Grafikkarten-Marktüberblick Juli 2015 (Seite 2)

Dienstag, 7. Juli 2015
 / von Leonidas
 

Alle diese Empfehlungen wurden wie üblich streng nach Preis/Leistungs-Kriterien und nicht nach subjektiven Einschätzungen oder Hersteller-Vorlieben getroffen. Tabellarisch zusammengefasst ergeben sich gemäß Auflistung und Kommentierungen der vorherigen Seite die folgenden kumulierten Empfehlungen aus Preis/Leistungs-Sicht:

hauptsächliche Empfehlung Neben-Empfehlung
DualChip-Lösung besser CrossFire/SLI-Kombinationen kaufen
(mehr Performance, größere Speicherbestückungen oder/und niedrigere Preislagen verfügbar)
Radeon R9 295 X2 2x4GB
schnellste SingleChip-Lösung GeForce GTX 980 Ti 6GB GeForce GTX Titan X 12GB
(technisch die schnellste Lösung, für die minimale Mehrperformance aber viel zu teuer)
oberes HighEnd-Segment
(ab 400€)
Radeon R9 390X 8GB -
unteres HighEnd-Segment
(280-400€)
Radeon R9 390 8GB Radeon R9 290X 4GB
(exzellentes P/L-Verhältnis, aber nur 4 GB Speicher)
Radeon R9 290 4GB
(etwas langsamer & günstiger zu ähnlich gutem P/L-Verhältnis)
oberes Performance-Segment
(180-250€)
Radeon R9 280X 3GB Radeon R9 380 2GB
(exzellentes P/L-Verhältnis, aber nur 2 GB Speicher)
GeForce GTX 960 2GB
(P/L-Verhältnis schlechter, aber herausragende Energieeffizienz)
Radeon R9 280 3GB
(etwas langsamer & günstiger zu ähnlich gutem P/L-Verhältnis)
unteres Performance-Segment
(140-180€)
Radeon R9 270X 2GB Radeon R9 270 2GB
(etwas langsamer & günstiger zu ähnlich gutem P/L-Verhältnis)
Mainstream-Segment
(bis 140€)
Radeon R7 260X 2GB GeForce GTX 750 2GB
(P/L-Verhältnis schlechter, aber herausragend niedriger Stromverbrauch)

Die Preis/Leistungs-Empfehlungen haben sich gegenüber dem letzten Grafikkarten-Marktüberblick zwar einigermaßen verschoben, die insgesamte Tendenz ist jedoch die gleiche geblieben: AMD hat für fast jedes Preissegment die besseren Lösungen aus Preis/Leistungs-Sicht im Angebot – welche nur in Nebenpunkten wie dem Stromverbrauch patzen, was aber auch nicht gerade für die meisten Anwender ein wirklich springender Punkt ist. Nur bei den absoluten Enthusiasten-Lösungen liegt nVidia derzeit vorn – sogar mit doppeltem Erfolg durch GeForce GTX 980 Ti und Titan X, begünstigt durch den eher mauen Start der Radeon R9 Fury X mit weniger Performance als erwartet und einem dafür etwas zu hohen Preispunkt.

Ansonsten dominieren bei den Preis/Leistungs-Empfehlungen wieder einmal AMD-Karten – nVidia wird es verkraften können, ist dieses Bild doch inzwischen seit vielen Ausgaben des Grafikkarten-Marktüberblicks ähnlich günstig für AMD, trotzdem verkauft nVidia weiterhin viel besser. In breiten Teilen des Marktes wird halt nach Name gekauft – in dieser Disziplin hat sich nVidia jahrelange Vorteile erworben und spielt diese nun genüßlich aus, indem man sich höhere Preispunkte als AMD leisten kann und trotzdem der klare Marktführer ist. Hier spielt sicherlich auch mit hinein, daß es nVidia meistens beim Mehrpreis nicht übertreibt: 5-10% mehr gegenüber gleichschnellen AMD-Angeboten sind halt nicht die Welt, da kauft die Masse eben doch "GeForce" anstatt des (leider) wenig attraktiven "AMD".

