Ausblick auf Intels Ivy Bridge: Modelle & Taktraten

Dienstag, 29. November 2011
 / von Leonidas
 

Wie bekannt, wird Intel ab April 2012 die Sandy-Bridge-Refresharchitektur "Ivy Bridge" in den Markt schicken, welche primär den Wechsel von der aktuellen 32nm- auf die neue 22nm-Fertigungstechnologie mit sich bringt. Großartige Architekturverbesserungen sind – bis auf den Bereich der integrierten Grafik – nicht von Ivy Bridge zu erwarten, so daß es primär um die Ausnutzung der neuen 22nm-Fertigung geht: Es wird mehr Taktrate möglich, alternativ liegt die Verlustleistung niedriger – oder auch ein Mix von beidem. Bislang war noch nicht bekannt, in welche Richtung Intel diesbezüglich geht, mittels einer Auflistung der vollständigen Daten zu den einzelnen Ivy Bridge Vierkern-Modellen in unserem Forum zeigt sich Intels Ivy-Bridge-Ansatz nun erstmals klarer.

Leider läßt sich dieser Ansatz nur als "minimalst möglicher Fortschritt" beschreiben, denn Intel wird mit Ivy Bridge augenscheinlich und trotz der Verbesserungen durch die 22nm-Fertigung keine beachtbar höheren Taktraten bieten: Taktet der schnellste Sandy-Bridge-Prozessor in Form des Core i7-2700K auf 3.5 GHz und geht unter dem TurboMode auf maximal 3.9 GHz hinauf, so liefert das schnellste derzeit geplante Ivy-Bridge-Modell in Form des Core i7-3770K nur exakt dieselben Taktraten, dürfte also – mangels großer Pro/MHz-Gewinne aufgrund der grundsätzlich gleichen Architektur – kaum schneller sein als eben jener Core i7-2700K.

Auch in anderen Punkten gibt es nur minimalste Fortschritte: Es gibt weiterhin nur zwei Top-Modelle mit vier Rechenkernen und HyperThreading und damit – da diese beiden Top-Modelle sicherlich auch die Top-Preise haben dürften – auch weiterhin keine günstigen Vierkerner mit HyperThreading. Die restlichen gebotenen Taktfrequenzen sind punktuell etwas besser als bei Sandy Bridge, machen aber das Kraut auch nicht mehr fett: Grob gesehen bietet Intel mit diesem Ivy-Bridge-Portfolio nur exakt dasselbe, was man derzeit schon bei Sandy Bridge aufbietet. Der Fortschritt von Ivy Bridge versandet aus Sicht der Performance ziemlich total, denn ohne mehr Taktrate, mehr Level3-Cache oder einem besserem TurboMode wird nur ein marginaler Performancgewinn herauskommen, welcher sich aus kleineren Architektur-Optimierungen und der Verwendung von DDR3/1600- anstatt DDR3/1333-Speichern speist.

Allerdings wird dafür eine niedrigere Verlustleistung geboten, denn sind die Vierkern-Modelle von Sandy Bridge noch auf einer TDP von 95 Watt angesetzt, liegt dieser Wert bei Ivy Bridge bei 77 Watt. Dies freut den überzeugten Energiesparer, ist allerdings im Enthusiastensegment dann doch ziemlich unrelevant: Sicherlich muß man es nicht mit TDPs von über 130 Watt übertreiben, aber ob nun 77 oder 95 Watt TDP dürfte dem leistungshungrigem Anwender recht egal sein. Aufgrund der generell niedrigeren Verlustleistung von Ivy Bridge läßt zudem auch der Effekt der verschiedenen Stromspar-Ausführungen (S- und T-Modelle) nach, diese sind bei Ivy Bridge somit nochmals uninteressanter (als bisher beim Sandy-Bridge-Portfolio schon).

