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DirectX 12 wird teilweise für Windows 7 nutzbar

Im MSDN-Blog berichtet Microsoft höchstselbst über die Übernahme von DirectX 12 auf Windows 7 – zumindest im Fall von World of WarCraft. Dies ist schon mit dem aktuellen Patch 8.15 nutzbar, womit Windows-7-Nutzer primär von der Prozessoren-Optimierung durch DirectX 12 profitieren können. Hardware-Features von DirectX 12 wurden augenscheinlich nicht implementiert, werden aber allem Anschein nach seitens World of WarCraft sowieso nicht genutzt. Dies hat nun aber natürlich nichts mit einem vollständigen DirectX-12-Support für Windows 7 zu tun – so wurde hierbei nur der User-Mode-Teil von Direct3D 12 implementiert, nicht aber der Kernel-Mode-Teil. Damit sind ein paar Features übernehmbar, aber nicht das komplette DirectX 12 – und es erfordert wohl trotzdem immer noch Spiel-spezifische Anpassungen, um das ganze lauffähig zu bekommen. Damit ist diese Lösung also weit davon entfernt, einfach DirectX 12 unter Windows 7 zu installieren und nachfolgend alle entsprechenden Spiele unter dieser Grafik-API laufen zu lassen.

Vielmehr ist es eine Lösung, um für einzelne Spiele einen Spiel-spezifischen Support von DirectX 12 zu ermöglichen. Primär dürfte dies die Prozessoren-Optimierung von DirectX 12 betreffen, welche auf einigen Spieletiteln (wie eben WoW) als wirklich notwendig erscheint – zukünftig könnte es durchaus noch mehr von solcherart Titeln geben, gerade nachdem diese Möglichkeit nunmehr Microsoft-offiziell existiert. Ob jemals auch echte Hardware-Features von DirectX 12 auch auf Windows 7 übernommen werden, ist noch nicht klar – sicherlich auch deswegen, weil derzeit kaum ein Spiel jene Hardware-Features von DirectX 12 wirklich nutzt. Wie hoch bzw. wie umfangreich der Support von DirectX 12 unter Windows 7 wird, bleibt somit streng abzuwarten – Microsoft bietet die Möglichkeit dazu nunmehr an, allerdings werden die Spieleentwickler hier jeweils eigene Arbeit investieren müssen, um dies dann auch ausnutzen zu können. Insofern kommt es stark darauf an, ob die jeweiligen Spielepublisher hieran einen Mehrwert erkennen können.

Im konkreten Fall von World of WarCraft dürfte sich dies ziemlich einfach mit der gewachsenen Community rund um den Globus begründen lassen – welche eben auch (zahlreich) aus Ländern kommt, wo Windows 10 noch bei weitem nicht so stark verbreitet ist wie in der westlichen Welt bzw. man voraussichtlich auch im Jahr 2020 noch an Windows 7 festhalten wird. Auf dieser Schiene dürften sich dann auch weitere Kandidaten für einen DirectX-12-Support unter Windows 7 finden lassen: eSports- und MMO-Titel mit zahlenstarker Community in China sowie in Schwellen- und Entwicklungsländern. Ob jene Möglichkeit auch bei regulären Singleplayer-Spielen eingesetzt werden wird, bleibt dagegen abzuwarten – jene kann man schließlich vorsätzlich bereits dahingehend programmieren, das die Prozessoren-Optimierung von DirectX 12 nicht mehr zwingend notwendig wird. Da nun allerdings dieses Angebot seitens Microsoft in der Welt ist, könnten Spieleentwickler natürlich auch darauf einsteigen, selbst wenn dies ursprünglich vielleicht nicht derart geplant war.

Selbst für Microsoft ergeben sich hieran nur Vorteile, wenn DirectX 12 damit mal wieder etwas mehr genutzt wird – was ja in letzter Zeit überhaupt nicht der Fall war, nach einem gewissen Anfangsboom ist es ziemlich ruhig um die neue Grafik-API geworden. Da der PC-Nutzer in der westlichen Welt sowieso zum Jahresanfang 2020 auf Windows 10 gewechselt haben wird, verliert Microsoft nicht wirklich etwas – verhindert allerdings, das primär asiatische PC-Nutzer somit zum Nachdenken über "Windows 7 oder Linux" animiert werden. Dies erklärt wohl auch, wieso jenes Feature erst so spät kommt: Erst jetzt ist in der westlichen Welt der Zug zugunsten von Windows 10 abgefahren – womit Microsoft sich jenes Feature erst jetzt leisten will. Wäre ein solcher DirectX-12-Support zugunsten von Windows 7 drei Jahre früher erschienen, würden die aktuellen Zahlen zur Betriebssystem-Verbreitung sicherlich anders aussehen – und im dümmsten Fall die Forderung an Microsoft im Raum stehen, den Support an Sicherheitsupdates für Windows 7 noch über den Januar 2020 hinaus zu verlängern. So ist es ein Win-Win für alle Seiten, wenn auch die Größe des Effekts (sprich die Anzahl der diese Möglichkeit ausnutzenden Spieletitel) derzeit noch nicht abzusehen ist.

