Launch-Analyse: AMD Radeon R9 290

Dienstag, 5. November 2013
 

Mit der heute vorgestellten Radeon R9 290 bringt AMD seine zweite Hawaii-basierte Grafikkarte in den Markt, welche die große Preis- und Performance-Lücke zwischen der Radeon R9 280X sowie der Radeon R9 290X füllen soll. Dafür wurde der Hawaii-Grafikchip bei der Radeon R9 290 etwas abgespeckt, womit diese neue Grafikkarte von der Performance her doch recht nahe an die Radeon R9 290X herankommt. Dabei macht AMD mit 399 Dollar einen unerwartet niedrigen Preispunkt, was die Radeon R9 290 erst einmal sehr attraktiv erscheinen läßt. Wie sich die neue Grafikkarte gegenüber den bisherigen Angeboten im Leistungs-Spektrum exakt einordnen läßt und was die Radeon R9 290 an weiteren Besonderheiten aufweist, soll diese Launch-Analyse aufzeigen.

Wie auch die Radeon R9 290X basiert die Radeon R9 290 auf den neuem Hawaii-Chip, allerdings im Gegensatz zur Radeon R9 290X in einer abgespeckten Variante: Es gibt nur 2560 Shader- und 160 Texturen-Einheiten anstatt 2816 Shader- und 176 Texturen-Einheiten wie beim Vollausbau des Hawaii-Chips. Das Speicherinterface mit seiner Breite von 512 Bit DDR, die Anzahl der Raster Operation Units mit 64 Stück sowie die Speicherbestückung mit 4 GB GDDR5-Speicher bleiben allerdings bei der Radeon R9 290 gleich. Zusammen mit den etwas niedrigeren maximalen Taktraten ergeben sich somit mittlere Differenzen bei der Rechen- und Texturierleistung sowie eine geringe Differenz bei der ROP-Power gegenüber der Radeon R9 290X, während die Speicherbandbreite zwischen beiden neuen AMD-Grafikkarten identisch ist.

Radeon R9 290 Radeon R9 290X GeForce GTX 780 GeForce GTX Titan
Chipbasis AMD Hawaii, 6,2 Mrd. Transistoren in 28nm auf 438mm² Chip-Fläche nVidia GK110, 7,1 Mrd. Transistoren in 28nm auf 561mm² Chipfläche
Technologie GCN 1.1 Architektur, DirectX 11.2b & Mantle, TrueAudio Kepler-Architektur, DirectX 11.0, PhysX
Technik 4 Raster-Engines, 2560 Shader-Einheiten, 160 TMUs, 64 ROPs, 512 Bit DDR Interface 4 Raster-Engines, 2816 Shader-Einheiten, 176 TMUs, 64 ROPs, 512 Bit DDR Interface 4 bis 5 Raster-Engines, 2304 Shader-Einheiten, 192 TMUs, 48 ROPs, 384 Bit DDR Interface 5 Raster-Engines, 2688 Shader-Einheiten, 224 TMUs, 48 ROPs, 384 Bit DDR Interface
Taktraten ≤947/2500 MHz
(Ø-Chiptakt: 826 MHz)
≤1000/2500 MHz
(Ø-Chiptakt: 851 MHz)
863/902/3000 MHz 837/876/3000 MHz
Speicher 4 GB GDDR5 4 GB GDDR5 3 GB GDDR5 6 GB GDDR5
Layout DualSlot DualSlot DualSlot DualSlot
Kartenlänge 27,5cm 27,5cm 27,0cm 27,0cm
Stromstecker 1x 6pol. + 1x 8pol. 1x 6pol. + 1x 8pol. 1x 6pol. + 1x 8pol. 1x 6pol. + 1x 8pol.
TDP 250W 250W 250W 250W
Idle-Verbrauch 19W 20W 12W 12W
Spieleverbrauch 253W 239W 189W 203W
3DC Perf.Index
(1920x1080 4xAA)
460% 480% 440% 480%
Listenpreis 399$ 549$ 499$ 999$
Straßenpreis 360-380€ 480-500€ 420-450€ 840-880€
Release 5. November 2013 24. Oktober 2013 23. Mai 2013 21. Februar 2013

