Zum Launch des Phenom II X6

Mittwoch, 28. April 2010
 / von Leonidas
 

Nachdem Mitte März Intel in Form des Core i7-980X den ersten Sechskern-Prozessor für das Desktop-Segment präsentierte, zieht AMD mit der Phenom II X6 Prozessoerenserie nach und bietet nunmehr ebenfalls Sechskern-Prozessoren für das Desktop-Segment an. Während allerdings der Core i7-980X eine wahrhaftige HighEnd-CPU mit dementsprechendem Listenpreis von 999 Dollar ist, gehen AMDs Sechskern-Angebote in ein gänzlich anderes Preisspektrum: Die heute vorgestellten Modelle Phenom II X4 1055T (2.8 GHz) und 1090T (3.2 GHz) kosten mit 199 bzw. 295 Dollar Listenpreis deutlich weniger und gehen damit ganz klar nicht in Konkurrenz zur Intels einzelner Sechskern-CPU, sondern eher in Konkurrenz zu Intels günstigen Vierkernern der Nehalem-Prozessorenarchitektur, sprich Core i5-750, Core i7-860 und Core i7-920/930.

Prozessor Technik Modelle
Phenom II X6 Thuban, 45nm, HexaCore, 3 MB Level2-Cache, 6 MB Level3-Cache, TurboCore (400/500 MHz mehr auf der Hälfte der Kerne), AMD-V, DualChannel-Speicherinterface bis DDR3/1333, Sockel AM3 (läuft auch auf vielen AM2+ Platinen) 1090T – 3.2 GHz (125W TDP)
295$ / ca. 285 Euro
1075T – 3.0 GHz (125W TDP)
(drittes Quartal 2010)
1055T – 2.8 GHz (95/125W TDP)
199$ / ca. 185 Euro
1035T – 2.6 GHz (95W TDP)
(nur für OEMs verfügbar)
Phenom II X4 Zosma (Abspeckung Thuban), 45nm, QuadCore, 2 MB Level2-Cache, 6 MB Level3-Cache, TurboCore (400 MHz mehr auf der Hälfte der Kerne), AMD-V, DualChannel-Speicherinterface bis DDR3/1333, Sockel AM3 (läuft auch auf vielen AM2+ Platinen) 960T – 3.0 GHz (95W TDP)
(zweites Quartal 2010)
Phenom II X4 Deneb, 45nm, QuadCore, 2 MB Level2-Cache, 6 MB Level3-Cache, AMD-V, DualChannel-Speicherinterface bis DDR3/1333, Sockel AM3 (läuft auch auf den meisten AM2+ Platinen) 965 BE – 3.4 GHz (125/140W TDP)
185$ / ca. 150 Euro
955 BE – 3.2 GHz (125W TDP)
165$ / ca. 135 Euro
945 – 3.0 GHz (95/125W TDP)
155$ / ca. 130 Euro
925 – 2.8 GHz (95W TDP)
145$ / ca. 120 Euro

Beachtenswert bei AMDs Sechskernern ist erst einmal, daß AMD diese sechs Rechenkerne im Gegensatz zu Intel innerhalb derselben 45nm-Fertigung liefern kann – und noch dazu zu nicht einmal höheren TDP-Werten. Wenn man sich erinnert: Für die ersten Modelle des seinerzeitigen AMD-Spitzenprozessors Phenom II X4 965 BE (3.4 GHz) musste AMD noch die TDP auf 140 Watt heraufschrauben, heuer nun gibt es beim Phenom II X6 1090T eine nur um 200 MHz niedrigere Taktrate und zwei Rechenkerne obendrauf – und trotzdem bleibt AMD innerhalb der üblichen TDP-Klasse von 125 Watt. Erreicht wird dies über ein besseres Ultra-Low-K-Dielektrikum, welches die Leckströme weiter reduziert und damit AMDs Thuban-Kern auf normalgebräuchlichen Stromverbrauchswerten hält.

