Launch-Analyse: Intel Haswell-E

Sonntag, 31. August 2014
 / von Leonidas
 

Nachdem dieses Jahr der Launch einer neuen Prozessoren-Architektur seitens Intel ausgeblieben ist und bislang nur Haswell-Refreshes samt diverser LowPower- und Mainstream-APUs von AMD neu vorgestellt wurden, gilt das ungeteilte Augenmerk im Prozessoren-Bereich sicherlich Haswell-E, mittels welchem Intel im Enthusiasten-Segment eine neue Plattform vorstellt, und dabei erstmals Achtkern-Prozessoren und DDR4-Support für das Consumer-Segment liefert. Wir fassen nachfolgend die wichtigen Dinge zum Launch zusammen und stellen vor allem einen testübergreifenden Performance-Vergleich zwischen Haswell-E, seinen Vorgängern Ivy Bridge E und Sandy Bridge E sowie natürlich auch den normalen Haswell-, Ivy-Bridge- und Sandy-Bridge-Prozessoren auf.

Bei Haswell-E greift Intel wie bei früheren E-Plattformen auf die Kerne der eigentlich für den professionellen Einsatz vorgesehenen Xeon-Prozessoren zurück. Trotzdem sind Haswell und Haswell-E von allen Innereien her natürlich gleich, nur das Speicherinterface ist ein anderes und die integrierte Grafik fällt weg. Allerdings legt Intel bei Haswell E augenscheinlich keine Sechskerner mehr auf, wie dies bei Ivy Bridge E noch der Fall war und wo dann eine Chipfläche von 257mm² ausreichte – für Haswell-E kommen dagegen native Achtkerner zum Einsatz, welche eine Chipfläche von immerhin 356mm² belegen. Die beiden Sechskerner des Haswell-E-Portfolios werden dann aus Teildeaktivierungen eines Achtkern-Dies gewonnen.

Mainstream/Performance-Prozessoren Enthusiasten-Prozessoren ("E")
Nehalem Sockel 1156, 4 Kerne + (optionalem) HyperThreading, 256 kByte Level2-Cache pro Kern, maximal 8 MB Level3-Cache, DualChannel-Speicherinterface bis DDR3/1333, PCI Express 2.0 Interface x16, keine integrierte Grafik, 774 Mill. Transistoren auf 296mm² Chipfläche in 45nm Sockel 1366, 4/6 Kerne + HyperThreading, 256 kByte Level2-Cache pro Kern, maximal 12 MB Level3-Cache, TripleChannel-Speicherinterface bis DDR3/1066, kein PCI Express Interface, keine integrierte Grafik, 1170 Millionen Transistoren auf 240mm² Chipfläche in 32nm
Sandy Bridge Sockel 1155, 2/4 Kerne + (optionalem) HyperThreading, 256 kByte Level2-Cache pro Kern, maximal 8 MB Level3-Cache, DualChannel-Speicherinterface bis DDR3/1333, PCI Express 2.0 Interface x16, integrierte HD3000-Grafik auf DirectX 10.1, 1160 Millionen Transistoren auf 216mm² Chipfläche in 32nm Sockel 2011, 4/6 Kerne + HyperThreading, 256 kByte Level2-Cache pro Kern, maximal 15 MB Level3-Cache, QuadChannel-Speicherinterface bis DDR3/1600, PCI Express 3.0 Interface x40, keine integrierte Grafik, 2270 Millionen Transistoren auf 435mm² Chipfläche in 32nm (nativer Achtkerner)
Ivy Bridge Sockel 1155, 2/4 Kerne + (optionalem) HyperThreading, 256 kByte Level2-Cache pro Kern, maximal 8 MB Level3-Cache, DualChannel-Speicherinterface bis DDR3/1600, PCI Express 3.0 x16, integrierte HD4000-Grafik auf DirectX 11.0, 1400 Millionen Transistoren auf 160mm² Chipfläche in 22nm Sockel 2011, 4/6 Kerne + HyperThreading, 256 kByte Level2-Cache pro Kern, maximal 15 MB Level3-Cache, QuadChannel-Speicherinterface bis DDR3/1866, PCI Express 3.0 Interface x40, keine integrierte Grafik, 1860 Millionen Transistoren auf 257mm² Chipfläche in 22nm
Haswell Sockel 1150, 2/4 Kerne + HyperThreading, 256 kByte Level2-Cache pro Kern, maximal 8 MB Level3-Cache, DualChannel-Speicherinterface bis DDR3/1600, PCI Express 3.0 x16, integrierte Iris-Pro-Grafik auf DirectX 11.1 mit optional 128 MB eDRAM, ? Millionen Transistoren auf 261mm² Chipfläche in 22nm (plus 77mm² für optionalen eDRAM) Sockel 2011-v3, 6/8 Kerne + HyperThreading, 256 kByte Level2-Cache pro Kern, maximal 20 MB Level3-Cache, QuadChannel-Speicherinterface bis DDR4/2133, PCI Express 3.0 Interface x40, keine integrierte Grafik, 2600 Millionen Transistoren auf 356mm² Chipfläche in 22nm

