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Hardware- und Nachrichten-Links des 10./11. Dezember 2020

Eine interessante Diskussion bzw. Chip-Analyse in unserem Forum legt für den kommenden AMD "Navi 22" Chip angesichts dessen kolportierter Chipfläche von 335mm² eine Größe des Infinity Caches von 96 MB nahe. Noch kleinere Werte passen ziemlich sicher nicht zur Chipgröße, ganz egal ob jene für das Aufgabengebiet des Navi-22-Chips vielleicht sogar ausreichend sein würden. Größere Werte, sprich die vollen 128 MB des Navi-21-Chips erscheinen auch wenig wahrscheinlich (wenngleich nicht ganz unmöglich), aber die reinen Daten der Chipfläche sowie des bekannten Flächenverbrauchs der verbauten Hardware-Einheiten zeigen ziemlich klar auf 96 MB "Infinity Cache" als mehr oder weniger einzige praktikable Auflösung hin. Dies entspricht dann auch der Abspeckung des Speicherinterfaces von Navi 21 zu Navi 22 um ein Viertel (256 → 192 Bit Interface bzw. 128 → 96 MB Infinity Cache).

Chipfläche Technik Infinity Cache Grafikkarten-Serien
Navi 21 520mm² 8 Raster-Engines, 80 Shader-Cluster, 256 Bit GDDR6-Interfaces 128 MB Radeon RX 6800 & 6900 Serien
Navi 22 angebl. 335mm² angebl. 4 Raster-Engines, 40 Shader-Cluster, 192 Bit GDDR6-Interfaces wahrschl. 96 MB wahrschl. Radeon RX 6700 Serie

Inwiefern dies für Navi 22 notwendig ist, gibt es allerdings verschiedene Meinungen. Gerade wenn man das Anwendungsfeld der Navi-22-basierten Radeon RX 6700 Serie eher bei kleineren Auflösungen sieht, könnten kleinere Mengen an Infinity Cache durchaus ausreichend sein – schließlich ist das bei Navi 22 verbaute 192-Bit-Interface für dieses Performancefeld gar nicht einmal so ungewöhnlich (gleich zum GA106-Chip der GeForce RTX 3060). Als Gegenargument kann man anführen, dass Radeon RX 6700 Karten zwar vermutlich primär unter der FullHD-Auflösung genutzt werden dürften, jene in den anstehenden Hardwaretests sich aber auch keine klaren Schwächen unter höheren Auflösungen leisten können. Zumindest eine gute WQHD-Performance muß einfach herauskommen, ansonsten hat man seinen Makel weg – und in einem harten Wettstreit mit geringen Differenzen zwischen den Angeboten kann dies dann schon den Ausschlag gegen diese AMD-Karten geben.

Ein weiteres Argument pro mehr Infinity Cache liegt zudem in der Energieeffizienz: Da selbiger Cache die Speicherzugriffe verringert und dies (bei Erfolg) mit einem geringeren Stromverbrauch belohnt, ist gerade für die angedachten Mobile-Lösungen eher mehr als weniger Infinity Cache sinnvoll. Prinzipiell kann man hierbei durchaus so weit gehen, bis der Infinity Cache voll ausgelastet und das eigentliche Speicherinterface unterausgelastet ist. Aus Energieeffizienz-Sicht kommt dies immer noch günstiger und das Speicherinterface benötigt man wegen der Zielsetzung, eine höhere Speichermenge als nVidia zu bieten, sowieso in dieser Größe. Die Mehrausgaben an Chipfläche halten sich zudem im Rahmen, da ein 32-MB-Teil des Infinity Caches von Navi 21 wohl gerade einmal 20,6mm² Chipfläche (auf Navi 21) belegt. Natürlich verballert AMD im Endeffekt dennoch ganz schön an rarer Chipfläche unter der derzeit voll ausgelasteten 7nm-Fertigung, wenn Navi 10 bei 251mm² herauskam und Navi 22 bei 335mm² herauskommen soll – auf beiderseits 40 Shader-Clustern. Andererseits hat der Infinity Cache den generellen Vorteil, perspektivisch mit zukünftigen Fertigungsverfahren gut zu schrumpfen, während Speicherinterface hingegen kaum vernünftig schrumpfbar sind.

