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Intel auf der Computex 2024: Vorstellung von Lunar Lake, Lion Cove, Skymont & Xe2

Intel hat seine Computex-Keynote zur breiten Architektur-Vorstellung von "Lunar Lake" genutzt, welches ab dem dritten Quartal Intels neues Angebot für kleine und leichte Notebooks sein soll. Nominell ist dies nicht für jeden interessant, allerdings wird man die hierbei vorgestellten Architekturen bei anderen Intel-Projekten demnächst wiedersehen: Die CPU-Architekturen "Lion Cove" und "Skymont" werden auch bei Intels "Arrow Lake" verbaut, die Xe2-Architektur der integrierten Lunar-Lake-Grafik dann auch von Intels Grafik-Projekt "Battlemage" benutzt werden. Zu diesen weiteren 2024er Projekten sagte Intel nichts auf der Computex, sondern konzentrierte sich allein auf Lunar Lake – mit im Gegensatz zu AMD zwar keinerlei konkreter Produkt-Vorstellung, dafür aber einige Blicke in die Tiefen der einzelnen Architekturen.

    Intel "Lunar Lake"

  • Chip-Verbund aus zwei Tiles ("Compute Tile" & "Platform Controller Tile") samt DRAM direkt auf dem Package
  • "Compute Tile" mit 8 CPU-Kernen und Xe2-Grafik, gefertigt unter TSMC N3B
  • "Platform Controller Tile" mit Chipsatz-Funktionalität, gefertigt unter TSMC N6
  • 4 Performance-Kerne von "Lion Cove" + 4 Effizienz-Kerne von "Skymont" (werden auch für Arrow Lake verwendet werden)
  • kompletter Verzicht auf HyperThreading
  • "Lion Cove" Architektur mit +14% IPC gegenüber Redwood Cove (von Meteor Lake)
  • "Skymont" Architektur mit +2% IPC gegenüber Raptor Cove (von Raptor Lake) sowie +38-68% IPC gegenüber Crestmont LPE (von Meteor Lake)
  • integrierte Grafiklösung mit 8 Xe-Kernen (1024 FP32) der Xe2-Architektur (wird auch für Battlemage verwendet werden)
  • NPU mit 48 TOPs
  • 128 Bit DDR5/LPDDR5-Speicherinterface (bis max. LPDDR5X/8533)
  • 4 Lanes PCI Express 5.1, zuzüglich 4 Lanes PCI Express 4.0
  • Einsatzzweck: leichte bis maximal mittlere Notebooks (kein Desktop-Einsatz geplant)
  • Verkaufsname: Core Ultra 200
  • Release: Q3/2024

Neben der Fertigung des wesentlichen Teils von Lunar Lake ausschließlich unter TSMCs N3B-Fertigung sind die starken IPC-Zuwächse beachtenswert, welche Intel bei seinen beiden neuen CPU-Architekturen erreicht haben will: So ermittelte man für die "Lion Cove" Architektur der Performance-Kerne einen im Schnitt 14%igen IPC-Vorteil gegenüber "Redwood Cove" (von Meteor Lake). Die "Skymont"-Architektur der Effizienz-Kerne soll hingegen mit +2% IPC das Niveau von Raptor Cove erreicht haben bzw. liegt bei +38-68% gegenüber "Crestmont" in deren LPE-Ausführung bei "Meteor Lake". Wieso man hier nicht gegenüber den gewöhnlichen Effizienz-Kernen von Meteor Lake verglichen hat, ist unklar, andererseits zeigt das Ergebnis gegenüber Raptor Cove auch so schon die (hochklassige) Performance-Richtung an.

Intel hat somit seine (ursprünglich aus der Atom-Linie abstammenden) Effizienz-Kerne richtig auf Touren gebracht, wenn jene IPC-technisch nunmehr mit Raptor Cove mithalten können sollen. Allerdings gilt zu bedenken, dass die eigentlich gute Metrik "IPC" im speziellen Fall von Lunar Lake eventuell auch etwas zur Verschleierung der wirklichen Performance benutzt werden könnte. Denn üblicherweise wird eine IPC nicht auf einem Kern gemessen, sondern nur mit einem Thread – sprich, HyperThreading bzw. SMT hat auf die IPC normalerweise keinen Einfluß. Da allerdings HyperThreading (wie erwartet) bei Lunar Lake nicht mehr aktiv ist (angeblich weiterhin zugunsten von Server-Prozessoren in der "Lion Cove" Architektur enthalten), kann es durchaus passieren, dass da zwar ein großer IPC-Gewinn existiert, die absolute Anwendungs-Performance jedoch (wegen des Fehlens von HyperThreading) nicht im selben Maßstab ansteigt.