Dies bedeutet allerdings nicht, daß der Stromverbrauch des Phenom II X6 1090T wirklich gut wäre – der Prozessor reizt seine TDP-Klasse üblicherweise voll aus, womit der eigentliche Vorteil also "nur" darin besteht, daß dieser Prozessor nicht einen noch höheren Strombedarf aufweist. Im Vergleich liegt der Volllast-Strombedarf des Phenom II X6 1090T irgendwo auf dem (hohen) Niveau der Core i7-9xx Prozessoren, während nur der Phenom II X6 1055T sich in dieser Frage halbwegs mit den genügsameren Core i7-8xx Prozessoren anlegen kann:

HT4U
(CPU+Wandler)
HT4U
(Gesamtsystem)
ComputerBase
(Gesamtsystem)
Hot Hardware
(Gesamtsystem)
Tech Report
(Gesamtsystem)
Phenom II X6 1090T 156W 261W 215W 210W 236W
Phenom II X6 1055T 140W 240W 189W - -
Phenom II X4 965 BE 139W 249W 185W 204W 224W
Core i7-860 - 191W 170W - -
Core i7-870 - 205W 189W 175W 215W
Core i7-920 - 193W - 199W -
Core i7-980X - 208W 252W 228W 286W

Im Idle-Verbrauch nehmen sich die Prozessoren dann nicht viel, je nach Systemausstattung kommt man auf 80 bis 100 Watt Idleverbrauch beim Phenom II X6. Im Vergleich zu Intel liegt man damit ganz gut, der Idleverbrauch der Core i7-8xx Prozessoren ist in der Regel etwas niedriger (allerdings ohne großen Abstand), der Idleverbrauch der Core i7-9xx Prozessoren in aller Regel etwas höher, wobei der Idle-Verbrauch speziell des Sechskerners Core i7-980X doch etwas deutlicher abweichend ist – im Schnitt 20 Watt mehr Idleverbrauch muß man beim Sechskern-Prozessor von Intel einkalkulieren.

Keine Auswirkungen auf den Stromverbrauch hat dann der zweite wichtige Punkt am Thuban-Core, das TurboCore-Feature. Bei diesem werden dynamisch die Hälfte der Rechenkerne erheblich auf 800 MHz heruntergetaktet, während die andere Hälfte der Rechenkerne einen gewissen Taktboost um 400 MHz (Phenom II X4 960T und Phenom II X6 1090T) bzw. 500 MHz (Phenom II X6 1035T/1055T/1075T) auf die normale Taktfrequenz gerechnet erhält. Dadurch, daß die eine Hälfte der Rechenkerne stark heruntergetaktet wird, entstehen genügend Stromverbrauchsreserven, damit das TurboCore-Feature sich gegenüber dem Volllast-Stromverbrauch faktisch neutral verhält – es gibt also keine Situation, wo man mittels TurboCore auf einen höheren Stromverbrauch kommt als bei Volllast-Messungen.

1 Kern 2 Kerne 3 Kerne 4 Kerne 5 Kerne 6 Kerne
Core i5-6xx + 266 MHz + 133 MHz - - - -
Core i5-750 + 533 MHz + 533 MHz + 133 MHz + 133 MHz - -
Core i7-860 + 666 MHz + 533 MHz + 133 MHz + 133 MHz - -
Core i7-870 + 666 MHz + 533 MHz + 266 MHz + 266 MHz - -
Core i7-97x + 266 MHz + 266 MHz + 133 MHz + 133 MHz - -
Core i7-980X + 266 MHz + 133 MHz + 133 MHz + 133 MHz + 133 MHz + 133 MHz
Phenom II X4 9xxT + 400 MHz + 400 MHz +0 +0 - -
Phenom II X6 1035T/1055T/1075T + 500 MHz + 500 MHz + 500 MHz +0 +0 +0
Phenom II X6 1090T + 400 MHz + 400 MHz + 400 MHz +0 +0 +0
Bei Intel sind diese maximalen Übertaktungsergebnisse in der Praxis immer durch die TDP begrenzt: Die CPU wertet den aktuellen Stromverbrauch aus und wird unter Umständen das TurboMode-Ergebnis drosseln, wenn der Stromverbrauch zu hoch ist. Eine ähnliche Limitierung gibt es bei AMD nicht und ist prinzipbedingt auch nicht notwendig.

