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nVidia stellt Tesla K10 für CloudGaming vor

Breit war darüber gerätselt worden, was nVidia nun mit seiner neuen Tesla-Karte vorstellen wird: Den dafür eigentlich gedachten GK110-Chip – oder doch nur eine Sparlösung auf Basis zweier GK104-Chips. Leider ist es nun doch letztere Auflösung geworden – ein Tesla-Board Namens "K10" mit zwei GK104-Chips und zweimal 4 GB Speicher, eine GeForce GTX 690 2x4GB in Tesla-Verkleidung sozusagen. Die angegebene SinglePrecision-Rechenleistung von nur 4,58 TeraFlops sieht zuerst nach einem Schreibfehler aus, denn dies ergeben nur 745 MHz Chiptakt – allerdings hat diese DualChip-Lösung auch nur eine TDP von 225 bis 250 Watt (laut nVidia je nach Anbieter), was deutlich unterhalb der 300 Watt TDP der GeForce GTX 690 liegt. In diesem Punkt musste nVidia sich wohl an die PCI-Express-Regularien halten, welche keine 8poligen Stromstecker vorsehen und daher die TDP einer PCI-Express-Karte auf maximal 225 Watt begrenzen.

Andererseits darf durchaus die Frage aufgestellt werden, ob man nicht eine ähnliche Rechenleistung mit weit geringerem Aufwand unter Verwendung einer hochgetakteten SingleChip-Lösung hätte erreichen können – eine GeForce GTX 680 auf 1200 MHz Chiptakt würde sich wohl auch noch in diese TDP-Klasse pressen lassen und kommt auf immerhin 3,68 TeraFlops SinglePrecision-Rechenleistung. Die größere Frage ist aber sowieso, wie nVidia mit der äußerst schlechten DoublePrecision-Rechenleistung (nur 1:24 gegenüber SinglePrecision) zurechtkommt – doch augenscheinlich versucht nVidia die neue Tesla-Karte nicht als Lösung für wissenschaftliche Berechnungen, sondern als Lösung für CloudGaming im Rahmen des GeForce Grid Projekts zu positionieren, wo DoublePrecision in der Tat nicht benötigt wird. Mittels den der Tesla K10 spendierten Virtualisierungsfunktionen sollen damit dutzende Gaming-Streams gleichzeitig abgearbeitet werden können.

Diese Lösung ist in jedem Fall effektiver, als die entsprechende Anzahl an Gamer-PCs mit entsprechenden Grafikkarten auszustatten – ob es auch für nVidia umsatztechnisch besser ist, wäre dagegen die eigentliche große Frage. Zwar haben die Tesla-Karten durchaus ihren höheren Preispunkt (1500 bis 2500 Dollar), aber ob dies den Masseverlust an Gamer-Grafikkarten ausgleichen kann, wäre zu bezweifeln. Kurz- und mittelfristig ist hier natürlich noch kein Kannibalisierungseffekt zu befürchten, da "normales" Gaming und CloudGaming erst einmal schlicht nebeneinander her existieren werden – langfristig gesehen ist CloudGaming jedoch die wesentlich effektivere Lösung aus Sicht des Hardware-Einsatzes und kann daher die Umsätze der Grafikchip-Entwickler durchaus abschmelzen lassen.

Noch ist es aber lange nicht so weit und derzeit dürfte CloundGaming aufgrund seiner Nachteile auch kaum ernsthafte Gamer anziehen – einmal abgesehen von der klar unterdurchschnittlichen Grafikqualität gibt es ja immer noch den Punkt der höheren Latenzen. nVidia will in dieser Frage mittels "GeForce Grid" einige Fortschritte erzielt haben, allerdings wird die insgesamte Latenz immer noch mit ca. 150 Millisekunden angegeben – und dies ist im Fall von CloudGaming ja nicht nur die Anzeigelatenz, sondern auch noch die Steuerungslatenz, was jegliche schnelle Spiele ziemlich mühsam bis unmöglich macht. Wenigstens ist die Aussage jener 150 Milisekunden ziemlich ehrlich im Gegensatz zu dem, was OnLive & Co. zu diesem Thema herumfabulieren. Vor wirklich bahnbrechenden Fortschritten in dieser Frage wird CloudGaming kaum die Gruppe der Core-Gamer begeistern können – bei den Causual-Gamern sieht dies naturgemäß anders aus, hier dürfte CloudGaming wohl das nächste große Ding werden.

Nachtrag vom 16. Mai 2012

Wie sich inzwischen herausstellt, ist die Tesla K10 nicht primär für den Einsatzzweck des CloudGamings gedacht, vielmehr stellt nVidia dafür ein "VGX" genanntes Grafikboard mit vier kleinen Kepler-Chips samt 16 GB Speicher zur Verfügung. Jeder dieser Kepler-Chips trägt dabei 192 Shader-Einheiten, was unter Benutzung des GK107-Chips mit original 384 Shader-Einheiten eine heftige Silizium-Verschwendung wäre – andererseits ist nichts über kleinere Kepler-Chips unterhalb des GK107 bekannt und könnte nVidia mit dieser Methode die Ausschußproduktion beim GK107 deutlich verringern. Alles in allem ist dieses VGX-Board dennoch eher ungewöhnlich, weil die Nutzung größerer Grafikchips sicherlich effektiver wäre. Davon abgesehen gilt natürlich alles vorstehend zum Thema CloudGaming gesagte auch ganz unabhängig der Nutzung von VGX oder/und Tesla K10.

Nachtrag vom 17. Mai 2012

Korrektur zur Korrektur: Wie einem Präsentations-Screenshot im Artikel zu GeForce Grid seitens des Planet 3DNow! zu entnehmen ist, setzt nVidia nun doch die Tesla K10 – vielleicht nicht unter diesem Namen, aber in jedem Fall das gleiche Produkt – für CloudGaming-Aufgaben an. Damit gibt es nunmehr zwei von nVidia hierfür geeignete Boards: Die Tesla K10 mit zwei GK104-Chips und damit insgesamt 3072 Shader-Einheiten auf allerdings klar abgespeckten Taktraten (nur 745 MHz Chiptakt) sowie das VGX-Board mit seinen vier GK107-Chips mit allerdings jeweils halbierter Shader-Anzahl und damit insgesamt nur 768 Shader-Einheiten. Letztere Lösung macht nun allerdings immer weniger Sinn: Es gehen bei VGX für deutlich weniger Rechenleistung schließlich genauso zwei Steckplätze verloren, was im Industrie-Maßstab wenig effizient und damit unökonomisch ist.