Allerdings sind die offiziellen Taktraten bei AMDs Hawaii-Grafikkarten keine wirkliche Maßgabe dafür, was für ein Takt nun wirklich anliegt. Schon die Radeon R9 290X lieft in ihrem default-mäßigem Quiet-Modus nicht mit 1000 MHz Chiptakt, sondern im Schnitt nur mit 851 MHz. Bei der Radeon R9 290, welche keine zwei verschiedenen BIOS-Modi wie noch ihre große Schwester kennt, liegen auch nie die maximal 947 MHz an, welche AMD offiziell nennt – sondern laut der ComputerBase im Schnitt nur 826 MHz. Sinnvollerweise wollen wir damit den nachfolgend abgebildeten Rohleistungs-Vergleich auf jenen Taktraten durchführen, da die nominellen Taktraten zumindest bei den Hawaii-basierten Grafikkarten in der Praxis schlicht nicht erreicht werden:

Wie zu sehen, liegt die Radeon R9 290 gegenüber der Radeon R9 290X maßvoll bei Rechen- und Texturierleistung zurück, die geringfügige Differenz bei Rasterizer- und ROP-Leistung ist dagegen nicht von Relevanz. Gegenüber den nVidia-Karten bringt die Radeon R9 290 zudem eine grob vergleichbare Rechenleistung auf die Waage, hat allerdings klare Nachteile bei der Texturierleistung. Für die Radeon R9 290 spricht zudem noch die etwas höhere Speicherbandbreite, welche weiterhin besser ist als jene der GeForce GTX Titan – dies sollte sich bei extremen Auflösungen und Settings bezahlt machen.

Wie gesagt besitzt die Radeon R9 290 keine zwei verschiedenen BIOS-Modi wie die Radeon R9 290X – es gibt zwar ein Dual-BIOS, in jedem BIOS ist jedoch der gleiche Wert bezüglich der maximalen Lüfterdrehzahl, der maximalen Chiptemperatur und der maximalen Leistungsaufnahme enthalten. Der entscheidende Wert ist dabei die maximale Lüfterdrehzahl, welche AMD zwei Tage vor dem ursprünglich anberaumten Launch der Karte am 31. Oktober von original 40% auf nunmehr 47% anhob. Hintergrund der Maßnahme waren Rückmeldungen der Hardware-Tester, wonach die Karte auf dieser originalen Lüfterdrehzahl nach kurzer Zeit konstant auf nur 662 MHz Chiptakt lief – deutlich zu wenig für AMDs Zielsetzung, mit der Radeon R9 290 die GeForce GTX 780 angreifen zu können.

Mit der neuen Lüfterdrehzahl von maximal 47% erreicht die Radeon R9 290 dann eine durchschnittliche Taktrate von 826 MHz – erkauft allerdings durch einen deutlich höheren Stromverbrauch samt eines klar wahrnehmbaren Lüftergeräuschs. Insbesondere letzteres dürfte von AMD nicht so geplant gewesen sein, die Radeon R9 290 sollte sicherlich mit einer maximalen Lüfterdrehzahl von 40% ursprünglich mal dem Quiet-Modus der Radeon R9 290X nacheifern. Auf 47% maximaler Lüfterdrehzahl hört sich dies dann allerdings ganz anders an, wie die verschiedenen Tester berichten mussten:

