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Microsofts Xbox 720 anscheinend ebenfalls mit Pitcairn/HD7800-ähnlicher Grafiklösung

Wir hatten die kürzlich aufgetauchten Spezifikationen zur Microsoft Xbox 720 schon einmal kurz erwähnt, allerdings fehlten da natürlich noch die Angaben zum Grafikchip der Xbox 720. Dies läßt sich nunmehr nachholen, denn in dem bei GameImformer nach wie vor downloadbarem Dokument finden sich dann doch noch entsprechende Angaben: So soll eine AMD-basierte (es wird ein Radeon-Logo gezeigt) Grafiklösung mit 64 Ausführungseinheiten auf 1 GHz Takt zum Einsatz kommen. Diese 64 Ausführungseinheiten klingen erst einmal nach vorgestern, allerdings gibt es gerade bei den AMD-Grafikchips viele Möglichkeiten, wie man deren Recheneinheiten betrachten kann – jede Shader-Einheit einzeln (= 2048 Shader-Einheiten beim R1000/Tahiti) oder aber die Shader-Einheiten gezählt als Vec16-ALUs (= 128 Vec16-ALU beim R1000/Tahiti). Und vermutlich dürfte letzteres Modell auch Pate beim nachfolgenden Block-Diagramm der Xbox 720 gestanden haben:

Sprich: Die Xbox 720 dürfte also über 1024 Shader-Einheiten verfügen, konkret 64 Vec16-ALUs. Höchstwahrscheinlich dürfte hier schon ein GCN-Derivat verbaut sein, ergo sind es 1024 (1D) Shader-Einheiten – und damit genauso viel wie bei der Radeon HD 7850 und nur minimal weniger als bei der Playstation 4 (1152 (1D) Shader-Einheiten). Theoretisch könnte in beiden kommenden NextGen-Konsolen derselbe Pitcairn-Grafikchip verbaut sein, aber vermutlich dürften beide Konsolen-Entwickler auf gewisse Eigenheiten bestanden haben, welche eine etwas andere Hardware notwendig machen – und die Grafikchips für Xbox 720 und Playstation 4 getrennt fertigen zu lassen, geht wegen der zu erwartenden Millionen-Stückzahlen sowieso in Ordnung. Zudem dürften sich beide Konsolen-Entwickler am Ende auch kaum vom jeweils anderen in die Karten schauen lassen und daher auf strikt getrennte Entwicklungen bei AMD bestehen. Die vollständigen aus obigem Block-Diagramm zu ziehenden Daten zur Xbox 720 lauten damit:

    Microsoft Xbox 720

  • 6 bis 8 ARM- oder x86-Kerne auf 2.0 GHz Takt
  • 3 PowerPC-Kerne auf 3.2 GHz Takt (arg unwahrscheinlich)
  • AMD GCN-basierte Grafiklösung mit 1024 (1D) Shader-Einheiten auf 1.0 GHz Takt = 2048 GFlops Rechenleistung
  • >= 32 MB eDRAM
  • 4 GB DDR4-Speicher an einer 128-Bit-Anbindung (vermutlich 64 Bit DualChannel)
  • nur 120 Watt System-Stromverbrauch
  • Systemkosten nur 225 Dollar, Abgabepreis 299 Dollar

Die Angaben sind dabei umfangreicher als diejenigen zur Playstation 4, dafür aber ingesamt betrachtet auch klar unglaubwürdiger: Der Verbau von drei PowerPC-Rechenkernen nur aus Kompatibilitätsgründen zur Xbox 360 wäre höchst unökonomisch, da man die Xbox 360 auf der viel schnelleren Hardware der Xbox 720 auch durchaus mit der vorhandenen Rechenkraft simulieren kann. Vor allem aber passen diese drei zusätzlichen Rechenkerne nicht in die angeblichen Systemkosten von nur 225 Dollar, was nebenbei gesagt für eine NextGen-Konsole auch sehr wenig wäre – die Xbox 360 mit Festplatte startete mal mit einem Abgabepreis von 399 Dollar und war jahrelang teurer in der Produktion als durch den Verkaufspreis zu decken gewesen wäre.

Selbst wenn man die drei PowerPC-Rechenkerne nicht betrachtet, erscheinen sowohl die Angaben zum Systempreis als auch zum Stromverbrauch (von angeblich nur 120 Watt) unrealistisch: Der Grafikchip hat gutes Performance-Niveau, die sechs bis acht ARM- oder x86-Rechenkerne werden ihren Teil kosten und die 32 MB eDRAM dürften ebenfalls ein Kostenfaktor sein. Samt Mainboard, Hauptspeicher, Festplatte (oder SSD), extra Flash-Speicher, Lüftern, Netzteil, Gehäuse und Eingabegeräten sind da kaum 225 Dollar erreichbar, eher denn 300 bis 400 Dollar selbst bei sparsamer Kalkulation. Andererseits stammt das geleakte Dokument auch schon aus dem Jahr 2010, enthält es also in jedem Fall nur preisliche Prognosen – und da kann man sich natürlich auch verschätzen, wenn man 2010 mit den Produktionsfortschritten der Jahre 2011 bis 2013 kalkulieren soll.

Diese terminliche Ausgangslage zeigt dann letztlich auch die generelle Unsicherheit dieser Daten auf: So wie vorgenannt mag Microsoft die Xbox 720 vielleicht im Jahr 2010 geplant haben – aber diese Planungen dürften sich inzwischen natürlich auch schon wieder gewandelt haben. Sicherlich wird Microsoft dabei kaum von den Grundgrößen bei CPU und Grafikchip abrücken, will man schließlich ein gewisses Performanceniveau erreichen. Aber bei den Nebenpunkten wie eDRAM, Hauptspeicher und konkreten Taktraten sind Änderungen zwischen 2010er Planung und 2013er Realität nicht nur möglich, sondern sogar sehr wahrscheinlich. Vorstehende Spezifikationen sind also wegen ihres Alters keineswegs auf die Goldwaage zu legen, hier kann sich im Detail noch einiges ändern.

Nachtrag vom 9. Januar 2013

Aus einem chinesischen Forum (maschinelle Übersetzung ins Deutsche) kommen neue Informationen zur Hardware der Xbox 720: Danach soll das aktuelle Developer-Kit der kommenden NextGen-Konsole von Microsoft über eine Achtkern-CPU, 8 GB Speicher und eine als "8xxx" beschriebene Grafiklösung verfügen. Zu letzterer gilt zu sagen, daß sich diese Angabe nach einer Betriebssystem-Meldung (es ist eine Spezialversion von Windows 8 im Einsatz) anhört und nicht danach, daß man explizit nachgeschaut hätte – womit sich unter "8xxx" faktisch alles von AMD verbergen könnte, gerade im Angesichts der aktuellen Rebranding-Aktion. Grafikkarten-seitig bestätigt diese Meldung ergo nur, daß es sich um eine AMD-GPU mit höchstwahrscheinlich dem Mindestlevel GCN1 handelt – alles weitere wird man sehen müssen. Interessant ist daneben natürlich die Achtkern-CPU, welche allerdings auch schon in früheren Spezifikations-Meldungen zur Xbox 720 notiert wurde. Seinerzeit wurde hierzu die recht niedrige Taktrate von 2.0 GHz genannt, was dann die gleich acht Rechenkerne wieder etwas relativiert. Zu beachten wäre zudem, daß frühe Developer-Kits durchaus auch vom finalen Produkt abweichende Hardware mitbringen können, wenn die eigentlich geplante Hardware noch nicht zur Verfügung steht.