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AMD stellt Carrizo offiziell vor

Der Planet 3DNow! und AnandTech haben sich ausführlich mit der auf der Computex seitens AMD offiziell vorgestellten Carrizo-APU beschäftigt. Zu dieser verspricht AMD einiges: Durch die Verwendung der Excavator-Ausbaustufe der Bulldozer-Architektur soll eine IPC-Steigerung von 9-13% die CPU-Performance vorantreiben, während die Grafiklösung auf das Feature-Level des Tonga-Chips angehoben wird und damit womöglich auch DirectX 12.1 unterstützen wird. Die gleichbleibende Chipfläche trotz Verwendung der HighDensity-Libraries läßt sich im übrigen erklären zum einen durch die Hinzunahme einer kompletten Southbridge in den Prozessor und zum anderen anscheinend durch den zusätzlichen Verbau eines (derzeit inaktiven) DDR4-Speicherinterfaces.

Llano Trinity Richland Kaveri Carrizo
Fertigung 32nm SOI GlobalFoundries 32nm SOI GlobalFoundries 32nm SOI GlobalFoundries 28nm Bulk GlobalFoundries 28nm Bulk GlobalFoundries
Die-Daten 1,45 Mrd. Transistoren auf 228mm² Chipfläche 1,3 Mrd. Transistoren auf 246mm² Chipfläche 2,41 Mrd. Transistoren auf 245mm² Chipfläche 3,1 Mrd. Transistoren auf 250mm² Chipfläche
CPU-Technik 4 Husky-Rechenkerne der K10.5-Architektur 4 Piledriver-Rechenkerne der Bulldozer-Architektur 4 Steamroller-Rechenkerne der Bulldozer-Architektur 4 Excavator-Rechenkerne der Bulldozer-Architektur
CPU-Takt maximal 3.0 GHz maximal 4.2 GHz (unter TurboCore) maximal 4.4 GHz (unter TurboCore) maximal 4.1 GHz (unter TurboCore) maximal 3.4 GHz (unter TurboCore, nur Mobile)
Grafikeinheit 400 VLIW5 Shader-Einheiten (20 TMUs, 8 ROPs) mit maximal 600 MHz Takt 384 VLIW4 Shader-Einheiten (24 TMUs, 8 ROPs) mit maximal 800 MHz TurboCore-Takt 384 VLIW4 Shader-Einheiten (24 TMUs, 8 ROPs) mit maximal 844 MHz TurboCore-Takt 512 (1D) Shader-Einheiten (32 TMUs, 8 ROPs) mit maximal 720 MHz TurboCore-Takt 512 (1D) Shader-Einheiten (32 TMUs, 8 ROPs) mit maximal 800 MHz TurboCore-Takt
Speicherinterface 128 Bit DDR3, maximal DDR3/1866 128 Bit DDR3, maximal DDR3/1866 128 Bit DDR3, maximal DDR3/2133 128 Bit DDR3, maximal DDR3/2133 128 Bit DDR3, maximal DDR3/2133
(zuzüglich anscheinend derzeit deaktivieres DDR4-Speicherinterface)
Featureset SSE4a, DirectX 11.0 SSE4a, AVX 1.1, FMA3/4, DirectX 11.0 SSE4a, AVX 1.1, FMA3/4, GCN 1.1, DirectX 11.2b, Mantle, TrueAudio SSE4a, AVX2, FMA3/4, GCN 1.2, DirectX 11.2b (möglicherweise DirectX 12.1), HSA 1.0, Mantle, TrueAudio
Sockel FM1 FM2 FM2 FM2+ -
integr. Chipsatz Northbridge Northbridge Northbridge Northbridge North- und Southbridge
Launch 14. Juni 2011 Mobile: 15. Mai 2012
Desktop: 2. Oktober 2012
Mobile: 12. März 2013
Desktop: 5. Juni 2013
Desktop: 14. Januar 2014
Mobile: 4. Juni 2014
Mobile: 2. Juni 2015

Vor allem aber hat sich AMD bei Carrizo dem Powermanagement der APU gewidmet und will in dieser im Notebook-Markt eminent wichtigen Frage (zu hoher Stromverbrauch ergibt automatisch zu niedrige Taktraten unter Last) deutliche Verbesserungen erreicht haben. Dies erscheint auch notwendig, denn rein von den Modell-Spezifikationen her hinkt Carrizo hinter der vorhergehenden Kaveri-APU teilweise zurück: Der Carrizo FX-8800P taktet mit 2.1/3.4 GHz – der vorhergehende Kaveri FX-7600P kam dagegen schon auf 2.7/3.6 GHz daher – bei den anderen Modellen sieht es ähnlich aus. Hier wird es ganz entscheidend darauf ankommen, wie das reale Taktverhalten unter Last aussieht bzw. ob AMD die Carrizo-APU derart hat optimieren können, daß eben unter Last höhere oder zumindest gleichwertige Taktraten möglich sind. Der ganz große Sprung bei der CPU-Performance erscheint auf diesen etwas niedrigeren Taktraten jedoch nicht realisierbar, dafür ist auch der IPC-Sprung (wie gesagt 9-13%) zu durchschnittlich:

Kerne Takt L2 Grafik Speicher TDP Listenpreis
FX-8800P 4 2.1/3.4 GHz ? Radeon R7 mit 512 SE @ ≤800 MHz DDR3/2133 12-35W * ?
A10-8700P 4 1.8/3.2 GHz ? Radeon R6 mit 384 SE @ ≤800 MHz DDR3/2133 12-35W * ?
A8-8600P 4 1.6/3.0 GHz ? Radeon R6 mit 384 SE @ ≤720 MHz DDR3/2133 12-35W * ?
* Die TDP ist durch die Notebook-Hersteller festsetzbar – unter niedrigeren TDPs sind die maximalen Taktraten dann natürlich kaum noch erreichbar.

