Launch-Analyse AMD Ryzen Threadripper

Dienstag, 15. August 2017
 / von Leonidas
 

Nachdem AMD mit Ryzen 7, Ryzen 5 und Ryzen 3 seine neue Zen-Prozessorenarchitektur Schritt für Schritt ausgebreitet hat, erfolgt nunmehr mit dem Launch von "Ryzen Threadripper" der Angriff auf die absolute Performancekrone im HEDT-Segment. Jenes steht üblicherweise für hochpreisige Prozessoren und Plattformen nahe an der Grenze zur Sinnhaftigkeit – wie dies Intel jahrelang mit 1000-Dollar-CPUs bereits vorexerziert hat. Logischerweise ist Threadripper damit kein Produkt für jeden PC-Käufer – aber sicherlich für jeden ein hochinteressanter Wettstreit an der Grenze dessen, was die Technik derzeit hergibt. Wie weit AMD gegenüber Intels Core X kommt und was die vielen Launchreviews hierzu an Performance-Daten erzeugt haben, werden wir nachfolgend zusammentragen, auswerten und und letztlich bewerten.

Für AMDs erste wirkliche Enthusiasten-Prozessoren seit gefühlt Ewigkeiten benutzt AMD weiterhin das bekannte Zeppelin-Die, welches bisher schon bei allen Ryzen- und Epyc-Prozessoren verwendet wurde – nun eben einfach nur in doppelter Ausführung, AMDs ausgereifter Chipverbindungs-Technologie "Infinity Fabric" sei Dank. Damit kann AMD bis zu satte 16 CPU-Kerne im Desktop-Segment anbieten – ein enormer Sprung gegenüber allen bis vor diesen Sommer verfügbaren Lösungen, wo es bestenfalls 10 CPU-Kerne im Desktop gab. Erst unter dem Eindruck von Ryzen (und womöglich auch schon mittels Insider-Informationen über Threadripper) hat sich Intel dann kurzfristig in diesem Frühjahr entschlossen, die aktuelle HEDT-Generation "Core X" nachträglich noch bis auf 18 CPU-Kerne aufzubohren – wobei exakt diese Modelle allerdings erst Ende September in den Handel kommen werden.

Für den Augenblick kann AMD also damit angeben, die weitaus größte Anzahl an CPU-Kernen im Desktop-Segment zu bieten – 16-Kerner von AMD gegen 10-Kerner von Intel lautet hierbei die Ansage, Ryzen Threadripper 1950X gegen Core i9-7900X. An dieser Ansetzung werden noch nicht einmal Intels Core-X-Nachzügler etwas ändern, denn jene kommen zu Preislagen oberhalb von 1000 Dollar daher. AMD hingegen knackt bei seinem Threadripper-Portfolio die 1000-Dollar-Marke wenigstens förmlich nicht – und bleibt damit in einem preislichen Grenzbereich, welcher gerade noch so ertragbar ist. Da auch Intels vorgenannter 10-Kerner Core i9-7900X den prinzipiell gleichen Listenpreis wie der Ryzen Threadripper 1950X (mit 10$ Abweichung) trägt, sehen wir heute somit schon den echten Wettstreit zwischen AMDs Threadripper und Intels Core X. Die Core-X-Nachzügler können dann noch einmal etwas Performance oben drauf setzen, werden sich dafür aber eben auch deutliche Mehrpreise genehmigen – und gehen mit Listenpreisen von bis zu 1999 Dollar sowieso in Regionen, wo jegliche Sinnhaftigkeit aufhört.

Kerne Takt XFR unl. L2 L3 Speicher PCIe TDP Listenpr. Launch
Ryzen Threadripper 1950X 16C +SMT 3.4/4.0 GHz 4.2 GHz 8 MB 32 MB 4Ch. DDR4/2666 60 180W 999$ 10. August
Ryzen Threadripper 1950 16C +SMT ? ? 8 MB 32 MB 4Ch. DDR4/2666 60 140W ? ?
Ryzen Threadripper 1920X 12C +SMT 3.5/4.0 GHz 4.2 GHz 6 MB 32 MB 4Ch. DDR4/2666 60 180W 799$ 10. August
Ryzen Threadripper 1920 12C +SMT 3.2/3.8 GHz ? 6 MB 32 MB 4Ch. DDR4/2666 60 140W ? ?
Ryzen Threadripper 1900X 8C +SMT 3.8/4.0 GHz 4.2 GHz 4 MB 16 MB 4Ch. DDR4/2666 60 180W 549$ 31. August
Ryzen Threadripper 1900 8C +SMT ? ? 4 MB ? 4Ch. DDR4/2666 60 140W ? ?
Alle Threadripper-Prozessoren kommen im Sockel TR4 daher und sind damit nur auf Mainboards mit AMDs X399-Chipsatz einsetzbar.