Idle Last (Spiele)
HT4U Im Idle-Modus bleibt es damit bei den schon von der R9 290X gezeigten 17 dB(A), was als sehr ruhiger Arbeitsbetrieb verstanden werden kann. Auf dem offenen Teststand ist das Betriebsgeräusch noch wahrzunehmen, im geschlossenen Gehäuse geht diese Lautstärke aber unter und fällt weg. Die 35 dB(A) der ersten Messung sind als Schnee von Gestern zu bezeichnen. Die zirka 2090 RPM müssen nun 47 Prozent Lüfterdrehzahl weichen und entsprechen dabei rund 2470 RPM, was eine Geräuschkulisse von 41,4 dB(A) ausmacht. Wir sprechen also von einem lauten Betriebsgeräusch – für unseren Geschmack zu laut. Abermals rügen wir das Verhalten der AMD-Referenzkühler mit Radial-Lösung (gleiches gilt auch für NVIDIA-Pendants).
PCGH - Während die Radeon R9 290X entweder laute 4,4 Sone (40 Prozent PWM) oder sehr laute 9,6 Sone (55 Prozent) erzeugt, beträgt die Lautheit der Radeon R9 290 (47 Prozent) 6,9 Sone. Das Fazit fällt somit ähnlich wie bei der Radeon R9 290X aus: Warten Sie besser auf die anstehenden Partnerdesigns, welche voraussichtlich nicht nur niedrigere Temperaturen, sondern auch höhere Durchschnittsfrequenzen erreichen werden – wir sind gespannt und empfehlen Interessenten derweil den Griff zu einem Nachrüstkühler wie dem Thermalright Shaman, Arctic Accelero Xtreme III oder Prolimatech MK-26.
CB Im Desktop-Betrieb kommt die Radeon R9 290 auf eine Lautstärke von 35 Dezibel und ist damit trotz identischem Kühler lauter als die Radeon R9 290X. Sie liegt damit sogar minimal über der GeForce GTX Titan und auf einem Niveau mit der GeForce GTX 690. Der Lüfter ist aus einem geschlossenen Gehäuse ohne Weiteres zu hören, ein ruhiges Arbeiten ist aber durchaus möglich. Dass aber durchaus bessere Ergebnisse möglich sind, hat AMD bereits mit Karten aus eigenem Hause bewiesen. Unter Last dreht die Radeon R9 290 dann deutlich stärker auf als die R9 290X. Im Auslieferungszustand mit 47 Prozent maximaler Lüfterdrehzahl erreicht die R9 290 56,5 Dezibel, die bereits sehr störend sind. Der Lüfter dreht dabei mit 2420 Umdrehungen pro Minute. Nvidias GeForce GTX 780 spielt mit 45,5 Dezibel in dieser Disziplin in einer anderen Liga als die R9 290.
HWL Mit 36,3 dB(A) sind wir im Idle-Zustand recht zufrieden, auch wenn wir schon leisere Karten gesehen haben. Die Radeon R9 290 bewegt sich in der Praxis zwischen 40 und 47 Prozent Lüfterdrehzahl, wodurch sie mit 52,5 dB(A) sogar noch lauter ist, als die Radeon R9 290X mit 51,8 dB(A).

Ganz klar muß man sagen, daß der Lüfter und die Geräuschentwicklung der Radeon R9 290 aus heutiger Sicht einen Griff voll Daneben darstellen. Bei der Radeon R9 290X war deren Geräuschentwicklung im Uber-Modus wegen der Existenz des Quiet-Modus noch irgendwie entschuldbar, bei der Radeon R9 290 existiert jedoch keine derartige Möglichkeit mehr und man ist bei einem Referenzdesign mit diesem zu lauten Lüfter gefangen. Dies schmerzt um so mehr, als daß AMD das Problem der zu lauten Referenz-Lüfter eigentlich versprochen hatte energisch anzugehen. Leider hält der Grafikkarten-Käufer bei der Radeon R9 290 nun das genaue Gegenteil dieses Versprechens in der Hand.

Dabei ist die reine Grafikkarte außerhalb des AMD-Referenzlüfters durchaus sehr potent. Wie die ComputerBase nachweisen konnte, kühlt ein Accelero Xtreme III die Karte absolut zuverlässig auf leisem Betriebsgeräusch und erreicht zudem auch noch dauerhaft den maximalen Chiptakt von 947 MHz. Auf dieser Taktrate ist die Karte dann sogar leicht schneller als eine Radeon R9 290X in ihrem Quiet-Modus (da jener wie gesagt nur durchschnittlich 851 MHz Takt bedeutet). Im Prinzip alle Tester der Radeon R9 290, welche sich eingehend mit deren Kühlkonstruktion beschäftigt haben, empfehlen dringend das Abwarten auf die Eigendesigns der Grafikkarten-Hersteller – welche allerdings kaum vor Jahresende eintreffen sollten.