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Die Grafikchip- und Grafikkarten-Marktanteile im ersten Quartal 2023

Nach einer Unterbrechung um ein Quartal kommen seitens Jon Peddie Research wieder die Absatzzahlen zum weltweiten Grafikchip- und Grafikkarten-Markt. Der aktuelle Report enthält auch durchgehend die Zahlen des bislang vermissten vierten Quartals 2022, so dass die folgende Statistik dann wieder vollständig ist. Marktanteils-technisch hat sich allerdings nicht viel getan bei den AiB-Grafikchips für Desktop-Grafikkarten: AMD bleibt weiterhin nur knapp im zweistelligen Bereich, nVidia dominiert diesen Teilmarkt seit drei Quartalen mit astronomischen Marktanteilen von 84-86%. Intel schwankt hingegen zwischen 2-4%, wobei selbst diese niedrige Zahl eine gewisse Skepsis hervorruft, denn von irgendwelchen realen Absätze Intels ist im Grafikkarten-Markt nichts zu sehen.

AiB-Grafikchips Q4/2021 Q1/2022 Q2/2022 Q3/2022 Q4/2022 Q1/2023
AMD 22,8% 24% 20% 10,0% 12% 12%
nVidia 77,2% 75% 79,6% 86,2% 86% 83,7%
Intel - ~1% ~1% 3,8% 2% 4%
Auslieferungsmenge 13,19 Mio. Stück 13,38 Mio. Stück 10,35 Mio. Stück 6,89 Mio. Stück 7,16 Mio. Stück 6,3 Mio. Stück
Stückzahlen-Vergleich ~3,0 vs ~10,2 Mio. ~3,2 vs ~10,1 Mio. ~2,1 vs ~8,2 Mio. 0,69 vs 5,94 Mio. ~0,8 vs ~6,2 Mio. ~0,7 vs ~5,3 Mio.
Endverbraucher-Umsatz 12,4 Mrd. $ 8,6 Mrd. $ 5,5 Mrd. $ 3,7 Mrd. $ ? ?
Karten-Durchschnittspreis ca. $940 ca. $642 ca. $529 ca. $537 ? ?
Marktanteile basierend auf ausgelieferten Stückzahlen, Quelle: Jon Peddie Research

Die Mindfactory-Zahlen können hierzu nur einen schwachen Hinweis liefern, da die Mindfactory nur für einen kleinen Teil des deutschen DIY-Geschäfts steht. Doch wenn Intel dort grob bei einem halben Prozentpunkt liegt und es auch ansonsten keinerlei Anzeichen irgendwelcher Intel-Absätze gibt (wo sind die Angebote entsprechender Komplett-PCs, wo sind deren Nutzer?), dann sind zumindest Zweifel an diesen Intel-Zahlen seitens JPR erlaubt. So oder so liegt Intel selbst mit diesen Zahlen weit hinter den eigenen Planungen zurück: Für das Jahr 2022 stehen laut JPR grob 0,6 Mio. verkaufter AiB-Grafikchips von Intel an, hinzukommend Mobile-Grafiklösungen könnte es grob das Doppelte sein, ergo ca. 1 Mio. (diskreter) Intel-Grafikchips im Jahr 2022. Intels ursprüngliche Planung für das Jahr 2022 belief sich allerdings auf 4 Mio. diskrete Grafikchips. Dafür hätte man Marktanteile von ca. 10% erreichen müssen – wo derzeit AMD steht.

Für AMD ist es die schlechteste dauerhafte Marktsituation seit der Reduzierung auf nur noch zwei ernsthafte Grafikchip-Anbieter, selbst wenn man nunmehr wieder 2 Prozentpunkte über dem absoluten Tiefpunkt steht. Der langfristige Markttrend sieht für AMD jedenfalls absolut beunruhigend aus: Phasen gewissen, aber langsamen Wachstums folgen immer wieder harsche Einbrüche, welche alle vorherige Erfolge eliminierten und AMD letztlich nochmals weiter im Marktanteil absacken lassen. Wirklich rational ist das ganze nicht, angesichts der Verkaufszahlen im deutschen Einzelhandel (welche ja auch grob über Nutzerstatistiken gedeckt werden) ist dies in jedem Fall eine Sache, welche außerhalb Deutschlands bestimmt wird. Der deutsche Markt ist hingegen vergleichsweise fair zu AMD, dort gibt es 30-40% Marktanteil. Man goutiert damit sowohl nVidia als den technologischen Marktführer – und gleichzeitig auch die üblicherweise besseren Performance/Preis-Verhältnisse von AMD.

