Grafikkarten-Marktüberblick Mai 2018 (Seite 2)

Dienstag, 22. Mai 2018
 / von Leonidas
 

Das aufgebotene AMD-Portfolio ist inzwischen schon wieder leicht unübersichtlich geworden, mit den 13 Angeboten hat man in einigen Marktfeldern zu viele Variationen im Spiel, während AMD in anderen Marktfeldern dafür gar nicht richtig vertreten ist. nVidia kommt dagegen mit nur 9 Angeboten aus, besetzt damit aber alle Preisbereiche und bietet somit das insgesamt rundere Portfolio auf. Insbesondere bei AMD ist dies natürlich vor allem dem zugrundeliegenden Bestand an Grafikchips geschuldet – AMD fehlen derzeit die Enthusiasten-Lösungen bzw. hat man im HighEnd-Bereich (bedingt durch den früheren Mining-Boom) noch zu hohe Preislagen. nVidia ist hingegen bei den Speichermengen zu knausrig, speziell im unteren Midrange-Segment fehlt eine 4-GB-Lösung.

Bezogen auf subjektiv festgelegte Preisbereiche lassen sich aus der vorstehenden Auflistung dann auch noch entsprechende Performance/Preis-Empfehlungen abgeben. Jene Empfehlungen wurden wie üblich streng nach Performance/Preis-Kriterien und nicht nach subjektiven Einschätzungen oder Hersteller-Vorlieben getroffen (der Artikel-Ersteller ist und war nie Besitzer irgendwelcher Aktien oder anderer Wertpapiere; hat zudem nie irgendwelche nennbaren Vergünstigungen, Geschenke etc. seitens der Herstellerindstrie erhalten). Die vergleichsweise kleinteilige Einteilung der Marktsegmente wurde sicherlich subjektiv getroffen, dient jedoch primär dazu, letztlich jeder Grafikkarte ihre Chance zu geben. Tabellarisch zusammengefasst ergeben sich gemäß der Auflistung der vorherigen Seite die folgenden kumulierten Empfehlungen aus Performance/Preis-Sicht:

hauptsächliche Empfehlung Nebenempfehlung
Enthusiasten-Segment
(oberhalb 600 Euro)
GeForce GTX 1080 Ti -
oberes HighEnd-Segment
(um die 500 Euro)
GeForce GTX 1070 Ti GeForce GTX 1080
(etwas schneller, etwas teurer)
unteres HighEnd-Segment
(um die 400 Euro)
- GeForce GTX 1070
(etwas zu teuer für diese Kategorie)
oberes Midrange-Segment
(um die 300 Euro)
GeForce GTX 1060 6GB Radeon RX 580 8GB
(schlechteres P/P-Verhältnis, aber gleich 8 GB Speicher)
unteres Midrange-Segment
(um die 200 Euro)
derzeit keine sinnvollen Angebote im Markt                                        
oberes Mainstream-Segment
(um die 150 Euro)
GeForce GTX 1050 Ti Radeon RX 560 4GB
(schlechteres P/P-Verhältnis, aber näher an der Marke von 150€)
unteres Mainstream-Segment
(um die 100 Euro)
GeForce GT 1030 -
schnellste Lösung für Mini-ITX GeForce GTX 1080
(ein Modell von Gigabyte)
-
schnellste Lösung unter 200W Stromverbrauch GeForce GTX 1080 -
schnellste Lösung unter 120W Stromverbrauch GeForce GTX 1060 6GB -
schnellste Lösung ohne extra PCIe-Stromstecker GeForce GTX 1050 Ti -
schnellste Lösung mit maximal 1x 6pol. PCIe-Stromstecker GeForce GTX 1060 6GB -

Gemäß dieser Empfehlungen zur aktuellen Preislage fährt nVidias Pascal-Generation inzwischen einen überragenden Sieg gegenüber den vereinten Kräften von AMDs Polaris- und Vega-Generationen ein: Alle Hauptempfehlungen gehen an nVidia, AMD kann gerade einmal noch zwei Nebenempfehlungen für sich abstauben. Der primäre Hintergrund hierfür liegt allerdings in einem Feld, welches außerhalb des üblichen Zweikampfs von AMD gegen nVidia steht: AMD war von den Preissteigerungen zum Mining-Boom weitaus stärker betroffen – und hat auch jetzt noch im Schnitt die (etwas) höheren Preisaufschläge zu verkraften. Damit weisen viele AMD-Angebote, welche vor dem Mining-Boom beim Performance/Preis-Verhältnis gut mit dabei waren, derzeit kein gegenüber nVidia konkurrenzfähiges Performance/Preis-Verhältnis auf. Dies könnte sich mit der weiteren Normalisierung der Grafikkarten-Preise natürlich noch etwas zugunsten von AMD verbessern – dies muß dann die Zukunft zeigen.