Kerne Taktraten L3 integrierte Grafik TDP
Core i7-3770K 4 + HT 3.5 GHz (TM 3.9 GHz) 8MB HD4000 @ 650 MHz (TM 1150 MHz) 77W
Core i7-3770 4 + HT 3.4 GHz (TM 3.9 GHz) 8MB HD4000 @ 650 MHz (TM 1150 MHz) 77W
Core i7-3770S 4 + HT 3.1 GHz (TM 3.9 GHz) 8MB HD4000 @ 650 MHz (TM 1150 MHz) 65W
Core i7-3770T 4 + HT 2.5 GHz (TM 3.7 GHz) 8MB HD4000 @ 650 MHz (TM 1150 MHz) 45W
Core i5-3570K 4 3.4 GHz (TM 3.8 GHz) 6MB HD4000 @ 650 MHz (TM 1150 MHz) 77W
Core i5-3570 4 3.4 GHz (TM 3.8 GHz) 6MB HD2500 @ 650 MHz (TM 1150 MHz) 77W
Core i5-3570S 4 3.1 GHz (TM 3.8 GHz) 6MB HD2500 @ 650 MHz (TM 1150 MHz) 65W
Core i5-3570T 4 2.3 GHz (TM 3.3 GHz) 6MB HD2500 @ 650 MHz (TM 1150 MHz) 45W
Core i5-3550 4 3.3 GHz (TM 3.7 GHz) 6MB HD2500 @ 650 MHz (TM 1150 MHz) 77W
Core i5-3550S 4 3.0 GHz (TM 3.7 GHz) 6MB HD2500 @ 650 MHz (TM 1150 MHz) 65W
Core i5-3475S 4 2.9 GHz (TM 3.6 GHz) 6MB HD4000 @ 650 MHz (TM 1100 MHz) 65W
Core i5-3470 4 3.2 GHz (TM 3.6 GHz) 6MB HD2500 @ 650 MHz (TM 1100 MHz) 77W
Core i5-3470S 4 2.9 GHz (TM 3.6 GHz) 6MB HD2500 @ 650 MHz (TM 1100 MHz) 65W
Core i5-3450 4 3.1 GHz (TM 3.5 GHz) 6MB HD2500 @ 650 MHz (TM 1100 MHz) 77W
Core i5-3450S 4 2.9 GHz (TM 3.5 GHz) 6MB HD2500 @ 650 MHz (TM 1100 MHz) 65W
Core i5-3330 4 3.0 GHz (TM 3.2 GHz) 6MB HD2500 @ 650 MHz (TM 1050 MHz) 77W
Core i5-3330S 4 2.7 GHz (TM 3.2 GHz) 6MB HD2500 @ 650 MHz (TM 1050 MHz) 65W
Core i5-3470T 2 + HT 2.9 GHz (TM 3.6 GHz) 3MB HD2500 @ 650 MHz (TM 1100 MHz) 35W

Einzig allein die Übertakter-Gemeinde wird richtig dagegen etwas von Ivy Bridge haben, da die kleinere 22nm-Fertigung bei gleichzeitig nicht wesentlich mehr Transistoren für einen prognostizierten Taktratengewinn unter Übertaktung von 30 Prozent sorgen sollte. Während die meisten Sandy-Bridge-Modelle (unter normaler Kühlung) also ihre 4.4 GHz schaffen, sollte Ivy Bridge auf über 5.5 GHz Takt kommen können – dies ist dann schon einmal eine gewisse Hausmarke und Ivy Bridge könnte somit wiederum eine CPU-Klasse abgeben, an welcher man jahrelang seine Freude hat (ähnlich den Core-2-Prozessoren unter 45nm).

Offen bleibt derzeit noch, ob man diese Übertaktung nur mittels der K-Modelle mit freiem Multiplikator erreichen kann – oder auch mit einer Busübertaktung, denn Ivy Bridge soll ähnlich wie Sandy Bridge E über feste Busübertaktungs-Stufen verfügen. Die bisherigen Informationen hierzu sind allerdings noch nicht ganz eindeutig, so daß nicht sicher gesagt werden kann, ob man beispielsweise einen Core i7-3450 mit 3.1 GHz Normaltakt mittels einer Busübertaktung von fest 67 Prozent auf 5.177 GHz hinaufjagen kann – oder ob es bei Ivy Bridge nur Busübertaktungen von fest 33 Prozent (oder weniger) gibt, was den Übertaktungserfolg mittels Busübertaktung deutlich limitieren würde. Zumindest mit den K-Modellen wird Ivy Bridge aber dann doch die Vorteile der 22nm-Fertigung auch beim Endkunden ausspielen können.