Gemäß Spezifikation hilft TurboCore natürlich nur dann, wenn nur wenige Rechenkerne belastet werden – im Gegensatz zu Intels TurboMode, welcher auch bei voller Belastung aller Rechenkerne noch einen gewissen Taktboost auf alle Rechenkerne bietet. Trotzdem sollte TurboCore eigentlich schlagkräftig sein, denn immerhin steigt der Takt um gleich 400 bzw. 500 MHz. Bei Intels Prozessoren kommen da die Core i7-9xx Modelle nicht heran, diese bieten oftmals nur 266 MHz Taktsteigerung und manchmal auch nur 133 MHz Taktsteigerung bei Belastung weniger Rechenkerne an. Nur die Core i7-8xx Prozessoren bieten ähnliches wie AMD, hier geht es im DualCore-Betrieb regelmäßig um 533 MHz Takt hinauf.

Allerdings sind die praktischen Ergebnisse von AMDs TurboCore trotz dieser guten Voraussetzungen zumeist eher sehr durchschnittlich und damit doch ziemlich enttäuschend. Denn meistens bewegt sich nur etwas im Rahmen von zwei bis vier Prozent auf alle Benchmarks – das konnte Intel mit seinem TurboMode und Taktzuschlägen von zumeist nur 266 MHz bei den Core i7-9xx Prozessoren auch schon, die Core i7-8xx Prozessoren mit ihren Taktzuschlägen von zumeist 533 MHz sind in dieser Frage dann sogar bemerkbar besser. Vor allem aber im Bereich der Spiele, wo man dachte, das aufgrund der schwachen Mehrkern-Ausnutzung noch das beste Anwendungsfeld von TurboCore liegen sollte, zeigt sich erstaunlicherweise kaum einmal ein Performancegewinn beim TurboCore der Phenom II X6 Prozessoren.

Sicherlich gibt es Ausnahmefälle, wo AnandTech mal einen Performancegewinn von 8,4 Prozent unter Left 4 Dead 2 vermessen konnten – aber in der Mehrheit ist eher das Realität, was die ComputerBase messen musste: Und da gibt es viele Fälle unter Spielen, wo der Phenom II X6 unter Aktivierung des TurboCore sogar (minimal) langsamer ist als ohne TurboCore. Hier scheint das ganze Feature noch nicht so richtig zu funktionieren und AMD dazu aufgefordert, noch einmal Hand an die Sache zu legen. Hoffentlich läßt sich das ganze mittels Software-Updates fixen, ansonsten wäre die ganze TurboCore-Idee – welche ja ausdrücklich auf mehr Takt bei Belastung nur weniger Rechenkerne abzielt – zumindest auf diesen Prozessoren nahezu umsonst gewesen.

Damit bleibt in dem Sinne alles an der Grundperformance der Phenom II X6 Prozessoren hängen, ohne daß man auf einen bemerkbaren Boost durch TurboCore hoffen kann. In der Frage der allgemeinen Performance hat es AMD aber auch nicht einfacher – immerhin rennt man im QuadCore-Bereich einem Rückstand von gut 30 Prozent in der Pro/MHz-Leistung gegenüber den Nehalem-Prozessoren hinterher – und so die wirklich besseren Taktraten bietet AMD auch nicht. So muß AMD sehr viel über die zwei Rechenkerne mehr richten, was hier und da bei gut auf viele Rechenkerne optimierten Benchmarks auch funktioniert. In anderen Fällen ist der Phenom II X6 1090T aber auch schon mal langsamer als der Phenom II X4 965 BE – einfach durch den geringfügig höheren Takt des letztgenannten QuadCore-Modells.

