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MSI entfernt AMD-Grafikkarten aus seinem "GAMING"-Brand

nVidias umstrittenes "GeForce Partner Program" beinhaltet als eine der Hauptforderungen an die Grafikkarten-Hersteller den Verzicht auf AMD-Grafikkarten unter demselben für Gaming-Produkte benutzten Brandnamen, wie jenen nVidia-Grafikkarten nutzen. Da die Grafikkarten-Hersteller üblicherweise nur einen dieser Gaming-Brandnamen pflegen, bedeutet dies faktisch den Ausschluß von AMD-Grafikkarten aus der jeweils besten Vermarktungsschiene der einzelnen Grafikkarten-Hersteller. Die Auswirkungen sind sicherlich bei weitem nicht so drastisch wie ein totales Verkaufsverbot von AMD-Grafikkarten, aber dennoch eine gewisse (und vor allem klar ersichtliche) Wettbewerbsverzerrung. Bislang war dies natürlich erst einmal nur eine Behauptung seitens HardOCP (wobei nVidia diese Behauptung spielend einfach hätte wiederlegen können, was jedoch nicht passiert ist) – doch nun gibt es augenscheinlich ein erstes klares Resultat: Bei Grafikkarten-Hersteller MSI wurden alle AMD-Grafikkarten, die bisher MSIs Gaming-Brandnamen "GAMING" trugen, aus eben diesem Programm entfernt. Auf der englischsprachigen MSI-Webseite wurde dies bereits umgesetzt, die deutschsprachigen MSI-Webseite zeigt hingegen noch den alten Stand an:

MSI Produkt-Portfolio an Radeon RX 580 Grafikkarten (US-Webseite)
MSI Produkt-Portfolio an Radeon RX 580 Grafikkarten (US-Webseite)
MSI Produkt-Portfolio an Radeon RX 580 Grafikkarten (DE-Webseite)
MSI Produkt-Portfolio an Radeon RX 580 Grafikkarten (DE-Webseite)

Dabei wurden die bisher unter dem "GAMING"-Brand laufenden MSI-Grafikkarten offenbar nicht durch einfach nur ungelabelte Modelle ausgetauscht, auch wenn man dies auf den ersten Blick vermuten könnte. Doch die Taktraten der neuen MSI-Grafikkarten ohne jede Labelung (untypisch schwarze Verpackung) entsprechen "nur" dem AMD-Referenztakt – während die "GAMING"-Karten gewöhnlich drei Betriebsmodi und damit drei verschiedene Taktraten hatten. AMD scheint hier also nicht nur gezwungen gewesen zu sein, die früheren "GAMING"-Karten einfach nur umzubenennen – sondern hat jene gleich ganz aus dem Programm genommen. Einen besonderen Beweis für deren frühere Existenz sparen wir uns an dieser Stelle, es gibt hunderte online verfügbare Testberichte zu den "GAMING"-Grafikkarten auf Basis der Grafikchips Radeon RX 470, 480, 570 und 580. Gleiches gilt natürlich auch für die vielen früheren MSI-Grafikkarten mit "GAMING"-Brand auf Basis älterer AMD-Grafikchips – jene wurden auf der englischsprachigen MSI-Webseite komplett entfernt. Dies führt dann auch zu komischen Situationen, wie das im englischsprachigen Angebot die Radeon R9 390/390X gar mehr gelistet wird – im deutschsprachigen Angebot tauchen hingegen noch zwei entsprechende Karten unter dem "GAMING"-Brand auf.

