Die Marktanteile im Grafikchip-Markt Q3/2010

Samstag, 13. November 2010
 / von Leonidas
 

Ende Oktober hatten die Marktforscher von Jon Peddie Research schon erste Zahlen zu den Marktanteilen im Grafikchip-Markt des dritten Quartals 2010 bekanntgegeben (auch wenn im originalen Bericht wohl einige inzwischen gefixte Fehler waren), welche aber wie üblich nur die Zahlen für den Gesamtmarkt inklusive der diesen dominierenden integrierten Grafikchips enthielt. Daraus lassen sich leider nur recht wenige Aussagen ableiten, weil wegen der integrierten Lösungen wie immer Intel mit weitem Abstand vor AMD und nVidia liegt und selbst die kleinen quartalsweisen Verschiebungen wenig denn mit Grafikkarten-Neuerscheinungen, sondern eher dem Marktgeschehen im OEM-Markt der integrierten Grafiklösungen zu tun haben. Seitens der Marktforscher von Mercury Research liegen nun aber neue und sehr detaillierte Zahlen für das dritte Quartal vor, welche sowohl die Betrachtung der einzelnen Marktsegmente ermöglicht als auch seit langsam mal wieder eine Quantifzierung bietet – sprich, es läßt sich nunmehr die Größe der einzelnen Marktsegmente exakt einordnen.

Vorher kurz natürlich noch zu den absoluten Zahlen über den gesamten Grafikchip-Markt: Hier dominiert wie üblich Intel mit 54,6 Prozent vor AMD mit 23,0 Prozent und nVidia mit 21,1 Prozent – auf die restlichen Hersteller VIA, SiS und Matrox entfallen gerade einmal noch 1,3 Prozent. Verkauft wurden im dritten Quartal 2010 insgesamt 116,4 Millionen Grafikchips, was eine durchschnittliche Größe für ein drittes Quartal ist.

Grafikchip-Gesamtmarkt Q3/2010

Von diesen 116,4 Millionen Grafikchips entfielen 82,7 Millionen und damit 71 Prozent auf integrierte Grafiklösungen. In diesem Marktsegment liegt Intel mit satten 76,9 Prozent weit vorn – aber auch kein Wunder angesichts der integrierten Grafikchips in den kleineren Intel-Prozessoren und dem faktischen Rückzug der anderen Chipsatz-Hersteller aus dem Markt an Mainboard-Chipsätzen für Intel-Prozessoren. AMD verbucht dann noch 11,9 Prozent und nVidia 9,6 Prozent, andere Hersteller erzielten zusammen 1,6 Prozent und sind damit selbst in diesem für kleinere Hersteller eigentlich einfacherem Marktsegment unrelevant.

integrierte Grafikchips Q3/2010

Interessant ist bei diesen integrierten Grafikchips die Aufteilung zwischen Desktop- und Mobile-Lösungen, weil dies wahrscheinlich nahezu dem Verhältnis an insgesamt verkauften Desktop- und Mobile-Prozessoren entspricht: Danach wurden im dritten Quartal 2010 insgesamt 38,9 Millionen integrierte Desktop-Grafikchips und 43,8 Millionen integrierte Mobile-Grafikchips verkauft, das Verhältnis liegt hier also bei 47 zu 53 Prozent zugunsten des Mobile-Segments. Beachtenswert ist, daß bei dieser Unterteilung in Desktop- und Mobile-Segment zum Teil andere Marktverhältnisse zwischen den Herstellern herauskommen:

integrierte Desktop-Grafikchips & integrierte Mobile-Grafikchips Q3/2010

Daß nVidia ausgerechnet bei den integrierten Desktop-Lösungen deutlich besser als bei den integrierten Mobile-Grafiklösungen darstehen soll, verwundert etwas – denn nVidia hat diesbezüglich nur noch "alte" Chipsätze im Angebot. Andererseits kann da im OEM-Bereich sicherlich noch einiges an Verträgen durchgehen, von welchem man im Retailmarkt bei weitem nichts mitbekommt. Klar ist jedenfalls, daß es bei den integrierten Mobile-Grafiklösungen offensichtlich ganz enorm auf den Prozessorenlieferanten ankommt, weil dort nur Intel und AMD auf beachtbare Marktanteile kommen. Offensichtlich wollen es die OEMs in diesen Fällen, wo man sich für eine integrierte Mobile-Grafiklösung entscheidet, so einfach wie möglich haben und nehmen dann Prozessor, Mainboard-Chipsatz und integrierten Grafikchip möglichst aus einer Hand.

