Nachdem wiederum einige Zeit vergangen ist seit unserem letzten Grafikkarten-Marktüberblick vom Mai lohnt erneut der prüfende und ordnende Blick auf die im Grafikkarten-Markt erhältlichen Angebote. Wie üblich enthalten unsere nach der aktuellen Preislage sortierten Grafikkarten-Auflistungen alle relevanten Daten zu den einzelnen Grafikkarten inklusive auch einer groben Performance-Angabe sowie Vergleichsgrößen in den Disziplinen "Performance/Preis" und "Performance/Stromverbrauch". Damit soll dem Grafikkartenkäufer ein schneller Überblick über das aktuelle Angebot an Grafikkarten ermöglicht werden.

Gegenüber dem letzten Grafikkarten-Marktüberblick bringt dieser neue Marktüberblick recht wenige Änderungen mit sich. Beide Grafikchip-Entwickler haben ihr Pulver bei den aktuellen Grafikchip-Generationen (AMD Northern Islands und nVidia Fermi-Refresh) faktisch verschossen, während die nächste Grafikchip-Generation (AMD Southern Islands und nVidia Kepler) wohl noch etwas auf sich warten läßt. Somit kam gegenüber dem letzten Marktüberblick nur noch die GeForce GTX 560 ("ohne Ti") hinzu, während hingegen zwei ältere Grafikkarten (Radeon HD 5850 & 5870) in ihren verdienten Ruhestand gingen. Da auch der Euro/Dollar-Kurs keine besonderen Kapriolen geschlagen hat (der letzte Marktüberblick basierte auf 1,48 Dollar/Euro, der heutige auf 1,43 Dollar/Euro) und es keine echten Preisoffensiven der Grafikchip-Entwickler gab, ist letztlich vieles auf dem nahezu gleichen Stand zum Mai geblieben.

Um es nicht ganz so eintönig zu machen, wurden für diesen Marktüberblick alle Stromverbrauchswerte erneut gesichtet und gegebenfalls neu notiert. Während wir uns bisher ausschließlich an die Stromverbrauchswerte der jeweiligen Referenzprodukte von AMD und nVidia gehalten haben, wurden nun auch Messungen von Herstellerkarten mit berücksichtigt (sofern vorhanden). Aus allen Messungen wurde dann ein (manuell gerundeter) Mittelwert gebildet, so daß dieser neue Grafikkarten-Marktüberblick hier und da Abweichungen bei den Stromverbrauchsangaben gegenüber früheren Marktüberblicken enthält. Dabei kam es bei einigen Grafikkarten (speziell die Radeon HD 6850, von 104W auf 121W) zu durchaus erheblichen Veränderungen zum Negativen hin, während nur eine Ausnahme (GeForce GTX 580, von 247W auf 238W) dagegen in die andere Richtung ging.

Die nachfolgenden Listen sind wie üblich auf Vollständigkeit bedachte Auflistungen des kompletten derzeit verfügbaren Angebots von AMD und nVidia – abzüglich nur der auslaufenden Karten, welche als Restposten zumeist nur noch zu Mondpreisen angeboten werden (und vor allem nicht mehr nachgeliefert werden). Diese Listen sollen einen Überblick über das aktuelle Marktangebot geben, was bedeutet, daß hier auch die eher ungünstigen Angebote erfasst sind – es geht um Vollständigkeit, nicht primär um die besten Angebote, diese ergeben sich schließlich erst aus dem Studium der vollständigen Liste. Zudem sollen die überall notierten Karten-Spezifikationen davor schützen, auf Angebote mit abgesenkten Spezifikationen hereinzufallen bzw. die Erkennung von ab Werk übertakteten Modellen ermöglichen. Unsere (subjektiven) Empfehlungen sind dagegen separat notiert.

