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Die nVidia-Geschäftsergebnisse im zweiten Quartal 2023

nVidia hat seine Geschäftsergebnisse für das zweite Finanzquartal 2024 vorgelegt, welches kalendarisch den Mai bis Juli 2023 umfasst. Mit den letzten Quartalsergebnisse hatte man hierfür einen Umsatzsprung auf 11,0 Mrd. Dollar prognostiziert (weit über dem vorherigen Umsatzrekord von 8,3 Mrd. Dollar aus dem ersten Quartal 2022 liegend) – und dies nun sogar eindrucksvoll übertroffen. Zu Buche steht somit ein Quartalsumsatz von 13,5 Mrd. Dollar, was +88% Zuwachs gegenüber dem direkt vorhergehenden Quartal sowie +101% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeuten. Auch liegt dieser Quartalsumsatz somit erstmals über dem aktuellen Quartalsumsatz der eigentlich viel größeren Firma Intel (12,9 Mrd. $ im Q2/23). Zugleich schossen nVidias Gewinnbeträge in die Höhe: Der "nominelle" Gewinn (GAAP-Ergebnis nach Steuern) zog grob auf das Dreifache an, der operative non-GAAP-Gewinn lag noch deutlich über dem Doppelten, bezogen jeweils auf das direkte Vorquartal. Der aktuelle Gewinnbetrag schlägt damit sogar den Umsatz der Quartale 3/22 sowie 4/22.

Q2/2022 Q3/2022 Q4/2022 Q1/2023 Q2/2023
Umsatz 6704 Mio. $ 5931 Mio. $ 6051 Mio. $ 7192 Mio. $ 13'507 Mio. $
(nomineller) Gewinn 656 Mio. $ 680 Mio. $ 1414 Mio. $ 2043 Mio. $ 6188 Mio. $
Bruttomarge 43,5% 53,6% 63,3% 64,6% 70,1%
operativer non-GAAP-Gewinn 1325 Mio. $ 1536 Mio. $ 2224 Mio. $ 3052 Mio. $ 7776 Mio. $

Anders formuliert: nVidia hat sich in nur einem Quartal in die nächste Sphäre befördert – womit auch die Vergleiche zum Vorjahreszeitraum recht wertlos sind, da unter gänzlich anderen Bedingungen entstanden. Logischerweise gab es nur einen Auslöser und Treiber dieser Entwicklung: nVidias Geschäft mit HPC-Beschleunigern, welche heutzutage gern für KI-Aufgaben eingesetzt werden. Die anderen Geschäftssparten von nVidia bewegten sich genauso freundlicher, aber dies nur im Rahmen eines allgemein wieder etwas besseres PC-Marktes. Zugleich kann man sagen, dass nVidia trotz der aktuellen HPC-Erfolge und trotz der Gerüchte über (angeblich) zu viel Lagerware an Gaming-Grafikchips weiterhin Umsatzzuwächse in diesem Segment verzeichnet: +11% zum Vorquartal und sogar +22% zum Vorjahreszeitraum, wo noch die letzten Ausläufer des vorherigen Cryptomining-Hypes wirksam waren.

Umsätze Q2/2022 Q3/2022 Q4/2022 Q1/2023 Q2/2023
Gaming  (GeForce & Switch) 2042 Mio. $ 1574 Mio. $ 1831 Mio. $ 2240 Mio. $ 2486 Mio. $
Data Center  (Tesla & Mellanox) 3806 Mio. $ 3833 Mio. $ 3616 Mio. $ 4284 Mio. $ 10'323 Mio. $
Professional Visualization  (Quadro) 496 Mio. $ 200 Mio. $ 226 Mio. $ 295 Mio. $ 379 Mio. $
Auto  (Tegra) 220 Mio. $ 251 Mio. $ 294 Mio. $ 296 Mio. $ 253 Mio. $
OEM & Other 140 Mio. $ 73 Mio. $ 84 Mio. $ 77 Mio. $ 66 Mio. $

