Kino: 3D ist nicht 3D

Gestern "durfte" ich mir den neuen "Captain America" Streifen im 3D-Kino antun. Das 3D war dabei meine Wahl, weil ich mit Avatar wirklich sehr gute Erfahrungen gesammelt hatte – ich sehe den 3D-Effekt eben ziemlich perfekt und ohne Nebenwirkungen. Captain America hätte man dagegen besser in 2D gesehen, um nicht in einer heftigen Dunkelkammer zu landen: Der Film erfüllt beim Thema Bildhelligkeit und farblicher Ausleuchtung wirklich alle Vorbehalte gegenüber 3D-Movies.

In Szenen mit guter Tagesbeleuchtung fiel das nicht so weiter auf – bemerkenswert die wenigen Szenen im New York der 40er Jahre, die bei Standbildern teilweise so echt wirkten, als wäre man selbst dort. Aber Filme haben es nun einmal an sich, daß die Regisseure selten einen ganzen Film bei Tageslicht drehen, sondern vielmehr zur besseren Dramatisierung viele Szenarien mit wenigem natürlichen Licht zum Einsatz kommen – sprich, die Action findet bei Nacht oder in Räumen statt.

Und da muß man sich bei Captain America anstrengen, irgendwelche Details zu erhaschen, weil der größte Teil des Bildes ist schlicht grau-in-grau. Bemerkenswert ist eine Szene am Anfang in einer norwegischen Gruft, wo nur ein paar Fackeln brennen und man vor lauter Grau-Abstufungen gar keine Farben mehr sieht, wenn nicht zufällig eine der Fackeln mal ein paar Gesichtsdetails anleuchtet. In dieser Szene spielt der Film nicht nur in den 40er Jahren, sondern es fühlt sich auch so an, als hätte man eine ebensoalte Filmaufnahme verwendet (und selbst das ist unfair zu den seinerzeitigen Schwarz-Weiss-Streifen – denn die waren eben wegen der Beschränkung auf nur zwei Farben zumeist überdeutlich ausgeleuchtet).

Weshalb dies bei Captain America so gründlich schief gegangen ist, was bei Avatar noch gut funktioniert hatte, ist nicht ganz klar. Erster Kandidat hierfür ist natürlich der Punkt, daß Captain America eine 3D-Nachbearbeitung einer 2D-Aufnahme ist, während Avatar gleich direkt in 3D gefilmt wurde. Allerdings musste wohl auch für den (zumeist in nativem 3D gedrehten) Transformers 3 bei der Nachbearbeitung die Helligkeit und Farben der 3D-Szenen aufgehübscht werden, um diesem Dunkelkammer-Effekt vorzubeugen.

Am Ende handelt es sich bei stereoskopischem 3D im Kino derzeit also um eine Wundertüte: Sicherlich immer gut für den einen oder anderen hübschen 3D-Effekt – aber bei der generellen Bildqualität kann man nach wie vor auch totale Nieten erwischen, wo die 2D-Version dann die bessere Wahl gewesen wäre. Vor dem Gang ins 3D-Kino muß man heutzutage wohl immer prüfen, was unabhängige und unparteiische Beobachter zum 3D-Effekt des jeweiligen Streifens aussagen (bei der Recherche für diesen Blogeintrag stellte sich heraus, daß das Netz schon vollgepflastert ist mit werbenden Einträgen zum gesehenen Film auf nur scheinbar unabhängigen Movieportalen). Nur bei einer glaubwürdigen Empfehlung zugunsten von 3D lohnt es sich, diese Version vorzuziehen – und zwar nicht aus der Sicht des Mehrpreises heraus, sondern aus reiner Sicht auf die Bildqualität. Ein gut ausgeleuchter 2D-Streifen schlägt eine 3D-Dunkelkammer jederzeit.

PS: Die Ironie der heutigen Zeit ist natürlich, daß man wegen 3D auch bei 2D-Streifen in einer "Dunkelkammer" landen kann – dann, wenn der Vorführsaal für beide Projektionsarten benutzt wird und nach einem 3D-Streifen nicht die zusätzliche 3D-Linse entfernt wurde. Was allerdings ein Fall für eine klare Beschwerde beim Kinobetreiber wäre, weil dies ein vermeidbares Problem darstellt (und der Kinobetreiber es auch nur so lernt).