Die zu jeder Grafikkarte angegebene Performance basiert auf einem groben Performance-Index auf Basis verschiedener aktueller Hardware-Tests, in welchem die Radeon HD 5750/6750 mit 100 Prozent definiert ist. Dieser Performance-Index orientiert sich generell an dem Setting 1920x1200 mit 4x Anti-Aliasing, hier und da wurde bei den Rundungen dann auch niedrigere Settings (Mainstream-Segment) bzw. höhere Settings (HighEnd-Segment) mit beachtet. Mit dem Grafikkarten-Marktüberblick vom Mai wurde der Performance-Index mittels neuerer Hardware-Tests überarbeitet und weist demzufolge bei einigen Grafikkarten leicht veränderte Werte gegenüber früheren Grafikkarten-Marktüberblicken aus.

Der Performance-Index kann dabei natürlich nie gänzlich exakt sein, um plus/minus 5 Prozent können die Ergebnisse einzelner Hardware-Tests immer von diesem abweichen. Es geht bei diesem Performance-Index jedoch nicht um höchstmögliche Exaktheit, sondern allein um eine ungefähre Performance-Orientierung. Welche Karte in einem Duell gleichwertiger Lösungen vorn liegt oder was die Karten des HighEnd-Segments bei höheren Settings noch leisten können, wird immer die Aufgabe spezieller Hardware-Tests sein und kann natürlich nicht in dieser einzelnen Zahl abgebildet werden.

Basierend auf dem Performance-Index wurden zudem noch die Werte "Performance/Preis" und "Performance/Verbrauch" gebildet. In beiden Fällen sind höhere Werte besser als niedrigere und gleichfalls gilt in beiden Fällen, daß die Werte für sich allein keine Aussagekraft haben, sondern erst im Vergleich zu den Werten anderer Grafikkarte eine Bedeutung erlangen. Bei "Performance/Preis" kann man dabei auf einen Blick erkennen, wo Grafikkarten mit einer besonders guten Performance gemessen am Preispunkt liegen, während "Performance/Verbrauch" eine Aussage darüber gibt, welche Grafikkarten ihre Performance besonders energieeffizient erbringen. Beide Werte werden auf der zweiten Artikelseite noch einmal in Diagrammen jeweils extra beleuchtet.

Letztlich wäre noch anzumerken, daß die angegebenen Stromverbrauchswerte auf entsprechende Messungen der reinen Grafikkarte seitens HT4U setzen, unterteilt in einen Stromverbrauch unter Idle (erste Zahl) und unter Spielen (zweite Zahl, Messgrundlage ist hierbei HAWX). Da aber noch nicht zu allen Grafikkarten entsprechende Werte vorliegen, sind einige Angaben derzeit nur Schätzungen unsererseits. Nachfolgend ist dann das komplette reguläre Programm der Grafikchip-Entwickler und Grafikkarten-Hersteller an Grafikkarten mit 768 MB und mehr Grafikkartenspeicher aufgelistet:

Die Anzahl der Grafikkarten ist in etwa gleich geblieben – gegenüber dem Neuzugang GeForce GTX 560 stehen nur die Abgänge Radeon HD 5850 & 5870. Allerdings deuten einige weitere Grafikkarten ihren baldigen Rückzug vom Markt schon an, zu nennen wären hierbei Radeon HD 5830, GeForce GTX 460, 470 und 480. Zu letztgenannter gibt es inzwischen einen dementsprechend attraktiven Abverkaufspreis, die anderen genannten Karten werden anscheinend ohne so eine Maßnahme mehr oder weniger wortlos über die nächsten Wochen aus dem Markt verschwinden.

Daneben hat es einige Preiskorrekturen gegeben: Generell haben die Preise (durch den etwas schlechteren Dollar/Euro-Kurs) gegenüber dem Mai etwas angezogen – meistens nur um 5 bis 10 Euro, aber dafür ziemlich durchgehend bei den höherpreisigen Karten. Im Mainstream-Segment haben dagegen Radeon HD 6790 und GeForce GTX 550 Ti endlich einmal einen halbwegs angemessenen Preispunkt gefunden, nachdem diese Karte nach ihrem Launch deutlich zu teuer waren. Gleichfalls haben sich die Lösungen des unteren Mainstream-Segments nicht verteuert, sondern sind teilweise minimal günstiger geworden – sicherlich eine Reaktion auf die guten Preise zu Radeon HD 5750/6750, Radeon HD 6750/6770 und GeForce GTS 450, welche die Karten des unteren Mainstream-Segments nach wie vor deutlich unter Druck setzen.