Neben dem Top-Modell in Form des Ryzen Threadripper 1950X bringt AMD zeitgleich noch den 12-Kerner Ryzen Threadripper 1920X an den Start, am 31. August wird der Achtkerner Ryzen Threadripper 1900X nachfolgen. Im Herbst dürften dann die non-X-Modelle Ryzen Threadripper 1900, 1920 & 1950 mit vermutlich etwas abgesenkten Taktraten samt etwas günstigeren Preispunkten folgen – deren Daten und Launchtermine stehen derzeit jedoch noch nicht offiziell fest. Für den Augenblick gilt erst einmal alle Konzentration den beiden Top-Modellen Ryzen Threadripper 1920X und 1950X – und damit der grundsätzlichen Bewertung der Schlagkraft der Threadripper-Plattform.

Jene setzt auf Mainboards ausschließlich des X399-Chipsatzes bzw. für den Sockel TR4 mit dessen immerhin 4094 Pins – Ryzen Threadripper läuft also nicht in den bekannten AM4-Platinen der anderen Mainboard-Chipsätze von AMDs 300er Chipsatz-Serie. Dies ist durch den erheblichen technischen Unterschied bedingt, welchen die zwei Zeppelin-Dies auslösen: So steht bei der Threadripper-Plattform grob die doppelte Anbindungs-Power zur Verfügung: QuadChannel- anstatt DualChannel-Speicherinterface und 60 anstatt 28 PCI Express 3.0 Lanes aus der CPU heraus zur freien Verfügung für den Mainboard-Hersteller (weitere 4 jeweils fest zur Anbindung des Mainboard-Chipsatzes). In der Frage des Speicherinterfaces zieht die Threadripper-Plattform damit im übrigen mit Intels Core X gleich, bei den PCI Express Lanes liegt mit man 60 zu maximal 44 deutlich vorn – und jene 44 PCI Express Lanes gibt es bei Intel wie bekannt auch erst ab dem Core i9-7900X, darunter sind es nur 28 hiervon.

Trotz der zwei Zeppelin-Dies und damit bis zu doppelter Kern-Anzahl hat AMD die Taktraten gegenüber Ryzen 7 nochmals leicht gesteigert – resultierend schlicht aus dem Umstand, das man für Threadripper die besten Prozessoren-Dies aus der Chipfertigung auswählt. Beim XFR-Boost ist dies besonders deutlich, wo AMD für Threadripper sowohl bis zu 4.2 GHz Takt als auch jenen XFR-Boost auf gleich vier CPU-Kernen ansetzt – und nicht nur auf zwei CPU-Kernen, wie bei Ryzen 3, 5 & 7. Sofern Threadripper diese Taktraten erreichen und halten kann, ist somit sogar eine nominell gegenüber Ryzen 5 1600X & Ryzen 7 1800X (leicht) höhere SingleCore-Performance drin – etwas, was man im HEDT-Segment eher selten sieht. Allerdings empfiehlt AMD für Threadripper auch wohlweislich die Benutzung von mindestens einer AiO-Wasserkühlung als Kühlmaßnahme – denn mit einer gewöhnlichen Luftkühlung könnte Threadripper in thermische Grenzbereiche laufen und demzufolge seine Taktraten nicht halten können.

