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PCI Express 5.0 bringt neuen "High Power Connector" für 600 Watt Stromverbrauch

Laut Igor's Lab bringt PCI Express 5.0 auch einen neuen Grafikkarten-Stromstecker mit sich, welcher für 600 Watt maximalen Stromverbrauch spezifiziert ist. Jener wird offiziell unter "High Power Connector" laufen, gekennzeichnet durch den Schriftzug "H+" auf dem Adapter selber. Die technische Bezeichnung lautet dagegen "PCI Express 12VHPWR". Geboten werden hierbei bis zu 55 Ampere unter Dauerlast auf 12 Volt – was sogar etwas mehr als 600 Watt ergibt, aber die PCI-Express-Spezifikation macht dann offiziell bei 600 Watt Schluß. Der reine Adapter dürfte wie üblich deutlich mehr aushalten – aber dies ist natürlich keine Frage, sondern gilt auch für die aktuellen PCI-Express-Stromstecker (spezifiziert bis 75W bei 6-poligem bzw. bis 150W bei 8-poligem Adapter).

Bestätigt wird die Meldung umgehend durch ein entsprechendes Warenangebot beim Steckverbindungs-Händler Amphenol (gefunden von Olrak29 @ Twitter), welcher bereits einen solchen "High Power Connector" über seine Eigenmarke "Minitek" anbietet. Hierbei werden in der Produktbeschreibung auch die Hintergrund-Angaben von Igor's Lab bestätigt – so dass man sich durchaus sicher sein kann, dass dies etwas ganz offizielles ist und nicht in irgendeiner Form eine Eigenkreation eines Komponenten-Herstellers. Der Marktverbreitung dieser neuen PCI-Express-Stromadapter dürfte natürlich trotzdem noch eine ganze Weile benötigen – schließlich steht derzeit mit Intels "Alder Lake" gerade einmal die erste PCI-Express-5.0-Plattform an, für diesen "High Power Connector" sind aber eher Netzteile und entsprechende Grafikkarten von Interesse. Doch erste Grafikkarten nach PCI Express 5.0 dürften nicht vor Ende 2022 in Form von AMDs RDNA3 sowie nVidias Lovelace anstehen.

Inwiefern nVidias GeForce RTX 3090 Super/Ti, zu welcher zuletzt mehrfach eine Stromaufnahme von 450 Watt kolportiert wurde, bereits jenen neuen Stromadapter nutzt, kann man derzeit nur spekulieren – dies wäre allerdings zumindest insofern ungewöhnlich, als dass jene Grafikkarte nominell weiterhin nur PCI Express 4.0 beherrschen wird. Mangels entsprechender Netzteile (mit diesem H+ Stromadapter) wäre dies vorerst sowieso nur per weiterer beigelegter Adapter lösbar. Der neue "High Power Connector" ist eher denn ein Vorgriff auf die Zukunft, wenn leistungsfressende PCI-Express-Steckkarten einfach so viel Strom benötigen, dass dies mit den bisher spezifizierten Adaptern zur Kabel- und Adapter-Hölle werden würde. Mit dem neue 600-Watt-Stromstecker erschlägt man diese Problematik dann für eine absehbare Zeit. Dabei muß man bei der Entwicklung nicht zwingend zuerst an stromfressende Gaming-Grafikkarten gedacht haben, vermutlich standen hierfür eher HPC-Beschleuniger im Blickpunkt.

Denn selbige setzen inzwischen auf die größeren Chips als selbst die dicksten Gaming-Grafikkarten – und verbrauchen dann auch mehr Strom, zumindest wenn man jene nicht künstlich limitiert. Vor allem aber haben jene HPC-Chips kein echtes Größenlimit – wer im HPC-Bereich mehr Performance bietet, darf gern auch mehr Strom verbrauchen. Mit den kommenden Multichip-Ansätzen von AMD & nVidia dürfte sich der Performance-Horizont insbesondere im HPC-Bereich maßgeblich nach oben verschieben, ergo wurde hierfür vorausschauend auch eine entsprechende Lösung zur Stromversorgung notwendig. Möglicherweise ist der Nutzen des "High Power Connectors" für Gaming-Grafikkarten somit sogar nur sekundärer Natur. Aber natürlich dürfte man dessen Vorteil durchaus mitnehmen, bei entsprechend Strom-hungrigen Karten anstatt mehrerer Strom-Adapter zukünftig nur noch mit einem einzigen arbeiten zu müssen. Ein direkter Bezug darauf, auf welche Stromverbrauchs-Höhen AMD & nVidia zukünftige Gaming-Grafikkarten noch treiben wollen, ergibt sich kaum – diese Kalkulation findet sicherlich unabhängig davon statt, mit wievielen Stromverbrauchs-Adaptern man hantieren muß.