Trotzdem sind in dem jetzt vorliegenden Angebots-Portfolio einige dicke Chancen für AMD zu sehen: Erstens einmal fehlt nVidia nunmehr glasklar eine echte 150-Euro-Lösung – die GeForce GTX 960 ist dafür zu hoch angesetzt, die GeForce GTX 750 Ti zu niedrig. AMD müsste eigentlich die Verkäufe in diesem Preisbereich derzeit dominieren, denn die einzig dort verfügbaren nVidia-Angebote in Form von GeForce GTX 660 & 760 sind unaktuell und werden inzwischen auch nicht mehr zu konkurrenzfähigen Preisen angeboten. Und zweitens hat AMD derzeit das klar bessere Angebot im HighEnd-Segment außerhalb des Enthusiasten-Feldes: Die GeForce GTX 980 mag die schnellste HighEnd-Lösung sein, die GeForce GTX 970 eine recht preisgünstige – doch keine dieser Karten gibt es mit mehr als 4 GB Speicher, was heutzutage einfach ein klares Verkaufsargument darstellt.

Dabei sind AMDs mit 8 GB Speicher ausgerüstete Radeon R9 390 & 390X auch nicht besonders teuer, haben eine absolut vergleichbare Performance zu den nVidia-Modellen – und stellen damit die klar runderen Angebote im HighEnd-Segment mit einem wie gesagt guten Alleinstellungsmerkmal dar. Wir sind gespannt, ob der Markt darauf reagiert und endlich einmal das macht, was man ihm ansonsten vorwirft: (Nahezu) blind nach der Speichermenge zu kaufen – was in diesem Fall ja nicht einmal verkehrt wäre. Auch wenn die Radeon R9 390 & 390X Grafikkarten "nur" Rebranding-Angebote sind: Hier bietet AMD mal etwas wirklich rundes auf – und sollte dementsprechend belohnt werden. Auch das restliche Radeon R300 Portfolio hat durchaus noch das Potential, mit noch etwas besseren Straßenpreisen letztlich klare Empfehlungen zu bekommen – so verkehrt ist diese Refresh-Generation also keineswegs.

Weiter geht es für dieses Jahr wie bekannt dann weitgehend "nur" noch mit Programmergänzungen zu den bestehenden Portfolios der beiden Grafikchip-Entwickler. AMD wird hier zum einen mit Radeon R9 Fury und R9 Nano weitere Fiji-Varianten herausbringen, welche wahrscheinlich nur wenig an Performance gegenüber der Radeon R9 Fury X verlieren werden, zu einem allerdings wohl klar niedrigeren Preis daherkommen – und damit das Angebotsfeld im HighEnd- und Enthusiasten-Segment neu durchmischen könnten. Später im Jahr soll dann die DualChip-Lösung Radeon R9 295X2 würdig durch eine Radeon R9 Fury X2 abgelöst werden. Hinzu kommen seitens AMD womöglich noch Radeon R7 360X & 370X sowie R9 380X – einfach, weil es unwahrscheinlich ist, daß AMD ein ganzes Jahr lang allein mit Salvage-Versionen von gleich drei Grafikchips arbeiten will. Daneben dürften im Laufe der nächsten Monate alle Modelle der Radeon-R200-Serie auslaufen – wobei es bei AMD wie bekannt durchaus länger dauern kann, ehe dieser Schnitt wirklich vollzogen ist.

Auf nVidia-Seite ist schon in den nächsten Wochen in Form der GeForce GTX 950 Ti ein neues Angebot für die große Lücke im 150-Euro-Bereich zu erwarten. Nachdem diese offensichtliche Lücke geschlossen ist, läßt sich dann über andere Programmergänzungen für den weiteren Jahresverlauf reden: So könnte nVidia mit einer "GeForce GTX 960 Ti" eine dritte GM204-Variante unterhalb der GeForce GTX 970 herausbringen, aufgrund des großen Preisabstands zur GeForce GTX 960 dürfte sich dies lohnen. Desweiteren könnte nVidia die GeForce GTX 750 & 750 Ti auf Basis des GM107-Chips durch GeForce-900-Rebrandings ersetzen. Und letztlich darf über eine neue DualChip-Lösung von nVidia spekuliert werden: Der GM204-Chip dürfte dafür wohl schon zu knapp sein, ergo muß es vielleicht der dicke GM200-Chip machen – was interessant werden dürfte, dann aber sicherlich in einer Titan-Lösung mit dementsprechend monströsen Preis endet.