Kerne Basetakt Turbo AllC Turbo 4C Turbo 2C XFR
Ryzen Threadripper 1950X 16C +SMT 3.4 GHz 3.7 GHz 4.0 GHz 4.0 GHz 4.2 GHz @ 4C
Ryzen Threadripper 1920X 12C +SMT 3.5 GHz 3.7 GHz 4.0 GHz 4.0 GHz 4.2 GHz @ 4C
Ryzen Threadripper 1900X 8C +SMT 3.8 GHz 3.8 GHz 4.0 GHz 4.0 GHz 4.2 GHz @ 4C
Ryzen 7 1800X 8C +SMT 3.6 GHz 3.7 GHz 3.7 GHz 4.0 GHz 4.1 GHz @ 2C
Ryzen 7 1700X 8C +SMT 3.4 GHz 3.5 GHz 3.5 GHz 3.8 GHz 3.9 GHz @ 2C
Ryzen 7 1700 8C +SMT 3.0 GHz 3.2 GHz 3.2 GHz 3.7 GHz 3.75 GHz @ 2C
Ryzen 5 1600X 6C +SMT 3.6 GHz 3.7 GHz 3.7 GHz 4.0 GHz 4.1 GHz @ 2C
Ryzen 5 1600 6C +SMT 3.2 GHz 3.4 GHz 3.4 GHz 3.6 GHz 3.7 GHz @ 2C
Ryzen 5 1500X 4C +SMT 3.5 GHz 3.6 GHz 3.6 GHz 3.7 GHz 3.9 GHz @ 2C
Ryzen 5 1400 4C +SMT 3.2 GHz 3.2 GHz 3.2 GHz 3.4 GHz 3.45 GHz @ 2C
Ryzen 3 1300X 4C 3.5 GHz 3.6 GHz 3.6 GHz 3.7 GHz 3.9 GHz @ 2C
Ryzen 3 1200 4C 3.1 GHz 3.1 GHz 3.1 GHz 3.4 GHz 3.45 GHz @ 2C

Bezüglich des direkten Vergleichs mit Intel haben sich wie gesagt Ryzen Threadripper 1950X und Core i9-7900X auf dem nahezu identischen Listenpreis gesucht und gefunden. Ryzen Threadripper 1920X (799$) steht hingegen derzeit etwas ohne direkten Gegner auf weiter Flur, da der Core i9-7900X (989$) wie gesagt schon vergeben ist und der darunterliegende Core i7-7820X (589$) preislich unpassend erscheint. Insofern muß es aus dieser preislichen Ansetzung heraus die Aufgabe des Ryzen Threadripper 1920X bei den nachfolgenden Benchmarks sein, sich möglichst deutlich vom Core i7-7820X abzuheben und eher dem Core i9-7900X nahezukommen.

AMD Ryzen Intel Kaby Lake & Skylake-X
Ryzen Threadripper 1950X
16C +SMT, 3.4/4.0 GHz +XFR, 40 MB L2+L3, 4Ch. DDR4/2666, 60 PCI-E, 180W TDP
999$
989$ Core i9-7900X
10C +HT, 3.3/4.3 GHz +TB3.0, 23.75 MB L2+L3, 4Ch. DDR4/2666, 44 PCI-E, 140W TDP
Ryzen Threadripper 1920X
12C +SMT, 3.5/4.0 GHz +XFR, 38 MB L2+L3, 4Ch. DDR4/2666, 60 PCI-E, 180W TDP
799$
589$ Core i7-7820X
8C +HT, 3.6/4.3 GHz +TB3.0, 19 MB L2+L3, 4Ch. DDR4/2666, 28 PCI-E, 140W TDP
Ryzen 7 1800X
8C +SMT, 3.6/4.0 GHz +XFR, 20 MB L2+L3, 2Ch. DDR4/2666, 28 PCI-E, 95W TDP
499$
Ryzen 7 1700X
8C +SMT, 3.4/3.8 GHz +XFR, 20 MB L2+L3, 2Ch. DDR4/2666, 28 PCI-E, 95W TDP
399$
383$ Core i7-7800X
6C +HT, 3.5/4.0 GHz, 14.25 MB L2+L3, 4Ch. DDR4/2400, 28 PCI-E, 140W TDP
339$ Core i7-7700K
4C +HT, 4.2/4.5 GHz, 9 MB L2+L3, 2Ch. DDR4/2400, 16 PCI-E, 91W TDP
Ryzen 7 1700
8C +SMT, 3.0/3.7 GHz +XFR, 20 MB L2+L3, 2Ch. DDR4/2666, 28 PCI-E, 65W TDP
329$