Nachtrag vom 2. Februar 2022

Hardwareluxx und VideoCardz verweisen auf ein erstes Netzteil mit offizieller Kompatibität zu PCI Express 5.0 sowie dem bekannten PCIe-5.0-Stomstecker. Hiermit klärt sich dann auch auf, wo der Unterschied zwischen 12- und 16-Pin-Steckern besteht bzw. wieso nVidias Stromstecker bei den "Founders Edition" Ausführungen zur originalen GeForce RTX 30 Serie dem offiziellen PCIe-5.0-Stomstecker so ähnlich sieht. nVidia hat hierbei wohl einfach eine Vorform dieses 16-Pin-Steckers benutzt, die 4 Steuer-Pins weggelassen und somit den bekannten nVidia-eigenen 12-Pin-Stecker aufgelegt. Durch die Abspeckung signalisiert der Stecker nicht mehr die volle PCIe-5.0-Kompatibilität und bekommt somit maximal 450 Watt vom Netzteil – exakt ausreichend für die GeForce RTX 30 Serie, inklusive auch der noch anstehenden GeForce RTX 3090 Ti.

Der volle PCIe-5.0-Stecker führt hingegen neben den 12 Pins für die Stromübertragung auch noch 4 weitere Steuer-Pins – welche bei Vorhandensein u.a. dafür genutzt werden, um bis zu 600 Watt vom Netzteil anzufordern. Beide Stecker-Formen sind somit untereinander kompatibel und erfüllen ihre Aufgabe jeweils Spezifikations-gerecht – bei nVidias 12-Pin-Form reichte wie gesagt die Stromlast von maximal 450 Watt für den Anwendungszweck aus. Zukünftige Grafikkarten sollten normalerweise den kompletten 16-Pin-Stecker tragen, einfach weil dies der PCIe-5.0-Spezifikation entspricht. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass kleinere und mittlere Grafikkarten auch zukünftig auf die 4 Steuer-Pins verzichten könnten, wenn jene sowieso nicht mehr als 450 Watt maximalen Strombedarf aufweisen. Anzumerken wäre noch, dass in der Industrie die 16-Pin-Steckern gern als "12-Pin" bezeichnet werden, da nur über 12 Pins eine Stromübertragung stattfindet, der Rest eben reine Steuer-Pins sind.

Nachtrag vom 23. März 2022

PC Games Hardware und VideoCardz berichten über die offizielle Verkündigung der ATX 3.0 and ATX12VO 2.0 Standards durch Intel, welche als wichtigste Änderung den neuen "12VHPWR"-Stromstecker für Grafikkarten nach PCI Express 5.0 mit sich bringen. Damit klären sich endlich die widersprechenden Informationen darüber, welche Stromaufnahme mit diesem Stecker möglich ist: Es gibt vier mögliche Konfigurationen, welche sich an zwei Signal-Pins ergeben. Die hierbei erreichbaren Wattagen unterscheiden sich dann jedoch noch im Betrieb ohne/mit Treiber. Augenscheinlich wird es also einen "Netzteil-Treiber" geben (womöglich direkt im Grafikkarten-Treiber integriert) – und nur unter Nutzung desselbigen gibt es die wirklich hohen Wattagen von (bis zu) 600 Watt.