Wie bei den letzten Marktüberblicken gilt generell: Beide Grafikchip-Entwickler bieten aktuell ein recht ausgewogenes Angebot mit (fast) überall guten Lösungen für jeden Bedarf und jeden Geldbeutel an. Beachtenswert ist, daß jeweils diese Karten, welche aufgrund irgendwelcher kleinen Nachteile etwas im Hintertreffen sind, dies inzwischen oftmals durch einen minimal besseren Preispunkt wettzumachen versuchen – so daß in vielen Marktsegmenten nahezu jede Karte irgendwie gangbar ist. Wir versuchen nachfolgend trotzdem subjektive Empfehlungen für jedes Marktsegment abzugeben, diese gelten natürlich nur zum aktuellen Preisstand und können sich im Laufe der Zeit durch andere Preislagen auch wieder erübrigen:

Unsere subjektiven Empfehlungen lauten damit:
• Im DualChip-Bereich ist die Radeon HD 6990 bei grob gleicher Performance, etwas besserer Eignung für höherwertigere Settings und geringfügig besserem Stromverbrauch angesichts des deutlich besseren Preises eigentlich klar vorzuziehen. Gegen die AMD-Karte spricht allerdings der Nebenpunkt einer drastisch höheren Geräuschentwicklung (im Referenzdesign), welche je nach persönlicher Befindlichkeit in dieser Frage durchaus ein K.O.-Argument gegen die Radeon HD 6990 und für die GeForce GTX 590 sein kann.
• Bei der Frage nach der schnellsten SingleChip-Lösung zieht weiterhin die GeForce GTX 580 einsam ihre Kreise, AMD scheint dieser Karte in dieser Generation nichts mehr gleichwertiges entgegenstellen zu wollen. Das Preis/Leistungsverhältnis dieser Karte ist natürlich schwach angesichts des hohen Preisaufschlags gegenüber den direkt nachfolgenden Karten.
• Im Preisbereich von 230 bis 300 Euro treten drei HighEnd-Karten an, welche ziemlich exakt dieselbe Performance aufweisen – wobei sich die GeForce GTX 480 mit ihrem hohen Stromverbrauch etwas aus dem Rennen nimmt. Die Frage Radeon HD 6970 gegen GeForce GTX 570 läßt sich zwar trotz unseres entsprechenden Testberichts nicht endgültig klären, allerdings ist aufgrund des inzwischen günstigeren Preises die GeForce GTX 570 dann doch als etwas besser einzuschätzen.
• Im Preisbereich von 170 bis 220 Euro gibt es einen eindeutigen Sieger in Form der Radeon HD 6950 (in ihren beiden Speicherbestückungen). Dabei ist die ebenfalls in diesem Preissegment beheimatete GeForce GTX 560 Ti wohl eines der besten nVidia-Angebote der letzten Zeit und zudem auch noch sehr übertaktungsfreudig – allein, die Radeon HD 6950 hat nach wie vor die Fähigkeit der Freischaltung zur Radeon HD 6970, was die nVidia-Karte unmöglich toppen kann.
• Im Preisbereich von 110 bis 160 Euro gibt es jede Menge guter Angebote, welche bis auf Ausnahmen (Radeon HD 5830 & GeForce GTX 460 SE) allesamt in etwa dasselbe Preis/Leistungsverhältnis aufweisen. Eine klare Empfehlung aufgrund der hohen Gleichwertigkeit läßt sich hier nicht geben, demzufolge empfehlen wir einfach alle (sinnvollen) Karten dieses Preissegments: Radeon HD 6850, Radeon HD 6870, GeForce GTX 460 768/1024MB und GeForce GTX 560 sind allesamt gute Lösungen.
• Im Preisbereich von 70 bis 110 Euro gibt es gute wie schlechte Angebote, trotz daß die letzten Preisänderungen das Gefüge etwas zusammengerückt haben. Trotzdem ist die Preislage von Radeon HD 6790 und GeForce GTX 550 Ti angesichts des geringen Abstands zu den höherwertigen Beschleunigern nach wie vor zu gering und das Preis/Leistungsverhältnis der kleineren Karten dieses Preisbereichs einfach zu gut. Besonders erwähnenswert sind hierbei die GeForce GTS 450 als eine gute Lösung für unter 80 Euro und die Radeon HD 5770/6770 als eine gute Lösung für über 85 Euro.
• Im Preisbereich von 45 bis 70 Euro gibt es jede Menge Angebote, von denen allerdings keines ein richtig herausragendes Preis/Leistungsverhältnis aufweist. Die schnelleren Karten dieses Preissegments sind zudem viel zu nah am Preis der GeForce GTS 450 angesetzt, um interessant zu sein – hier geht klar die Empfehlung aus, wenn dann einen Preisbereich höher nach passenden Karten zu suchen. Somit bleibt hier nur, die sinnvollste Einsteigerlösung zu küren, welche einen möglichst großen preislichen Abstand zur GeForce GTS 450 hat, ohne deswegen aus dem Bereich der Mainstream-Performance abzurutschen. Dies ist die Radeon HD 5570 DDR3, eine Radeon HD 5670 DDR3 zum minimal höheren Preispunkt ist wohl auch noch gangbar. Die nVidia-Lösungen dieses Preisbereichs sind leider durchgängig zu teuer angesetzt und damit derzeit nicht konkurrenzfähig.

