nVidias HybridPower

Montag, 21. Januar 2008
 / von Leonidas
 

HybridPower logo Die Idee, für Windows-Aufgaben doch besser die in vielen Mainboards sowieso integrierte Grafiklösung zu verwenden und nur für Spiele die extra Grafikkarte zuzuschalten, existiert in der Theorie schon einige Zeit – und ist auf einige speziellen Notebooks (mittels Umschaltern) sogar schon teilweise in die Praxis umgesetzt worden. Der Antrieb für diese Idee ist gewöhnlich, dass die meisten heutzutage verbauten integrierten Grafikchips mehr als ausreichend schnell genug für Windows-Darstellungen sind, wie auch dass die Stromspar-Modi von extra Grafikkarten oftmals nicht wirklich befriedigend sind. Zudem würde man natürlich mit einer kürzeren Laufzeit auch die Investition in die zumeist teure Grafikkarte besser schützen bzw. im Mobile-Bereich die Akkulaufzeit verlängern.

Einem solchen Vorhaben stehen allerdings einige Hürden entgegen. So ist zuerst einmal eine Umschaltung zwischen Grafikchips verschiedener Hersteller für die primäre Bildausgabe im laufenden Betrieb nicht möglich, dies unterstützen die bisherigen Windows-Versionen nicht (erst Windows 7 soll eine solche Funktionalität enthalten). Damit wird man entweder zu einem vollkommen unkomfortablen Reboot gezwungen – oder aber es müssen auf dem Mainboard und auf der Grafikkarte Grafikchips desselben Herstellers werkeln, welche zudem mit ein und demselben Treiber betrieben werden können.

Desweiteren ist eine vollständige Abschaltung der extra Grafikkarte aus Stromspargründen bislang nicht möglich, diese kann maximal in den Idle-Modus geschickt werden. Dies kann vernünftig funktionierten, wie das Beispiel der Radeon HD 3870 zeigt, welche trotz ihrer 81 Watt unter 3D im Idle-Betrieb nur noch 19 Watt zieht. Das Gegenbeispiel hierzu ist dann allerdings die GeForce 8800 GT, welche unter 3D ziemlich ähnliche 86 Watt verbraucht, unter Idle mit 36 Watt dagegen deutlich zu viel Strom zieht (Quelle). Wegen dieses Negativbeispiels und weil man natürlich auch die 19 Watt der Radeon HD 3870 noch einsparen kann, wäre eine Abschaltung der extra Grafikkarte sicherlich sinnvoller, wenn die Bildausgabe sowie von einem integrierten Grafikchip berechnet wird.

Und letztlich ergibt sich noch das große Problem, dass bei zwei Grafikchips im System diese normalerweise beide Zugang zum Ausgabegerät in Form des Monitors haben sollten. Dies wäre zum einen mechanisch in Form eines Monitorumschalters zu lösen – deutlich eleganter wäre natürlich eine Lösung, wo beide Grafikchips zusammenarbeiten und in der Lage sind, das Bild – egal von welchem der beiden Grafikchips erzeugt – generell nur auf einen Monitorausgang zu lenken. Dies würde allerdings eine durchaus intelligente Software voraussetzen, vorstellbar ist dieses Modell auch eher nur dann, wenn beide eingesetzten Grafikchips vom selben Hersteller stammen und mit demselben Treiber arbeiten.

Bei den vorgenannten speziellen Notebooks mit zwei Grafiklösungen hat man das ganze im übrigen dadurch gelöst, dass man die jeweils zu benutzende Grafiklösung über einen Umschalter festlegt und zur Laufzeit des Systems diese Entscheidung nicht mehr geändert werden kann – ein Wechsel zur jeweils anderen Grafiklösung also einen Reboot notwendig macht. Zum Ausgabegerät in Form des Notebook-TFTs dürften sich beide Grafiklösungen wahrscheinlich über einen automatischen Monitorumschalter verbinden, in einem Notebook als feststehendem System ist so etwas auch einfacher zu realisieren als bei einem Desktop-PC.

Wirklich schön oder komfortabel ist diese Lösung aber natürlich nicht – aber wie vorstehend beschrieben, sind die zu lösenden technischen Hürden auch nicht gerade klein. Um so positiver ist nun aber, dass nVidia diese mittels der HybridPower-Technologie in den neuen Hybrid-SLI Mainboard-Chipsätzen des Herstellers gelöst haben will.