Die schlechten Zahlen für AMD müssen somit primär außerhalb Deutschlands entstanden sein – und hier gibt es durchaus einige Länder, welche als klare nVidia-Hochburgen gelten. Zudem gilt es den Effekt von manch schwacher Lieferketten außerhalb der westlichen Welt zu beachten: Dort wo Gamer-Grafikkarten selten abgesetzt werden, weil die grundsätzlicheren Dinge des Lebens den Vorrang haben, lohnt es sich für die Einzelhändler oftmals nicht, den deutlich kleineren Anbieter im Portfolio zu haben. Ergo passiert es in Entwicklungsländer durchaus, das man ein sehr einseitiges Angebot aus Intel (CPU) und nVidia (GPU) vorgesetzt bekommt. Die Absätze sind dort natürlich nicht wirklich hoch, aber weltweit summiert sich das schon, wenn es Länder mit (nahezu) 100% nVidia-Marktanteil gibt.

Als letzter Effekt dürfte hineinspielen, dass Komplett-PCs gern mit Marktführern werben, ganz egal ob man für den gleichen Preis eine bessere Grafikkarte von der Konkurrenz bekommen könnte. Somit ist das Geschäft von Grafikkarten für Komplett-PCs deutlich in der Hand nVidias, der DIY-Markt ist hier eher die Ausnahme von der Regel als umgekehrt. Jener Markt an Komplett-PCs steht zudem auch im Verdacht, für die im ersten Quartal 2023 generell niedrigen Grafikkarten-Verkaufzahlen hauptverantwortlich zu sein (6,3 Mio. im Quartal sind ein Alltime-Low). Schließlich lief es im DIY-Markt eigentlich ganz vernünftig, hier ist erst das zweite Quartal bemerkbar schwächer. Aber natürlich spielen hier alle möglichen Effekt mit hinein: Wirtschaftkrise, schwache Grafikkarten-Generation, zu große Lagerbestände in der Handelskette in Folge des harschen Absatzrückgangs nach dem Ende des Cryptomining-Hypes.

Im Endeffekt hat es das PC-Business derzeit schwer, was sich auch bei der ebenfalls von Jon Peddie Research veröffentlichte Absatzstatistik aller PC-Grafikchips zeigt: Bei wenig Bewegung zwischen den Herstellern ist der markante Punkt der drastische Rückgang des insgesamten Absatzes: Von 96 Mio. im Vorjahreszeitraum verkauften PC-Grafikchips auf im Vorquartal noch 63,7 Mio. auf dieses Quartal ganze 54,8 Mio. Stück. Während dem Markt der Desktop-Grafikkarten vor allem die übermäßigen Absätze des Cryptomining-Hypes abhanden gekommen sind (mit teilweise genauso doppelter Absatzmenge), geht das PC-Geschäft derzeit einfach nur in eine generelle Krise. Denn natürlich wird die Absatzmenge aller PC-Grafikchips dominiert von integrierten Grafikchips (zu ca. 70-80%) – und spiegelt somit schlicht den Absatz von PC-Prozessoren wieder.

Da sich jene zuletzt deutlich weniger verkauften, sank auch die Menge der verkauften (insgesamten) PC-Grafikchips. Dabei muß allerdings die Menge der iGPUs stärker als jene der dGPUs gesunken sein, denn dies ist die einzige Chance für nVidia, den zweiten Platz im Gesamtmarkt zu erringen – ganz ohne iGPUs im eigenen Portfolio, im Gegensatz zu AMD und Intel. Ein eventuell anziehender PC-Markt würde also den automatischen Effekt haben, dass nVidia in dieser Absatzstatistik verliert und die beiden anderen Anbieter gewinnen. Langfristig sollte nVidia in dieser Statistik eigentlich keine Chance haben, denn mittels der zahlenmäßig weit überlegenen iGPUs hat AMD den einfacheren Weg, den zweiten Platz zu erringen. Inwiefern diese Insgesamt-Statistik überhaupt einen Sinn macht, wenn jene primär von iGPUs dominiert wird, steht auf einem anderen Blatt.

