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Neue, genauere Stromverbrauchsmessungen zu AMDs Ryzen 7

Das AMDs TDP-Angaben zu den Ryzen 7 Prozessoren ziemlicher Nonsens sind, wurde schon in der entsprechenden Launch-Analyse thematisiert. Genaueres hierzu kommt nun aus dem Reloaded-Test von HT4U, welche mit mehr Zeit bewaffnet dem Thema genauer auf den Pelz gerückt sind. Entscheidende Erkenntnis hierbei ist, das sich AMDs Ryzen im Gegensatz zu früheren AMD-Prozessoren nicht mehr nur aus der 12-Volt-Leitung bedient, sondern weitere Stromquellen anzapft – wie auch neuere Intel-Prozessoren noch über die 3,3-Volt-Leitung Strom ziehen. Messungen der reinen 12-Volt-Leitung zeigen bei Ryzen somit also nur einen Teil der Wahrheit, geben zwar den weitaus größeren Teil des Stromverbrauchs an, aber eben nicht wirklich alles. Hinzukommend gibt es bei Ryzen aber auch noch feine interne Sensoren, mittels welchen sich die CPU selber überwacht, um sich notfalls selber heruntertakten zu können.

Allerdings sind beide Werte zumindest erklärungsbedürfig: Die reale Messung mittels des Zangenamperemeters (von nur der 12-Volt-Leitung) ist wie gesagt in jedem Fall zu gering – und die mittels der internen Sensoren erzielten Werte kommen uns hingegen als etwas zu hoch vor, da teilweise sogar oberhalb der TDP-Werte der offiziellen Ryzen-Kühler liegend. Auch liegen die unter Prime ermittelte Sensorwerte durchgehend klar oberhalb der bislang zu Ryzen genannten internen Schwellwerte, an denen die CPU sich eigentlich herunterregeln sollte. Allerdings könnte diese Herunterregelung auch nur die Turbo-Taktstufen betreffen, denn Ryzen läuft unter Prime dann durchgehend auf seinem Basetakt und regelt sich trotz höherem Stromverbrauch augenscheinlich nicht weiter herunter (bzw. ist die Last noch nicht ausreichend, um sich auch wirklich unterhalb der Basetaktraten zu drosseln).

Ryzen 7 1700 Ryzen 7 1700X Ryzen 7 1800X
Technik Zen, 8C +SMT, 3.0/3.7 GHz Zen, 8C +SMT, 3.4/3.8 GHz Zen, 8C +SMT, 3.6/4.0 GHz
offizielle TDP 65W 95W 95W
interner Schwellwert 90W 128W 128W
Kühler-TDP 95W (Wraith Spire) 140W (Wraith Max) 140W (Wraith Max)
HT4U @ Core2MaxPerf gemessen: 67,8W
Sensor: 83,0W
typischer Takt: 3143-3193 MHz
maximaler Takt: 3742 MHz
gemessen: 91,2W
Sensor: 114,9W
typischer Takt: 3493 MHz
maximaler Takt: 3892 MHz
gemessen: 93,1W
Sensor: 116,7W
typischer Takt: 3468-3568 MHz
maximaler Takt: 4092 MHz
HT4U @ Prime gemessen: 83,8W
Sensor: 109,3W
typischer & maximaler Takt: 3193 MHz
gemessen: 112,9W
Sensor: 134,7W
typischer & maximaler Takt: 3493 MHz
gemessen: 113,6W
Sensor: 148,0W
typischer & maximaler Takt: 3692 MHz
Stromverbrauch bei annähernd Volllast ~85W  (TDP: 65W) ~115W  (TDP: 95W) ~120W  (TDP: 95W)
"gemessen" bedeutet in diesem Fall rein die 12-Volt-Leitung, beinhaltet also nicht die komplette Stromversorgung von Ryzen

Damit ist Prime sicherlich nicht geeignet, den Normalzustand (selbst unter Last) zu beschreiben, eher sind die Werte unter Core2MaxPerf somit realitätsnah. Danach kommt Ryzen unter (annähernd) Volllast bis kurz vor seine Schwellwerte heraus – in einem Szenario, wo immer noch die Turbotaktraten wenigstens zum Teil greifen. Es wird damit das zum Ryzen-Launch bereits gesagte nochmals klar bestätigt: Die (bisher vorgestellten) Ryzen-CPUs verbrauchen unter Last deutlich mehr als ihre TDP es annehmen läßt. Und auch wenn man einwenden kann, das unter viele Anwendungen (mit niedrigerem Verbrauch) die TDP doch eingehalten wird, so sollte die TDP eigentlich als Maximalwert verstanden werden, über welche man sich allerhöchstens mal unter (in der Praxis unrealistischen) Ausnahmesituationen hinaus bewegt. Dies läßt sich für Ryzen jedoch nicht bestätigen, die TDP der bisher vorgestellte Ryzen-Prozessoren ist leider (Marketing-feingewaschen) klar zu niedrig angesetzt.

Anzumerken wäre natürlich auch, das Ryzen unter normalen Workloads, welche allerhöchstens in Spitzen eine Vollauslastung erzeugen können, immer deutlich genügsamer läuft, weil Ryzen dann immer ausreichend viele Teile des Siliziums temporär schlafenlegt (bei einem Achtkern-Prozessor ist dies auch viel einfacher als bei Vierkern-Modellen). In dieser Frage hat AMD mit dem Zen-Prozessorendesign deutlich gegenüber Intel aufgeschlossen – vor allem der Grundverbrauch des Ryzen-Prozessors ist deutlich niedriger als zu Bulldozer-Zeiten. Hinzu kommt dann noch ein klar niedrigerer Stromverbrauch auf Mainboard-Seite (gegenüber Intel) – sicherlich auch eine Folge dessen, das AMD für Ryzen nicht derart volumiöse Mainboard-Chipsätze benötigt wie Intel, weil in Ryzen ein Teil der Chipsatz-Kapazitäten schließlich schon selber verbaut sind. In der Summe von CPU und Mainboard ist der Ryzen-Stromverbrauch absolut gangbar, etwas geringer als bei Broadwell-E und etwas höher als bei Kaby Lake.