Ebenfalls im Gegensatz zum vorhergehenden Ivy Bridge E, welches auf derselben Sockel-2011-Plattform lief wie dessen Vorgänger Sandy Bridge E, kommt Haswell mit neuer Plattform samt verändertem Sockel 2011-v3 (trotz ähnlichen Namens vollkommen inkompatibel) daher und bedingt damit natürlich auch komplett neue Mainboards. Jene basieren auf Intels neuem X99-Chipsatz, welcher alle modernen Features ins Enthusiasten-Segment bringt, nachdem der vorhergehende X79-Chipsatz diesbezüglich (aufgrund seines Alters) seine kleinen Limitationen hatte. Neue Mainboards bedeuten aber natürlich auch, daß es am Anfang vergleichsweise teuer wird, die Mainboard-Hersteller erst im Laufe der Zeit die wirklich preisgünstigen Modelle auflegen werden.

Einen Preisaufschlag wird man gleichfalls für den DDR4-Speicher zahlen müssen, welchen Intel mit Haswell-E ins Consumer-Segment bringt. Allerdings ist jener mit +30% noch verkraftbar für eine neue Speicherart – bei der Markteinführung von DDR2- und DDR3-Speicher zahlte man seinerzeit noch viel sattere Preisaufschläge. Günstig wird ein Haswell-E System damit allerdings nicht: Die Mainboards gibt es ab derzeit 200 Euro, 16 GB DDR4-Speicher kosten ebenfalls 200 Euro – und dann kommen noch die Prozessoren hinzu, welche wie üblich am oberen Ende von Intels Preisliste stehen.

Kerne Taktraten L3 Speicher PCI Express TDP Preislage
Core i7-5960X 8 + HT 3.0/3.5 GHz
Turbo: 1-2C: 3.5 GHz, 3-8C: 3.3 GHz
20 MB DDR4/2133 2x16 + 1x8 (oder 5x8) 140W 999$
(ab 924€)
Core i7-5930K 6 + HT 3.5/3.7 GHz
Turbo: 1-2C: 3-7 GHz, 3-6C: 3.6 GHz
15 MB DDR4/2133 2x16 + 1x8 (oder 5x8) 140W 583$
(ab 519€)
Core i7-5820K 6 + HT 3.3/3.6 GHz
Turbo: 1-2C: 3.6 GHz, 3-6C: 3.4 GHz
15 MB DDR4/2133 1x16 + 1x8 + 1x4 140W 389$
(ab 344€)
Alle Haswell-E Prozessoren laufen im Sockel 2011-v3, welcher inkompatibel zum originalen Sockel 2011 ist und neue Mainboards mit dem X99-Chipsatz bedingt.

Interessant erscheinen vom vorhandenen Portfolio derzeit nur zwei Modelle: Der Sechskerner Core i7-5820K, welcher gegenüber dem Core i7-5930K den besseren Preis hat, während der geringere Nomimal-Takt im Overclocking-Einsatz wohl egal ist und auch die kleine Limitierung bei den zur Verfügung stehenden PCI Express Lanes nur für Besitzer von mehr als zwei Grafikkarten interessant ist. Und daneben natürlich den Core i7-5960X, welcher der einzige von Intel derzeit im Consumer-Segment angebotenen Achtkerner ist, leider allerdings auch einen monströsen Preispunkt aufweist. Aus dem Portfolio von Intels Haswell-E-basierten Xeon-Prozessoren sticht derzeit leider auch noch kein Modell hervor, welches man gern für das Consumer-Segment adaptieren würde – die meisten dieser Xeon-Prozessoren sind (deutlich) zu niedrig getaktet oder/und zu teuer angelegt.