Wie üblich wollen wir abschließend die bei diesem Marktüberblick eingesetzten Indizies "Performance/Preis" und "Performance/Spieleverbrauch" noch einmal kumuliert als bessere Entscheidungshilfe betrachten. Dazu haben wir die entsprechenden Ergebnisse aller Grafikkarten mit 2 GB und mehr Speicher jeweils in ein Diagramm zusammengefügt – angefangen mit dem Index "Performance/Preis", welchen man auch als "Framerate pro Euro" bezeichnen kann. Daß dabei die Grafikkarten mit steigendem Performancelevel ein immer geringeres Performance/Preis-Verhältnis aufweisen, ist vollkommen normal – relevant sind zuerst die relativen Unterschiede zu den anderen Angeboten des gleichen Perfomancebereichs. Ausgangspunkt der Performance-Bewertung ist hierbei natürlich der 3DCenter Performance-Index, welcher für die FullHD-Auflösung ausgelegt ist.

Die vorab konstatierten Vorteile von AMD beim Performance/Preis-Verhältnis lassen sich mittels dieses Diagramms pro Forma gut untermauern: Überall liegen die AMD-Angebote vorn, zudem liegt neben fast jedem nVidia-Angebot mit gutem Performance/Preis-Verhältnis direkt ein AMD-Angebot mit einem noch besseren Performance/Preis-Verhältnis. nVidia hat derzeit außerhalb der GeForce GTX 980 Ti nirgendwo einen Performance/Preis-Sieger – liegt dafür aber auch meistens nicht bemerkbar zurück. Denn die Abstände sind diesesmal allgemein eher knapp, es gibt kaum Bereiche, wo es beim reinen Performance/Preis-Verhältnis klare Sieger und klare Verlierer gibt. Allenfalls im Mainstream- und Performance-Bereich kommt nVidia mit GeForce GT 740, GeForce GTX 660 sowie GeForce GTX 750 Ti augenfällig nicht an die von AMD gebotenen Performance/Preis-Verhältnisse heran. Ansonsten ist das ganze eher ein Ringen auf höchstem Niveau mit nur marginal vorn liegenden Gewinnern.

Der nachfolgende Index "Performance/Spieleverbrauch" läßt sich dagegen auch als "Framerate pro Watt" übersetzen – hier es geht um die Energieeffizienz der Grafikkarten unter Spielen. Hierbei sollten normalerweise alle Grafikkarten derselben Fertigungstechnologie vom Mainstream- bis Performance-Segment eine ähnliche Energieeffizienz aufweisen und vor allem die Ausreißer innerhalb desselben Performancebereichs interessant sein. Das HighEnd-Segments ist in dieser Frage üblicherweise etwas extra zu betrachten, denn in diesem geht die Energieeffizienz normalerweise bemerkbar zurück. Ausgangspunkt der Performance-Bewertung ist hierbei natürlich wieder der 3DCenter Performance-Index, welcher für die FullHD-Auflösung ausgelegt ist.

Viel deutlicher kann ein Diagramm kaum sein: Die Maxwell-basierten nVidia-Grafikkarten sind bei der Energieeffizienz den AMD-Modellen egal welcher Generation meilenweit voraus – natürlich ein Verdienst des Umstands, daß nVidia bei der Maxwell-Generation nicht wie einstmals geplant auf eine bessere Fertigung setzen konnte, sondern das beste aus der vorhandenen 28nm-Fertigung herausholen musste. Interessant ist, daß AMD gerade mit den neuen Modellen inzwischen bei der Energieeffizienz zum nVidia-Stand vor Maxwell aufgeschlossen hat – die Fury X hat als teure Enthusiasten-Grafikkarte sogar eine bessere Energieeffizienz als die Kepler-basierten GeForce GTX 660 & 760.

Trotzdem hat AMD in dieser Frage überdeutlichen Nachholbedarf – und zwar nicht nur aus Sicht der der platten Vergleichbarkeit beim Stromverbrauch, sondern sogar nur aus reiner Performance-Sicht: Höhere Energieeffizienz bedeutet schließlich auch, aus denselben knapp 300 Watt Stromverbrauch mehr Performance herauszuholen und damit an der absoluten Leistungsspitze direkt mehr Performance bieten zu können. So lange AMD in dieser Frage nicht aufholt, kann man das Anpeilen der absoluten Leistungsspitze unter regulären Bedingungen eigentlich vergessen – es sei denn, man wollte den Stromverbrauch der Spitzenlösungen stark erhöhen. Doch Stromverbrauchswerte deutlich über 300 Watt sind derzeit für SingleChip-Grafikkarten einfach nicht gangbar – da müsste man schon extrem viel Mehrperformance bieten, um dies abzufedern. Eigentlich ist aus diesem Diagramm ein klarer Auftrag an AMD abzulesen, demnächst die GCN-Architektur bezüglich ihrer Energieeffizienz entscheidend zu optimieren.