All dies sind allerdings Peanuts im Vergleich zum Umsatzerlös und auch der Steigerungsrate der DataCenter-Sparte von nVidia: Bewegte sich jene zuletzt recht konstant bei 3-4 Mrd. Dollar Quartalsumsatz, ging es nun hinauf auf satte 10,3 Mrd. Dollar. Damit hätte diese Sparte allein schon nVidias vorherigen Quartals-Umsatzrekord gebrochen (wie gesagt 8,3 Mrd. Dollar). Zugleich wird die DataCenter-Sparte damit voll dominierend im Unternehmen "nVidia", denn aktuell steht jene für gleich 76% des gesamten Umsatzes (und sicherlich einen noch größeren Anteil am Gewinn, was jedoch nicht genau offengelegt wurde). Zugleich will nVidia im aktuellen Quartal dies noch einmal deutlich überbieten mit einem derzeit prognostizierten Quartalsumsatz von 16,0 Mrd. Dollar (±2%). Auch dieses weitere Wachstum dürfte primär durch das DataCenter-Segment getragen werden, denn in den anderen Sparten stehen derzeit keine wichtigen neuen Produkte an.

Auf Basis der Quartalsergebnisse dieses zweiten Quartals und der Prognose für das dritte Quartal gehen die Prognosen für das Gesamtjahr nunmehr langsam in die Richtung, zielführend zu sein. Und jene sagen voraus, dass sich Intel und nVidia zum Jahresende auf grob selber Höhe befinden werden, nVidia sogar eine gute Chance hat, Intel (leicht) zu überholen. Dies ist angesichts dessen, dass Intel vorher über Jahrzehnte hinweg ein Vielfaches des Umsatzes von AMD und nVidia kumuliert auf die Waage gebracht hat, schon eine sehr markante Entwicklung in zudem rasantem Tempo. Zugleich bedeutet es auch, dass nVidia unbeirrt vom Ende des Cryptomining-Hypes und nachfolgender PC-Krise nach den Jahresumsatz-Rekorden der letzten Jahre auch 2023 einen neuen Rekord aufstellen wird. Jener stellt sich im übrigen schon mit dem laufenden dritten Quartal ein, zum Jahresende könnte nVidia den vorherigen Rekordwert nahezu verdoppelt (!) haben.

Umsätze AMD nVidia Intel
Q1/2023 5,4 Mrd. $ 7,2 Mrd. $ 11,7 Mrd. $
Q2/2023 5,4 Mrd. $ 13,5 Mrd. $ 12,9 Mrd. $
Prognose Q3/2023 5,7 Mrd. $ 16,0 Mrd. $ 13,4 Mrd. $
Quartalsrekord 6,6 Mrd. $  (Q2/2022) 13,5 Mrd. $  (Q2/2023) 20,5 Mrd. $  (Q4/2021)
Prognose 2023 20-25 Mrd. $ 50-55 Mrd. $ 50-55 Mrd. $
Jahresrekord 23,6 Mrd. $  (2022) 27,0 Mrd. $  (2022) 79,0 Mrd. $  (2021)
Prognose 2023: selbsterstellt, nur grob zu betrachten

nVidias Quartalsergebnisse koppeln sich damit maßgeblich ab von der Entwicklung des PC-Geschäfts, wovon AMD und Intel nach wie vor hauptsächlich abhängen. Direkte Auswirkungen auf nVidias PC-Aktivitäten wird dies vorerst nicht haben, dafür steht nVidia zum einen zu gut im Grafikkarten-Geschäft und sind die kurz- und mittelfristigen Pläne sicherlich längst geschmiedet und somit sicher vor irgendwelchen Umstürzen. Zudem muß nVidia auch sehen, dass der aktuellen KI-Hype durchaus auch wieder etwas oder sogar deutlich abflauen könnte. Und selbst wenn nicht – auch rein nur das Geschäft mit KI-Beschleunigern könnte zurückgehen, wenn alle Interessenten eingedeckt sind und dann ihre KI-Gerätschaften arbeiten lassen, aber nur noch geringen Nachrüstbedarf haben. In dieser Frage sind alle Zukunftsmöglichkeiten offen, womit nVidia sicherlich nicht mit einem zuverlässig jedes Quartal wiederkehrenden KI-Geschäft rechnen kann, jedenfalls nicht mittel- und langfristig.