Nachtrag vom 17. März 2019

Nachzutragen zur kürzlichen Meldung über DirectX 12 unter Windows 7 wäre noch der Punkt, das für diese überraschende Entwicklung sicherlich auch die Existenz der Vulkan-API eine Rolle gespielt haben dürfte. Mittels jener ist eine ähnliche CPU-Beschleunigung wie unter DirectX 12 möglich, Vulkan ist allerdings nicht wie DirectX 12 an Windows 10 gebunden, sondern mehr oder weniger auf jedem modernen Gerät einsatzbereit – darunter auch Windows 7. Speziell im Fall von World of WarCraft, wo Spieleentwickler Blizzard teilweise mit uraltem Code bzw. uralten Rahmenbedingungen hantieren muß, ist die CPU-Beschleunigung von DirectX 12 inzwischen fast elementar – und stand Blizzard vor der Frage, wie man die vielen Windows-7-Nutzer in China sowie Schwellen- und Entwicklungsländern damit versorgen könnte. Ein Weg hierzu wäre der Wechsel der Grafik-API hin zu Vulkan gewesen – und genau an dieser Stelle dürfte Microsoft dann urplötzlich seinen Widerstand gegenüber DirectX 12 auf Windows 7 aufgegeben haben.

Gleichzeitig sieht man bei Microsoft natürlich auch, das sich mit diesem späten Eingeständnis, das DirectX 12 auch auf Windows 7 möglich ist, speziell in der westlichen Welt nichts mehr bezüglich der Betriebssystem-Verbreitung verändern wird: Windows 10 hat jenes Rennen gewonnen, Windows 7 kommt nur noch auf alten und irgendwann in Rente gehenden Systemen zum Einsatz. Ironischerweise wäre es fast besser gewesen, wenn Microsoft diese Möglichkeit doch nicht aufgemacht hätte und Blizzard tatsächlich auf die Vulkan-API umgestiegen wäre. Denn auf selbiger ist der Weg zu einem (offiziellen) Linux-Support sehr viel einfacher, was zugunsten eines Wettbewerbs im Markt der Desktop-Betriebssysteme nur positiv wäre. In gewissem Sinne ist Microsofts spätes Umschwenken in der Frage "DirectX 12 auf Windows 7" damit sogar eher kontraproduktiv, weil Microsoft damit weiterhin die Zügel in der Hand hält (es gibt kein generelles DirectX 12 auf Windows 7, sondern einen Spiel-spezifischen Support, welcher nur zusammen mit Microsoft erstellt werden kann) und trotzdem alle eventuellen Chancen von Vulkan und indirekt Linux für eine breitere Nutzung im Spiele-Bereich somit verkleinert werden.

Nachtrag vom 26. August 2019

Wie Microsoft mit einem Blog-Eintrag bekannt gibt, besteht ab sofort die generelle Möglichkeit der Portierung von DirectX-12-Spielen auf Windows 7 – ein Feature, welches im Frühjahr erst einmal nur für World of WarCraft aus der Taufe gehoben wurde und nunmehr augenscheinlich frei in der Nutzung wird. Es gibt damit zwar kein echtes DirectX 12 unter Windows 7, aber Microsoft liefert einige DLLs an die Spieleentwickler, welche dessen grundsätzliche Funktionalität unter Windows 7 nutzbar machen – soweit dies jeweils möglich ist. Gewisse Teile von DirectX 12 im Debug-Bereich fehlen augenscheinlich, rein Feature-technisch scheint hingegen fast alles an Bord zu sein – inklusive sogar DirectX RayTracing (DXR). Der Spieleentwickler muß natürlich trotzdem selbsttätig schauen, wie gut sein Spiel auf diesen "Hack" reagiert, in diesem Fall gibt es dann keinen Support seitens Microsoft bzw. muß der Spieleentwickler das ganze schlicht selber auf die Reihe bekommen.

Der hierbei entstehende Mehraufwand dürfte letztlich darüber entscheiden, wie häufig dieses Feature letztlich praktisch seitens der Spieleentwickler eingesetzt werden wird – ein Punkt, welcher derzeit noch nicht absehbar ist, wobei allerdings World of WarCraft schon einmal als Positiv-Beispiel gelten darf. Ewigkeiten dürfte sich diese Konstruktion allerdings kaum halten lassen, denn nach dem Ende der Belieferung mit Sicherheits-Updates für Windows 7 nach dem Januar 2020 dürften die Nutzer-Zahlen dieses Betriebssystems weiter einbrechen, insbesondere unter dem für die Spieleentwickler interessanten Kundenkreis. Microsoft verliert hieran also vergleichsweise wenig, Windows 10 wird sich so oder so nicht mehr aufhalten lassen. Die Situation hätte sich anders darstellen können, sofern Microsoft dieses Feature früher herausgebracht hätte, dann hätten sich Spieler & Spieleentwickler durchaus weiterhin auf Windows 7 einrichten können. Microsoft wollte und will aber augenscheinlich eine Situation wie bei Windows XP, welches vergleichsweise ewig mitgeschleppt wurde, verhindern – und liefert daher dieses Feature wahrscheinlich bewußt erst jetzt aus, wo es für die allermeisten Spieler sowieso keine Relevanz mehr entfalten kann.