Sandy Bridge Ivy Bridge
Fertigung 32nm Intel 22nm Intel
max. Hardware vier Rechenkerne + HyperThreading, max. 3.5 GHz Takt
(TurboMode max. 3.9 GHz)
vier Rechenkerne + HyperThreading, max. 3.5 GHz Takt
(TurboMode max. 3.9 GHz)
Taktraten reguläre Vierkerner 2.8 – 3.5 GHz 3.0 – 3.5 GHz
Taktraten reguläre Zweikerner 2.4 – 3.4 GHz ?
Übertaktung K-Modelle mit bis x57 freiem Multiplikator
keine Busübertaktung möglich
K-Modelle mit bis x63 freiem Multiplikator
angeblich Busübertaktung in festen Stufen (ähnlich Sandy Bridge E) möglich, genaue Busübertaktungs-Stufen aber noch unsicher
Speicher DualChannel, offiziell max. DDR3/1333
(Speicherübertaktung bis max. DDR3/2133)
DualChannel, offiziell max. DDR3/1600
(Speicherübertaktung bis max. DDR3/2800)
Sockel & Mainboards Sockel 1155, 6er Chipsatz-Serie Sockel 1155, 6er & 7er Chipsatz-Serie
(läuft auf Sandy-Bridge-Mainboards)
integrierte Grafik DirectX 10.1
HD2000, 6 Shader-Einheiten @ max. 850 MHz
(TurboMode max. 1100 MHz)
HD3000, 12 Shader-Einheiten @ max. 850 MHz
(TurboMode max. 1350 MHz)
DirectX 11
HD2500, 6 Shader-Einheiten @ max. 650 MHz
(TurboMode max. 1150 MHz)
HD4000, 16 Shader-Einheiten @ max. 650 MHz
(TurboMode max. 1150 MHz)
max. TDP 95 Watt 77 Watt

Daneben gibt es natürlich den Fortschritt bei der integrierten Grafik: Ivy Bridge wird hier erstmals bei Intel DirectX11 bieten, zudem gibt es etwas mehr Shader-Einheiten und eine hohe Intel-Progonose bei der Performance: Ganze 60 Prozent soll die schnellere Ivy-Bridge-Grafik "HD Graphics 4000" performanter als die schnellste Sandy-Bridge-Grafik sein – ein mutiges Versprechen angesichts nur 33 Prozent mehr Recheneinheiten, augenscheinlich weniger GPU-Takt und nur geringfügig besserem Speichersupport. Gut möglich – und bei Intel auch nicht ungewöhnlich – daß am Ende nur ein gewisser Teil dieser Performanceprognose real ankommt. So oder so reicht es selbst bei 60 Prozent Performancegewinn für die Ivy-Bridge-Grafik nur dazu aus, um mit der zweitbesten Llano-Grafiklösung konkurieren zu können, die kommende Trinity-Grafik wird dann nochmals klar besser ausfallen.

So gesehen ist Ivy Bridge aus Sicht der Prozessoren-Käufer erst einmal arg enttäuschend – der eigentliche Gewinn der ganzen Aktion dürfte allerdings in Intels Geldtaschen ankommen: Ohne neuer Architektur mit nur einer verbesserten Grafiklösung wird das Ivy-Bridge-Die in jedem Fall kleiner ausfallen als das Sandy-Bridge-Die, da nur über die verbesserte Grafiklösung ein paar Transistoren hinzukommen (welche von der kleineren 22nm-Fertigung egalisiert werden). Ohne höherem Takt bei kleinerer Fertigung dürfte die Produktionsausbeute schon von Anfang an hoch sein, die Fertigungskosten trotz der Investitionen in die neue 22nm-Prozeßtechnologie also sogar niedriger ausfallen als bei der 32nm-Fertigung. Am Ende steht zu gleichen Verkaufspreisen ein geringerer Fertigungspreis, womit die nächsten Rekordmarken bei Intels Gewinnen winken.

Hier zeigt sich sehr deutlich Intels Strategie der letzten Jahren, als man ab der Core-2-Architektur klar an AMD vorbeigezogen war: Anstatt die eigenen Produkte maximal auszureizen, optimiert man lieber die eigene Gewinnspanne. AMD ein wenig Raum zu geben, ist aus Intel-Sicht vorteilhafter als AMD totzukonkurrieren, weil man (nach einem Ableben von AMD) als Monopolist im x86-Prozessorenmarkt ernsthaft fürchten müsste, unter die Aufsicht der US-Wettbewerbshüter gestellt zu werden. So gesehen ist es für die Prozessoren-Käufer langfristig gesehen sogar besser, daß Intel die Wettbewerbsschraube nunmehr in Zeitlupe dreht – weil AMD nach dem Bulldozer-Fiasko jetzt kaum noch nochmals schnellere Intel-Prozessoren verkraften könnte.