Launch-Analyse: AMD Radeon R9 285 (Seite 2)

Dienstag, 2. September 2014
 / von Leonidas
 

In der Frage der Geräuschentwicklung gibt es einen gewissen Fortschritt zu vermelden: Obwohl überall in Herstellerdesigns antretend, kommt die Radeon R9 285 in jedem Testbericht hierbei ganz gut weg, kann meistens die Radeon R9 280 und GeForce GTX 760 bei der Geräuschentwicklung nach unten hin unterbieten. Ausreißer gibt es aber auch in diesem Feld: Die Club3D-Karte bei HT4U, welche in der Frage des Stromverbrauchs noch so glänzen konnte, erzielt diesen Spitzenwert augenscheinlich durch schnell drehende Lüfter und damit eine höher als üblicherweise zur Radeon R9 285 berichtete Geräuschkulisse.

Idle-Lautstärke Spiele-Lautstärke
HT4U
(Club3D Coolstream OC)
Die Abstimmung des CoolStream-Kühlers von Club3D kann uns hier nicht so richtig überzeugen. Die vermessenen 20,4 dB(A) stellen keinen lauten Wert dar. Bedenkt man jedoch die relativ geringen Temperaturen, wäre hier noch Spielraum für Optimierungen gewesen. Man hätte die beiden Ventilatoren flüsterleise bekommen. So sind sie als leise und leicht hörbar zu bezeichnen. Unter Spielelast – und hier verstehen wir den schlechtesten Fall – wendet sich das Blatt deutlich. Mit 34,3 dB(A) erleben wir eine Geräuschkulisse, welche wir sonst bei so mancher High-End-Kühllösung antreffen. Übersetzt heißt dies, dass die CoolStream-Lösung sich als relativ laut entpuppt und problemlos aus einem leisen, geschlossenen PC-Gehäuse heraus wahrzunehmen ist.
ComputerBase
(Asus Strix OC)
Die Asus Radeon R9 285 Strix OC schaltet bei GPU-Temperaturen von unter 67 Grad Celsius beide Lüfter ab, sodass die Grafikkarte unter Windows absolut lautlos arbeitet. Spulenfieben war dem Testmuster nicht zu entlocken. Unter Last ist die Asus-Grafikkarte zwar nicht flüsterleise, arbeitet mit 38 Dezibel jedoch auf einem angenehmen Niveau.
Hardwareluxx
(Sapphire Dual-X OC)
Im Vergleich zu den Referenzmodellen fällt es der Sapphire Radeon R9 285 Dual-X OC relativ leicht, sich mit 34,5 dB(A) weit vorne im Testfeld zu etablieren. Eine echte Referenzversion wurde uns nicht angeboten, insofern gewinnt dieser Messwert erst an Bedeutung, wenn wir mehrere Modelle der Radeon R9 285 gegeneinander vergleichen. Die beiden Lüfter arbeiten in Idle-Betrieb mit 1.350 Umdrehungen pro Minute. Gleiches gilt natürlich auch für den Messwert der Last-Lautstärke. Nahezu alle Karten des Testfeldes sind Referenzversionen und meist schaffen es die Hersteller ihre Kühler etwas leiser zu machen, was aber auch nicht immer gelingt. Die Sapphire Radeon R9 285 Dual-X OC kann mit 41,8 dB(A) an dieser Stelle allerdings überzeugen und das obwohl die beiden Lüfter mit 3.000 Umdrehungen pro Minute nicht gerade langsam drehten.

Ein guter Punkt an der Radeon R9 285 ist das Overclocking: Hier waren oftmals Werte von 1100 MHz Chiptakt möglich – was ausgehend von 918 MHz default-Takt sehr nett ist und wohl auch die Grafikkarten-Hersteller dazu veranlasste, vom Launch weg mit vielen, meist aber nur um ein paar Prozente übertakteten OC-Lösungen um sich zu werfen. In jedem Fall deutet dieses Übertaktungsergebnis an, daß der Tonga-Chip sich mindestens so gut übertakten lassen wird wie der vorhergehende Tahiti-Chip, möglicherweise sogar noch etwas besser als jener.

Die Performance-Ermittlung zur Radeon R9 285 sollte dann eine letztlich gut lösbare Aufgabe sein: Relevant ist bei dieser Karte nur die Differenz zu Radeon R9 280 & 280X auf AMD-Seite sowie zur GeForce GTX 760 als dem natürlichen Kontrahenten auf nVidia-Seite. Zudem spielen fast nur die Messungen auf 1920x1080 eine Rolle, weil für mehr die Karte nicht wirklich ausgelegt ist. 2560x1600 kann man interessehalber mit ansehen, um zu ermitteln, ob hierbei dann schon das durchschnittliche Speicherinterface sowie die knappe Speicherausstattung der Radeon R9 285 limitieren – gerade im Vergleich zu der diesbezüglich besser ausgestatteten Radeon R9 280.

