Neue Roadmaps zu den AMD-Prozessoren & -Grafikchips 2012/2013

Freitag, 3. Februar 2012
 / von Leonidas
 

Prozessoren- und Grafikchipentwickler AMD hat auf seinem Financial Analyst Day 2012 neue Informationen und Roadmaps zu den dieses und nächstes Jahr geplanten Produkten vorgelegt und den versammelten Journalisten und Analysten einige Fragen zu diesen beantwortet (und andere dafür komplett ignoriert). Damit läßt sich nunmehr das Bild der AMD-Prozessoren und AMD-Grafikchips für die Jahre 2012 und 2013 etwas genauer zeichnen, zudem wird auch AMDs Strategie des weiteren Zusammenwachsens von CPU- und GPU-Bereich klarer.

Und letzteres beinhaltet eben nicht nur die integrierten Grafiklösungen in den Llano- und Trinity-Prozessoren, sondern vielmehr die zukünftige Anbindung der eigenständigen AMD-Grafikchips an die AMD-Prozessoren. Das Fusion-Konzept, welches sich nun (aufgrund eines Rechtsstreits) "Heterogeneous Systems Architecture" (HSA) nennt, soll offensichtlich langfristig zum GPGPU-Standard ausgebaut werden, mittels welchem die Rechenpower sowohl von integrierter Grafikeinheit als auch diejenige von extra Grafikkarten zugunsten von Prozessoren-Aufgaben genutzt werden kann. Dazu wird man zum einen die eigenen (extra) Grafikchips bis zum Jahr 2014 auf eine umfängliche HSA-Unterstützung trimmen, zum anderen wird man HSA zum offenen Standard deklarieren, bei welchem dann also auch andere Hersteller mitmischen dürfen.

Damit scheint AMD HSA als direkten Angriff auf nVidias Cuda-Konzept vorzusehen, selbst wenn die technischen Wege dieser beiden Konzepte recht unterschiedlichlich ausfallen. Cuda ist dabei derzeit durch den vorhandenen Markterfolg klar in der Vorhand – was sich jedoch ändern könnte, sobald AMD HSA-fähige Grafikchips herausbringt, welche den Hauptspeicher mitnutzen und sogar im Verbund mit der CPU agieren können. Allerdings muß AMD natürlich erst einmal beweisen, dies auch auf die Reihe zu bekommen, hat nVidia zudem reichlich Zeit für einen eigenen Konter – und am Ende entscheiden in diesem Segment sowieso von außen schwer einsehbare Punkte wie eine bessere Softwareunterstützung sowie der bessere Entwicklersupport über Erfolg oder Mißerfolg.

Von der HSA-Strategie abgesehen gab es leider wenige griffige Informationen zu weiteren AMD-Grafikchips. Was AMD innerhalb der aktuellen Southern-Islands-Generation noch herausbringen wird, wurde in Form einer geleakten MSI-Roadmap an dieser Stelle schon ausgebreitet, AMD selber hüllt sich zu diesem Thema offiziell natürlich noch in Schweigen. Einzig und allein der Codename für die Southern Islands nachfolgende Grafikchip-Architektur wurde bestätigt: Für das Jahr 2013 ist nunmehr "Sea Islands" in weiterhin der 28nm-Fertigung geplant. Diese Grafikchip-Generation soll "bedeutende Verbesserungen" mit sich bringen, ohne daß AMD dies allerdings genau ausgeführt hätte. Wir vermuten hinter "Sea Islands" jedoch eine eher typische Refresh-Generation – mit etwas mehr Hardware-Einheiten, etwas mehr Takt und gewissem Architektur-Tuning, gewürzt mit einigen Erweiterungen für HSA.

Daß AMD "Sea Islands" schon gleich für das Jahr 2013 einzeichnet, darf man im übrigen als klaren Hinweis darauf verstehen, daß es diesesmal kaum zu den üblichen Spekulationen über eine neue Grafikchip-Architektur noch im Herbst kommen wird. Die Zeiträume zwischen zwei Fertigungsverfahren werden halt länger, ergo strecken sich damit auch die Releasezeiträume. Für 2014 steht dann im übrigen eine voll HSA-kompatible Grafikchip-Architektur seitens AMD an, zu welcher es allerdings weder Codenamen noch Hinweis auf die eingesetzte Fertigungstechnologie gibt. Regulär gesehen sollte für das Jahr 2014 dann jedoch schon die 20nm-Fertigung bei TSMC und GlobalFoundries zur Verfügung stehen – diese wird es für kleinere Chips zwar schon nächstes Jahr geben, aber die Entwicklung der Produktionsverfahren für die viel größeren Grafikchips dauert üblicherweise viel länger.

