Mit den hochgehenden Power-Limits bei 3 von 4 Ryzen-7000-Prozessoren stellt sich natürlich die Frage nach dem realen Stromverbrauch unter verschiedenen Last-Szenarien. Die diesbezüglichen Tests können jedoch weitgehend Entwarnung geben: Zwar zeigt sich unter Volllast-Tests tatsächlich ein höherer Stromverbrauch der beiden neuen Ryzen-9-Modelle, im normalen Anwendungs-Feld und bei Spielen bleibt der Verbrauch jedoch maßvoll – und vor allem weiterhin unterhalb der Intel-Pendants. Bemerkenswert hierzu die Ausführungen von TechPowerUp, welche einen Durchschnitt des Stromverbrauchs unter allen 45 (!) angetretenen Anwendungs-Benchmarks aufgestellt haben. Wie üblich ist der reale Prozessoren-Stromverbrauch im Spiele-Bereich bei beiden Chip-Entwicklerm nirgendwo ein Problem, da durchgehend (und somit selbst bei den absoluten Spitzenmodellen) unterhalb 100 Watt liegend.
CPU-Stromverbrauch | 5800X3D | 5950X | 12600K | 12700K | 12900K | 7600X | 7700X | 7900X | 7950X |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
8C Zen3D | 16C Zen3 | 6C+4c ADL | 8C+4c ADL | 8C+8c ADL | 6C Zen4 | 8C Zen4 | 12C Zen4 | 16C Zen4 | |
AVX Peak Power @ AnandTech | 113W | 142W | - | 218W | 272W | 134W | - | - | 222W |
Blender @ TechPowerUp | 89W | 118W | 128W | 174W | 257W | 99W | 135W | 185W | 235W |
Prime95 @ ComputerBase | 133W | 116W | 149W | 213W | 241W | - | 142W | - | 196W |
Cinebench R23 @ Tweakers | 104W | 114W | 114W | 171W | 228W | - | 132W | - | 226W |
y-Cruncher @ Tom's Hardware | 95W | 104W | 128W | 146W | 194W | 119W | - | - | 156W |
Adobe Premiere @ Tweakers | 77W | 119W | 96W | 125W | 151W | - | 100W | - | 118W |
AutoCAD 2021 @ Igor's Lab | 66W | 109W | 63W | 72W | 87W | - | 77W | - | 93W |
Ø 45 Anwendungen @ TechPowerUp | 60W | 87W | 73W | 93W | 133W | 60W | 80W | 108W | 125W |
Ø 12 Spiele @ TechPowerUp | 47W | 85W | 56W | 64W | 88W | 45W | 62W | 81W | 87W |
Ø 8 Spiele 720p @ Igor's Lab | 54W | 80W | 45W | 60W | 78W | - | 60W | - | 87W |
Ø 8 Spiele 1440p @ Igor's Lab | 45W | 72W | 40W | 51W | 63W | - | 54W | - | 78W |
Power-Limit | 142W | 142W | 150W | 190W | 241W | 142W | 142W | 230W | 230W |
Listenpreis | $449 | $799 | 264$ | 384$ | 564$ | $299 | $399 | $549 | $699 |
Straßenpreis (ab) | 429€ | 529€ | 290€ | 419€ | 621€ | 359€ | 468€ | 643€ | 823€ |
Listenpreise: AMD = boxed, Intel = tray für F-Modelle; Straßenpreise: günstigstes Angebot, egal ob boxed oder tray, F-Modell oder non-F |
Eher kritisiert werden derzeit die vergleichsweise hohen CPU-Temperaturen von Zen 4, denn zumindest die drei größeren Ryzen-7000-Modellen sehen unter Last ziemlich oft die maximale CPU-Temperatur von 95°C. Jene Temperatur-Schwelle wurde zwar nicht höher als bei Zen 3 angesetzt, wird jedoch bei Zen 4 nunmehr auch wirklich ausgenutzt. Nichtsdestotrotz befindet sich die Zen-4-CPU damit weiterhin auf der sicheren Seite bzw. besteht keinerlei Gefahr, würde das Silizium wohl noch deutlich mehr aushalten. Es ist nur – neben dem höheren Power-Limit respektive Stromverbrauch – ein weiterer Punkt, wo AMD bei Zen 4 bisherige Reserven zugunsten letztlich wohl nur geringer Performance-Vorteile anzapft.