Eine Einschätzung der Performance in nur einer Zahl ist daher schwer zu geben und ist in diesem Fall wohl auch eher irreführend: Es hängt hierbei absolut extrem davon ab, welche Benchmarks man einsetzt – solche, die mit vier Rechenkernen zufrieden sind, oder solche, die auch mehr Rechenkerne noch belasten können. Dies ist wahrscheinlich von keinem der aktuellen Tests vorab wirklich eruiert worden – man hat einfach das übliche Benchmarkportfolio genommen und abgespult, womit es letztlich Glückssache wurde, ob ein Test den Phenom II X6 mehr positiv oder mehr negativ beurteilt hat.

Test 1090T vs. i7-920 1090T vs. i7-860 1055T vs. i5-750 1055T vs. 965BE Benchmark-Auswahl
ComputerBase - -8,1% -10,2% -2,1% Autodesk 3ds Max 2010, LAME, MainConcept H.264/AVC Pro, Paint.NET, SPECjvm2008, TrueCrypt, WinRAR, PCMark Vantage, Anno 1404, Armed Assault 2, Modern Warfare 2, Colin McRae: DiRT 2, Far Cry 2, Resident Evil 5
- +4,4% +8,4% +9,1% ausschließlich die Anwendungen: Autodesk 3ds Max 2010, LAME, MainConcept H.264/AVC Pro, Paint.NET, SPECjvm2008, TrueCrypt, WinRAR, PCMark Vantage
HT4U +2,8% +1,0% -5,1% -7,5% PCMark Vantage, TrueCrypt, Blender 2.49b, Paint.NET, WinRAR, 7-Zip, TMPEG, Handbrake, x264 HD-Benchmark, Windows Movie Maker, Videora, Nero Vision, Lame, Nero Wave Editor, Battleforge, Colin McRae: DiRT 2, Far Cry 2, Stalker: Call of Priyat, GTA IV
+8,6% +7,7% +2,3% -3,4% ausschließlich die Anwendungen: PCMark Vantage, TrueCrypt, Blender 2.49b, Paint.NET, WinRAR, 7-Zip, TMPEG, Handbrake, x264 HD-Benchmark, Windows Movie Maker, Videora, Nero Vision, Lame, Nero Wave Editor

Möglicherweise könnte man erst in einem Test mit einem sehr weiten Benchmark-Feld von vielleicht 100 Anwendungen eine belastbare Aussage darüber treffen, wie häufig die vollen sechs Rechenkerne des Phenom II X6 wirklich zum Einsatz kommen – und selbst dann müsste man sich noch Gedanken über eine Gewichtung der Testergebnisse je nach Häufigkeit der Nutzung der einzelnen Anwendungen machen. Mit ein paar beispielhaften Benchmarks ist es jedenfalls in dieser Frage nicht getan, da ist man deutlich zu stark davon abhängig, daß die (faktisch per Zufall) ausgewählten Anwendungen nun auf sechs Rechenkerne ansprechen oder eben nicht.

Insofern ist es derzeit reine Geschmackssache, welchen Prozessor man bezüglich der allgemeinen Performance vorzieht: Die Core i7 Modelle haben die etwas höhere Performance, wenn ein bis vier Rechenkerne belastet werden, die Phenom II X6 Prozessoren (logischerweise) die höhere Performance, wenn fünf bis sechs Rechenkerne belastet werden. Der Phenom II X6 1090T liegt dabei grob irgendwo im Performancefeld von Core i7-860 oder Core i7-920, während der Phenom II X6 1055T irgendwo im Performancefeld des Core i5-750 rangiert. Wie gesagt variert die Performance aber sehr stark je nach Benchmarks, gibt es kein einheitliches Bild hierzu.

Aber eigentlich ist diese Performance für AMDs Sechskerner auch schon ausreichend, um sich letztlich einen gewissen Vorteil gegenüber Intels Vierkerner zu sichern: Denn die Zeit arbeitet – wenngleich im Sechskern-Gefilde doch sehr langsam – zugunsten der Sechskern-Prozessoren. Sprich, wenn AMD jetzt schon eine vergleichbare Performance anbieten kann, dann kann es in Zukunft nur noch besser werden – in dem Sinne ein Vorteil von AMD, auch wenn derzeit niemand sagen kann, wann der große Durchbruch von auf Sechskern-Prozessoren optimierter Software kommen wird.