MSI Produkt-Portfolio an Radeon R9 390/390X Grafikkarten (US-Webseite)
MSI Produkt-Portfolio an Radeon R9 390/390X Grafikkarten (US-Webseite)
MSI Produkt-Portfolio an Radeon R9 390/390X Grafikkarten (DE-Webseite)
MSI Produkt-Portfolio an Radeon R9 390/390X Grafikkarten (DE-Webseite)

Dabei waren gerade die "MSI Radeon R9 390 GAMING" sowie die "MSI Radeon R9 390X GAMING" seinerzeit sehr beliebte und weit verbreitete Produkte, welche sich sogar in heutiger Zeit mit ihren gleich 8 GB Grafikkartenspeicher immer noch ganz vernünftig machen. Die deutschsprachige Webseite dürfte diese Änderungen der englischsprachigen Webseite sicherlich in Kürze ebenfalls durchmachen, da es in aller Regel kein regional abweichendes Angebot bei den Grafikkarten-Herstellern gibt, sich dies wirtschaftlich auch gar nicht rechnet. Zumindest für den englischsprachigen Bereich läßt sich damit aber schon jetzt fest konstatieren, das MSI in der Tat auf den "GAMING"-Brandnamen bei AMD-Grafikkarten verzichtet – gut zu sehen auch daran, das sich bei nVidia-basierten Grafikkarten nichts geändert hat, jene nach wie vor in großer Anzahl unter diesem Brandnamen angeboten werden. Der "GAMING"-Brandname wurde hier also ganz eindeutig allein bei AMD-basierten Grafikkarten gestrichen – und hierbei sogar alte und längst nicht mehr vertriebene Produkte von der Webseite entfernt, so als hätte es jene niemals gegeben (während andere alte und nicht mehr vertriebene Produkte weiterhin einwandfrei gelistet sind).

Damit darf man es auch als vorläufig bewiesen ansehen, das die besprochene Bedingung in nVidias GeForce Partner Program wirklich existiert. Genauso auch muß konstatiert werden, das jenes Programm derzeit schon aktiv läuft und die Grafikkarten-Hersteller auch schon aktiv darauf reagieren – das ganze ist also nicht mehr im Status von Verhandlungen etc., wo sich eventuell noch Änderungen ergeben könnten. MSI würde diese Änderungen sicherlich auch nicht von sich aus machen, sofern es nicht notwendig wäre – sprich, die Grafikkarten-Herstellen werden jetzt und zur Stunde von nVidia unter Druck gesetzt, sich entsprechend zu positionieren. Und im Sinne des kommenden Launches der GeForce 2000 Serie (ob nun Ampere- oder Turing-basiert) haben die Grafikkarten-Hersteller auch kaum eine größere Wahl oder aber Diskussions-Spielraum – das Damoklesschwert, als "Abweichler" vom Launch ausgeschlossen zu werden, ist eine wirtschaftlich viel zu bedeutende Größe, um nicht beachtet werden zu können.

Damit sind wir nun leider in einer Situation gelandet, wo nVidia augenscheinlich den Wettbewerb aktiv verzerrt. Der Wettbewerbsverstoß mag in seiner Höhe nicht gerade bedeutsam sein, aber dennoch wird die Wahlfreiheit der Grafikkarten-Hersteller klar beschnitten – denn normalerweise würde sich da keiner der Grafikkarten-Hersteller hineinreden lassen, wie und in welcher Form man seine Verkaufsnamen bzw. die dazugehörigen Marketingprogramme organisiert. nVidias tiefergehende Absicht, die Grafikkarten-Hersteller dazu zu verleiten, für AMD-Hardware überhaupt keine besonderen Brandnamen mehr zu vergeben und nachfolgend auch nicht bei entsprechenden Marketing-Aktivitäten zuzulassen, ist mehr als offensichtlich – seitens nVidia man will einfach monopolistisch mit dem Themengebiet "Gaming" assoziiert werden. Für den Augenblick assoziiert sich nVidia für den aufmerksamen Beobachter aber leider nur mit dem Themengebiet "klarer Wettbewerbsverstoß" – welcher in einem Rechtsstaat dann eigentlich die Folgeerscheinungen "Wettbewerbsermittlung" und "Straßmaßnahmen" nach sich ziehen sollte.