1920x1080 4xAA 270X 280 285 280X 760
HT4U  (18 Tests) 86,1% 98,5% 100% 117,1% 88,7%
PC Games Hardware  (7 Tests) 88,3% 106,2% 100% 120,8% 98,4%
ComputerBase  (16 Tests) 87,4% 99,0% 100% 117,4% 93,0%
Tom's Hardware  (7 Tests) 89,1% 96,3% 100% 111,5% 88,4%
TechPowerUp  (17 Tests) 85,6% - 100% 109,3% 94,8%
TechSpot  (8 Tests) 81,7% 96,0% 100% 109,8% 93,5%
Hardware.fr  (10 Tests) 89,9% 101,0% 100% 115,2% 90,9%
1920x1080 8xAA 270X 280 285 280X 760
HT4U  (6 Tests) 96,2% 104,2% 100% 121,3% 98,1%
1920x1080 SSAA 270X 280 285 280X 760
HT4U  (5 Tests) 83,9% 99,9% 100% 119,6% 87,9%
ComputerBase  (10 Tests) 85,8% 99,2% 100% 115,3% 91,4%
2560x1600 4xAA 270X 280 285 280X 760
HT4U  (18 Tests) 87,0% 101,3% 100% 121,7% 86,5%
PC Games Hardware  (7 Tests) 88,4% 109,2% 100% 125,9% 90,3%
ComputerBase  (16 Tests) - 105,3% 100% 126,7% -
TechPowerUp  (17 Tests) 83,5% - 100% 111,3% 90,7%
TechSpot  (8 Tests) 81,7% 97,6% 100% 109,8% 93,6%

Es stellt sich schnell das gemäß den Rohleistungen zu erwartende Grundbild ein: Die Radeon R9 285 kämpft primär mit der Radeon R9 280, bietet oftmals die exakt gleiche Performance, in einigen Testberichten unter 1920x1080 sogar minimal mehr. Dies ist angesichts des kleineren Speicherinterfaces aller Ehren wert – allerdings ging die Vorab-Erwartungshaltung eigentlich noch von etwas mehr aus, nämlich von einer Performance eher zwischen Radeon R9 280 und 280X liegend. Davon kann gemäß der vorliegenden Ergebnisse aber keine Rede sein. Auch weil die Radeon R9 285 unter 2560x1600 sofort etwas hinter die Radeon R9 280 zurückfällt, können beide Karten letztlich in unserem Performance-Index nur auf den gleichen Wert von 330% gesetzt werden.

Das (relativ) schlechte Ergebnis unter 2560x1600 ist allerdings augenscheinlich nicht der geringen Speicherbandbreite respektive dem kleineren Speicherinterface geschuldet, da Tests mit erhöhtem Speichertakt diesbezüglich keine Besserung erbrachten. Vielmehr dürfte hierbei der Speicherausbau von default nur 2 GB dann schon limitieren – nicht in der grundsätzlichen Spielbarkeit der Titel, aber eben darin, die volle Performance der Grafikkarte ausfahren zu können. In Zukunft könnte dies die Radeon R9 285 allerdings noch stärker limitieren, so daß Nutzern von Auflösungen oberhalb von 1920x1200 generell eine Grafikkarte mit 3 GB oder mehr Grafikkarten-Speicher empfohlen sei.

Gegenüber dem direkten nVidia-Kontrahenten in Form der GeForce GTX 760 sieht es dann jedoch gut aus für die Radeon R9 285: Die neue AMD-Karte legt eine durchgehend etwas bessere Performance hin – mit zwischen 8 bis 10 Prozentpunkten nicht übermäßig viel, aber dennoch in nahezu jedem Benchmark-Chart bemerkbar. Zudem existiert gegenüber der GeForce GTX 760 kein Nachteil bei der Speicherausstattung, da beide Grafikkarten per default mit nur 2 GB GDDR5-Speicher antreten. Herstellerdesigns mit gleich 4 GB GDDR5-Speicher sind für die GeForce GTX 760 bekannterweise für einen Aufpreis von ca. 40 Euro verfügbar, für die Radeon R9 285 sind jene angekündigt.

270X 280 285 280X 760
Performance 1920x1080 4xAA 86,6% 98,6% 100% 115,0% 91,9%
Performance 2560x1600 4xAA 84,8% 101,8% 100% 120,2% 90,8%
Spiele-Stromverbrauch 142W ~180W 182W 213W 160W
3DC Performance-Index 290% 330% 330% 380% 310%
aktueller Straßenpreis 150-165€ 170-190€ 230-250€ 220-240€ 190-210€

Aktuell der größte Problempunkt für die Radeon R9 285 ist aber nicht einmal die Performance oder die default-Speicherbestückung, sondern der momentane Straßenpreis, welcher erst ab 230 Euro anfängt – und damit noch teurer liegt als bei der (schnelleren) Radeon R9 280X, welche ab 220 Euro zu haben ist. Sicherlich ist verständlich, daß AMD mit der Radeon R9 285 nicht ganz den Abverkaufspreis der Radeon R9 280 (ab 170 Euro) mitmachen will, ansonsten läßt sich diese ältere Karte schließlich nicht mehr abverkaufen. Doch klar günstiger als die schnellere und mit mehr Speicher ausgerüstete Radeon R9 280X sollte die Radeon R9 285 schon angeboten werden. Empfehlenswert wäre ein Preis von 190 Euro und weniger für die Radeon R9 285 – bei mehr geht die Empfehlung dann viel zu schnell doch wieder zu Radeon R9 280 & 280X.