Entscheidend für diese Einschätzung ist natürlich, daß AMD bei Phenom II X6 1055T & 1090T sehr humane Preispunkte ansetzt, welche diesen Prozessoren überhaupt erst die Konkurrenz zu den günstigen QuadCore-Prozessoren von Intel ermöglicht. Derzeit liegen die AMD-Preise für Phenom II X6 1055T & 1090T zwar durchgehend etwas überhalb von Core i5-750 bzw. Core i7-860/920/930, allerdings eben immer noch deutlich besser als die jeweils nächsten Intel-Taktstufen:

AMD Preislage Intel
Phenom II X6 1090T (3.2 GHz)
AMD Thuban-Core, 45nm, HexaCore (sechs Rechenkerne), TurboCore mit +400 MHz (DualCore-Mode: +400 MHz), TDP 125 Watt, Plattform-Kosten (Mobo+RAM): niedrig bis mittel
Produkt- und Preissuche: Ciao, PreisRoboter, Geizhals
ca. 285
Euro
 
  ca. 240
Euro
Core i7-930 (2.8 GHz)
Intel Bloomfield-Core, 45nm, QuadCore (vier Rechenkerne) + HyperThreading, TurboMode mit max. +266 MHz (DualCore-Mode: max. +266 MHz), TDP 130 Watt, Plattform-Kosten (Mobo+RAM): hoch
Produkt- und Preissuche: Ciao, PreisRoboter, Geizhals
Core i7-860 (2.8 GHz)
Intel Lynnfield-Core, 45nm, QuadCore (vier Rechenkerne) + HyperThreading, TurboMode mit max. +666 MHz (DualCore-Mode: max. +533 MHz), TDP 95 Watt, Plattform-Kosten (Mobo+RAM): mittel
Produkt- und Preissuche: Ciao, PreisRoboter, Geizhals
  ca. 205
Euro
Core i7-920 (2.66 GHz)
Intel Bloomfield-Core, 45nm, QuadCore (vier Rechenkerne) + HyperThreading, TurboMode mit max. +266 MHz (DualCore-Mode: max. +266 MHz), TDP 130 Watt, Plattform-Kosten (Mobo+RAM): hoch
Produkt- und Preissuche: Ciao, PreisRoboter, Geizhals
 
Phenom II X6 1055T (2.8 GHz)
AMD Thuban-Core, 45nm, HexaCore (sechs Rechenkerne), TurboCore mit +500 MHz (DualCore-Mode: +500 MHz), TDP 95/125 Watt, Plattform-Kosten (Mobo+RAM): niedrig bis mittel
Produkt- und Preissuche: Ciao, PreisRoboter, Geizhals
ca. 185
Euro
 
  ca. 160
Euro
Core i5-750 (2.66 GHz)
Intel Lynnfield-Core, 45nm, QuadCore (vier Rechenkerne), TurboMode mit max. +533 MHz (DualCore-Mode: max. +533 MHz), TDP 95 Watt, Plattform-Kosten (Mobo+RAM): mittel
Produkt- und Preissuche: Ciao, PreisRoboter, Geizhals
Phenom II X4 965 BE (3.4 GHz)
AMD Deneb-Core, 45nm, QuadCore (vier Rechenkerne), TDP 125/140 Watt, Plattform-Kosten (Mobo+RAM): niedrig bis mittel
Produkt- und Preissuche: Ciao, PreisRoboter, Geizhals
ca. 150
Euro
 