Bedeutend mehr Informationen gibt es dagegen im Bereich der geplanten AMD-Prozessoren. Zwei wichtige Änderungen gegenüber den bisherigen AMD-Planungen stechen dabei ins Auge: Zum einen sind die früher fest für dieses Jahr geplanten Bobcat-Prozessoren Krishna & Wichita nun doch komplett gestrichen worden. AMD probiert es dieses Jahr allein mit "Brazos 2.0", einem "Aufguß" des originalen Bobcat-Programms mit etwas mehr Takt – und bringt nächstes Jahr dann den auch ursprünglich an dieser Stelle geplanten Bobcat-Nachfolger "Kabini" mit zwei bis vier Jaguar-Rechenkernen in 28nm.

Gleichfalls werden es im Bulldozer-Bereich die Steamroller-Rechenkerne nicht mehr ins Jahr 2013 schaffen, die zum Herbst 2012 zu erwartenden Vishera-Prozessoren mit Piledriver-Rechenkernen werden also das komplette Jahr 2013 über AMDs Speerspitze im Prozessoren-Angebot darstellen. Nur im Llano/Trinity-Bereich wird es dagegen planmäßig die Ablösung von Llano dieses Jahr mittels der Trinity-Prozessoren mit Piledriver-Rechenkernen geben und für das Jahr 2013 die Ablösung von Trinity mittels der Kaveri-Prozessoren mit Steamroller-Rechenkernen.

Jene Kaveri-Prozessoren sollen dann im übrigen auch schon in 28nm gefertigt werden, womit AMD fertigungstechnisch wieder etwas näher an Intel heranrücken würde (im Jahr 2013 22nm-Fertigung von Haswell, 14nm-Fertigung bei Intel möglicherweise ab 2014). Zudem ermöglicht die 28nm-Fertigung AMD eine größere Auswahl an Auftragsfertigern, weil dann nicht nur AMDs Stammfertiger GlobalFoundries, sondern eben auch TSMC als Fertigungs-Auftragnehmer in Frage kommen würde. Wo da die Tendenzen liegen, wollte AMD im übrigen ausdrücklich nicht verkünden – vermutlich setzt man derzeit beide Auftragsfertiger unter entsprechenden Druck, um im Konkurrenzkampf beider Fertiger das für sich beste Angebot zu finden.

Aus einer eigentlich Opteron-bezogenen Roadmap läßt sich zudem (nochmals) die langfristig geplante Rechenkern-Entwicklung bei AMD ablesen: Auf die 2012er Piledriver-Rechenkerne folgen in den Jahren 2013 und 2014 die Steamroller-Rechenkerne, mit noch ungewissem Termin kommen danach dann die Excavator-Rechenkerne. Da es zudem in der Tat dazu kommt, daß diese Rechenkerne zuerst im Llano/Trinity-Bereich eingesetzt werden und dann erst mit einigen Monaten Verzögerung im Bulldozer-Bereich, erscheint eine kürzliche Newsmeldung immer plausibler, welche von einem funktionalen Unterschied der Piledriver-Rechenkerne für Trinity und Bulldozer sprechen – einer frühen Version der Rechenkerne mit funktionalen Abspeckungen für Trinity sowie einer späteren Version der Rechenkerne im funktionalen Vollausbau für Bulldozer.

Da nun auch bei den Steamroller-Rechenkernen ein hoher zeitlicher Unterschied existiert – die Kabini-Prozessoren für den Trinity-Bereich kommen noch im Jahr 2013, während die Modelle für den Bulldozer-Bereich auf das Jahr 2014 verschoben sind, kann man durchaus vermuten, daß dieses Modell dort auch Anwendung findet – und dann eben auch bei den weiter nachfolgenden Excavator-Rechenkernen und den darauf basierenden, derzeit noch unbenannten Prozessoren.