Die angetretenen Performance-Messungen zu Core i7-5820K und Core i7-5960K weisen erneut die Problematik von teilweise deutlich voneinander abweichenden Resultaten auf, je nachdem welche Webseite man liest. Die Differenzen erklären sich aber letztlich einfach dadurch, daß die Hardwaretest-Webseiten jeweils unterschiedlich Benchmark-Portfolios benutzen. Hierbei kann es schnell passieren, daß das eine Benchmark-Portfolios viele Anwendungen enthält, welche gut mit acht Rechenkernen skalieren – und ein anderes Benchmark-Portfolio dagegen viele Anwendungen enthält, welches eher auf die höhere Taktrate als mehr Rechenkerne geht und damit einen so hoch getakteten Prozessor wie den Core i7-4790K (trotz dessen nur vier Rechenkerne) vorzieht.

Anwendungs-Performance 2600K 3770K 4790K 3960X 4960X 5820K 5960X
Sandy Bridge, 4C +HT @ 3.4/3.8 GHz Ivy Bridge, 4C + HT @ 3.5/3.9 GHz Haswell, 4C + HT @ 4.0/4.4 GHz Sandy Bridge E, 6C HT @ 3.3/3.9 GHz Ivy Bridge E, 6C + HT @ 3.6/4.0 GHz Haswell-E, 6C + HT @ 3.3/3.6 GHz Haswell-E, 8C + HT @ 3.0/3.5 GHz
PC Games Hardware  (4 Tests) 54,8% 59,6% 70,8% 79,3% 86,6% 82,5% 100%
ComputerBase  (11 Tests) 57,9% 63,2% 75,6% 77,4% 83,3% 83,1% 100%
Hardwareluxx  (9 Tests) 60,3% 63,2% 75,3% 82,0% 86,8% - 100%
Technic3D  (8 Tests) 53,3% 56,1% - 78,7% 81,8% - 100%
Tom's Hardware  (15 Tests) - - 82,3% - 87,5% 87,6% 100%
AnandTech  (8 Tests) - - 84,6% 84,2% 91,4% 85,1% 100%
Guru3D  (4 Tests) 46,6% 54,8% 62,7% 68,7% 75,6% 76,8% 100%
Hardware Canucks  (9 Tests) - - 71,4% 77,3% 82,7% - 100%
LanOC  (5 Tests) - 71,1% 74,6% - 85,8% - 100%
PC Perspective  (7 Tests) 51,7% 56,7% 69,5% - 81,2% - 100%
Hardware.fr  (12 Tests) - - 71,4% - 80,1% 81,7% 100%
Ø Anwendungs-Performance * 57,5% 62,5% 73,3% 78,3% 83,8% 83,2% 100%
* die fehlenden Werte wurden hochgerechnet und die Resultate teilweise noch gewichtet

Nach der Sichtung von möglichst vielen Testresultaten läßt sich dennoch ein ziemlich solides Ergebnis ziehen: Der Core i7-5960K ist unter Anwendungs-Benchmarks nominell um ca. 19% schneller als der Core i7-4960K. Für Enthusiasten-Prozessoren ist dies ein verhältnismäßig großer Sprung, denn hier gab es zuletzt eine eher schleppende Entwicklung. Allein den Pro/MHz-Vorteil der Haswell-Architektur und die neue Plattform hätten das wohl auch nicht wesentlich verändert – maßgeblich verantwortlich für diesen Performancesprung sind die zwei Rechenkerne mehr. Für einen 1000-Dollar-Prozessor ist der Performancevorteil gegenüber anderen Spitzen-Prozessoren allerdings trotzdem viel zu wenig – Intels Top-Modell bleibt ein Prozessor allein für diejenigen Enthusiasten, welche keine Preis/Leistungs-Rechnung aufmachen müssen.

