiterverwendet werden.

Im genauen geht es hierbei schlicht um die exakte Benennung der jeweils getesteten Hardware. Wenn dort ein "MSI 1660Ti Gaming" notiert wird, ist die Sache in sich klar, auch ein "RTX2070 FE" ist schon ausreichend eindeutig. Alles dazwischen ist dann hingegen durchaus mit Deutungsmöglichkeiten belastet – welches es allerdings zu vermeiden gilt, schließlich nützt der genaueste Test überhaupt nichts, wenn die einzelnen Testobjekte nicht hinreichend klar genug benannt werden. In vielen Hardwaretests läßt sich dies letztlich über den Kontext herausfinden, leider hilft zumeist die übliche Artikelseite mit der Testumgebung nicht weiter – wo ironischerweise oftmals alles herunter bis zum benutzten Mauspad notiert wird, aber in 90% der Fälle die eigentlich getesteten Grafikkarten nicht einmal erwähnt werden. Und letztendlich gibt es daneben dann auch noch reichlich an echtem Wildwuchs, wo augenscheinlich durchgehend werksübertaktete Karten durch die Benchmarks gejagt werden, der Artikeltext darüber jedoch nirgendwo auch nur ein Sterbenswörtchen verliert.

Deswegen ergeht hiermit die generelle Aufforderung an die Artikelschreiber, der Beschriftung von Benchmark-Diagrammen in Zukunft mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Es sollte dabei generell so sein, das das einzelne Benchmark-Diagramm für sich alleine schon eindeutig ist – oder wenigstes klar darauf hinweist, das hierzu noch wichtige Fußnoten existieren. Schließlich muß jeder Artikelschreiber damit rechnen, das Benchmark-Diagramme als Meinungsverstärker in Foren etc. benutzt werden, ergo sollten jene Benchmark-Diagramme keine mehrfach deutbaren Aussagen über die Testobjekte enthalten. Grundsätzlich kann man sich dabei an folgendes Schema halten:

  1. Der Grafikkarten-Name kann verkürzt wiedergegeben werden, muß aber eindeutig bleiben.
  2. Bei Grafikkarten mit verschiedenen üblichen Speichermengen (GeForce GTX 1060 3GB, 5GB & 6GB) sollte jene Speichermenge durchgehend notiert werden, um jeglichen Mißverständnissen vorzubeugen.
  3. Es muß klar herauskommen, ob eine Grafikkarte zum Referenztakt vorliegt oder aber eine werksübertaktete Version. Grafikkarten zum Referenztakt können beispielsweise generell mit "Ref." gekennzeichnet werden, selbst wenn sie nicht direkt von AMD oder nVidia kommen. Bei werksübertakteten Versionen ist generell die Nennung des Grafikkartenherstellers sowie des Karten-Eigennamens anzuraten (beispielsweise "Sapphire RX590 Nitro").
  4. Demzufolge sind nVidias Founders Editions ab der Turing-Generation zwingend mit "FE" zu kennzeichnen, da höher getaktet als die jeweilige Referenztaktung arbeiten.
  5. Wenn aus Platzgründen nur Kurznamen wie "RX590" o.ä. notiert werden, kann dies nur dann statthaft sein, wenn generell mit Karten auf Referenztakt hantiert wird. Ansonsten muß man mit Fußnoten darüber aufklären, welche dieser Karten nicht mit Referenztakt laufen (die Fußnoten-Auflösung sollte dann idealerweise direkt im Diagramm erfolgen).
  6. Es gilt somit generell zu vermeiden, das werksübertaktete Grafikkarten im Benchmark-Diagramm unter Bezeichnungen geführt werden, welche die Benutzung einer Karte mit Referenztakt nahelegt.
  7. Alle diese Regelungen können natürlich nicht nur für den jeweiligen Test-Gegenstand gelten, sondern logischerweise für alle im Benchmark mitlaufenden Grafikkarten.
  8. Die Artikelseite mit der Testumgebung sollte alle benutzten Grafikkarte mit vollem Namen (samt Speichermenge) und jeweils benutztem Grafikkarten-Treiber aufführen.

Diese ganze Rede hat damit natürlich nicht den Sinn, Tests rein mit Referenzkarten zu promoten – es muß den Hardwaretestern jederzeit frei bleiben, was und weshalb sie etwas austesten. Es geht hierbei allein um eindeutige Diagramm-Beschriftungen – welche im besten Fall keinerlei Deutungsmöglichkeiten offenlassen, sondern in sich eindeutig sind. Dies sollte im Sinne dessen, das keine Diskussion über Testergebnisse lohnt, wenn gar nicht klar genug offengelegt wird, was hierbei genau getestet wurde, doch machbar sein. Wenn dies in der Vergangenheit hier und da nicht korrekt passiert ist, dann läßt sich dies jetzt nicht mehr ändern – aber für die Zukunft sollte dies dann der Maßstab sein. Artikelschreiber sollten sich von alleine an diese eigentliche Selbstverständlichkeit halten – und Leser dies im Zweifelsfall anmahnen.

Abschließend noch ein kleiner Hinweis an die Hardwaretester: Um aus einer werksübertakteten Karten oder einer "Founders Edition" eine Karte auf Referenztakt zu machen, reicht es nicht aus, die Karte entsprechend umzutakten. Es muß genauso auch das Power-Limit entsprechend auf den Referenzwert zurückgesetzt werden. Eine reine Umtaktung bei gleichzeitig weiterhin erhöhtem Power-Limit führt fast zu gar nichts, denn über den automatisch sich seinen Weg suchenden Boosttakt heutiger Grafikkarten wird das höhere Power-Limit zumeist auch ausgenutzt und damit trotz nominell des Referenztakts ein höherer Realtakt erzeugt. Um in dieser Frage eventuellen Irritationen seitens der Leser zu begegnen, empfiehlt es sich, diese "Normalisierung" auf den Referenztakt bzw. die dafür notwendigen Schritte im eigenen Artikel konkret anzusprechen. Zumindest irgendwo (beispielsweise in der Testumgebung) sollte auch der Hinweis darauf notiert sein, das es sich hierbei um eine simulierte Karte mit den Referenz-Taktraten sowie natürlich auch dem Referenz-Power-Limit handelt.

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