Laut Intel soll zwar inzwischen ein einzelner P-Kern ohne HyperThreading schneller sein können und die Aufgabe der Multithreading-Beschleunigung dann genauso effektiv durch die E-Kerne übernommen werden. Unter Mobile-Bedingungen mit stark beschränktem Power-Budget könnte dies vielleicht sogar passend sein – doch ob diese Rechnung auch unter Desktop-Bedingungen mit viel höherem Powerlimit passt, wird später Arrow Lake beweisen müssen. Die ganz großen Performance-Wunder sind von Lunar Lake aufgrund des Einsatzzwecks sowieso nicht zu erwarten. Insgesamt dürfte Intel mit Lunar Lake eher versuchen, dem Ansturm der ARM-basierten CPU-Architekturen ins PC-Segment etwas ebenfalls sehr effizientes entgegenzusetzen, was deren üblichem Argument der Energieeffizienz den Zahn zieht. Hierfür scheint Lunar Lake gut ausgelegt zu sein, auch weil alles recht heruntergeschraubt ist auf das, was wirklich notwendig ist.

Ein weiterer Kern-Punkt von Lunar Lake ist die Xe2-basierte integrierte Grafiklösung, welche (wie Meteor Lake) mit maximal 8 Xe-Kernen antritt. Intern hat sich die Organisation der Xe-Kerne einmal umgedreht: Wo ein Xe-Kern bei Xe1 aus jeweils 16 SIMD8-Einheiten besteht, sind es bei Xe2 nunmehr 8 SIMD16-Einheiten – die Menge an FP32-Einheiten pro Xe-Kern bleibt also doch gleich. Anstatt mehr Einheiten gibt es hingegen primär interne Verbesserungen, so im Frontend, bei den XMX-Einheiten (faktische Tensor-Kerne) sowie den RayTracing-Einheiten. Zudem kommen die XMX-Einheiten erstmals bei Intel in eine integrierte Grafik – die Alchemist-Grafikchips hatte diese Einheiten bereits, aber bei den Xe1-basierten iGPUs von Meteor Lake fehlten jene noch. Obwohl ohne mehr FP32-Einheiten daherkommend, sind von der Xe2-iGPU von Lunar Lake starke Performance-Gewinne zu erwarten, wenn die Vorab-Benchmarks nicht komplett falsch liegen.

Die vergleichsweise starke iGPU sowie die zurückhaltende Anzahl an CPU-Kernen samt dem SoC-Design mit dem Speicher gleich auf dem Package zeigt nochmals in die Richtung, dass Lunar Lake in Richtung kleiner, leichter Notebooks geht – üblicherweise ohne extra Grafiklösung. Dies ist ein ganz eigenes Feld, welches AMD vorerst nicht bedient, in welchem Apple allerdings gut unterwegs ist und in welchem nunmehr auch Qualcomm wildern will. Der ganz große Markteffekt kann sich hieraus allerdings nicht ergeben, dafür dürfte das Produkt-Portfolio von Lunar Lake zu wenige PC-Anwendungsfälle abdecken. Dies wird dann zum Jahreswechsel die Aufgabe von Arrow Lake sein, welches auf denselben beiden CPU-Architekturen aufbaut, damit genauso wenig HyperThreading mitbringt, allerdings eine stärkere I/O-Einheit und aller Vermutung nach wieder eine konventionelle Xe1-Grafiklösung tragen wird. Und so dürfte sich erst mittels Arrow Lake zeigen, wie das Zusammenspiel von Lion Cove & Skymont ganz ohne mehr CPU-Kerne sowie ohne HyperThreading unter den TDP-Bedingungen "echter" PC funktioniert.