In der Summe hat AMD somit (fast) nur Terminverzögerungen (Steamroller-Rechenkerne im Bulldozer-Bereich) und Abkündigungen (Krishna/Wichita-Prozessoren im Bobcat-Bereich) bekanntgegeben – einzig allein die Ansetzung der 28nm-Fertigung beim 2013er Trinity-Nachfolger Kabini stellt einen gewissen Fortschritt dar. Insbesondere bei den schnelleren PC-Prozessoren müssen damit aber schon alle Hoffnungen in die Vishera-Prozessoren mit Piledriver-Rechenkernen gesetzt werden, weil augenscheinlich vor dem Jahr 2014 nichts besseres von AMD zu erwarten ist. Dies ist etwas wenig angesichts des hohen Rückstands der aktuellen FX-Prozessoren gegenüber dem Intel-Portfolio – ganz besonders eingerechnet daß Intel mittels Ivy Bridge sogar noch vor Vishera etwas neues herausbringen wird.

AMD-Prozessoren 2011 AMD-Prozessoren 2012 AMD-Prozessoren 2013
Bulldozer-Architektur
32nm Zambezi-Prozessoren
4-8 Bulldozer-Rechenkerne
keine integrierte Grafik
Sockel AM3+, DualChannel DDR3/1866
Bulldozer-Architektur
32nm Vishera-Prozessoren
4-8 Piledriver-Rechenkerne
keine integrierte Grafik
Sockel AM3+, DualChannel DDR3
Terminlage: Spätsommer/Herbst 2012
Llano-Architektur
32nm Llano-Prozessoren
2-4 Husky-Rechenkerne
VLIW5-Grafiklösung mit 160 bzw. 400 Shader-Einheiten
Sockel FM1, DualChannel DDR3/1866
Trinity-Architektur
32nm Trinity-Prozessoren
2-4 Piledriver-Rechenkerne
VLIW4-Grafiklösung mit wahrscheinlich 256, 384 und 512 Shader-Einheiten
Sockel FM2, DualChannel DDR3/2133
Terminlage: Frühsommer/Sommer 2012
Trinity-Architektur
28nm Kaveri-Prozessoren
2-4 Steamroller-Rechenkerne
integrierte GCN-basierte Grafiklösung
Sockel FM2, DDR3
Terminlage: unbekannt, scheinbar aber eher zweites Halbjahr 2013
Bobcat-Architektur
40nm Ontario/Zacate-Prozessoren
1-2 Bobcat-Rechenkerne
VLIW5-Grafiklösung mit 80 Shader-Einheiten
Sockel FT1, SingleChannel DDR3/1066
für das Jahr 2012 Refresh mittels Brazos 2.0
Bobcat-Architektur
28nm Kabini-Prozessoren
2-4 Jaguar-Rechenkerne
integrierte GCN-basierte Grafiklösung
Sockel FT2, DDR3
Terminlage: unbekannt

Nachtrag vom 3. Februar 2012

Zu den beim AMD "Financial Analyst Day 2012" ausgebreiteten neuen Prozessoren- und Grafikchip-Roadmaps hat AMD noch ein PDF-File mit einer Erklärung aller verwendeten AMD-Codenamen veröffentlicht, welches einige interessante Detailinformationen birgt: So wird der Verzicht auf Krishna und Wichita direkt bestätigt, genauso wie auch der Verzicht auf Komodo, was mal als Desktop-CPU mit sechs bis zehn Piledriver-Rechenkernen für dieses Jahr geplant war. Desweiteren ergibt sich aus der konkreten Formulierung zur integrierten Trinity-Grafiklösung, daß diese nicht GCN-basiert sein wird – bei allen anderen entsprechenden Grafiklösungen (auch den noch nicht releasten Grafikchips Pitcairn und Cape Verde) hat AMD die GCN-Abstammung ansonsten akkurat angegeben. Und letztlich wurde im Abschnitt zum Bulldozer-Nachfolger Vishera explizit notiert, daß diese CPU tatsächlich weiterhin für den Sockel AM3+ erscheinen wird.