Dabei können die neuen nVidia-Chipsätze nForce 730a (unterstützt als einziger kein HybridPower), 750a und 780a (allesamt für AMD-Prozessoren) mehr: Neben einer integrierten GeForce 8200 Grafiklösung ist auch die Unterstützung für PCI Express 2.0 mit an Board, zudem wird in Zusammenhang mit der integrierten Grafiklösung auch ein Feature namens "GeForce Boost" geboten. Dabei arbeiten eine extra Grafikkarte (natürlich von nVidia) und die ins Mainboard integrierte Grafiklösung unter SLI zusammen. Dies bringt natürlich nichts bei verbauten HighEnd-Grafiklösungen, sondern ist nur zur Unterstützung von LowCost-Grafikchips wie der GeForce 8400 GS sinnvoll.

Das spannendste Feature der neuen Mainboard-Chipsätze ist aber in der Tat HybridPower. Auch dieses setzt wieder auf die integrierte GeForce 8200 Grafiklösung und definiert diese als primäre Grafikkarte für den Windows-Betrieb, der extra verbaute 3D-Beschleuniger springt dann nur für Spiele ein. Das wirklich besondere daran ist aber:

  1. Die extra Grafikkarte wird im Windows-Betrieb regelrecht ausgeschaltet und verbraucht damit (fast) überhaupt keinen Strom mehr (natürlich mit der Ausnahme des Controllerchips, welcher die Grafikkarte wieder anschalten kann). Damit werden nicht nur je nach Grafikkarte zwischen 20 und 40 Watt ansonsten sinnlos verbrauchter Energie eingespart, zudem steigt auch die Lebenserwartung der extra Grafikkarte, weil diese ja nun wirklich nur noch zum Spielen angeschaltet wird.
  2. Es sind keinerlei Umsteckereien (oder extra Monitorumschalter) vonnöten, wechselt man von dem Windows- in den Spiele-Modus und zurück. Der Monitor hängt bei HybridPower immer an dem Ausgang der integrierten Grafiklösung. Im Spiele-Betrieb wird dabei das in der extra Grafikkarte erzeugte Bildsignal über die PCI-Express-Anbindung an die integrierte Grafiklösung weitergereicht.
  3. Es ist selbstverständlich ein Wechsel der benutzten Grafiklösung im laufenden Betrieb möglich – genau dafür ist das System ja vorgesehen. Es wird also kein Reboot notwendig, wenn man zur extra Grafikkarte wechseln will – dass System schaltet selbstätig und ohne Verzug zwischen integrierter Grafiklösung und extra Grafikkarte um, je nachdem welche Aufgabe gerade ansteht.

Im Prinzip werden damit eigentlich alle der vorstehend genannten technischen Hürden übersprungen, dass System ist in dieser Form absolut rund. Aber natürlich gibt es doch noch gewisse Einschränkungen – welche allerdings nVidia als Hersteller des Systems sogar durchaus gefallen könnten: Denn es wird natürlich ein nVidia-Modell bei der extra Grafikkarte benötigt – schon allein deswegen, weil der benutzte Grafikkarten-Treiber derselbe sein muß, weil wie gesagt die bisherigen Windows-Versionen im laufenden Betrieb keinen Grafikkarten-Treiber für die primäre Bildausgabe wechseln können. Gleichzeitig muß es aber auch eine neue nVidia-Grafikkarte sein, die bisher verkauften Modelle sind allesamt leider nicht für HybridPower geeignet.

Dies hängt mit der Ein- und Ausschaltfunktionalität zusammen, welche nVidia über den SM-Bus löst – dafür muß auf den Grafikplatinen jedoch ein entsprechender kleiner Chip verlötet sein, welcher die Steuerungsbefehle zum An- und Abschalten entgegennehmen kann. Vermutlich werden schlicht alle der kommenden GeForce9-Grafikkarten HybridPower-fähig sein, aber keine der aktuellen GeForce8-Grafikkarten oder ältere nVidia-Modelle. Keine Probleme dürfte hingegen die Nutzung von PCI Express für die Datenübermittlung machen, denn da hier nur der Rückkanal von PCI Express genutzt wird (im übrigen die erste sinnvolle Anwendung des Rückkanals im Spiele-Bereich), dürfte sich keinerlei Performance-Einfluß ergeben.

