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News des 2. Juli 2008

Wie WinFuture vermelden, hat Intel die Softwareentwickler aufgefordert, für zukünftige Software die "Verwendung von Dutzenden, Hunderten oder gar Tausenden Cores zu berücksichtigen". Hier spielt natürlich mit hinein, daß AMD wie auch Intel beim jetzigen Software- wie Hardwareansatz eine natürliche Grenze bei 16 Prozessorkernen sehen, darüber wird sich aufgrund des immer höher werdenden Verwaltungsaufwandes bei herkömmlicher Software kein Performance-Vorteil mehr einstellen. Für die Zeit danach plant man mit echten ManyCore-Prozessoren, wo es also nicht einfach mit 32 Prozessorkernen weitergeht, sondern dann gleich ein großer Sprung in der Anzahl der Prozessorkerne ansteht (siehe Intels Designstudie "Polaris" mit 80 Kernen).

Problematisch für diese Prozessoren bleibt allerdings weiterhin der Software-Part: Solcherart Prozessoren benötigen Software, welche schon auf kleinster Ebene multi-threaded geschrieben ist, die aktuell üblichen DualCore- und QuadCore-Optimierungen (welche sich meist nur auf das Aufteilen der Gesamtaufgabe in mehrere größere Teilaufgaben beschränken) helfen hier kaum noch weiter. Allerdings – und dies erscheint als das größere Problem – werden ManyCore-Prozessoren wohl auch Betriebssysteme benötigen, welche die Software für diese Prozessoren entsprechend unterstützt, aller Wahrscheinlichkeit nach ist es mit rein anders geschriebener Software nicht getan.

Und hier beginnen dann die richtigen Probleme: Welcher Softwareentwickler schreibt jetzt schon Code für noch nicht existierende ManyCore-Prozessoren, welcher dann erst auf entsprechenden Betriebssystemen, welche ebenfalls noch lange nicht existieren, richtig gut läuft?! Intel rennt hier durchaus in ein klassisches Henne-Ei-Prinzip – die Appelle an die Softwareentwickler sind somit zwar verständlich, werden aber nicht viel bringen. Lösen läßt sich diese Problematik wohl nur mit Zeit – viel Zeit, in welcher die Softwareentwickler ausgehend von einer breiten Basis an laufenden 8- und 16-Core-Systemen langfristig von den bisher üblichen DualCore- und QuadCore-Optimierungen auf ManyCore-Optimierungen umschwenken und damit danach diese Prozessoren überhaupt erst möglich machen.

Gemäß dem Heise Newsticker soll nunmehr schon ab dem 1. August in Bayern online durchsucht werden können, ein entsprechendes Gesetz biegt gerade auf die Zielgerade und ist aufgrund der eindeutigen Mehrheitsverhältnisse im Freistaat kaum noch zu verhindern. Der letzte Ausweg liegt damit wieder einmal in einer Verfassungsklage, welche allerdings auch ihre Zeit benötigen wird. Dabei dürfte eine solche Verfassungsklage einige Aussichten auf Erfolg haben, gibt sich der bayrische Gesetzgeber doch deutlich mehr Spielraum bei der Online-Durchsuchung als zum Anfang des Jahres vom Bundesverfassungsgericht eigentlich ziemlich eindeutig definiert wurde.

So belaufen sich die Ausnahmen, wo eine Online-Durchsuchung zulässig ist, grob gesagt auf konkrete Vorbereitung oder/und Ausführung von Totschlag, Mord, Geiselnahme, Terrorismus sowie ähnlicher Taten, welche den Bestand des Staates gefährden. Dies wurde auch größtenteils sehr exakt vom Verfassungsgericht ausgeführt, so daß etwas unklar ist, wieso der Freistaat Bayern dies nun reichlich umdeutet und erweitert: So spricht man in Bayern auch von der "Sicherheit des Staates", was ein extrem dehnbarer Begriff ist, der leider auch in der Praxis entsprechend gedehnt wird. Die Formulierung des Verfassungsgerichts vom "Bestand des Staates" ist da schon deutlich klarer, weil dies eine außerordentliche Schwere eines Angriffs voraussetzt – was beim Sicherheits-Begriff nicht der Fall ist.

Desweiteren geht man in Bayern auch nicht schon bei einer unmittelbaren Gefahr heran, wie dieserart vom Verfassungsgericht gefordert, sondern auch schon bei einer "künftigen Gefahr". Auch dies ist wieder eine extrem dehnbare Formulierung, vor allem da es sich bei einer solchen Einschätzung immer um eine Ansichtssache handelt, die nicht auf beweisfesten Fakten basieren muß. Das ganze wurde sogar in dieser Form direkt so formuliert: Es reicht in Bayern nunmehr eine begründete Annahme aus, jemand würde eine schwerwiegende Straftat begehen (wobei die Begründung wie gesagt eine Einschätzung der zuständigen Beamten ist und keinesfalls gerichtsfest sein muß). Das weitet die Online-Durchsuchung in jedem Fall deutlich weiter aus als die vielzitierten 10 Fälle pro Jahr, vor allem aber wird die Online-Durchsuchung damit zu einem normalen Ermittlungsparagraphen.

Dies ändert dann aber auch das Verhältnis der Bürger zu dieser Maßnahme: Während man nach dem Verfassungsgerichtsurteil noch von einer echten Ausnahme sprechen konnte, welche nur greift, wenn wirklich Not am Mann ist, will Bayern die Online-Durchsuchung nunmehr zum normalen Ermittlungsinstrument machen, wenn auch (noch) nicht quer durch den gesamten Straftatenkatalog. Nichtsdestotrotz höhlt dies das eigentlich deklarierte Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme gleich erst einmal grundlegend aus – mit Vater Staat als größter Bedrohung für dieses Grundrecht. Und da es leider keine Gewähr dafür gibt, nicht völlig unschuldig als Terrorist verdächtigt zu werden, kommt der Frage nach dem Schutz vor der Online-Durchsuchung dann doch wieder eine größere Bedeutung zu.