Allerdings muß man das Bild etwas differenzieren: Der Phenom II X6 1055T liegt mit ca. 185 Euro in der Mitte zwischen Core i5-750 (ca. 160 Euro) und Core i7-920 (ca. 205 Euro), wobei die Performance dieses Prozessors sich sicherlich nicht mit der eines Core i7-920 messen läßt. Ein etwas niedriger Preis für den Phenom II X6 1055T wäre hier eigentlich angebracht – andererseits ist der Phenom II X6 1055T der preisgünstigste derzeit im Markt verfügbare Sechskern-Prozessor, das ist allein für sich ein ziehendes Argument. Der Phenom II X6 1090T liegt dagegen ziemlich gut mit seinem Preis von ca. 285 Euro, was zwar etwas mehr ist als beim Core i7-860/930 mit ca. 240 Euro, jedoch mehr als deutlich besser als bei der nächsthöheren Intel-Taktstufe in Form von Core i7-870/940/950 mit Preisen von ca. 480 Euro.

Trotzdem bleibt es ein harter Wettkampf zwischen beiden Prozessorenbauern, denn Intels Modelle haben weiterhin ein paar kleine Vorteile: So die nach wie vor besseren Verbrauchswerte unter Idle und Last, das HyperThreading-Feature, welches vier weitere logische Rechenkerne zur Verfügung stellt (nicht beim Core i5-750), und letztlich der gerade bei den Lynnfield-Prozessoren schlagkräftigere TurboMode. Auf AMD-Seite stehen hier wie gesagt die sechs physikalischen Rechenkerne zu einem humanen Preis dagegen, hinzu kommt ebenfalls noch die bessere Aufrüsteignung der Phenom II X6 Prozessoren, welche auch in vielen AM2+ Platinen laufen werden, während Intels Prozessoren jeweils ihre neuen Sockel und damit Mainboards mitbringen. Und letztlich wären auch die bei AMD etwas besseren Systemkosten aus CPU, Mainboard und Speicher zu erwähnen, wo Intel gerade bei der X58-Plattform vergleichsweise teuer ist.

Somit hat jede Seite ihre Vorteile und werden sich wohl alle diese Prozessoren verkaufen lassen. Und genau das ist der markante Punkt dieses Hardwarelaunchs: AMD spielt nach gewisser Zeit Abstinenz endlich mal wieder im Performance-Segment bei den PC-Prozessoren mit. Es ist dabei nicht wirklich wichtig, ob AMD (nach subjektiver Einschätzung) Intel schlagen kann – dies ist sowieso kein Punkt, welchen AMD derzeit ernsthaft anstreben wird, denn Intel könnte AMD jederzeit durch deutlich mehr Taktrate wieder auskontern. Wichtig ist, daß AMD nun auch konkurrenzfähige Angebote zwischen 150 und 300 Euro hat, womit sich für den Käufer in diesem Preisbereich endlich wieder Wahlmöglichkeiten ergeben.

Nachtrag vom 29. April 2010

Wir kommen noch einmal zurück auf die Performance des Phenom II X6 und die schon angesprochene Schwierigkeit, dies in exakten Zahlen fassen zu wollen: Wenn man sich dabei erst einmal nur auf die Anwendungsperformance konzentriert, erscheint die Lage auf den ersten Blick ziemlich einfach: Unter Nichtbeachtung der wenigen Benchmarks, wo sich nahezu ein Gleichstand zwischen AMDs Sechskernern und Intels Vierkernern ergibt, zeigen rund zwei Drittel der restlichen Benchmarks deutliche Vorteile für AMDs Sechskerner und rund ein Drittel der Benchmarks wiederum deutliche Vorteile für Intels Vierkerner. Allerdings sind diese Einschätzungen – zwei Drittel hier und ein Drittel da – auch nur höchst grob – und dies ist aufgrund der Höhe der jeweiligen Performanceunterschiede ein großes Problem.