Und natürlich setzt die Ausgabe auch des von der extra Grafikkarte für Spiele berechneten Bildsignals über den Monitoranschluß der integrierten Grafiklösung voraus, dass dieser konsequent als DVI-Lösung ausgeführt wird. Dies sollte zwar eigentlich schon längst Standard auch bei integrierten Grafiklösungen sein, wird aber doch noch hier und da bei einigen Mainboards des LowCost- und OEM-Bereichs eingespart. Für HybridPower wird DVI dann aber auch bei günstigen Lösungen Pflicht werden, da kann man nicht mehr mit VGA-Ausgängen kommen. Womöglich auch deswegen unterstützt der kleinste der neuen Mainboard-Chipsätze – nForce 730a – als einziger kein HybridPower, dieser Chipsatz dürfte wohl eher nur in den OEM-Bereich gehen, wo sowieso keine extra Grafikkarte verbaut wird.

Wie gesagt dürften allerdings all diese Hardware-Einschränkungen letztlich nur nVidia bzw. deren Absatz an Grafikkarten zu gute kommen – insofern ist hierbei auch nicht zu erwarten, dass das System nachträglich noch für ältere Lösungen fit gemacht wird. nVidia wird durch diese Limitierung auf GeForce9-Karten somit kein Mainboard-Geschäft mit "Altnutzern" von GeForce8-Modellen machen, aber dafür sicherlich ein um so besseres Geschäft mit Nutzern, welche sich die volle nVidia-Dröhnung in Form von HybridPower-fähigem Mainboard-Chipsatz samt GeForce9-Grafikkarte geben.

Einen kleinen echten Haken gibt es dann aber doch noch: Nach wenigstens einer Quelle ist HybridPower nur unter Windows Vista SP1 möglich, der technische Hintergrund hierzu bleibt bislang im Verborgenen. Dies wäre für einen gewissen Teil der Nutzer eine echte Spaßbremse, da Windows Vista nun einmal nicht auf durchgehende Begeisterung gestoßen ist (um es vorsichtig auszudrücken). Da allerdings alle andere Quellen durchgehend keine Bedingung bezüglich des verwendeten Betriebssystems nennen, ist dieser Punkt bislang noch unter Vorbehalt zu sehen.

In der Summe bringt nVidia mit HybridPower ein System an den Start, mit welchem sich integrierte Grafiklösung und echte Grafikkarte zusammen jeweils so nutzen lassen, wie sie am effektivsten sind: Die integrierte Grafiklösung des Mainboard-Chipsatzes für den normalen Windows-Alltag mit natürlich entsprechend geringerem Energieeinsatz – und wenn für 3D-Spiele benötigt, wird einfach automatisch zur extra Grafikkarte umgeschaltet. Die dabei anstehenden technischen Probleme scheinen gut gelöst worden zu sein, für die gröbste Einschränkung in Form der alleinige Unterstützung von nVidia-Grafikkarten kann der Hersteller nichts. In der Theorie sieht das System also erst einmal sehr gut aus, wir sind dementsprechend auf erste Praxistests gespannt. Die genannten Mainboard-Chipsätze für AMD-Prozessoren sollen demnächst in den Markt kommen, Pendants für Intel-Prozessoren sind für das zweite Quartal angekündigt.

Nicht unterschlagen werden soll an dieser Stelle, dass auch ATIs kommenden Hybrid-CrossFire Mainboard-Chipsätze über eine ähnliche Funktionalität verfügen sollen, auch wenn derzeit noch nicht genau bekannt ist, ob diese ähnlich ausgefeilt ist. Bislang wurde in Bezug auf Hybrid-CrossFire in erster Linie über die (auch bei nVidia mittels "GeForceBoost" verfügbare) Möglichkeit geredet, integrierte Grafiklösung und extra Grafikkarte unter 3D zusammenarbeiten zu lassen, nach weiteren Informationen soll Hybrid-CrossFire aber auch die Möglichkeit mit sich bringen, die extra Grafikkarte abzuschalten und unter Windows dann nur die integrierte Grafiklösung zu benutzen.

Hier deutet sich also an, dass ATI im Endeffekt über kurz oder lang dieselbe Funktionalität wie nVidias HybridPower bieten können wird. Auch bei ATI dürfte diese Funktion dann aber auf ATI-Grafikkarten beschränkt sein – da wie gesagt für beide Grafiklösungen unter Windows derselbe Treiber verwendet werden muß. Dieser Zustand soll sich erst mit Windows 7 ändern – welches dann auch den Weg dafür frei machen dürfte, eine solche Funktion auch auf Mainboard-Chipsätzen von Intel, VIA und SiS vorzufinden, gleich welche extra Grafikkarte man dafür einsetzt. nVidias HybridPower könnte also durchaus nur der Anfang einer Entwicklung sein, nach deren Abschluß es ganz normal sein wird, für den Windows-Alltag die integrierte Mainboard-Grafiklösung zu benutzen und nur im Fall eines Spiels die extra Grafikkarte zu bemühen.