Genau dieser Umstand wird in Zukunft zu einer noch stärkeren Zurückdrängung der anderen Hersteller gegenüber den Prozessorenbauern AMD und Intel führen. nVidia im Tegra-Bereich und VIA im Nano-Bereich werden weiterhin gewisse Marktanteile halten können, aber einen echten Wettbewerb wird es hier kaum noch geben. Dieser wird zukünftig sowieso durch direkt in den Prozessor integrierte Grafikchips unterbunden werden – wie derzeit schon bei Intels Nehalem-Generation zu finden und zukünftig beim Großteil der Prozessoren von AMD und Intel. Möglicherweise kann man in drei Jahren auf eine extra Aufstellung der Verkäufe an integrierten Grafikchips verzichten, weil diese glatt der Aufstellung an verkauften Prozessoren entspricht.

Dementsprechend war es für uns schon immer viel interessanter, was denn nun bei den extra Grafikkarten geschieht und wie sich die Marktanteile dort verteilen. In diesem Marktsegment wurden im dritten Quartal 2010 ingesamt 33,7 Millionen Grafikchips oder 29 Prozent aller Grafikchips abgesetzt. Dabei entfielen auf AMD 50,3 Prozent und auf nVidia 49,6 Prozent, andere Hersteller sind somit nur noch mit 0,1 Prozent an diesem Markt beteiligt.

extra Grafikchips Q3/2010

Beachtbar ist hierbei, daß im klaren Gegensatz zu den integrierten Grafikchips bei den extra Grafikchips der Desktop-Markt klar führend ist: Hier wurden im dritten Quartal 2010 insgesamt 18,7 Millionen Grafikchips verkauft, im Mobile-Segment dagegen nur 15,0 Millionen – ein Verhältnis von 56 zu 44 Prozent zugunsten des Desktop-Segments. Hier dürfte in erster Linie der Retail-Markt hineinspielen, wo neue Grafikkarten für schon bestehende Rechner gekauft werden, was dann die Verkäufe speziell des Desktop-Segments erhöht (da es im Mobile-Segment keinen Retail- bzw. Nachrüst-Markt gibt). Sehr interessant sind zudem die jeweiligen Marktanteile im Desktop- und Mobile-Segment, weil diese völlig abweichend von den Gesamtzahlen ausfallen. So holt sich AMD seinen Marktanteil in erster Linie im Mobile-Markt und nVidia in erster Linie im Desktop-Markt:

extra Desktop-Grafikchips & extra Mobile-Grafikchips Q3/2010

In beiden Fällen ist das Verhältnis grob gesehen bei 60:40 – wie gesagt einmal zugunsten von AMD (Mobile) bzw. nVidia (Desktop). Damit kann nVidia durchaus für sich verbuchen, bei den extra Desktop-Grafikkarten nach wie vor der führende Grafikchip-Entwickler zu sein, selbst wenn man bei den Zahlen zu den insgesamten Grafikchips inzwischen sogar auf den dritten Platz abgerutscht ist. Dies verdeutlich aber ganz nebenbei, wie wenig Aussagekraft die Zahlen zu den insgesamten Grafikchips für die eigentlich interessanten Fragen letztlich haben.

Andererseits sind diese Zahlen auch überraschend in dieser Richtung hin, als daß nVidia in den zurückliegenden Monaten vor dem Release der kleineren Fermi-Lösungen kein durchgehend überzeugendes Produktprogramm hatte und AMD seit vielen Monaten ein gutes und ausgewogenes Produktprogramm von der Spitze bis ins LowEnd hinein bietet. Eigentlich hätten wir gedacht, dies würde stärker in den Verkaufszahlen zu sehen sein – was aber offensichtlich nicht der Fall ist. Wahrscheinlich trifft unsere Einschätzung auf den Retailmarkt auch zu, aber im Gesamtmarkt spielen natürlich auch noch OEM-Verkäufe und die Massen an LowCost-Beschleunigern eine große Rolle. Und wenn nVidia sich dort große OEM-Aufträge sichert, kann man durchaus auch gewisse Schwächen bei den höherwertigen Beschleunigern rein von den Stückzahlen her ausgleichen.