Dazu ein einfaches Beispiel: Man benutzt sechs Benchmarks, welche im Schnitt einen Vorteil von 20 Prozent zugunsten der einen Seite zeigen. Jetzt kommt ein weiterer Benchmark hinzu, welcher eine hohe, aber gerade im Vergleich dieser Prozessoren nicht unübliche Performancedifferenz von 80 Prozent aufweist. Gehen diese 80 Prozent zugunsten derselben Seite, erhöht sich deren insgesamter Vorteil auf 29 Prozent – geht es zugunsten der anderen Seite, verringt sich der insgesamte Vorteil auf nur noch 11 Prozent. In beiden Fällen kann das Endergebnis also allein schon durch die Hinzunahme eines einzelnen weiteren Benchmarks massiv beeinflußt werden, womit letztlich die Benchmark-Zusammenstellung sehr entscheidend das Endergebnis prägt und darüber auch große Unterschiede zwischen einzelnen Tests durchaus erklärbar sind.

Ausgangslage AMD vs. Intel
Fall 1 sechs Benchmarks mit im Schnitt 20 Prozent Vorteil AMD +20%
Fall 2 dasselbe wie Fall 1
zuzüglich ein weiterer Benchmark mit 80 Prozent Vorteil AMD
+29%
Fall 3 dasselbe wie Fall 1
zuzüglich ein weiterer Benchmark mit 80 Prozent Vorteil Intel
+11%

Richtig interessant wird es dann, wenn man jedoch Anwendungs- und Spielebenchmarks mixt. Zwar kann man bezüglich der Spielebenchmarks die ziemlich klare Aussage treffen, daß AMDs Sechskerner hier unter CPU-limitierten Settings (zumeist über niedrige Auflösungen simuliert) klar hinter Intels Vierkernern zurückliegen, aber gerade diese Eindeutigkeit ist wiederum das Problem bei der Endabrechnung aller Ergebnisse. Auch hier ein Beispiel, diesesmal basiert auf den Werten von HT4U: Im Vergleich zwischen Phenom II X6 1090T und Core i7-860 sieht man dort den AMD-Prozessor bei den Anwendungen mit 7,7 Prozent vorn, bei den Spielen dagegen mit immerhin 17,8 Prozent hinten (das hier einige Ergebnisse durch Fehlverhalten von TurboCore schlechter für den AMD-Prozessor ausfallen als notwendig, spielt für die nachfolgende Betrachtung keine Rolle).

In der Insgesamtabrechnung ergibt sich somit ein Vorteil für den AMD-Prozessor von 1,0 Prozent – welcher allerdings maßgeblich davon geprägt ist, wieviel Anwendungs- und wieviel Spiele-Benchmarks angesetzt wurden. Bei HT4U lag dieses Verhältnis bei 14:5 – und deswegen kann AMD auch bei einem Vorteil in den Anwendungsbenchmarks von nur 7,7 Prozent den klaren Rückstand bei den Spiele-Benchmarks von -17,8 Prozent trotzdem noch zu einem knapp positiven Insgesamtergebnis von +1,0 Prozent bringen. Schon bei geringfügig anderen Benchmark-Zusammensetzungen verändert sich das Insgesamtergebnis allerdings deutlich: Bei weiterhin 14 Anwendungs- und dann aber 8 Spiele-Benchmarks kommt insgesamt dann schon ein Rückstand gegen den AMD-Prozessor von 1,6 Prozent heraus – prozentual vielleicht kein großer Unterschied, aber immerhin eine Umkehrung des Vorzeichens, der geringfügige Vorteil liegt dann plötzlich auf Intel-Seite.

Ausgangslage AMD vs. Intel
Fall 1 14 Anwendungsbenchmark mit im Schnitt 7,7 Prozent Vorteil AMD sowie 5 Spiele-Benchmarks mit im Schnitt 17,8 Prozent Nachteil AMD +1,0%
Fall 2 dasselbe wie Fall 1
zuzüglich drei weiterer Spiele-Benchmarks mit derselben Performance-Charakteristik (Benchmarkverhältnis 14:8)
-1,6%
Fall 3 dasselbe wie Fall 1
zuzüglich neun weiterer Spiele-Benchmarks mit derselben Performance-Charakteristik (Benchmarkverhältnis 14:14)
-5,1%

