Wirtschaft in Videospielen

Spiele, welche die Immersion des Spielers zerstören, sind ein Graus. Meist ordnet man hier allerdings viele Versuche neuerer Spiele ein, mittels Dialogen, Neben-Quests und sozialer Ordnung eine lebendige Spielwelt zu erschaffen – was auch oftmals auch gelingt, nur manchmal eben bei Fehlern des Spieldesigns im Immersionsverlust endet. Eher selten wird dagegen die vielen Spielen zugrundeliegende Wirtschaft thematisiert – meistens ist der Spieler schließlich froh, wenn man unendlich oft irgendetwas grinden kann. Problematisch wird es dann, wenn die zugrundeliegende Wirtschaft den Spieler nicht nur bei Itemkäufen etc. weiterhelfen soll, sondern den eigentlichen Spielkern darstellt. Dann kann es zu komischen bis verstandsbefreiten Resultaten kommen, wenn kein sinnvoller dynamischer Wirtschaftskreis etabliert wurde – sondern hingegen ein starres Wirtschaftssystem, welches auf jeden Input immer wieder (exakt) denselben Output produziert:

Im MyGM- oder MyLeague-Teil von NBA 2K wird nicht beachtet, das wegen der Gehaltslimits von NBA-Teams in der Realität die vereinslosen Basketballer mit ihren Gehaltsforderungen im Laufe der Zeit (deutlich) nach unten gehen, sofern sie nicht umgehend einen neuen Vertrag finden. In NBA 2K bleiben hingegen nach dem Ende der Free-Agent-Periode haufenweise gutklassiger bis sogar teilweise Star-Spieler die ganze Saison ohne Vertrag – weil die einzelnen NBA-Teams ihr Gehaltslimit erreicht haben und die vereinslosen Spieler sinn- und verstandslos zu 100% auf ihren originalen Gehaltsforderungen bestehen bleiben. Mit diesen somit glatt arbeitslosen Spielern könnte man die Bank eines NBA-Teams in Weltklasse-Manier besetzen, darunter befinden sich regelmäßig große Namen – was vollkommen Immersions-zerstörend ist, wenn jene guten Spieler nirgendwo bei einem Team unterkommen können und somit im Spielbetrieb fehlen.

In der früheren EA Fußball-Manager Spieleserie konnte jeder ausversehen in die Bundesliga hochgespülte "FC Hinterwalddorf" (als NPC-Team) um die Spitzen-Fußballer (inkl. Spitzengehältern) mitbieten, da bei allen NPC-Teams keinerlei Wirtschaftslichkeits-Prüfung stattfand. Während also das eigene Team ständig durch umfangreiche und teilweise sogar falsch kalkulierte DFB-Lizenzprüfungen gescheucht wurde, durfte jedes NPC-Team bis zum Umfallen Schulden anhäufen. Dies wurde besonders offensichtlich, wenn man mal als Manager genau in der Saisonmitte das Team gewechselt hat: Das finanzielle Chaos, was in nur einer Saisonhälfte durch den NPC-Manager bereits angerichtet war, war im Saisonrest dann kaum noch zu kitten und führte somit oftmals zu heftigen Lizenzproblemen für die nächste Saison. Wenn man sich überlegt, wieviel Spielzeit in diesem Manager-Spiel benötigt wird, um sein Team finanziell auf Kurs zu halten, den NPC-Teams dies jedoch einfach vor die Füße gekippt wird, dann ist es auch schnell vorbei mit der Immersion (abgesehen vom Superstar, der tatsächlich beim FC Hinterwalddorf anheuert).

Augenscheinlich wurde hierbei das Wort "Simulation" anders ausgelegt, als eigentlich gedacht ist: Anstatt das eine nähere Abbildung der Realität (mit entsprechender Dynamik) stattfindet, wird vielmehr einfach nur das Anschein einer Simulation erzeugt – real simuliert wird aber nur der geringstmögliche Bruchteil, was bei jedem Blick in die Details sofort auffällt. Dies mag bei Spielen angehen, wo der Wirtschaftsteil einen Nebenaspekt darstellt – aber darf natürlich nicht passieren bei Spielen, wo der Wirtschaftsteil faktisch Spielziel oder aber zumindest die finanzielle Spielgrundlage darstellt.

Wie man es anders macht, zeigte dagegen schon anno 1992 das legendäre "Der Patrizier": In dieser zur Hanse-Zeit spielenden Wirtschaftssimulation war die gewinnträchtigste Strategie immer, den billig in Brüssel ankommenden Wein nachfolgend zu hohen Preisen im gesamten Ostseeraum zu verkaufen. Betrieb man allerdings allein nur dieses Geschäft, bluteten die Ostseestädte finanziell aus, womit man kaum noch Wein absetzen konnte – während in Brüssel aufgrund der gestiegenen Finanzkraft die eigenen Einkaufspreise für den Wein anzogen und jenes Geschäft somit immer unlukrativer wurde. Erst wenn man für Ausgleichsgeschäfte sorgte, indem man Waren aus dem Ostseeraum kaufte und nach Brüssel verkaufte, entstand wieder ein (halbwegs) stabiles System, konnte man nachfolgend wieder gut Wein verkaufen.

Jenes uralte Spiel arbeitet also im Hintergrund bereits mit echten Dynamiken für die wichtigen Wirtschaftskennziffern, brachte dem Spieler damit nebenbei auch die Grundzüge elementarer Marktwirtschafts-Regeln bei. Selbiges wird leider bei vielen neueren Spielen vermisst – vielleicht nicht bei reinen Wirtschaftsimulationen, aber dennoch bei vielen Spielen, wo der Wirtschaftsteil entscheidend für den Spielfortschritt ist. Doch das es zu kompliziert bzw. zu leistungsfressend sein könnte, eine echte Wirtschaftsdynamik zu implementieren, kann angesichts dieses Beispiels aus dem Jahr 1992 (seinerzeit gespielt auf einem Amiga 500) sicherlich niemand behaupten. Hier fehlt einfach nur das Interesse fürs Detail seitens der Spieleentwickler – sicherlich auch gemäß der Maßgabe, das die plumpe Vorspiegelung einer Simulation heutzutage oftmals genauso gut reicht wie eine real ablaufende Simulation. Zumindest so lange, bis deren Vorspiegelung dem Spieler gewahr wird und nachfolgend nicht nur die Immersion, sondern bei auf Wirtschaft basierenden Spielen auch das Spiel selber zerstört ...

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