Vor den eigentlichen Performance-Ermittlungen ist auf gewisse Eigenheiten hinzuweisen, welche AMDs Threadripper-Plattform diesbezüglich mitbringt. So gibt es erstens die Problematik, das gewisse PC-Spiele nicht mehr starten, wenn mehr als 20 CPU-Threads im System vorhanden sind – darunter (erstaunlicherweise) selbst vergleichsweise neuere Titel wie GTA V. Diese Problematik ist allerdings nicht AMD-exklusiv, sondern wird Intel genauso betreffen, wenn Intel zukünftig ebenfalls HEDT-Prozessoren mit entsprechend vielen CPU-Kernen ins Consumer-Segment bringt. Und sicherlich sollten hier im eigentlichen die Spieleentwickler nachbessern, gerade bei (immer noch) breit genutzten Titeln wie eben GTA V.

Etwas vollkommen Threadripper-spezifisches liegt dagegen im Speicherzugriff, welcher sich aus der Verwendung mehrerer Prozessoren-Dies mit jeweils eigenem Speicherinterface ergibt: Jenen Speicherzugriff kann man im UMA-Modus ("Uniform Memory Access"), aber auch im NUMA-Modus ("Non-Uniform Memory Access") organisieren. Im UMA-Modus gibt es nur einen globalen Speicher, jeder Speicherzugriff hat demzufolge die gleiche Zugriffszeit – egal über welches der beiden Speicherinterfaces die Datenpakete letztlich zu welchem Prozessoren-Die fließen. Im NUMA-Modus gibt es dagegen einen lokalen und einen "externen" Speicher: Liegen die Daten im lokalen Speicher, dann ergibt sich eine klar niedrigere Zugriffszeit – und trotzdem hat man über den CPU-internen Datenaustausch notfalls noch den Zugriff auf jene Daten, die im Speicher des jeweils anderen Prozessoren-Dies liegen. Jener CPU-übergreifende Speicherzugriff geht dann allerdings nur mit höherer Zugriffszeit und niedrigerer Speicherbandbreite vonstatten – darin liegt der Nachteil des NUMA-Modus.

AMD Ryzen Threadripper "UMA-Modus"
AMD Ryzen Threadripper "UMA-Modus"
AMD Ryzen Threadripper "NUMA-Modus"
AMD Ryzen Threadripper "NUMA-Modus"

Für Anwendungen ist wegen der gleichförmigen Zugriffszeiten sowie der insgesamt höheren Speicherbandbreite der UMA-Modus leistungsfähiger, deswegen ist dies auch der default-Modus bzw. der Auslieferungszustand bei Threadripper ("Creator Mode"). Unter Spielen ist jedoch gewöhnlich der NUMA-Modus etwas (um ein paar Prozentpunkte) schneller, für Spiele sind halt (bekannterweise) niedrigere Latenzen oftmals wichtiger als besonders hohe Bandbreiten. Der Threadripper-Nutzer darf dies dann per BIOS-Setting bzw. der "Ryzen Master" Software nach Gusto verändern: Man kann sowohl zwischen UMA und NUMA auswählen, als auch in einem Kompatibilitäts-Modus die jeweilige Hälfte der CPU-Rechenkerne zugunsten von störrigen Spielen lahmlegen – was insgesamt vier mögliche Kombinationen ergibt:

UMA-Modus NUMA-Modus
volle Kern-Anzahl "Creator Mode" (default) "Local Mode"
halbe Kern-Anzahl "Legacy Compatibility Mode" "Game Mode"

Wirklich sinnvoll ist dies unserer Meinung nach jedoch überhaupt nicht – primär, weil selbige Einstellungen immer erst nach einem Reboot gelten. Selbst wenn der reine Vorgang des Reboots angesichts der Geschwindigkeit heutiger SSDs kein zeitliches Problem mehr darstellen, unterbrechen Reboots dennoch den Arbeitsfluß in einem erheblichen Maß – es müssen erst einmal überall Daten gespeichert werden, alle Anwendungen gehören geschlossen und später manuell neu gestartet. Dies wäre als generelle Optimierungsmethode vollkommen problemlos – aber nicht, wenn man je nach bestmöglichem Performanceergebnis ständig zwischen den einzelnen Modi wechseln bzw. dafür wie gesagt immer rebooten muß.