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Die nVidia-Geschäftsergebnisse im vierten Quartal sowie Gesamtjahr 2022

nVidia hat seine Geschäftsergebnisse für das abgelaufene vierte Fiskalquartal sowie das Gesamtjahr vorgelegt, welches bei nVidia zum einen (abweichend vom Kalenderverlauf) von November 2022 bis Januar 2023 lief und somit das letzte Quartal des Finanzjahres 2023 (nicht 2022) bildet. Mittels der Hereinnahme des üblicherweise schwachen Monats "Januar" fallen vierte Quartale bei nVidia normalerweise nicht so stark aus wie bei den anderen Wettbewerbern, wobei derzeit sowieso weniger der Blick zu saisonalen Effekten geht, sondern auf der Entwicklung des Gesamtbild liegt. In dieser Frage hat sich nVidia erneut stabilisieren können, zwar weniger beim Umsatz, dafür aber sehr deutlich beim Gewinn. Am deutlichsten ist dies bei der Bruttomarge zu sehen, wo nVidia nunmehr wieder einen der für das Unternehmen typisch hohe Werte in den 60ern erzielte, nach zwei für nVidia in dieser Frage extrem schwachen Quartalen zuvor.

Q4/2021 Q1/2022 Q2/2022 Q3/2022 Q4/2022
Umsatz 7643 Mio. $ 8288 Mio. $ 6704 Mio. $ 5931 Mio. $ 6051 Mio. $
(nomineller) Gewinn 3003 Mio. $ 1618 Mio. $ 656 Mio. $ 680 Mio. $ 1414 Mio. $
Bruttomarge 65,4% 65,5% 43,5% 53,6% 63,3%
operativer non-GAAP-Gewinn 3677 Mio. $ 3955 Mio. $ 1325 Mio. $ 1536 Mio. $ 2224 Mio. $

Nichtsdestotrotz zeigt der Vergleich mit dem Vorjahresquartal an, dass nVidia schon einmal wo ganz anders stand, wenngleich im Jahr 2021 extrem begünstigt durch IT-Boom und Cryptomining-Hype. So verlor man zum Vorjahreszeitraum um –20,3% beim Umsatz sowie immerhin um –52,9% beim nominellen Gewinn. Selbst der operative non-GAAP-Gewinn musste mit –39,5% deutlich leiden, mit dieser Rechnungsweise kommt man der eigentlichen Geschäftstätigkeit (abseits Sonderabschreibungen und Steuerbelangen) wohl am nächsten. Der Vergleich zum direkten Vorquartal sieht dann wie gesagt deutlich freundlicher aus und bekräftigt eine gewisse Trendwende bei nVidia: Zwar nur +0,2% mehr Umsatz, dafür aber satte +108% mehr nomineller Gewinn sowie immerhin noch +44,8% mehr operativer non-GAAP-Gewinn. Natürlich war nVidia zur Jahresmitte 2022 auch in einer starken geschäftlichen Delle, insofern sind diese Gewinnsteigerungen nur Einmaleffekte, basierend eben auf diesem tiefen Tal zuvor.

Die Umsätze der einzelnen nVidia-Sparten veränderten sich gegenüber dem Vorquartal kaum, DataCenter war minimal schwächer, Gaming hingegen leicht besser. Auf letzteres sollte man allerdings nicht viel geben, denn nVidia hatte hier einiges an Absatzsteuerung am laufen, konkret zurückgehaltene Chips, damit die Grafikkarten-Hersteller, Distributoren & Händler ihre eigenen (teils überquellenden) Lagerbestände abbauen konnten. nVidias Umsatzzahlen geben somit nur zum Teil das Marktgeschehen aus Endkunden-Sicht wieder. Faktisch wurde im Handel augenscheinlich sogar mehr abgesetzt als mit nVidias Geschäftszahlen zu sehen, nämlich nVidias Nachlieferungen zuzüglich Lagerbestände innerhalb der Vertriebskette – was aber nicht mehr in nVidias Bilanzen auftauchen kann (sondern schon vor Monaten dort verbucht wurde). Erst wenn diese künstliche Verknappung nicht mehr im Markt steht, kann man aus nVidias Geschäftszahlen wieder Rückschlüsse auf den wirklichen Grafikkarten-Absatz ziehen.