Der informierte Käufer bekommt damit erneut (leider) die schwierige Entscheidung aufgebürdet, nicht rein nur nach Produktqualität und dafür gefordertem Preispunkt zu kaufen, sondern gleichzeitig auch (nach Möglichkeit) die moralische Komponente seiner Kaufentscheidung zu bedenken. Da dieser Fall nunmehr nicht das erste größere Ärgerniß mit nVidia ist (GameWorks-Programm, GeForce GTX 970 mit nur 3,5 GB Speicher & Pflicht zu "GeForce Experience"), kommt hierbei erschwerend hinzu. Und dies ist aus Käufersicht der ärgerlichste Punkt an der ganzen Angelegenheit: Normalerweise sollten sich die Hersteller so verhalten, das man eben nicht Punkte außerhalb des reinen Produkts sowie dessen Preispunkt beachten muß. Es sollte Wettbewerb um das Produkt und um den Preis herrschen – und nicht ins politische abdriften, ganz besonders bei Spaßprodukten wie Grafikkarten und Computerspielen. nVidia raubt dem Gamer und Hardware-Enthusiasten hier das, worum es ursächlich überhaupt geht – den Spaß.

Nachtrag vom 27. März 2018

Im Fall von nVidias "GeForce Partner Program" und der damit ausgelösten Umwälzungen im Grafikkarten-Business sei noch darauf hingewiesen, das die von der US-Webseite von MSI entfernten AMD-Grafikkarten des "GAMING"-Brands sowohl über die Suchfunktion als auch über Direktlinks nach wie vor erreichbar sind. MSI hat diese einzelnen Webpages also nicht stillgelegt, sondern listet die betreffenden Grafikkarten nur nicht mehr in der eigenen Übersicht. Aber dies ist wohl auch gar nicht anders handelbar, schließlich kann der Support an den einstmals verkauften "GAMING"-Grafikkarten mit AMD-Chipunterbau nicht gleich eingestellt werden, müssen Spezifikationen etc. auch weiterhin online verfügbar bleiben. Nur für Neukunden ergibt sich somit der erste Anschein, das MSI unter dem "GAMING"-Brand keine AMD-basierten Grafikkarten führt – was dann auch über die Einzelhändler bestätigt wird, in den USA sind diese Modelle nahezu komplett aus dem Handel verschwunden und auch hierzulande wird das diebezügliche Angebot schon spürbar weniger, was auf einen Auslauf-Status hindeutet.

Im übrigen verliert MSI durch diese Aktion nicht nur AMD-Grafikkarten in seinem Top-Brandnamen, sondern sogar viele der beliebesten AMD-basierten Grafikkarten als regelrechtes Produkt. Denn die augenscheinlich ersatzweise in den USA aufgelegten ungelabelten neuen MSI-Modelle mit AMD-Unterbau (gut am untypisch schwarzen Karton ohne eigenen Brandnamen zu erkennen) laufen nicht nur rein mit Referenz-Taktraten, sondern verzichten auch auf die für die "GAMING"-Modelle von MSI typische Kühlkonstruktion. Jene hatte sich in der Vergangenheit einige Reputation erworben – ein Punkt, auf welchen MSI hiermit verzichten muß. Dabei ist MSI in dieser Angelegenheit kaum ein echter Vorwurf zu machen, fühlte man sich augenscheinlich gezwungen, die nVidia-Bedingungen mitzugehen – selbst wenn es als unschöne Begleiterscheinung flapsige Postings eines MSI-Mitarbeiters gab, welche unnötig Öl ins Feuer goßen. Die Grafikkarten-Hersteller können an dieser Stelle realistischerweise aber sowieso nur entscheiden, nVidias Forderungen letztlich mitzugehen – alles andere wäre wirtschaftlich nicht darstellbar. In dieser Frage ist MSI inzwischen auch nicht mehr allein, auch bei anderen Grafikkarten-Herstellern ist diese Tendenz schon sichtbar geworden.