So ergeben diverse Benchmarks des Eco-Modus mit abgesenktem Power-Limit Performance-Verluste allein im mittleren einstelligen Performance-Bereich. Sogar noch tiefere PPT-Punkte sind möglich, sehen dann allerdings doch etws größere Performance-Verluste. Mit Performance-Messungen auf verschiedenen Power-Limits haben sich einige der Launchreviews beschäftigt, hinzu kommt ein bunter Strauß an Nebenthemen, welche mal von dem einem oder anderen Testbericht aufgegriffen wurden. Nachfolgende Aufstellung liefert eine (unvollständige) Auflistung der Quellen solcher Nebenthema-Betrachtungen – sofern hier noch wichtige Quellen fehlen, können jene gern in den Kommentaren zum Artikel kundgetan werden.
Nebenthema | passende Testberichte |
---|---|
verschiedene Power-Limits | SweClockers, Quasarzone, PC Games Hardware, Golem, ComputerBase |
IPC-Vergleich | Tweakers, Tom's Hardware, SweClockers, KitGuru, Hot Hardware, Hardwareluxx, Guru3D, ComputerBase |
C2C-Latenzen | Hardwareluxx, AnandTech |
Speichertakt-Skalierung | PurePC, Hardwareluxx, Eurogamer, ComputerBase |
EXPO | SweClockers |
PBO & Overclocking | TechPowerUp, Quasarzone, PurePC, PC Games Hardware, Hot Hardware |
Factorio | AnandTech |
Flight Simulator | Tom's Hardware, Golem |
iGPU | Tweakers, Tom's Hardware, TechPowerUp, Hardwareluxx, Guru3D, ComputerBase |
Linux | Phoronix |
Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit! — List does not claim to be complete! |
Rein auf der Performance-Seite macht Ryzen 7000 eine gute Sache: Sowohl bei Anwendungs- als auch Spiele-Performance wird eine echte neue Prozessoren-Generation deutlich, da gibt es wenig zu deuteln. Allenfalls der Ryzen 7 5800X3D macht Zen 4 wirkliche Probleme: Jener bietet grob dieselbe Spiele-Performance wie die neuen Modelle, kommt allerdings ohne Plattform-Wechsel aus und liegt preislich derzeit (ab 429 Euro) sogar etwas unterhalb eines ebenfalls achtkernigen Ryzen 7 7700X (ab 468 Euro). Klar hat letzter deutlich mehr Anwendungs-Performance (+28% im Vergleich dieser beiden Prozessoren), aber rein für den Spiele-Einsatz sind beide nahezu identisch schnell, nur ist das Alt-Modell günstiger und einfacher. Wer schon auf einer AM4-Plattform primär zu Spiele-Zwecken unterwegs ist, wird mit dem Ryzen 7 5800X3D sicherlich besser versorgt als mit allen Zen-4-Modellen.
Daneben steht alles, was Ryzen 7000 derzeit bietet, immer unter dem Vorzeichen, dass da noch (zeitnah) Intels "Raptor Lake" nachkommt. Diesbezüglich sind die erzielten +27-35% mehr Anwendungs-Performance gutklassig, dies muß Intel dann auch erst einmal schlagen. Die erzielten +18-22% Spiele-Performance hören sich auf den ersten Blick genauso griffig an, allerdings musste AMD in dieser Disziplin zuerst den Rückstand zu den bisherigen Intel-Prozessoren ausgleichen. Der gegenüber Alder Lake erreichte Vorteil bei der Spiele-Performance ist also deutlich niedriger als dass, was Zen 4 gegenüber Zen 3 in dieser Disziplin oben drauf legte. Damit bleibt die Tür auf für Intel, AMD bei der Spiele-Performance doch wieder zu schlagen.