Umsätze Q4/2021 Q1/2022 Q2/2022 Q3/2022 Q4/2022
Gaming  (GeForce & Switch) 3420 Mio. $ 3620 Mio. $ 2042 Mio. $ 1574 Mio. $ 1831 Mio. $
Data Center  (Tesla & Mellanox) 3263 Mio. $ 3750 Mio. $ 3806 Mio. $ 3833 Mio. $ 3616 Mio. $
Professional Visualization  (Quadro) 643 Mio. $ 622 Mio. $ 496 Mio. $ 200 Mio. $ 226 Mio. $
Auto  (Tegra) 125 Mio. $ 138 Mio. $ 220 Mio. $ 251 Mio. $ 294 Mio. $
OEM & Other 192 Mio. $ 158 Mio. $ 140 Mio. $ 73 Mio. $ 84 Mio. $

Zumindest läßt sich allerdings aufgrund des Gesamtbilds sagen, dass nVidia damit wohl keinen Anlaß sehen dürfte, seine bisherige Preis-Politik bei der neuen RTX40-Serie zu überdenken. Größere geschäftliche Einbrüche musste nVidia mit dieser augenscheinlich nicht erleiden, wenn die realen Absatzzahlen im Einzelhandel aufgrund des Lagerbereinigungs-Effekts wie gesagt höher liegen sollten als mit nVidias Geschäftszahlen ausgewiesen. So einen richtigen Denkzettel ob seiner Preisgestaltung hat nVidia zumindestens seitens der Grafikkarten-Käufer nicht bekommen – was bedeutet, diese geschäftliche Strategie funktioniert erst einmal für nVidia. So lange der Wettbewerb (seitens AMD & Intel) in dieser Frage nicht korrigierend eingreift, besteht somit seitens nVidias Geschäftszahlen kein Anlaß, auf irgendeine Kurskorrektur bei nVidia zu hoffen.

Das komplette Jahr 2022 bzw. nVidias Fiskaljahr 2023 betrachtend, hat es nVidia trotz der nicht unerheblichen Schwierigkeiten tatsächlich geschafft, doch noch seinen vorjährigen Umsatzrekord (minimal) zu überbieten und somit einen neuen Umsatzrekord aufzustellen. Genauso wie dies eine knappe Sache wurde, war es bei den Gewinn-Zahlen eine klare Sache: Der vorjährige Rekord dürfte wohl eine Weile überdauern, konnte im Jahr 2022 nicht einmal zur Hälfte erreicht werden. An dieser Stelle hat nVidia natürlich massiv vom IT-Boom 2020/21 sowie Cryptomining-Hype 2021 profitiert, welche zu einer Verknappung wichtiger IT-Güter und in der Folge zu einem generell hochschiessenden Preisniveau führten. Selbst in den Umsatz- und Gewinn-Zahlen des Jahres 2022 profitiert nVidia noch zum guten Teil von den Ausläufern dieser beiden Sondereffekte.

Für das laufende Jahr 2023 und damit nVidias anbrechendes Fiskaljahr 2024 gibt es dagegen keine solchen Vorteile mehr, hier muss sich wieder jeder Dollar hart erarbeitet werden. Wie auch bei AMD & Intel bedeutet dies primär kleinere Brötchen backen, das zu verteidigen, was man zur Zeit erreicht hat und darauf vielleicht in kleinen Schritten wieder aufbauen. Da die Abstürze bei AMD und nVidia jedoch deutlich kleiner ausgefallen sind als bei Intel, besteht gerade im Fall von nVidia durchaus die Möglichkeit, im Gesamtjahr 2023 wieder auf eine ähnliche Umsatzzahl zu kommen, bei guter Geschäftsentwicklung im Jahresverlauf sogar den Rekordwert erneut zu erreichen. Die Ansatzpunkte hierfür liegen in der Ablösung der RTX30-Serie zugunsten weiterer RTX40-Beschleuniger, was zumeist gut geschäftstreibend ist. Zudem könnte auch nVidias Arbeit an AI-Beschleunigern jenes Geschäftsfeld für nVidia potentiell stark vergrößern.

