15

Kaby-Lake-Pentiums deuten eine grundlegende Portfolio-Umgestaltung bei Intel an

Neben der Freude der Hersteller und Käufer günstiger Office/HomeOffice-PCs über die Kaby-Lake-Pentiums mit HyperThreading steht damit natürlich die Frage im Raum, was Intel zu jener deutlichen Portfolio-Änderung getrieben haben mag – immerhin ergibt sich hiermit für ein sehr volumenstarkes Marktsegment eine indirekte Preissenkung um nahezu die Hälfte. Man darf diesen aggressiven Schritt Intels daher durchaus schon in Richtung des kommenden Intel-Konters gegenüber AMDs Zen-Ansturm begreifen – bei welchem Intel höchstwahrscheinlich nicht seine Preise senken, sondern schlicht "mehr CPU zum gleichen Preis" in den Ring gegenüber Ryzen und Raven Ridge stellen wird. Im Zuge dieses Intel-Konters wird man mit der zum Jahreswechsel 2017/18 zu erwartenden Coffee-Lake-Generation erstmals Sechskerner ins normale Consumer-Segment (und sogar den Mobile-Bereich) bringen, aller Vermutung nach dürften dann alle bisherigen Intel-Prozessoren um eine Stufe im Angebotsportfolio nach unten rutschen.

Wie dies konkret aussieht, läßt sich derzeit natürlich nur spekulieren – wir gehen derzeit davon aus, das der Core i3 zukünftig ein Vierkerner ohne HyperThreading wird, der Core i5 ein Vierkerner mit HyperThreading und der Core i7 ein Sechskerner mit HyperThreading. In jedem Fall scheinen die Kaby-Lake-basierten Pentiums eine Art Vorgriff auf diese neue Portfolio-Gestaltung bei Intel zu sein. In jenem kommenden neuen Portfolio-Schema werden die bislang mengenmäßig sogar dominierenden Zweikerner wahrscheinlich nur noch die Rolle von LowCost-Prozessoren spielen können – HyperThreading hin oder her. Spätestens wenn AMD seine Zen-basierten Raven-Ridge-APUs in diesem Herbst an den Start bringt (und damit potente Vierkerner ins Mainstream-Segment schickt), dürfte die Zeit von Zweikernern bei gewöhnlichen PC-Prozessoren ablaufen. Intel greift diesem Status mit den Kaby-Lake-basierten Pentiums etwas vor, will damit vielleicht auch nur für ausreichenden Absatz für diese letzte CPU-Generation mit einer (noch) wichtigen Rolle für Zweikern-CPUs sorgen.

Intel 2016 Intel aktuell AMD ab Zen Intel 2018
Enthusiast Broadwell-E Core i7 (6C/8C/10C +HT) Broadwell-E Core i7 (6C/8C/10C +HT) Ryzen (8C +SMT) Skylake-X Core i7 (6C/8C/10C +HT)
HighEnd Skylake Core i7 (4C +HT) Kaby Lake Core i7 (4C +HT) Ryzen (6C +SMT) Coffee Lake Core i7 (6C +HT)
Midrange Skylake Core i5 (4C) Kaby Lake Core i5 (4C) Ryzen (4C +SMT) Coffee Lake Core i5 (4C +HT)
Mainstream Skylake Core i3 (2C +HT) Kaby Lake Core i3 (2C +HT) Raven Ridge Coffee Lake Core i3 (4C)
LowCost Skylake Pentium (2C) Kaby Lake Pentium (2C +HT) Raven Ridge Canon Lake Pentium (2C +HT)
Die Angaben dieser Tabelle zu zukünftigen Prozessoren sind natürlich rein spekulativ.

Es ist allerdings gar nicht so ungewöhnlich, das man kurz vor Auslaufen einer Technologie deren letzte Vertreter noch einmal besonders schmackhaft macht – nicht umsonst hat sich Intel erst jetzt dazu herabgelassen, mit dem Core i3-7350K einen ungelockten Core i3 aufzulegen. Denn gute Verkäufe an technologischer "Altware" sorgen (angesichts zumeist günstiger Preispunkte hierfür) kurzfristig nicht nur für Kundenzufriedenheit, sondern langfristig natürlich auch für einen früher einsetzten Aufrüstdruck – der beispielsweise beim Verkauf eines potenten Vierkerners anstatt eines Zweikerners mit HyperThreading sicherlich erst später spürbar würde (sofern man die Kaby-Lake-Pentiums nicht als Gaming-Prozessoren mißbraucht, geht natürlich alles klar mit deren Anschaffung für günstige Office- und HomeOffice-Systeme).

Man kann auch darüber spekulieren, das Intel mit dieser Aktion speziell den Raven-Ridge-APUs bereits vorab den Wind aus den Segeln nehmen will – weil jene nun einmal Intels Brot- und Butter-Geschäft mit den Herstellern von Komplett-PCs und Notebooks bedrohen und Intel sich in dieser Frage etwaige Umsatzverluste weit weniger leisten kann als denn im mengenmäßig bei weitem nicht so bedeutenden Retail-Segment. Intels Strategie gegenüber AMDs Zen-Ansturm dürfte wohl darin liegen, AMD im Retail-Segment durchaus erst einmal glänzen zu lassen (AMD wird als einziger verbliebener Wettbewerber grundsätzlich gebraucht) – dafür vor allem aber das Abrutschen der eigenen OEM-Geschäfte schon im Keim zu ersticken. Die Kaby-Lake-basierten Pentiums mit HyperThreading sind ein hervorragender Schritt hierfür – und schlagen gleichzeitig zwei Fliegen mit einer Klappe durch die (letztmaligen) Stärkung von Intels Zweikerner-Angebot.

Daneben springt einem bei der ganzen Aktion ein Punkt ganz deutlich entgegen: Sobald es Wettbewerb gibt, bewegt sich endlich auch etwas – und dies in einem Feld, wo uns Intel über die letzten Jahre in der Tat mit Performancezugewinnen von 6-10% pro Jahr (genüßlich) abspeisen konnte. AMD hat also sogar schon vor dem Start der Zen-basierten Prozessoren erreicht, das sich Intel bewegt – Respekt dafür, und einen besseren Beleg für die nahezu-Monopol-Situation, in welcher sich der Markt der PC-Prozessoren befindet, kann es wohl nicht geben. Sobald AMDs Zen-basierte Prozessoren dann auch wirklich einschlagen, sollte sich noch viel mehr bei Intel bewegen, vorstehend skizziertes Portfolio-Schema dürfte hierfür nur der Anfang sein (Stichwort "wirklich neue Intel Prozessoren-Architektur"). Wettbewerb belebt eben nicht nur das Geschäft, es fordert gerade auch in der IT-Wirtschaft vor allem den Innovationsgeist heraus – und nur mittels diesem geht es vorwärts.