Der Core i7-5820K kommt hingegen trotz niedrigerer Taktraten in etwa auf der Performance des (nahezu dreimal so teuren) Core i7-4960K heraus, die Differenz liegt bei nur ca. 1% zugunsten des früheren Top-Modells. Dies ist eine hervorragende Ausgangslage für den Core i7-5820K, welcher wahrscheinlich einen großen Zuspruch erhalten dürfte. Insbesondere Nutzer von früheren Vierkern-Systemen mit Core i7-3770K (33% Mehrperformance mit dem Core i7-5820K) oder Core i7-2600K (45% Mehrperformance mit dem Core i7-5820K) dürften hier interessiert sein, Nutzer noch älterer oder schwächerer Systeme sowieso. Aufgrund des relativ humanen Listenpreises des Core i7-5820K kommt ein Haswell-E-System mit diesem Prozessor auch nicht so teuer weg, wie dies ansonsten bei Intels Enthusiasten-Prozessoren üblich ist.

Der Core i7-5930K wurde hingegen sehr selten vermessen, womit eine solide Einschätzung gemäß der vorliegenden Benchmark-Ergebnisse kaum möglich ist. Allerdings ist bei diesem Prozessor die Takt-Differenz zum Core i7-5820K auch so gering, daß man die Performance des Core i7-5930K problemlos interpolieren kann: Bei vernünftig skalierenden Benchmarks dürften es um die 5% sein, welche der Core i7-5930K schneller gegenüber dem Core i7-5820K ist. Angesichts des Mehrpreises von gut 200 Dollar lohnt der Core i7-5930K natürlich überhaupt nicht, da auch ansonsten jede Vorteile bei diesem Modell fehlen.

Spieleunterstützungs-Perf. 2600K 3770K 4790K 3960X 4960X 5820K 5960X
Sandy Bridge, 4C +HT @ 3.4/3.8 GHz Ivy Bridge, 4C + HT @ 3.5/3.9 GHz Haswell, 4C + HT @ 4.0/4.4 GHz Sandy Bridge E, 6C HT @ 3.3/3.9 GHz Ivy Bridge E, 6C + HT @ 3.6/4.0 GHz Haswell-E, 6C + HT @ 3.3/3.6 GHz Haswell-E, 8C + HT @ 3.0/3.5 GHz
PC Games Hardware  (6 Tests) - - 102,1% - 100,9% 98,0% 100%
ComputerBase  (8 Tests) 76,5% 84,4% 93,7% 90,3% 91,0% 94,9% 100%
Technic3D  (3 Tests) 87,5% 91,9% - 98,9% 105,3% - 100%
The Tech Report  (4 Tests) - - 103,9% - 99,2% - 100%
Ø Spieleunterstützungs-Perf. * 81% 88% 98% 94% 96% 98% 100%
* die fehlenden Werte wurden hochgerechnet und die Resultate teilweise noch gewichtet

Bei der Spieleunterstützungs-Performance – welche Spiele unter niedrigen Auflösungen ausmisst und gut für CPU-limitierte Szenen sowie die Minimum-Frameraten ist – gehen die Unterschiede stark zurück, was aber natürlich durch die meistens schwache Unterstützung heutiger Spiele für Prozessoren mit mehr als vier Rechenkernen begründet ist. Dabei ist diese Unterstützung aber sogar schon deutlich besser geworden, wenn ein Achtkern-Prozessor auf 3.0/3.5 GHz eine minimal bessere Performance erreicht als ein Vierkern-Prozessor auf 4.0/4.4 GHz, in diesem Beispiel also gut ein Drittel mehr Taktrate durch die doppelte Anzahl an Rechenkernen ausgleichen muß.

Trotzdem bleibt es so, daß sich gemessen an dieser Disziplin niemand zu Enthusiasten-Prozessoren gezwungen fühlen muß: Selbst ein "alter" Core i7-2600K liegt hier keine 20% zurück, alle neueren Prozessoren liegen sogar im selben Performancefeld mit Differenzen von nur wenigen Prozentpunkten. Dafür, daß man die Spieleunterstützungs-Performance dann auch nur eher selten in Spielen spürt, lohnt hier keine Neuanschaffung, wenn man diesbezüglich schon auf einem gutklassigem Stand ist. Dies kann sich mit kommenden Spiele-Generationen ändern, welche angetrieben durch die Achtkern-Prozessoren der aktuellen Spielekonsolen eine solche Rechenkern-Anzahl auch wirklich ausnutzen – aber bis dahin sind moderne und gut getaktete Vierkerner weiterhin eine erstklassige Wahl im Gaming-Sektor.