Nachtrag vom 23. Februar 2023

Heise bringen zu nVidias jüngsten Geschäftszahlen den wertvollen Hinweis, dass nVidia im Jahr 2022 immerhin 2,2 Mrd. Dollar an "Lagerhaltungskosten" für nicht verkaufte und somit eingelagerte Grafikchips verkraften musste. Der Begriff steht in Anführungszeichen, weil dies wahrscheinlich schlicht nur die benutzte Buchungs-Spalte meint, realistischerweise kann man mit Grafikchips- und karten keine derart (extrem) hohen Lagerhaltungskosten erreichen. Die eigentlichen Kosten dürften vielmehr über interne Wertberichtigungen entstanden sein: Der aktuelle Waren-Wert entspricht nicht mehr jenem Wert zum Zeitpunkt der Fertigung dieser Grafikchips, ergo gibt es eine buchhalterische Wertberichtigung, damit der Wert der Lagerware wieder korrekt angegeben wird. In gewissem Sinn sind dies dann eigentlich keine Kosten – aber natürlich geringere Einnahmen, sollte nVidia jene Lagerware dann eines Tages absetzen.

Nebenbei zeigt dies auch darauf hin, dass nVidia im Cryptoming-Hype des Jahres 2021 nicht nur von hochgehenden Absatzzahlen profitiert hat, sondern augenscheinlich auch die eigenen Abgabepreise an die Grafikkarten-Hersteller sogar um erhebliche Anteile angehoben haben muß. Hierbei geht es also nicht um 10-20% mehr, sondern um ganz erhebliche Preissteigerungen. Ansonsten kann man keine 2 Mrd. Dollar Wertberichtung erreichen, welche schließlich auch nur der negative Ausläufer eines vorher aufgebauten, viel größeren Gewinnbergs sein müssen. Damit haben sich also nicht nur Grafikkarten-Hersteller & Händler jeweils einen Teil der bis zum Dreifachen übertriebenen Grafikkarten-Preise eingesteckt, sondern auch die Grafikchip-Entwickler dürften hieran partizipiert haben, wenngleich womöglich mit etwas Zeitversatz. Letztlich ist dies nur all zu natürlich: Wenn alles sofort verkauft wird, dann treibt die Vertriebskette beim Kampf um Nachlieferungen sich selber Stück für Stück die Preise hoch.

Dabei locken zuerst die Einzelhändler die Distributoren mit höheren Einkaufspreisen (!), die Distributoren machen selbiges mit den Grafikkarten-Herstellern und letztere locken wiederum die Grafikchip-Entwickler, eben um zuerst dem eigenen Unternehmen die knappen Güter zu liefern. Der Weg führt in allen Fällen darüber, dass in diesem Augenblick der Kunde dem Lieferanten höhere Preise anbietet – was die einzige Möglichkeit ist, in Zeiten der Knappheit die anderen möglichen Abnehmer zuverlässig auszustechen. Das Spiel geht weiter bis zu diesem Punkt in der Vertriebskette, wo höhere Preise nichts mehr bringen – sprich bis zum Chip-Hersteller, welcher an der Kapazitäts-Grenze arbeitet und daher sowieso keine höheren Stückzahlen liefern könnte. Gut denkbar somit, dass in der Endphase der Grafikkartenpreis-Übertreibung der Löwenanteil der überhöhten Preise inzwischen schon bei den Grafikchip-Entwicklern lagen. Jene haben somit im dem Hype nachfolgenden Kater dann auch die größten Wertberichtigungen zu tragen.