Es bleibt abzuwarten, ob und wie schnell ein solcher Preispunkt für die Radeon R9 285 erreicht werden kann – vorher ist die Karte kaum einen Blick wert, wird deren Themengebiet eigentlich schon ziemlich perfekt von Radeon R9 280 & 280X beackert. Leider bietet die Radeon R9 285 nirgendwo etwas zwingendes: Die Architektur-Fortschritte sind eher geringfügig bzw. teilweise auch nur zum Überdecken des durchschnittlichen Speicherinterfaces da, während die Speichermenge enttäuscht und bei Stromverbrauch sowie Performance keine neuen Duftmarken gesetzt werden können. Ergo kann es für die Radeon R9 285 nur der richtige Preispunkt richten – doch dieser fehlt derzeit sehr deutlich.

Über den Tonga-Chip sollte man angesichts dieser eher lauen Vorstellung allerdings besser noch nicht final richten, da wir wie gesagt noch nicht wissen, wieviel Technik noch in diesem steckt. Angesichts der Transistoren-Menge könnte da noch deutlich mehr kommen, was der Radeon R9 285 derzeit noch fehlt. Unklar wird jedoch bleiben, wieso AMD überhaupt diesen Frühstart des Tonga-Chips mit der Radeon R9 285 durchziehen musste, da der Tonga-Chip eigentlich sowieso erst für die Radeon R300 Serie nächstes Jahr gedacht ist: Sofern AMD den Tahiti-Chip günstiger ersetzt hätte, könnte man es verstehen – doch nun sind Tonga- und Tahiti-Chip nahezu gleich groß, ergibt sich hier kein sofort offensichtlicher Vorteil (allein das einfachere Grafikboard beim Tonga-Chip kann es kaum bringen). Auch angesichts dessen, daß der Launch der Radeon R9 285 bislang kaum auf irgendwelche Begeisterung stößt, wäre AMD vielleicht besser damit gefahren, den Tonga-Chip für die Radeon R300 Serie zurückzuhalten bzw. auf den aktuellen FirePro-Einsatz zu beschränken.

Nachtrag vom 5. September 2014

Die PC Games Hardware berichtet über kleinere Bildqualitätsdifferenzen bei der Radeon R9 285 Zum einen soll sich die Bildqualität zu den bisherigen AMD-Grafikkarten minimal unterscheiden – wobei man sich nicht festlegen wollte, ob man diese Abweichungen nun als "schlechter" einstufen kann oder nicht. Angesichts dessen, daß AMD bislang von einer verlustfreien Farbkompression beim Tonga-Chip der Radeon R9 285 sprach, überrascht dieses Ergebnis aber dennoch etwas – eigentlich konnte man denken, daß dieses Feature somit nur rein intern wirken würde, aber keine externen oder sogar sichtbaren Auswirkungen hätte. Und zum anderen hat der Launchtreiber zur Radeon R9 285 das Problem, unter DirectX 9 keine "HiqhQuality" anisotrope Filterung liefern zu können – dies betrifft allerdings nicht direkt die Radeon R9 285, sondern alle AMD-Grafikkarten, welche man mit dieser Treiber-Version betreibt. Insofern ist letzteres wohl nur ein einfacher Fehler, welcher beim nächsten offiziellen Treiber-Release behoben werden dürfte.

Nachtrag vom 7. September 2014

Noch nachzutragen zum Tonga-Chip ist noch eine Bestätigung, daß der Chip laut AMD definitiv in "28nm HP bei TSMC" gefertigt wird. Die Idee No.4 unserer Fragerunde, wofür AMD den Tonga-Chip aufgelegt hat, erledigt sich somit umgehend. Im übrigen muß sich diese Angabe von "28nm HP" nicht wirklich mit der früheren Meldung von zwei AMD HighEnd-Chips in "28nm HPM" beißen. Die Fertigungsverfahren-Bezeichnungen sind leider nicht so exakt abgegrenzt bzw. werden von verschiedenen Chipentwicklern auch unterschiedlich angewandt: Beispielsweise bezeichnet Microsoft den bei TSMC gefertigten Xbox-One-SoC auch als "28nm HPM" im Sinne einer Abkürzung von "28nm HP-HKMG", während bei Chipentwickler AMD derselbe Chip als "28nm HP" bezeichnet wird. Die wahrscheinlichste Auflösung ist schlicht, daß hier nirgends wirklich "28nm High Performance Mobile (HPM)" gemeint ist, sondern überall das standardmäßige "28nm High Performance" (28nm HP). 28nm HPM wird wohl wirklich nur für Mobile-Chips mit deutlich geringerem Energiehunger eingesetzt, was schlecht auf Grafikchips und Konsolen-SoCs übertragbar ist.