Launch-Analyse: Intel Haswell-E (Seite 2)

Sonntag, 31. August 2014
 / von Leonidas
 

Neben der eigentlichen Performance ist die Übertaktungs-Eignung die zweite spannende Frage zu den Haswell-E-Prozessoren. Denn zum einen sprechen diese Prozessoren meistens nur typische Enthusiasten an, zum anderen kommen alle Modelle des Haswell-E-Portfolios mit freiem Multiplikator, also ohne Overclocking-Einschränkungen daher. Und letztlich übertakten gemäß einer unserer jüngeren Umfrage immerhin 73% der Käufer eines K-Prozessors selbigen, ist also bei diesen Prozessoren die Übertaktung sogar der häufiger anzutreffende Zustand gegenüber dem Betrieb auf Standard-Taktraten. Intels Core i7-4960K von Ivy Bridge E wird hierzu gern mit 4.3 bis 4.5 GHz Takt angegeben, der Core i7-4790K aus dem regulärem Haswell-Portfolio liegt bekannterweise bei ~4.7 GHz. Bei Haswell-E konnten hingegen auf Basis der vorliegenden Hardwaretests folgende Overclocking-Resultate notiert werden:

Core i7-5820K (6C + HT @ 3.3/3.6 GHz) Core i7-5960X (8C + HT @ 3.0/3.5 GHz)
4.1 GHz @ 1.249V  (Hardware.fr) 4.1 GHz @ 1.250V  (Hardware.fr)
4.4 GHz @ 1.318V  (ComputerBase) 4.2 GHz @ 1.35V  (PC Games Hardware)
4.5 GHz @ 1.35V  (PC Games Hardware) 4.37 GHz @ 1.298V  (Legit Reviews)
4.4 GHz @ 1.401V  (Hardwareluxx)
4.4 GHz @ 1.300V  (Hardware Canucks)
4.4 GHz @ 1.300V  (ThinkComputers)
4.45 GHz @ 1.375V  (Guru3D)
4.5 GHz @ 1.325V  (The Tech Report)
4.5 GHz @ 1.29V  (Bjorn3D)
4.6 GHz @ 1.399V  (AnandTech)
4.6 GHz @ 1.317V  (ComputerBase)
4.6 GHz @ 1.317V  (Overclockers Club)
4.6 GHz @ 1.300V  (PC Perspective)
4.7 GHz @ 1.397V  (Vortez Hardware)
4.7 GHz @ 1.306V  (LanOC)
4.8 GHz @ 1.392V  (Tom's Hardware)
4.87 GHz @ 1.423V  (Overclockers)
4.2 GHz @ 1.249V  (Hardware.fr) Ø 4.52 GHz
Core i7-5930K (6C + HT @ 3.5/3.7 GHz) Core i7-5960X (8C + HT @ 3.0/3.5 GHz)

Erst einmal ist Haswell-E angesichts der gleich acht Rechenkerne beim Core i7-5960X und dessen default-Takt von nur 3.0 GHz ein richtig guter Übertakter, wenn im Durchschnitt der Overclocking-Resultate gleich 4.52 GHz erreicht werden. Damit kann man in jedem Fall allen Befürchtungen entgegentreten, durch die zwei zusätzlichen Rechenkerne eventuell an Overclocking-Taktrate einzubüßen – dies ist beim Core i7-5960X augenscheinlich nicht der Fall. Die wenigen vorliegenden Overclocking-Resultate zu den beiden Sechskern-Modellen von Haswell-E kennzeichnen jene auch nicht als bessere Übertakter, sondern tendenziell sogar als etwas schlechtere (allerdings liegen hierzu wirklich zu wenige Werte vor).