alle PC-Grafikchips Q4/2021 Q1/2022 Q2/2022 Q3/2022 Q4/2022 Q1/2023
AMD 18% 19% 20% 11,9% 12% 13%
nVidia 19% 21% 18% 16,1% 17% 19%
Intel 62% 60% 62% 71,9% 71% 68%
Auslieferungsmenge 102 Mio. Stück 96 Mio. Stück 84,2 Mio. Stück 75,49 Mio. Stück 63,7 Mio. Stück 54,8 Mio. Stück
Marktanteile basierend auf ausgelieferten Stückzahlen (inkl. iGPUs), Quelle: Jon Peddie Research

Leider keine Statistik gibt es diesesmal zur Verteilung der Grafikchips auf die Einzelsegmente, sprich die exakten Marktanteile unter dGPU Mobile sowie unter iGPU. Jene Werte haben JPR zwar nur selten direkt angegeben, selbige haben sich jedoch aufgrund mancher Größenangaben im weiteren Text oftmals interpolieren lassen. Die letzte diesbezügliche Zahlenauswertung liegt mit dem vierten Quartal 2021 inzwischen schon etwas zurück. Allerdings gab es im dritten Quartal 2022 nochmals sehr detaillierte Zahlen hierzu, wenngleich ohne Vergleich zu früheren Quartalen. Im groben Maßstab kann man davon ausgehen, dass sich bei dGPUs die Absatzzahlen von Desktop- und Mobile-Lösungen halbwegs gleichen, mit leichtem Vorteil zugunsten der Desktop-Lösungen. AMDs Marktanteil bei dGPU Mobile lag zudem bei den letzten Statistiken regelmäßig klar unterhalb des AMD-Marktanteils bei dGPU Desktop.

Generelle Hinweise:
Alle genannten Marktanteile beziehen sich (sofern nicht anders beschrieben) auf verkaufte Stückzahlen im weltweiten Markt an Grafikchips & Grafikkarten für Desktop-PCs, Notebooks und Server (inkl. professioneller Lösungen, nicht jedoch Spiele-Konsolen). Als Grafikchips werden hierbei immer auch in PC-Prozessoren verbaute integrierte Grafiklösungen mitgezählt, selbst wenn man jene nicht einzeln erwerben kann. Jene iGPUs stellen in der Gesamtabrechnung üblicherweise die dominierende Gruppe, womit sich auch die hohen Insgesamt-Marktanteile von Intel erklären. Alle Absatzzahlen beziehen sich augenscheinlich auf die Auslieferungen der Chip-Hersteller an ihre Abnehmer – nicht jedoch die Absatzzahlen des Einzelhandels an die Endkunden (die Datenquellen von JPR liegen offenbar in den Geschäftsberichten der Chip-Hersteller).

Dieser Punkt hat den grundsätzlichen Effekt, dass jene Absatzzahlen früher passieren als das Geschehen am Endverbraucher-Markt. Der jetzt vom Grafikchip-Hersteller ausgelieferte Grafikchip muß schließlich erst noch zur Grafikkarte verbaut, über den Distributor zum Einzelhandel gebracht und vom selbigen an den Endkunden ausgeliefert werden. Damit könnte ein Grafikchip in dieser Statistik beispielsweise schon im ersten Quartal als (vom Grafikchip-Hersteller) "verkauft" auftauchen, real aber vielleicht erst im zweiten Quartal tatsächlich zum Endkunden geliefert werden. Im Normalfall ergibt dies nur eine gewisse zeitliche Verschiebung, langfristig gesehen setzt sich alle diese Ware immer ab (bzw. wird notfalls so lange nichts nachbestellt, bis dies passiert ist).

Zu Zeiten einer größeren Marktverirrung (wie bei einem Cryptomining-Hype mit gleichzeitiger Chipkrise) können sich hingegen (zumindest temporär) deutlich unterschiedliche Absatzzahlen zwischen Chip-Hersteller und Endkundenmarkt ergeben: Denn über die vorhandenen Lagerbestände bei Einzelhändlern, Distributoren und Grafikkarten-Herstellern dauert es etwas, ehe der Überbedarf in den Auslieferungen der Grafikchip-Hersteller sichtbar wird. Jene liefern zugleich aber länger auf erhöhtem Niveau aus, als die ursächliche Krise andauert, denn nach deren Beendigung müssen alle Beteiligten schließlich ihre Läger wieder auffüllen. Die entsprechenden Ausschläge in der Verkaufsstatistik verlaufen also in diesen Sondersituationen zeitlich leicht anders als am Endverbrauchermarkt. Natürlich muß sich dies am Ende immer wieder ausgleichen, alle diese Verzerrungen können allein zeitlicher Natur sein.