Launch-Analyse: Intel Haswell (Seite 3)

Dienstag, 4. Juni 2013
 / von Leonidas
 

Bezüglich des Stromverbrauchs zeigt sich Haswell nur etwas abweichend von Ivy Bridge: Beim Idleverbrauch bleibt es je nach Test auf dem gleichen Niveau oder etwas darunter, der Lastverbrauch geht dagegen bemerkbar (grob 10-15 Prozent) nach oben – die höhere TDP von Haswell bestätigt sich also durch die Praxis. Aufgrund des immer noch deutlichen Abstands zu AMD in dieser Frage bedeutet dies allerdings keinen echten Nachteil für Haswell, schließlich steht dem bemerkbar höheren Stromverbrauch auch eine etwas höhere Performance gegenüber. Interessanterweise wurde der Idleverbrauch sogar ohne die neuen C7- und C8-Stromsparmodi erreicht, welche wegen möglichen Netzteil-Inkompatibiliäten auf allen Mainboards per BIOS derzeit deaktiviert sind.

Bleibt nach viel Vorspann nur noch die Frage der Performance von Haswell zu klären. Aufgrund der exakt gleichen Taktraten der Topmodelle von Ivy Bridge (Core i7-3770K) und Haswell (Core i7-4770K) läßt sich dies sehr gut ermitteln bzw. ergeben die herauskommenden Werte zwischen diesen beiden Prozessoren genauso auch den Pro-MHz-Unterschied zwischen Ivy Bridge und Haswell – bezogen auf den ganzen Prozessor inklusive auch der Einflüße von HyperThreading und TurboMode:

Anwendungs-Performance FX-8350 3570K 4670K 3770K 4770K
HT4U 85% 90% 95% 100% 104%
PC Games Hardware 86,3% 81,5% 84,9% 100% 104,7%
ComputerBase 89% - - 100% 108%
Hartware 92,9% - - 100% 106,1%
Technic3D 93,0% - - 100% 108,9%
Tom's Hardware 83,9% - - 100% 107,7%
AnandTech - - 89,5% 100% 109,4%
Hardware Canucks 94,1% 78,2% 87,1% 100% 109,8%
TechPowerUp - 81,1% - 100% 106,8%
TechSpot 79,1% 76,1% - 100% 106,8%
X-bit Labs 83,4% - - 100% 107,6%
Hardware.fr 94,7% 80,9% 89,2% 100% 110,0%
Spieleunterstützungs-Performance FX-8350 3570K 4670K 3770K 4770K
HT4U 73% 97% 109% 100% 112%
PC Games Hardware 76,8% 95,4% 104,5% 100% 108,7%
ComputerBase 78% - - 100% 108%
Technic3D 78,4% - - 100% 101,8%
Hardware Canucks 73,7% 86,2% 98,8% 100% 112,5%
X-bit Labs 84,2% - - 100% 106,0%

In der Summe der Zahlen wird das ganze dann ziemlich stabil zu einem Pro-MHz-Gewinn zwischen Ivy Bridges Core i7-3770K und Haswells Core i7-4770K von 7,5% im Bereich der Anwendungs-Software und 8,2% im Bereich der Spieleunterstützungs-Performance (womit Spiele-Messungen unter Ausschaltung des Einflußes der Grafikkarte gemeint sind). Zwischen den Modellen ohne HyperThreading in Form von Ivy Bridges Core i5-3570K und Haswells Core i5-4670K wurden dann Performancezugewinne von +10,0% bzw. +12,2% erzielt – was auf einen etwas höheren Performancegewinn ohne HyperThreading hindeutet, allerdings derzeit leider nur auf der Basis von zu wenigen Werten für eine definitive Aussage steht.

Grob kann man daher von ~8% mehr Pro-MHz-Performance zwischen Ivy Bridge und Haswell reden – und den etwas höheren Effekt bei den Modellen ohne HyperThreading im Hinterkopf behalten. Wahrscheinlich primär die vierte Integer-Einheit, die vielen kleinen Detailverbesserungen und möglicherweise auch hier und da schon der erste Effekt von AVX2 haben also doch etwas gebracht und Intel konnte damit wenigstens den Performance-Zugewinn von Ivy Bridge toppen. Wirklich überzeugend im Sinne einer "neuen Prozessoren-Architektur" ist dies allerdings trotzdem nicht, schließlich brachte Ivy Bridge schon als reiner Refresh ein Performanceplus von ~6% mit sich.