Und setzt man gar sowohl 14 Anwendungs- als auch 14 Spiele-Benchmarks an, kommt folgerichtig ein klares Minus gegen den AMD-Prozessor heraus: -5,1 Prozent lautet dann das Insgesamtergebnis, welches sich bei noch stärkerer Betonung auf die Spielebenchmarks sogar noch stärker zugunsten von Intel verschieben würde. Hier geht die Sache natürlich deutlich in Richtung von "Benchmark-Philosophie", also den Fragen danach, was man warum bencht, um welchen Punkt zu zeigen. Es ist diesbezüglich wohl gar nicht so schlecht, daß die meisten Webseiten bei ihren Tests kein abschließendes Performance-Rating angeboten, sondern sich auf eine subjektive Bewertung verlassen haben – in diesem speziellen Fall ist halt das Performance-Verhältnis zwischen AMDs Sechskernern und Intels Vierkernern schwer in einzelne, verläßliche Zahlen zu fassen, sondern doch besser in Wörtern und Sätzen zu beschreiben.

Und bei der Frage, wo man den Phenom II X6 nun letztlich vorzieht und kauft, gilt das gleiche wie bei der Frage, wie man dessen Testergebnisse auswertet: Nicht eine einzelne insgesamte Zahl drückt hier die Wahrheit aus, sondern nur beim Blick auf die einzelnen Ergebnisse kommt man der Sache näher. Und diese sagen erst einmal, daß der Phenom II X6 keine besondere Spieler-CPU ist, sofern man auf so etwas wie Minimum-fps achtet. Denn nur in dieser Diziplin sind die Core-i7-Prozessoren klar führend, simuliert zumeist durch Benchmarks auf niedrigen Auflösungen wie 800x600. Sofern es einem ausreicht, daß der Prozessor die Grafikkarte anständig unterstützt, spielt dies aber keine große Rolle, denn bei allen praxisnahen Benchmarks unter normalen Spieler-Auflösungen ergibt sich (aufgrund der Grafikkarten-Limitierung) kein beachtbarer Performanceunterschied zwischen AMD und Intel.

Abseits dessen hat der Phenom II X6 dann seine Stärken klar bei den Anwendungs-Benchmarks, insbesondere bei allem, was mit Kodieren und Dekodieren von Audio und Video zu tun hat. Hier muß sich allerdings der potentielle Käufer vorher selbst prüfen, ob er denn diese Dinge auch wirklich so regelmäßig einsetzt, daß sich deswegen der Erwerb eines Sechskern-Modells lohnt. Realistisch betrachtet trifft dies wohl auf keine besonders große Gruppe von Anwendern zu. Allerdings hat der Phenom II X6 immer noch den Vorteil, auch als Nachrüstobjekt für jene Anwender in Betracht zu kommen, welche zwar schon eine AMD-Plattform haben, aber für diese einen Prozessor des gehobenen Preisbereichs nachrüsten wollen. Dies hatte AMD bislang kaum bis gar nicht im Angebot – und diese Angebotslücke fixt der Phenom II X6 nun.

Der Phenom II X6 muß somit gar nicht einmal unbedingt viele AMD-Neukäufer generieren, es reicht für AMD sicherlich aus, wenn diese Prozessoren-Serie den momentanen AMD-Nutzer mit höherem Leistungsbedarf davon abhält, wegen des (bisherigen) Fehlens entsprechender AMD-Angebote auf Intel umzusatteln. Und letztlich spricht zugunsten der Phenom II X6 Prozessoren auch noch ein Punkt, welcher zwar nicht wirklich rational erklärbar, nichtsdestotrotz aber vorhanden ist: Eine gewisse Käufergruppe wird die Sechskern-Prozessoren auch deswegen erwerben, schlicht weil es eben Sechskern-Prozessoren sind – noch dazu zum humanen Preis. Das AMD-Marketing dürfte zudem beide Punkte – sechs physikalische Rechenkerne und den guten Preis – weidlich ausschlachten, so daß der Phenom II X6 ziemlich sicher seine Käufer finden wird.