Konfig 1 Konfig 2 Konfig 3 Konfig 4
reguläres Verbrauchs-Limit 100W 150W 225W 375W
Verbrauchs-Limit mit Treiber-Einsatz 150W 300W 450W 600W
Dauerleistungen ("sustain power") gemäß ATX 3.0 Spezifikation

Was jener Netzteil-Treiber konkret besser macht, wurde nicht ausgeführt – aber vermutlich geht es schlicht darum, hiermit Peaks besser abzufangen und dass somit dasselbe Netzteil eine höhere Dauerleistung ausspucken kann als im ungeregelten Betrieb. Grafikkarten nach PCI Express 5.0 dürften ergo noch schärfer bei ihren Peaks geregelt werden, um Aussetzer bei der Stromversorgung (und damit unwillkürliche Abstürze) zu vermeiden. Letztlich kann man dies sogar als Maßnahme zur Kostensenkung einstufen – denn wenn es weniger und geringere Peaks gibt, kann der bisher notwendige Spielraum bei diversen Bauteilen abgesenkt werden. Wieviel von diesen technischen Möglichkeiten des neuen "12VHPWR"-Stromsteckers von den NextGen-Grafikkarten letztlich genutzt wird, bleibt dagegen weiterhin abzuwarten: Denn nur weil die Spezifikation bis zu 600 Watt zuläßt, bedeutet dies nicht zwingend, dass dies umgehend verwendet wird.

Nachtrag vom 25. März 2022

Zum mittels des ATX 3.0 Standards möglichen Grafikkarten-Stromverbrauch sind noch ein paar Ergänzungen notwendig: Die Wortwahl "Treiber" zur Aushandlung des höheren Grafikkarten-Stromverbrauchs bei entsprechenden Netzteilen ist vielleicht zu stark verkürzt, da mittels Treibern keine Stromlimitierung denkbar erscheint – dafür sind schnell schaltende Hardware-Bauteile auf der Grafikkarte notwendig. Allerdings ist der Treiber der einzige, welcher das Vorhandsein dieser Schaltungen dem Netzteil zurückmelden kann – womit dann Netzteil-seitig eine höhere Leistungsaufnahme freigegeben wird. Wo und wie genau dies abgehandelt wird, ist derzeit noch unklar, gemäß der Wortwahl der Intel-Dokumentation handelt es sich aber in jedem Fall um eine "Software"-Lösung. Das naheliegendste ist dann, dass sich jene im Grafikkarten-Treiber befindet – da nur dieser die Gewähr nach außen kommunizieren kann, dass die damit betriebene Hardware die zugrundeliegenden Standards tatsächlich erfüllt.

Daneben ist aus der Intel-Dokumentation noch die nunmehr spezifisch festgelegten Stromverbrauchs-Werte für Lastspitzen erwähnenswert. Damit wird dieses Feld endlich mal eingehegt, damit nicht in der Praxis bei besonders stromfressenden Grafikkarten unerwartete und erwünschte Stromversorgungs-Aussetzer passieren. Die definierten Grenzwerte erscheinen allerdings als überaus großzügig – in der Spitze darf eine Grafikkarte bis zu 1200 Watt für 100 Mikrosekunden ziehen (in der 600W-Konfiguration mit Treiber-Einsatz). In der Praxis scheinen die aktuellen Grafikkarten dies bereits zu unterbieten, wenn eine GeForce RTX 3090 FE bei Igor's Lab in der Kategorie 1-5ms bei 439W liegt (+25%) sowie in der Kategorie <1ms bei 574W (+64%). Aber es sorgt natürlich Wildwuchs vor, wenn feste Standards auch für diese Grenzbereiche definiert sind. Gleichfalls bekommen die Netzteil-Hersteller eine klare Maßgabe an die Hand, wie jene ihre PCIe-5.0-Netzteile auszulegen haben – was Stromversorgungs-Problemen in der Zukunft vorbeugen sollte.

Konfig 1 Konfig 2 Konfig 3 Konfig 4
reguläre Dauerleistung 100W 150W 225W 375W
Dauerleistung mit Treiber-Einsatz 150W 300W 450W 600W
Lastspitzen bis 100ms (+20%) 180W 360W 540W 720W
Lastspitzen bis 10ms (+60%) 240W 480W 720W 960W
Lastspitzen bis 1ms (+80%) 270W 540W 810W 1080W
Lastspitzen bis 100µs (+100%) 300W 600W 900W 1200W
gemäß ATX 3.0 Spezifikation; Lastspitzen = mit Treiber-Einsatz und "12VHPWR"-Stromstecker