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Hardware- und Nachrichten-Links des 17. Juli 2012

Beim Spiegel gibt es einen bemerkenswerten Artikel, welcher in der Summe ein "Telemediengeheimnis" fordert – und diese Forderung aus dem grundgesetzlich garantierten Post- und Fernmeldegeheimnis ableitet. In der Tat ist es erstaunlich, wie faktisch durchgehend die Gesetze der Offline-Welt auf die Online-Welt übertragen werden – und zwar ganz egal ob passend oder unpassend – aber in der zentralen Frage der Grundrechte die grundsätzliche Idee des Fernmeldegeheimnisses nicht auf das Internet angewandt wird. Würde man dies tun, wäre so etwas wie eine Vorratsdatenspeicherung automatisch vom Tisch – genauso wie eine generelle Post- oder Telekommunikationsüberwachung in irgendeiner Form grundgesetzkompatibel wäre. Gleichfalls wären im übrigen privatwirtschaftliche Datensammlung automatisch grundgesetzwidrig – ein wichtiger Punkt, da hier die Wirtschaft leider schon lange Fakten schafft, bevor es langsam zu gesetzlichen Regelungen kommt.

Nochmals der Spiegel berichtet über den neuerlich aufbrechenden Browser-Streit von Microsoft mit der EU – Microsoft hat sich dabei wohl nicht an getroffene Absprachen gehalten und ist nun von harschen Bußgeldern bedroht. In der heutigen Zeit kommt einem dieser Streit natürlich nur noch um so anachronistischer vor, weil damit zum einen ein nicht mehr existierendes Problem "gelöst" werden soll (Microsofts einstmalige Vormachtstellung bei den Internet-Browsern), zum anderen aber natürlich der handfeste Wettbewerbsvorteil, welchen sich Microsoft dadurch zum Ende der 90er Jahre gesichert hatte, auch nicht wieder ausgeglichen wird.

Der ganze Fall zeigt leider nur sehr deutlich auf, daß die EU-Kommission trotz vorhandenem Willen nicht dazu in der Lage ist, Wettbewerbsverzerrungen auch wirklich auszugleichen – schließlich schwelt hierbei immer noch ein Streit des Jahres 1998, welcher erst im Jahr 2009 offiziell zu Ende ging. In der IT-Branche sind dies regelrechte Äonen an Zeit – und die den großen Firmen damit gemachte Aussage ist schlicht, alle Wettbewerbsstreitigkeiten nur ausreichend in die Länge zu ziehen, damit zum Zeitpunkt des finalen Schiedsspruchs die Marktsituation inzwischen sowieso schon eine völlig andere ist. Für den realen Wettbewerbsvorteil, welchen sich Microsoft seinerzeit erschlichen hatte, wurde das Unternehmen nie wirklich zur Kasse gebeten – obwohl der Schaden schon längst passiert ist und die elf Jahre später eingeführte Browser-Wahl (in einer anderen Zeit und Marktumgebung) kein echter Ausgleich dafür sein konnte.

Dabei wurde auch noch gänzlich negiert, daß Microsoft während dieser Zeit seine Monopolposition auch auf anderen Feldern mit denselben Verdrängungsmethoden sicherte – eine echte Aufarbeitung dieser Microsoft-Politik hat nie stattgefunden, obwohl dabei sicherlich wenigstens eine hübsche Summe zugunsten der europäischen Steuerzahler herausschlagbar gewesen wäre. Heuer nun befindet man sich in der regelrecht neuen Situation, daß Microsoft sich zum Systemanbieter in Konkurrenz zu Apple aufmachen will – und da man Apple bisher keine wettbewerbsrechtlichen Schwierigkeiten gemacht hat, dürfte es schwierig werden, Microsoft entsprechende Fesseln anzulegen. Langfristig kann es somit durchaus passieren, daß Microsoft sein "Lebensziel" durchbekommt und die Kontrolle über alle Windows-PCs erreicht – für das wettbewerbsrechtliche Feigenblatt würden dann die anderen Systemanbieter sorgen. Es bleibt zu hoffen, daß in dieser – aus Sicht der alteingesessenen User – "düsteren" Zukunft dann Linux die Rolle jenes Betriebssystems übernehmen kann, wo der Anwender noch die Kontrolle über seinen PC und seine Daten hat.