Wie gesagt dürfte sich dieses Produktprogramm innerhalb der aktuellen Radeon HD 6000 und GeForce 500 Serien nicht mehr ändern, beide Grafikchip-Entwickler arbeiten sicher schon an der nächsten Grafikkarten-Generation. Auch größere Preiskämpfe sind derzeit nicht zu erwarten – dies wird erst nach dem Erscheinen von neuen Grafikkarten passieren, wenn die älteren Lösungen ganz automatisch im Preis nachgeben müssen. Gewisse Marktimpulse können wenn dann nur durch interessante Abverkaufsangebote von Grafikkarten der Radeon HD 5000 und GeForce 400 Serien kommen, aber generell betrachtet ist für die nächsten Monate (wie schon über den Sommer) ein ziemlich ruhiger Marktverlauf mit nur geringfügigen Preisveränderungen zu erwarten.

Nachdem wir im Mai-Marktüberblick konstatiert haben, daß seinerzeit (aufgrund eines festen Produktprogramms und geringer Preisimpulse) ein guter Zeitpunkt zum Grafikkarten-Kauf wäre, erfolgt heute aufgrund der exakt gleichen Ausgangslage eine ähnliche Prognose – mit allerdings einer kleinen Einschränkung. Denn die Hälfte des Jahres ist nunmehr klar überwunden und damit kommt langsam die 28nm-Generation von AMD und nVidia ins Blickfeld, welche die aktuellen Preis/Leistungsverhältnisse mit absoluter Sicherheit komplett durcheinanderwirbeln wird. Die Frage ist natürlich, wie schnell diese 28nm-Generation wirklich erscheint – derzeit ist dies mit Herbst 2011 bis Frühling 2012 noch viel zu vakant, um schon eine klare Empfehlung zum Abwarten geben zu können.

Daher muß man dies wohl aufsplitten: Für diejenigen, welche sich nur aller zwei Jahre (oder länger) eine Grafikkarte zulegen und welche derzeit nicht in absoluter Performance-Not sind, lohnt es sicherlich, dieses halbe Jahr noch auf die kommende 28nm-Generation abzuwarten. Für diejenigen, welche sich sowieso jedes Jahr eine neue Grafikkarte zulegen, spielt das noch keine Rolle, weil wir jetzt ein günstiges und ausgewogenes Angebot haben und nach dem Start der 28nm-Generation sowieso einige Monaten vergehen werden, ehe dieser Zustand auch unter den 28nm-Grafikkarten wieder erreicht ist. Wer jedes Jahr die Grafikkarte wechselt, kann jetzt genauso noch bedenkenlos zuschlagen und wird dann in einem Jahr halt schon ein gut sortiertes 28nm-Angebot mit gutem preislichen Konkurrenzkampf (und daher ohne überhöhte Launchpreise) vorfinden.