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Umfrage-Auswertung: Wann erwartet man wieder normale Grafikkarten-Preise?

Mit einer Umfrage von Ende Mai wurde nach der subjektiven Erwartungshaltung gefragt, wann wieder "normale" Grafikkarten-Preise zu erwarten sind – "normal" dabei definiert als ein Preisniveau der besten lieferbaren Straßenpreise von durchgehend nicht höher als +10% auf den Listenpreis. Jene Umfrage entstand sicherlich auch unter dem Eindruck der seinerzeitig deutlich schlimmer übertriebenen Grafikkarten-Preise, wenige Tage vor der Umfrage wurde mit dem zweifachen Listenpreis bei RDNA2-Karten sowie dem dreifachen Listenpreis bei Ampere-Karten der absolute Gipfel der Grafikkarten-Preisübertreibung ermittelt. Ausgehend davon konnte man sich "seinerzeit" kaum eine schnelle Verbesserung des Straßenpreis-Niveaus vorstellen – womit sich eventuell auch die vergleichsweise pessimistischen Umfrageergebnisse erklären lassen.

So ging nur eine klare Minderheit von 21,6% von normalen Preislagen noch innerhalb des Jahres 2021 aus, die einfache Mehrheit von 43,6% sah dies erst innerhalb des Jahres 2022 passieren und immerhin 34,8% der Umfrageteilnehmer befürchteten gar, dass dies nicht mehr innerhalb dieser Grafikchip-Generation geschehen würde. Dabei ist die Beantwortung dieser Frage trotz der zuletzt sehr erfreunlichen Preis-Entwicklung weiterhin komplett offen – denn niemand kann derzeit dafür garantieren, dass die Grafikkarten-Preis trotz des aktuell südwärts zeigenden Trends tatsächlich so schnell das Listenpreis-Niveau (bis wie gesagt maximal +10% Aufschlag) erreichen können. Zwar kann man die aktuelle Trend-Kurve problemlos in dieser Form weiterzeichnen, dass das Listenpreis-Niveau schon in 3-4 Wochen erreicht sein sollte – aber sobald sich die Straßenpreise dem Listenpreis annähern, kommen hierbei zwei neue Faktoren ins Spiel.

Erstens einmal sollen viele Grafikkarten – gerade auf nVidia-Seite – letztlich gar nicht zu ihrem Listenpreis gewinnbringend herstellbar sein. nVidia hatte die Listenpreise der ersten Ampere-Karten eher aus politischer Sicht angesetzt, die Grafikkarten-Hersteller haben jedoch von Anfang an durchblicken lassen, dass zu diesen Listenpreisen kaum etwas machbar ist. Bei jenem Effekt handelt es sich natürlich nicht um Welten, aber (vermutlich) 10% Aufschlag sind hier jederzeit drin. Gegen diesen Effekt arbeitet normalerweise die Zeit, sprich was am Anfang schwer zum Listenpreis herstellbar war, sollte einige Monate später eigentlich möglich sein. Für diesen Effekt arbeiten hingegen die angezogenen Preise für alle möglichen Komponenten sowie die teureren Transportkosten quer über den Globus. Denkbar, dass sich diese Effekte aufheben und damit jene Karten mit den vergleichsweise günstigen Listenpreise jetzt immer noch schwer zu eben diesen anbietbar sind.

Der zweite Faktor betrifft den aufgestauten Bedarfsberg, welcher aus einer Grafikkarten-Dürre über drei Quartale hinweg resultiert – in welcher nicht im Ansatz jeder Bedarf befriedigt werden konnte und somit nunmehr viele Nutzer auf einen günstigen Zeitpunkt warten, um eine neue Grafikkarte zu erwerben. Diese Nutzer waren auch nicht über das durchaus vorhandene Grafikkarten-Angebot in den letzten Wochen erreichbar, kaufen also keineswegs überteuert – sondern warten auf passende Preislagen. Sobald die Straßenpreise allerdings in Sichtweite zu den Listenpreise kommen, dürften jener Bedarfsberg aktiviert werden – und jener Bedarfsberg kann durchaus so groß sein wie ansonsten die Gesamtfertigung mehrerer Monate. Sobald die Straßenpreise also günstig genug werden, kommt dieser zusätzliche Bedarf in den Markt und dürfte dort einen weiteren Preisabrutsch unterbinden sowie das Absinken der Straßenpreise auf Listenpreis-Niveau (vorerst) verhindern.

Daraus ergeben sich diverse Risiken auf dem Weg zu Straßenpreisen auf Listenpreis-Niveau: So hat jenes anstehende Abarbeiten des aufgestauten Bedarfsberg durchaus das Potential, das kurzfristige Erreichen des Listenpreis-Niveaus zu verhindern. Hierbei handelt es sich allerdings bestenfalls um eine Verzögerung – irgendwann ist dieser Bedarfsberg dann tatsächlich abgebaut. Danach kommt der Punkt ins Spiel, welche RDNA2- und Ampere-Grafikkarten überhaupt zum Listenpreis machbar sind – und welche nicht. Bei einigen ungünstig ausgepreisten Modellen – wie Radeon RX 6900 XT, GeForce RTX 3070 Ti, GeForce RTX 3080 Ti & GeForce RTX 3090 – ist ein Listenpreis-Niveau durchaus denkbar. Bei den anderen muß dann die Praxis zeigen, ob die von AMD & nVidia angesetzten Listenpreise für die Grafikkarten-Hersteller tatsächlich wirtschaftlich darstellbar sind.

Wie gesagt sind damit noch alle Optionen offen zur Auflösung der mit der Umfrage gestellten Zukunfts-Frage. Insbesondere letzterer Punkt könnte denkbarerweise auch dazu führen, dass ein durchgehendes Listenpreis-Niveau nie mehr in dieser Grafikchip-Generation erreicht wird (und die nachfolgende Generation gleich mit höheren Listenpreise antritt). Die Umfrage stellte halt die Frage nach dem Listenpreis-Niveau – und wann jenes erreicht wird, ist derzeit nicht sicher bestimmbar. Wenn man hingegen nach einem Preisniveau von sagen wir 15-20% über Listenpreis fragen würde, dann sollte der aktuelle Preistrend nach unten hin eigentlich über einen ausreichenden Schwung verfügen, um dieses Preisniveau in absehbarer Zeit – wie gesagt 3-4 Wochen – zu erreichen. Zumindest die Zeit der großen Preisübertreibungen wäre damit (für diesesmal) vorbei.