Twitterer NerdTech berichtet über einen (nicht öffentlich einzusehenden) Artikel der DigiTimes zu den Lieferschwierigkeiten der Grafikkarten-Hersteller. Danach soll tatsächlich die Chipausbeute unter Samsungs 8nm-Fertigung unzufriedenstellend sein – womit nVidia von der Problematik AMDs, dass TSMC (sehr gut laufende) 7nm-Fertigung voll ausgebucht ist, nicht profitieren kann. Selbst im Fall von zur Verfügung stehenden Grafikchips liegt ein zweites Problem der Grafikkarten-Hersteller dann allerdings im GDDR6-Speicher, von welchem derzeit die NextGen-Konsolen nahezu alles von deren Fertigungsmenge wegfressen. Sony und Microsoft dürften sich hierbei sicherlich eine gewisse Vorzugsbehandlung gesichert haben (genauso wie bei der SoC-Fertigung von TSMC), womit um so weniger für die Grafikkarten-Hersteller abfällt. Faktisch hätten die Speicherhersteller wohl vor dem Fertigungsbeginn der NextGen-Konsolen die GDDR6-Fertigung drastisch steigern müssen, was augenscheinlich nicht in diesem Maßstab passiert ist.

Dies kann sicherlich Corona-bedingt passiert sein, allerdings dürfte sich die Speicherchip-Industrie aus eigenen leidvollen Erfahrungen mit ihrem "Schweinezyklus" generell schwer tun, überhaupt Knall auf Fall erheblich Mehrkapazitäten hinzustellen. Schließlich ist ja schon absehbar, dass nach dem Ende der ersten Verkaufswelle bei den NextGen-Konsolen der GDDR6-Bedarf wieder etwas zurückgeht, es sich hierbei eher um eine temporäre Bedarfsausweitung handelt. Dass hierbei zwei neue Grafikkarten-Generationen von AMD & nVidia mit einer neuen Konsolen-Generation zum gleichen Termin aufeinandertreffen, ist ein unglücklicher Fall, welcher allerdings keinen Anlaß für die Speicherindustrie ergibt, jetzt panisch Überkapazitäten aufzubauen. Eine gewisse Zeit der Knappheit ist damit einfach zu ertragen, die große Fertigungsausweitung wird dagegen nicht kommen und wäre für die aktuellen Probleme sowieso zu spät dran. Wie schon an dieser Stelle erwähnt, gilt es nun auf die Verfügbarkeit der NextGen-Konsolen zu schauen: Sobald sich dort der Bestellberg abbaut und vielleicht sogar mal etwas auf Lager lieferbar wird, dürfte die Entspannung auf dem Grafikkarten-Markt nachfolgen.

Von Twitterer Harukaze5719 kommt diesbezüglich eine interessante Meldung, wonach AMD & nVidia beiderseits die Grafikchip-Preise erhöht hätten – bei nVidia genauer beziffert auf +10% Mehrpreis. Das ganze läuft schon bei der Quelle als "Gerücht", sollte daher nicht auf die Goldwaage zu legen sein. Es wäre zudem auch ein vergleichsweise ungewöhnlicher Schritt, denn in einem System, wo der Chipentwickler den gesamten Karten-Preis vorgibt, kann man nicht einfach mal den Chip-Preis erhöhen (ohne auch den offiziellen Listenpreis der gesamten Grafikkarte anzuheben). Wahrscheinlich ist derzeit aber vieles aufgrund der Knappheit an Chips & Komponenten machbar und inzwischen kommen die Preissteigerungen des Handels teilweise wohl auch bei den Grafikkarten-Herstellern an – womit AMD & nVidia nun ebenfalls mehr verdienen wollen. Denkbar natürlich, dass dies nur eine temporäre Maßnahme darstellt und es nach dem Ende der Lieferschwächen wieder auf das vorherige Preisniveau zurückgeht.

These are what I heard... I don't know about reliability
- NVIDIA GPU chipset price has increased 10% (NVIDIA -> AIB)
- AMD also increased GPU chipset price
- RTX 3080 Ti delayed
– RTX 3060 : January

Quelle:  Harukaze5719 @ Twitter am 11. Dezember 2020

Dass die Chip-Entwickler hingegen dauerhaft die Chip-Preise erhöhen, die Grafikkarten-Hersteller aber weiterhin zum Listenpreis verkaufen sollen, erscheint kaum vorstellbar, da dies letztlich allein gegen die Gewinnmarge der Grafikkarten-Hersteller geht. Es gibt allerdings durchaus Gerüchte, welche in die Richtung gehen, dass speziell nVidia mit der Ampere-Generation die Relation zwischen Chip-Preis und Listenpreis der kompletten Karte auffallend ungünstig zuugunsten der Grafikkarten-Hersteller angesetzt haben soll – so dass jene in der Praxis den Listenpreis gar nicht erfüllen können und die Karten dauerhaft teurer sein werden als nominell angesetzt. Derzeit läßt sich dieses Gerücht wegen der aktuellen Preisübertreibungen allerdings nicht überprüfen – erst wenn alles gut lieferbar ist, wird man sehen können, ob der von AMD & nVidia offiziell angesetzte Listenpreis sich bei den neuen Grafikkarten auch in der Praxis zeigt.