Eine größere Preis/Leistungs-Betrachtung lohnt an dieser Stelle noch nicht, da der Hauptkontrahent wie gesagt erst noch erscheinen wird. Allerdings ist jetzt schon klar, dass Zen 4 gegenüber dem eigenen Vorgänger (bislang) keine Preis/Leistungs-Sieger hervorgebracht hat. Dafür kann man sogar die höheren Plattform-Preise auf Zen-4-Seite außen vor lassen, auch schon bei den reinen CPU-Preisen bietet Zen 3 die nach wie vor besseren Preis/Leistungs-Verhältnisse. Dies hängt natürlich damit zusammen, dass Ryzen 5000 nunmehr zu klar besseren Straßenpreisen gegenüber dem Listenpreis angeboten wird – aber dies ist AMD-typisch und dürfte sich demnächst auch nicht gravierend ändern. Eingedenk die höheren Plattform-Preise ist Zen 4 derzeit gegenüber Zen 3 insbesondere bei den beiden kleineren Modellen ein vergleichsweise teurer Spaß.
Preislage | Perf Anwend./Spiele | Perf-Gewinn | P/L Anwend. | P/L Spiele | |
---|---|---|---|---|---|
Ryzen 9 7950X | 823-850€ | 135,1% / 117,8% | +35% / +18% | 90% | 78% |
Ryzen 9 5950X | 529-600€ | 100,0% / 100,0% | 100% | 100% | |
Ryzen 9 7900X | 643-670€ | 114,8% / 116,5% | +30% / +18% | 97% | 99% |
Ryzen 9 5900X | 399-450€ | 88,6% / 98,8% | 118% | 131% | |
Ryzen 7 7700X | 468-480€ | 90,1% / 116,5% | +27% / +18% | 106% | 136% |
Ryzen 7 5800X | 279-310€ | 71,0% / 98,3% | 136% | 188% | |
Ryzen 7 7600X | 359-370€ | 74,2% / 112,8% | +30% / +22% | 113% | 172% |
Ryzen 5 5600X | 185-220€ | 57,0% / 92,1% | 160% | 259% | |
Preise gemäß Geizhals-Preisvergleich am 30. September 2022, egal ob boxed oder tray |
Der Launch von AMDs Ryzen 7000 läßt sich somit aus zweierlei Perspektive nicht ganz zufriedenstellend an: So fehlt derzeit einfach noch die (wichtige) Information, wie potent der designierte Intel-Kontrahent in Form der 13. Core-Generation wird. Auch alle Preis/Leistungs-Betrachtungen zumindest der Neu-Modelle sind erst machbar, wenn die Raptor-Lake-Performance feststeht. Natürlich ist es kein Fehler AMDs, dass diese Informationen derzeit noch nicht vorliegen. Eher eine Aktie hat AMD am Punkt der allgemein hohen Preislage bei Ryzen 7000 – sowohl die Prozessoren-Preise als auch den Plattform-Preis betreffend. Da hatte es Intel seinerzeit beim Launch von Alder Lake sogar einfacher, denn Intel bietet noch DDR4-Support an sowie hatte keine stark preisgesenkten Alt-Modelle im Markt stehen, welche das schlechte Preis/Leistungs-Verhältnis der neuen Modelle offenlegten.
Und somit geht AMD erstmals seit längerer Zeit nicht mit wehenden Fahnen aus einer Launch-Analyse zu einer neuen Prozessoren-Generation hervor. Das dargebrachte ist aus technologischer Sicht sowie bezüglich der gebotenen Mehrperformance sicherlich aller Ehren wert. Doch die aufgerufenen Preislagen sind gegenüber der verstärkten Intel-Konkurrenz und aufgrund des zwingenden Plattform-Wechsels zumindest derzeit nicht wirklich gutklassig. Jener Plattform-Wechsel war sicherlich irgendwann notwendig und dürfte AMD langfristig von Vorteil sein. Derzeit bezahlt man jedoch übertragenerweise für alle Mehrperformance auch entsprechend mehr – der übliche Vorteil einer neuen Generation, dass es Mehrperformance zum selben Preispunkt gibt, ist hier noch nicht sichtbar. Dies kann sich natürlich noch ergeben – und sicherlich bleibt letztlich primär der Raptor-Lake-Launch abzuwarten, um AMDs Ryzen 7000 sinnvoller einordnen zu können.