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nVidia deaktiviert Treiber-Übertaktung bei mobilen Maxwell-Chips

Grafikchip-Entwickler nVidia hat ab der Treiber-Version 347.09 die Übertaktungsfunktionalität des GeForce-Treiber für mobile Maxwell-Chips deaktiviert – dies betrifft also neben der GeForce 900M Serie auch die Maxwell-basierten Teile der GeForce 800M Serie (wie in diesem konkreten Fall). Jene Maßnahme betrifft damit nicht die Grafikchips früherer Chip-Architekturen, jene lassen sich nachweislich auch mit neuem Treiber weiterhin übertakten. nVidia begründet dies laut einem entsprechenden Posting im nVidia-eigenen GeForce-Forum mit den möglichen Gefahren von Übertaktungen speziell im Umfeld eines Notebooks – und spricht interessanterweise Notebooks mit GeForce-Grafiklösung generell die Übertaktungseignung ab:

Unfortunately GeForce notebooks were not designed to support overclocking. Overclocking is by no means a trivial feature, and depends on thoughtful design of thermal, electrical, and other considerations. By overclocking a notebook, a user risks serious damage to the system that could result in non-functional systems, reduced notebook life, or many other effects.

There was a bug introduced into our drivers which enabled some systems to overclock. This was fixed in a recent update. Our intent was not to remove features from GeForce notebooks, but rather to safeguard systems from operating outside design limits.
Quelle: nVidia

Die Bedenken bezüglich möglicher Gefahren sind dabei nicht wirklich falsch, schließlich herrschen in Notebooks sehr begrenzte thermische Limits – und oftmals arbeiten die Notebook-Hersteller auch schon im Bereich der eigentlichen Grenzwerte, rechnet man eher mit einer "durchschnittlichen" Nutzung und prüft nicht nach, ob die Systeme auch unter stundenlanger übertriebener Dauerlast noch stabil sind. Ein Posting in unserem Forum zeigt zudem auf, daß im Mobile-Einsatz Problemfelder hinzukommen, welche im Desktop-Bereich völlig unbekannt sind. Eine zusätzliche Übertaktung kann dann nicht nur die Systemstabilität, sondern sogar die Langlebigkeit des Geräts erheblich beeinträchtigen.

Im Gegenzug gibt es dagegen viele Fälle, wo verbaute Mobile-Grafikchips bereits vom Grafikchip-Entwickler so tief heruntergetaktet wurden, das eine Übertaktung ganz problemlos und innerhalb der Spezifikationen für Kühlsystem und Temperaturbelastung realisiert werden kann. Ein bekanntes Beispiel hierzu ist die GeForce GTX 850M, welche schlicht eine heruntergetaktete GeForce GTX 860M darstellt. Beide Mobile-Grafiklösungen werden zumeist mit selben Chip-Package und selber Kühllösung verbaut – was letztlich bedeutet, daß eine Übertaktung der GeForce GTX 850M auf das Niveau der GeForce GTX 860M völlig gefahrlos sein sollte, da innerhalb der Hersteller-Spezifikationen liegend.

Insofern – und weil es bislang auch nirgendwo Limitationen in diese Richtung hin gab – kommt nVidias Entscheidung zur Übertaktungssperre bei Maxwell-basierten Mobile-Lösung dann doch reichlich überraschend. Dies trifft augenscheinlich sogar auf die Notebook-Hersteller selber zu, welche von nVidia im Vorfeld nicht über diese Entscheidung infomiert wurden – und nun teilweise ziemlich nackig dastehen, denn diverse GeForce-gepowerte Notebooks wurden sogar offensiv mit Übertaktungsfunktionalität beworben bzw. wurde die Funktionalität der Hersteller-eigene Übertaktungs-Tools durch die neuen nVidia-Treiber plötzlich außer Kraft gesetzt. Zwar ist es denkbar, das nVidia den Notebook-Herstellern weiterhin ihre eigenen Übertaktungen bzw. den Übertaktungs-Spielraum bei diversen Notebook-Modellen einräumt, aber dies müssen die Notebook-Hersteller nun wohl Geräte-spezifisch neu mit nVidia abklären.

Für die Nutzer bedeutet diese Änderung der Treiber keinen ganz großen Einschnitt, da die Übertaktung von Mobile-Grafiklösungen nun nicht gerade weit verbreitet ist. Für die wenigen Nutzer, welche übertaktete nVidia-Grafiklösungen im Notebook verwenden, ist es natürlich überaus ärgerlich, weil hiermit bislang problemlos laufende Funktionalität einfach so nachträglich entzogen wird. Wer sich dagegen ein Notebook mit beworbener Übertaktungs-Funktionalität zugelegt und jene auch genutzt hat, darf sich allerdings zu Recht vollkommen hintergangen fühlen (und hat zudem ein Schadensersatz-Recht gegenüber dem Notebook-Hersteller). Doch auch für die persönlich nicht betroffenen Nutzer bleibt ein übler Nachgeschmack, denn nVidia hat in diesem Fall einmal mehr nachträglich die zum Produktlaunch versprochene oder allgemein angenommene Funktionalität reduziert – ein Spiel, in welchem nVidia inzwischen Übung hat.

Man mag es kaum noch kommentieren, so lästig und unnötig erscheinen einem solcherart Fälle: Wenn nVidia für Maxwell-basierte Mobile-Lösungen keine Übertaktung wünscht, hätte man dies gleich zu deren Launch bei der GeForce 800M Serie realisieren sollen. Eine nachträgliche Änderung zwingt eigentlich immer zu einer größeren, wirklich offiziell aussehenden Erklärung samt einer angebotenen Kompensation – oder man läßt es besser und führt die neue Regelung erst für neu erscheinende Mobile-Grafklösungen ein. nVidia zeigt leider einmal mehr, daß man in seiner eigenen Stratosphäre schwebt, wo der Nutzer nur als brav zahlender Käufer vorkommt, aber nicht als Kunde mit berechtigten und rechtmäßigen eigenen Interessen – oder noch schlimmer, mit Kritikfähigkeit. nVidia scheint der eigene geschäftliche Erfolg nun vollens in den Kopf gestiegen zu sein – und es hängt letztlich am Grafikkarten-Käufer, diese Situation zu akzeptieren oder (mit seiner praktischen Kaufentscheidung) zu ändern.

Nachtrag vom 18. Februar 2015

Im Zuge der Diskussion über nVidias Deaktivierung der Treiber-Übertaktung bei mobilen Maxwell-Chips kam es zu dem interessanten Argument, daß nVidia im Sinne der Langlebigkeit gerade der Mobile-Grafikchips doch einfach die Power- und Temperatur-Target festsetzen hätte sollen, anstatt das Übertakten generell abzuwürgen. Denn liegen Stromverbrauch und Wärmeentwicklung innerhalb der spezifizierten Parameter, sollte auch eventuelles Overclocking keine echten Auswirkungen auf Systemstabilität und langfristige Lebenserwartung haben. Gerade mit den Maxwell-Chips sollte dies doch möglich sein, hier hat nVidia diese beiden Targets bestens im Griff. So gesehen darf man gut und gerne andere Motive hinter der neuen Overclocking-Sperre vermuten, denn den Betrieb zu unsicheren bzw. langfristig schädlichen Konditionen hätte nVidia wie gesagt auch anders verhindern können.