Angesichts der wenig überzeugenden Vorab-Benchmarks zu Haswell sind die ~8% Mehrperformance dann doch eine nette Überraschung – aber auch nicht mehr. Für eine wirklich gute Vorstellung würde man auch einen Mehrtakt benötigten – am besten natürlich bei den regulären Taktraten, notfalls auch rein nur unter Overclocking-Bedingungen. Beides bietet Haswell allerdings nicht an – es gibt allein nur die ~8% Mehrperformance zu einem minimal höheren Preis sowie einem maßvoll höheren Stromverbrauch (welcher in etwa der höheren Performance entspricht).

Pro-MHz-Gewinn höchste Taktrate üblicher OC-Takt
Core 2   (2006, 65nm/45nm) - 3.0 GHz ~3.6 GHz
Nehalem   (2008, 45nm) +31% 3.2 GHz (+TM) ~3.8 GHz
Sandy Bridge   (2011, 32nm) +15% 3.5 GHz (+TM) ~4.5 GHz
Ivy Bridge   (2012, 22nm) +6% 3.5 GHz (+TM) ~4.5 GHz
Haswell   (2013, 22nm) +8% 3.5 GHz (+TM) ~4.4 GHz
Um einen fairen Vergleich mit der heutigen Situation zu gewährleisten, wo die Enthusiasten-Modelle in die "E-Architekturen" ausgegliedert sind, wurden bei der Angabe zur höchsten Taktrate bei Core 2 und Nehalem nur Prozessoren-Modelle des Mainstream-Bereichs mit Preispunkten bis maximal 500 Euro berücksichtigt. Zudem wurden überall natürlich allein auf die Werte von Vierkern-Modellen gesetzt.

Dies ist alles nicht schlecht, aber keineswegs in irgendeiner Form begeisternd. Niemand, der bereits ein vernünftiges System mit Sandy Bridge oder Ivy Bridge Prozessor besitzt, muß sich wegen Haswell zu einem Prozessor-Wechsel animiert fühlen – dafür sind alle CPU-seitigen Vorteile von Haswell bei weitem zu klein. Die Vorteile der neuen CPU-Befehlssatzerweiterungen AVX2 und TSX werden sich zudem vollumfänglich erst ganz langfristig zeigen – zu einem Zeitpunkt, wo längst neue Prozessoren kaufbar sein werden.

Als kleiner Negativpunkt obendrauf handelt es sich bei Haswell auf seinem Sockel-1150-Unterbau um ein kleines "Einbahnstraßen-System", da Intel derzeit nicht plant, den 2014er Haswell-Nachfolger "Broadwell" in der 14nm-Fertigung auch für Desktop-Gefilde aufzulegen. Es wird bei Haswell also keine Aufrüstchance durch eine neue Prozessoren-Generation geben – sondern wahrscheinlich nur etwas schneller getaktete Haswell-Modelle im Jahr 2014. Sicherlich ist das jährliche Aufrüsten bei Intel aufgrund der geringen Fortschritte mit jeder neuen Generation nicht mehr so beliebt wie früher noch, aber dennoch ist die grundsätzliche Möglichkeit für viele Anwender doch immer ein gewisser Pluspunkt gewesen – welcher nun bei Haswell fehlt.

Aufgrund der aktuell noch leicht höheren Preislage von Haswell läßt sich derzeit noch keine Empfehlung pro Haswell aussprechen – faktisch weisen Ivy-Bridge-Systeme durch den minimal besseren Prozessoren- und die klar besseren Mainboard-Preise zu einer verkraftbar niedrigeren Performance nach wie vor das bessere Preis/Leistungs-Verhältnis auf. Daß bei Ivy Bridge im Sockel 1155 keine neuen Prozessoren mehr nachkommen werden, ist zudem wie vorstehend schon erläutert auch nicht als Vorteil zugunsten von Haswell auslegbar – in beiden Fällen kauft man sich ein System, wo es wahrscheinlich keine sinnvolle Aufrüstmöglichkeit mehr geben wird.

Somit ist Haswell möglicherweise als "neue Prozessoren-Architektur" abgesprungen, letztendlich aber nur als wenig motivierender Refresh zu Ivy Bridge gelandet. Sobald die Preise der Prozessoren und vor allem der Mainboards sich etwas abgekühlt haben, gehen sicherlich alle Empfehlungen nur noch in Richtung Haswell – aber dies auch fast nur wegen des Neuheitswerts. Ohne den Neuheitswert würde sich Haswell gegenüber Ivy Bridge bei vollständiger Betrachtung der Dinge in der Tat allerhöchstens als gleichwertig einordnen lassen müssen.

Nicht Teil dieser Betrachtung und damit dieses Artikels ist die Performance der integrierten Haswell-Grafik, speziell der GT3-Grafik mit eDRAM. Diesem Thema werden wir uns nachfolgend noch in einem extra Artikel widmen.