Insofern sind diese Zahlen nach wie vor immer nur die Hälfte der Wahrheit, weil auch das Marktsegment von extra Grafikchips in aller Regel von billigen LowCost- und LowEnd-Beschleunigern für OEM-Bedürfnisse beherrscht wird, welche man kaum als ernstzunehmende Grafikkarten bezeichnen möchte. Ein früherer Artikel unsererseits ermittelte einen Anteil von immerhin 35 Prozent von LowCost-Beschleunigern (bis 60 Dollar Listenpreis) am Grafikkarten-Markt, was eine sehr beachtbare Größe darstellt und wie gesagt problemlos ausreicht, um mal ein paar schlechte Verkäufe im HighEnd-Segment (11 Prozent Marktanteil) zu übertünchen.

Ironischerweise könnten in dieser Frage ausgerechnet die zukünftig in Prozessoren integrierten Grafikchips nützlich sein, weil mit dem Erscheinen von AMDs Llano-Prozessor mit nahezu Mainstream-Grafik die Verkäufe von echten LowCost-Grafikkarten mit der Zeit wahrscheinlich stark zurückgehen dürften. Möglicherweise werden somit schon in zwei Jahren nur noch extra Grafikkarten mit mindestens Mainstream-Niveau verkauft bzw. fristen die möglicherweise trotzdem noch erhältlichen LowCost-Grafikkarten nur noch ein klares Nischendasein, weil man unteres Mainstream-Niveau an Grafikperformance beim Prozessorenkauf einfach mit obendrauf bekommt.

Wie versprochen wollen wir letztlich noch die Bedeutung der einzelnen Marktsegmente zueinander betrachten, zu welchen nur höchst selten ausreichend exakte Zahlen vorliegen. Dabei wird deutlich, wie stark die integrierten Grafikchips das Marktgeschehen beherrschen – und daß die Verteilung zwischen Desktop und Mobile zumindest im Grafikchip-Markt eher ausgeglichen ist, abweichend vom Prozessoren- und dem PC-Markt allgemein:

Verteilung der Marktsegmente Q3/2010 – gesamt
Verteilung der Marktsegmente Q3/2010 – Desktop vs. Mobile

Die Höhe des reinen Retailmarkts ist im übrigen auf runde 5 Prozent am Gesamtmarkt zu schätzen bzw. runde 30 Prozent vom Teilsegment der extra Desktop-Grafikchips – der "Rest" ist das OEM-Geschäft, welcher somit den Grafikchip-Markt überdeutlich dominiert. Allerdings kann in den meisten Fällen dann doch nicht von einem echten "Geschäft" gesprochen werden, denn die integrierten Grafikchips sind rein buchhalterisch inzwischen klare Dreigaben geworden: Bei den Prozessoren mit integrierten Grafikchips ist dies sowieso klar und bei den Mainboard-Chipsätzen ist es ebenfalls so, daß für die Modelle mit integriertem Grafikchip günstigere Preise gemacht werden als für die Modelle ohne integrierte Grafikchips. In dem Sinne existiert eigentlich kein Markt bei den integrierten Grafikchips – diesen gibt es nur bei den extra Grafikchips.

Und dieser Markt ist durchaus nicht klein, von den Endverkaufspreisen her ist der Grafikkarten-Markt (ohne Mobile) auf ca. 9 Milliarden Dollar im Jahr zu schätzen (ca. 75 Millionen Grafikkarten multipliziert mit einem Durchschnittspreis von 120 Dollar). Diese Zahl läßt sich natürlich nicht direkt auf den Grafikchip-Markt beziehen, da nur ca. 30 Prozent Preisanteil von Grafikkarten auf den Grafikchip selber entfallen – dafür würde aber auch noch der (etwas kleinere) Mobile-Markt hinzukommen. Rechnet man diesen hinzu, dürfte das Umsatzvolumen von extra Grafikchips bei ca. 5 Milliarden Dollar jährlich liegen. Das Umsatzvolumen bei integrierten Lösungen dürfte hingegen bei faktisch Null sein, da diese wie gesagt überall mit anderen Produkten gebundelt und nicht extra berechnet werden.