Ein wenig problematisch sind allerdings die stark schwankenden Overclocking-Resultate, welche von 4.1 bis 4.87 GHz reichen, wobei die Ausreißer nach oben und unten hin nicht nur einzelne Werte darstellen, sondern mehrfach in dieser und ähnlicher Form vorkommen. Auch wurden einige der Maximal-Übertaktungen nicht durch komplette Benchmark-Serien geschickt bzw. waren augenscheinlich an der letzte Grenze des physikalisch möglichen – sprich, solche Werte stellt man vielleicht einmal im Übertaktungsversuch auf, benutzt jene aber nicht für den Dauereinsatz. Hier spielt auch der extreme Stromhunger der Prozessoren im Übertaktungs-Betrieb hinein: Gut übertaktet können es gut und gerne 300 Watt allein für die CPU werden, wobei dann auch einzelne Taktstufen (100 MHz mehr) mit bis zu 40 Watt mehr bezahlt werden müssen.

Auch wenn die Masse der Übertaktungen derzeit bei zwischen 4.4 und 4.6 GHz liegt, gehen wir davon aus, daß aufgrund dieser Problematiken die Haswell-E-Prozessoren im Alltagseinsatz eher auf 4.3 bis 4.5 GHz zu finden sein werden – die letzte Taktstufe dürften sich die meisten Nutzer sparen, um das System nicht zu stark an seine letzte Grenze zu treiben. Damit kann man letztlich sagen, daß sich Haswell-E wohl ziemlich exakt so wie Ivy Bridge E übertakten läßt.

Dabei sollte die Performance unter Übertaktung eigentlich die Königsdisziplin der Hardwaretests zu Haswell-E sein – und wurde leider viel zu selten und wenn dann zu inkonsequent angetreten, so daß letztlich (wegen zu großer Lücken) keine Performance-Übersicht von solcherart Ergebnissen angeboten werden kann. Um herauszufinden, wo die Performance von Haswell-E im Übertaktungsbetrieb gegenüber den anderen Intel-Prozessoren ebenfalls im Übertaktungsbetrieb liegt, muß man leider hochrechnen, auch wenn das dabei herauskommende Ergebnis nicht wirklich genau sein kann:

2600K 3770K 4790K 3960X 4960X 5820K 5960X
Sandy Bridge, 4C +HT @ 3.4/3.8 GHz Ivy Bridge, 4C + HT @ 3.5/3.9 GHz Haswell, 4C + HT @ 4.0/4.4 GHz Sandy Bridge E, 6C HT @ 3.3/3.9 GHz Ivy Bridge E, 6C + HT @ 3.6/4.0 GHz Haswell-E, 6C + HT @ 3.3/3.6 GHz Haswell-E, 8C + HT @ 3.0/3.5 GHz
Anwendungs-Performance 57,5% 62,5% 73,3% 78,3% 83,8% 83,2% 100%
Spieleunterstützungs-Perf. 81% 88% 98% 94% 96% 98% 100%
übliche Übertaktung 4.5 GHz 4.5 GHz 4.7 GHz 4.5 GHz 4.4 GHz 4.4 GHz (?) 4.4 GHz
OC-Taktgewinn (zum Basetakt) +32% +28% +18% +36% +22% +33% +47%
OC-Taktgewinn (zum Turbotakt 3C) +25% +18% +9% +22% +13% +26% +33%
Anwendungs-Performance @ OC ~54% ~56% ~62% ~72% ~72% ~81% 100%
Preis Grundsystem * ~490€ ~490€ ~500€ ~1010€ ~1200€ ~740€ ~1320€
* bestehend aus CPU, übliches Mainboard, 16 GB Arbeitsspeicher

Wenn man die Overclocking-Performance entsprechend hochrechnet, kommt Haswell-E wegen seines hohen relativen Übertaktungserfolgs nochmals deutlich besser weg: Der Performancegewinn des Core i7-5960X liegt gegenüber dem Core i7-4960X nicht mehr bei 19%, sondern bei gleich 38%! Und hier liegt der eigentliche Clou dieses Prozessors: In der unter Übertaktung wesentlich besseren Performance gegenüber allem anderen bisher dagewesenen. Auch gegenüber dem Core i7-4790K kommt so ein sehr überzeugendes Ergebnis heraus: Sind es unübertaktet 36% Performancegewinn, kommen unter Übertaktung dann satte 62% Performancegewinn heraus. Störend ist dabei natürlich weiterhin der extreme Preis eines Systems mit Core i7-5960X – dieser Prozessor lohnt weiterhin nur für Nutzer, welche bisher schon im 1000-Dollar-Bereich Prozessoren gekauft haben.