In selbiger dürfte AMD jedoch ab dem Sommer neue Konkurrenz durch nVidias Turing-Generation bekommen, selbst wenn sich deren vollständige Ausbreitung bis ins nächste Jahr hineinziehen dürfte. AMD wird dieses Jahr zumindest im HighEnd- und Enthusiasten-Bereich wohl nochmals stärker unter Druck kommen – allerhöchstens kann man zum "Vorteil" von AMD anführen, das dies für AMD kaum noch einen großen Unterschied ausmacht, man auch jetzt schon in diesem Bereich nicht wirklich konkurrenzfähig ist. Der relevante Punkt ist wohl eher, wann es zu Midrange-Beschleunigern der Turing-Generation kommt – jene könnten AMD dann wirklich den Spaß verderben in einem Feld, wo man auch jetzt noch ganz anständig dabei ist. Dies ist natürlich alles vorbehaltlich der eventuellen Preissteigerungen, welche die Turing-Generation möglicherweise mit sich bringt: Denn steht der erhofften Mehrperformance auch ein entsprechender Mehrpreis gegenüber, fällt der preisliche Druck auf die bestehenden Angebote weit geringer aus, als üblicherweise bei einer neuen Grafikkarten-Generation zu beobachten.

Weiterhin sollen die bei diesem Marktüberblick eingesetzten Indizies "Performance/Preis" und "Performance/Spieleverbrauch" noch einmal explizit als weitere Entscheidungshilfe betrachten werden. Dazu wurden die entsprechenden Ergebnisse aller Grafikkarten jeweils in ein Diagramm zusammengefügt – angefangen mit dem Index "Performance/Preis", welchen man auch als "Framerate pro Euro" bezeichnen kann. Das dabei die Grafikkarten mit steigendem Performancelevel ein immer geringeres Performance/Preis-Verhältnis aufweisen, ist vollkommen normal – relevant sind zuerst die relativen Unterschiede zu den anderen Angeboten des gleichen Perfomancebereichs. Ausgangspunkt dieser Bewertung ist der 3DCenter FullHD Performance-Index – auf eine extra Auswertung in der UltraHD-Auflösung wurde in diesem Fall verzichtet, da die dort anzutreffenden Relationen mehr oder weniger deckungsgleich sind.

Mit diesem Diagramm kann man eine gute Erklärung für die vorstehenden Grafikkarten-Empfehlungen finden: nVidia hat in jedem einzelnen Marktsegment die besseren Performance/Preis-Verhältnisse – oftmals nicht um große Differenzen, aber dafür durchgehend. In keinem einzigen Fall kommt derzeit eine AMD-Grafikkarte wirklich an das Performance/Preis-Verhältnis einer gleichwertigen nVidia-Grafikkarte heran. In vielen Fällen sind die Differenzen wie gesagt gering, in anderen Fällen (Mainstream- und Enthusiasten-Segmente) dann dafür wiederum gravierend. Dies sah in der Vergangenheit zumeist anders aus, doch nunmehr liegt AMD beim Performance/Preis-Verhältnis beachtbar zurück – und kann keine erste Plätze verliehen bekommen, bevor sich dies nicht wieder ändert.

Der nachfolgende Index "Performance/Verbrauch" läßt sich dagegen auch als "Framerate pro Watt" übersetzen – hier es geht um die Energieeffizienz der Grafikkarten unter Spielen. Hierbei sollten normalerweise alle Grafikkarten derselben Fertigungstechnologie eine ähnliche Energieeffizienz aufweisen und damit vor allem die Ausreißer innerhalb desselben Performancebereichs interessant sein. Ausgangspunkt dieser Bewertung ist auch hierbei wieder der 3DCenter FullHD Performance-Index sowie die im Stromverbrauchs-Artikel zusammengetragenen Stromverbrauchs-Meßwerte der reinen Grafikkarten, wie gesagt aktualisiert durch die beim Launch der GeForce GTX 1070 Ti erfassten neuen Stromverbrauchs-Werte zu den derzeitigen HighEnd- und Enthusiasten-Grafikkarten:

Obwohl nominell derselben Fertigungsklasse entstammend (AMD: 14nm GlobalFoundries, nVidia: 16nm TSMC), ergibt sich beim Performance/Verbrauch-Verhältnis ein Dimensions-Unterschied zwischen AMD und nVidia, welcher auf den ersten Blick wie eine grundsätzlich differierende Fertigungstechnologie aussieht. Allein nur auf Basis der reinen Werte (und ohne jede farbliche Kennzeichnungen) wären AMD- und nVidia-Beschleuniger in diesem Punkt schon klar zu unterscheiden – nVidia hat überall die mit Abstand bessere Energieeffizienz. An dieser Stelle sieht man auch den Hauptgrund dafür, wieso AMD nVidia in der Leistungsspitze nicht Paroli bieten kann: Wer bei der Energieeffizienz derart deutlich zurückhängt, der könnte im Spitzenbereich nur dann dieselbe Performance aufbieten, wenn es beim Stromverbrauch in abartige Bereiche á 400 Watt gehen würde. AMD hat hierbei massiven Nachholbedarf – und kann dabei nicht einfach nur auf neue Fertigungstechnologien setzen, denn jene stehen nVidia schließlich genauso zur Verfügung.