Bei der Performance der integrierten Grafiklösung hat AMD wohl mehr Chancen auf Performance-Gewinne: Neben den diversen Verbesserungen der GCN 1.2 Architektur (Tonga-Level) gehen die maximalen iGPU-Taktraten von bisher ~650 MHz auf nunmehr ≤800 MHz hinauf, zudem darf durchgehend DDR3/2133 verbaut werden. Nicht umsonst reitet AMD auf dieser gegenüber Intel generell überlegenen Grafik-Performance herum – welche sogar dann noch besser ist, wenn man die TDP von Carrizo auf 15 Watt heruntersetzt und damit in den Clinch gegen Intels Ultrabook-Prozessoren der Broadwell-Generation (bei ebenfalls 15W TDP) geht:

Viel mehr würde an dieser Stelle natürlich interessieren, ob auch die CPU-Performance gegenüber Intels Zweikernern wenigstens in einem vergleichbaren Rahmen ausfällt. Dies müssen dann unabhängige Tests zeigen, welche es derzeit noch nicht gibt – da auch der Launch von Carrizo letztlich nur ein Paperlaunch ist, die entsprechenden Notebooks derzeit erst noch in Vorbereitung sind und seitens AMD dann bis zum Start von Windows zum 29. Juli erwartet werden. Es bleibt zu hoffen, daß diese kommenden Geräte möglichst viel von den AMD-Versprechungen zu Carrizo auch in der Realität zeigen – und daß AMD diesesmal besser mit den Notebook-Herstellern zusammenarbeit, auf daß nicht dem klar vorhandenen Käuferinteresse wie bislang ein viel zu kleines Angebot gegenübersteht.

Nachtrag vom 4. Juni 2015

Wie bekannt kommt AMDs Carrizo-APU auch mit einem DDR4-Speicherinterface daher, der Planet 3DNow! hat hierzu mehr oder minder eindeutige Einträge im offiziellen Programmierleitfaden gefunden, zudem spricht die Chipgröße auch recht klar für diese zusätzlichen Hardware-Einheiten. Für die aktuelle Carrizo-Generation ist dieses DDR4-Speicherinterface logischerweise noch deaktiviert, dies würde die Notebooks aktuell nur unnötig teuer machen angesichts des nach wie vor beachtbaren Preisabstands zwischen DDR3 und DDR4. Daß AMD aber überhaupt ein solches zweites Speicherinterface verbaut, sagt dann doch einiges zu den mittelfristigen AMD-Plänen aus: Denn während man zum FAD'15 noch annehmen konnte, daß AMDs für 2016 geplante Mainstream-APU vielleicht schon Zen-basiert wäre, könnte hierfür nun auch Carrizo geplant sein – mit freigeschaltetem DDR4-Speicherinterface dann etwas beschleunigt und zudem auch in das Desktop-Segment und dort den neuen AMD-Sockel "AM4" gebracht. Zen-basierte APUs würde dann erst im Jahr 2017 nachfolgen – was aber angesichts des recht guten Ersteindrucks zu Carrizo gar nicht so einen Beinbruch darstellen würde wie bislang angenommen.

Ein anderer wichtiger zu Carrizo nachzutragender Punkt besteht in der klaren Optimierung des Designs auf besonders niedrige Wattagen – was auch eine gute Erklärung dafür abliefert, weshalb Carrizo (zumindest jetzt) nicht einfach ins Desktop-Segment übernommen wird: Laut einer guten AMD-Präsentationsfolie hierzu liegen die Vorteile des Carrizo-Designs bei sogar unterhalb von 20 Watt Stromverbrauch, erreicht man dort in der Praxis dann höhere real anliegende Taktraten als bei Kaveri. Oberhalb von 23 Watt Stromverbrauch kehrt sich dieser Vorteil allerdings in einen Nachteil um – gerade bei Desktop-typischen 50-70 Watt Stromverbrauch wäre das Carrizo-Design dann also von den real anliegenden Taktraten in vermutlich klarem Nachteil gegenüber Kaveri. Interessanterweise die größten Vorteile hat das Carrizo-Design bei besonders niedrigem Stromverbrauch – was aber clever optimiert ist, denn die eigentlich einmal nur für Ultrabooks gedachte 15-Watt-Klasse ist derzeit bei den Notebook-Herstellern sehr beliebt und wird auch massenweise für Standard-Notebooks eingesetzt. Natürlich müsste dieser Punkt dann bei Verfügbarkeit von Carrizo separat getestet werden: Wie sich Carrizo unter 35W TDP schlägt – und wie unter nur 15W TDP.

Nachtrag vom 5. Juni 2015

Heise berichten über auf der Computex zu sehende Carrizo-Notebooks: Acer, Asus, Dell, HP, Lenovo und Toshiba zeigen entsprechende Modelle, was nun erst einmal kein so schlechter Anfang ist – nachdem AMD zuletzt arge Schwierigkeiten hatte, die Notebook-Hersteller von seinen APUs zu begeistern. Allerdings erscheint es fast so, als würde die Carrizo-Option der herunterregelbaren TDP derzeit kaum genutzt werden, zumindest diese ersten Modelle sahen laut Heise nach den vollen 35 Watt TDP aus. Dies dürfte natürlich auch mit der Nische zusammenhängen, in welchem AMD derzeit gesehen wird: Möglichst günstige Notebooks, insbesondere natürlich günstig für deren Hersteller. Andererseits sind auch Standard-Notebook eine ehrbare Sache, die in Millionenstückzahl über die Ladentheken geht – und AMD somit die Möglichkeit bietet, sich zu bewähren und eventuell in Zukunft auf breitere Einsatzfelder hoffen zu können.