Core i7-5820K Core i7-5960X
vs. Core i7-2600K
+51% Preis
+45% Performance
+49% Performance @ OC
vs. Core i7-3960X
+31% Preis
+28% Performance
+38% Performance @ OC
vs. Core i7-3770K
+51% Preis
+33% Performance
+44% Performance @ OC
vs. Core i7-4960X
+10% Preis
+19% Performance
+38% Performance @ OC
vs. Core i7-4790K
+48% Preis
+14% Performance
+31% Performance @ OC
-

Aber auch der Core i7-5820K kann sich bei der Performance unter Übertaktung nochmals hervortun: Steht ohne Übertaktung ein Performance-Gleichstand gegenüber dem Core i7-4960X an, so überrundet der Core i7-5820K unter Übertaktung dieses alte Top-Modell dann doch um 12% Mehrperformance. Zudem steigt der Performance-Abstand zum Core i7-4790K sehr deutlich von ohne Übertaktung +14% auf mit Übertaktung +31% an. Zwar kostet das Grundsystem mit Core i7-5820K derzeit noch ~48% mehr, aber dieser Preisaufschlag ist im HighEnd-Bereich noch eher human, bezahlt man hier selten nur 48% Mehrpreis für 31% Performancegewinn. Zudem besteht die Chance, daß mit dem kommenden Wettbewerb im Mainboard- und DDR4-Bereich dieser Mehrpreis noch etwas zurückgeht – und damit den Core i7-5820K letztlich nochmals attraktiver macht.

In der Summe der Dinge haben sich die Vorhersagen zu Haswell-E ziemlich erfüllt: Der Core i7-5960X bringt einen netten Performance-Schub, kostet aber nach wie vor zu viel, um wirklich effektiv zu sein. Der Core i7-5820K ist dagegen die erwartete hochinteressante Sechskern-CPU für einen vernünftigen Preispunkt und dennoch nahezu Höchstleistungen. Besonders bemerkenswert zu Haswell-E ist der vergleichsweise hohe Performanceschub im Übertaktungs-Betrieb, hier gewinnt Haswell-E mehr hinzu als alle anderen modernen CPU-Architekturen von Intel.

Nachtrag vom 1. September 2014

Die ComputerBase bringt zum Thema "Haswell-E" einen interessanten Artikel, welcher sich mit der Performance bei mehreren Grafikkarten beschäftigt, speziell betrachtet unter dem Blickwinkel der differierenden Aufteilung der PCI Express Lanes zwischen Ivy Bridge E und Haswell E. Allerdings macht dies trotz der zusätzlich höheren CPU-Power von Haswell-E nichts aus, teilweise ist sogar das System mit Ivy Bridge E Prozessor minimal schneller als das System mit Haswell-E Prozessor. Zugleich kann man in dem Artikel auch die schwache Skalierung von drei Grafikchips gegenüber zwei Grafikchips sehr gut sehen, welche unter FullHD bei +16% liegt, unter UltraHD bei +17% (die Skalierung von einem auf zwei Grafikchips lag hingegen bei vernünftigen +66% unter FullHD und exzellenten +83% unter UltraHD). Von vier Grafikchips – obwohl Haswell-E nun sogar fünf Grafikkarten unterstützt – kann nur vollkommen abgeraten werden, hierbei ergab sich gar kein Leistungsplus gegenüber drei Grafikchips mehr.