Aber natürlich nimmt man jetzt erst einmal den aktuellen Boom mit, was auch begünstigt wird durch einen vergleichsweise geringen Materialeinsatz. Denkbar, dass die DataCenter-Sparte bei nVidia trotz derzeit mehr als vierfachem Umsatz mit nur grob derselben Waferfläche auskommt (oder weniger?) als die Gaming-Sparte. Eine Wafer-Knappheit ist derzeit auch nicht zu sehen, trotz dass nVidia alles aufgekauft hat, was TSMC noch an Reserven für 7nm- und 5nm-Fertigung übrig hatte. Aber da eher denn andere Fertigungsschritte limitieren (Packaging), wird diese Knappheit nicht an den kompletten Chip-Markt durchgereicht und muß sich nVidia derzeit wohl (noch?) nicht die Frage stellen, ob man mit der vorhandenen Wafer-Anzahl lieber Gaming-Grafikchip oder denn HPC-Beschleuniger fertigt. Denkbar, dass es nie zu solch einer Situation kommt und daher alle nVidia-Sparten weiterhin vernünftig beliefert werden können.

In jedem Fall lassen sich nunmehr kaum noch langfristige Prognosen abgeben, da vollkommen unklar bleibt, wie sich der KI-Boom mittelfristig entwickelt und ob dies dauerhaft derartig hohe Auftragsvolumen abwirft. Zu bedenken wäre hierbei auch, dass die astronomischen Gewinne, welche nVidia deswegen derzeit erzielt, automatisch Wettbewerber anziehen werden, sofern dieses Geschäft nicht nur eine Eintagsfliege ist. Auch hierin liegt ein Risiko des aktuellen KI-Hypes: Selbst wenn der reine Bedarf genauso bleibt oder gar steigt, sollten normalerweise die aktuell aufgetürmten Gewinnberge im Rahmen eines ernsthaften Wettbewerbs massiv abschmelzen. Aber diese Zukunft ist natürlich noch nicht geschrieben und aktuell sieht es nicht danach aus, als müsste nVidia in diesem Geschäft demnächst irgendwie zurückstecken.

Nachtrag vom 24. August 2023

Um noch einmal den Umschwung in der Größenbewertung der drei IT-Konzerne AMD, Intel & nVidia aufzuzeigen, welcher sich mit den jüngsten Geschäftszahlen von nVidia ergibt, wurden mit folgender Grafik deren Quartalsergebnisse zusammengefasst dargestellt. Dies war lange Zeit praktisch undenkbar, da der Werterahmen von Intel früher ein gänzlich anderer war als bei AMD & nVidia. In den letzten Jahren hat sich dies schon angenähert, begünstigt durch stärkere Steigerungsraten bei AMD & nVidia gegenüber Intel und hinzukommend den klar schwereren Absturz von Intel im Zuge der jüngsten PC-Krise. Aber selbst danach existierte noch ein Dimensionsunterschied zwischen diesen beiden Gruppen. Jene hat nVidia nun innerhalb eines Quartals egalisiert und ist somit – zumindest derzeit – in der selben Umsatzsphäre wie Intel unterwegs. Kann nVidia dauerhaft am KI-Hype verdienen, besteht sogar eine gute Chance darauf, dass dies eine neue Normalität im Größenverhältnis dieser drei IT-Schwergewichte einläutet.