Nachtrag vom 29. Januar 2008:

Ein Artikel bei Bit-Tech beschäftigt sich mit einigen Einschränkungen, welche nVidias Hybrid-SLI derzeit noch hat. So muß man erst einmal in Korrektur zu unserem entsprechenden Artikel sagen, dass es mit den derzeitigen Treibern keine automatische Umschaltung zwischen den beiden HypridPower-Modi gibt, diese Funktionalität soll aber in einem späteren Treiber-Release geboten werden. Wirklich störend ist hingegen der Umstand, dass die integrierte Grafikeinheit der Hybrid-SLI Mainboard-Chipsätze im HybridPower-Modus weder MultiMonitoring unterstützt noch größere Displays als 1920x1200 – schlicht, weil nur ein Single-DVI-Ausgang zur Verfügung steht.

Außerhalb des HybridPower-Modus sind höhere Auflösungen und MultiMonitoring natürlich möglich, dann allerdings erzeugt über die extra Grafikkarte und wie gesagt unter Abschaltung der HybridPower-Funktionalität. Dies lässt sich auch durch ein Treiber-Update nicht mehr ändern, nVidia scheint diese Problematik allerdings mit zukünftigen Hybrid-SLI Chipsätzen angehen zu wollen. Generell sieht nVidia die derzeitigen Hybrid-SLI Mainboard-Chipsätze nForce 730a, 750a und 780a wohl nur als den "ersten Versuch" an und gibt sich selber zwei Jahre Zeit, innerhalb welcher die gesamte Technologie dann zur vollständigen Reife gebracht werden soll.

Der Heise Newsticker bringt hingegen einige Klarheit zu den Möglichkeiten von ATIs Hybrid-CrossFire. So wird erst einmal (erneut) betont, dass man damit eine extra Grafikkarte sowie die integrierte Grafiklösung des Mainboard-Chipsatzes im CrossFire-Verbund zusammenarbeiten lassen kann – was aber bekannterweise außerhalb von totalen LowCost-Grafikkarten keine wirklichen Performancegewinne verheißt. Möglich ist zudem wie bei nVidia, dass die integriere Grafiklösung das Windows-Bild erstellt und die extra Grafikkarte nur im Spiele-Fall die Bildberechnung übernimmt – wobei bislang noch unbekannt ist, ob bei dieser Zusammenschaltung es ein Zwangs-CrossFire gibt oder aber die extra Grafikkarte auch ganz alleine die 3D-Berechnungen übernehmen kann.

Wichtig ist aber, dass ganz wie bei nVidia keinerlei Monitorumsteckerei notwendig ist: Steckt das Monitorkabel in der extra Grafikkarte, ist jene der primäre Grafikadapter und berechnet sowohl unter Windows als auch unter Spielen das Bild komplett alleine. Steckt das Monitorkabel dagegen in der integrierten Grafiklösung, kommt es zu vorgenannter Aufgabenteilung, im 3D-Fall wird somit ähnlich wie bei nVidia das Bildsignal von der extra Grafikkarte auch über den Monitorausgang der integrierten Grafiklösung ausgegeben. Ob es hierbei ähnliche Einschränkungen gibt wie vorbeschrieben im nVidia-Fall, ist dagegen noch nicht heraus.

Nicht möglich ist es aber, in diesem Modus im Windows-Betrieb die extra Grafikkarte komplett auszuschalten, diese Funktion scheint derzeit nur nVidias HybridPower zu bieten. Technisch scheint dies aber trotzdem nicht unmöglich zu sein, denn im Notebook-Bereich will ATI eine solche Funktion in Zusammenarbeit mit den Notebook-Hersteller durchaus realisieren. Insofern wäre es theoretisch möglich, dass ATI eine solche Funktionalität auch im Desktop-Bereich später noch anbieten wird. Nachwievor steht hierzu jedoch im Raum, dass ATI nach der offiziellen Vorstellung von HybridPower in diesem Punkt durchaus etwas freigiebiger mit entsprechenden Informationen sein könnte.