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AMD kündigt Ryzen 3000 mit Zen-2-Unterbau im Chiplet-Design für die Jahresmitte 2019 an

Ganz zum Ende ihrer CES-Keynote hat AMDs Chefin Lisa Su dann doch noch die Erwartungen der mitschauenden Enthusiasten-Gemeinde erfüllt – und neues zu Zen-2-basierten Produkten gesagt. Zwar gab es (im Gegensatz zur Radeon VII) keine konkrete Produktankündigung, allerdings wurde nunmehr die dritte Ryzen-Generation (inoffiziell "Ryzen 3000") auf Zen-2-Basis für die Jahresmitte 2019 versprochen. Zudem gab es zwei diesbezügliche Teaser: Zum einen in Form eines Benchmark-Vergleichs zu einem Core i9-9900K, zum anderen in Form eines in die Kamera gehaltenenen Zen-2-basierten Ryzen-Prozessors. Jenem Foto samt der begleitenden Aussagen ist zu entnehmen, das AMD auch im Consumer-Bereich mit einem Chiplet-Design antreten wird: Der gezeigte Achtkern-Prozessor basierte also auf einem Compute-Die mit 8 CPU-Kernen (augenscheinlich direkt aus der Epyc-Fertigung entnommen) samt einem separatem I/O-Die, welches dann in älterer Fertigungstechnologie daherkommt und im Gegensatz zum Epyc-Bereich direkt auf Desktop- bzw. Consumer-Anforderungen hin ausgelegt wurde.

AMD Ryzen 3000 im Chiplet-Design (links größerer I/O-Die, rechts kleinerer Compute-Die mit 8 CPU-Kernen)
AMD Ryzen 3000 im Chiplet-Design (links größerer I/O-Die, rechts kleinerer Compute-Die mit 8 CPU-Kernen)

Das für den Consumer-Prozessor verwendete I/O-Die ist dabei wesentlich kleiner als das früher schon gezeigte (riesige) I/O-Die für den Epyc/Server-Bereich – erste Schätzungen kommen auf ca. 120mm² für das I/O-Die nebst den bekannten ca. 73-80mm² für das Compute-Die. In der Summe kommt AMD für einen Achtkern-Prozessor in der Zen-2-Generation also wieder bei knapp 200mm² Chipfläche heraus – kaum weniger als in der 14/12nm-Generation mit dort 213mm² Chipfläche bei dessen monolithischen Ansatz. Interessanter wird selbiger Chiplet-Ansatz dann für Prozessoren mit noch mehr CPU-Kernen werden – auf Basis der zu sehenden Technik läßt sich problemlos auch ein 16-Kerner für den Desktop-Einsatz bringen, der weiterhin unter dem Siegel "Ryzen" (für den Sockel AM4) und nicht unter dem Siegel "Threadripper" (für den Sockel TR4) läuft. Nach einer Fotobearbeitung des gezeigten Prozessoren-Packages lassen sich sogar die Einlassungen für einen weiteren Compute-Die erkennen – ergo ist der gelassene Platz nicht nur rein theoretisch, sondern AMD wollte diese Möglichkeit zu 16-Kern-Prozessoren im Sockel AM4 derzeit einfach noch nicht ankündigen.

In dieselbe Kerbe schlägt auch die Benchmark-Demonstration eines Ryzen 3000 Prozessors mit 8 CPU-Kernen (und 16 CPU-Threads) gegen einen Core i9-9900K: Gezeigt wurde somit ein rein Kern-normierter Vergleich, alles andere wird dann später nachfolgen. Zudem war die Zielsetzung dieses Benchmark-Vergleichs wohl nicht gerade, Intel bereits mit höheren Benchmark-Werten unter Druck zu setzen, da der Vorserien-Prozessor hierfür augenscheinlich exakt derart getaktet wurde, um den Core i9-9900K minimal zu schlagen. Die Serienmodelle von Ryzen 3000 sollten ergo (etwas) besser laufen – um wieviel genau besser, ist anhand dieser Demonstration nicht abzuschätzen, da zum AMD-Modell wie gesagt keine Taktrate offengelegt wurde. Demzufolge ist aus dieser Demonstration derzeit auch nicht ermittelbar, wieviel Performance AMD mittels Zen 2 gegenüber den bisherigen Ryzen-Prozessoren gewinnt – die ca. 12% mehr Cinebench-Punkte gegenüber einem Ryzen 7 2700X sind kein wirklich valider Hinweis, das der Ryzen 3000 Prozessor wie gesagt nicht mit Serien-Taktrate lief. Interessanter als der reine Benchmark-Wert ist somit eher der Punkt, das AMD sein zu Intel gleichwertiges Ergebnis zu einem wesentlich niedrigeren Stromverbrauch erreicht hat:

Intel Core i9-9900K AMD Ryzen 3000
Technik Coffee Lake Refresh (Skylake-Architektur), 8C/16T, 3.6/5.0 GHz Matisse (Zen-2-Architektur), 8C/16T, Vorserien-Modell mit unbekannter Taktrate
Cinebench R15 (MT) 2040 2057
Stromverbrauch (System) ca. 180 Watt ca. 133 Watt
gemäß AMDs Live-Demonstration auf der CES 2019

Denn das Intel-System genehmigte sich unter dem Cinebench ca. 180 Watt, das AMD-System hingegen nur ca. 133 Watt. Diese Zahlen sind durchaus glaubwürdig, da von Intels Spitzen-Prozessoren bekannt ist, das jene inzwischen weit oberhalb ihrer nominellen TDP verbrauchen können. AMDs Ryzen 3000 dürfte sich hingegen (zumindest im Achtkern-Gewand) wieder an die gegebene TDP halten, möglicherweise kann ein solcher Zen-2-basierter Achtkerner mit nur 95 Watt TDP erscheinen. Dies ist dann eine geradezu extreme Umkehrung dessen, was früher im CPU-Bereich usus war – nämlich, das wenn AMD eine gleichwertige Performance abliefert, Intel wenigstens noch beim Stromverbrauch besser liegt. Mittels Zen 2 wendet sich dieses Verhältnis in einem augenscheinlich drastischen Ausmaß nunmehr zugunsten von AMD – welche hierbei natürlich von der moderneren 7nm-Fertigung seitens TSMC profitierend, während Intel wie bekannt immer noch auf der inzwischen angegrauten 14nm-Fertigung unterwegs ist. So gesehen war AMDs CES-Demonstration vollkommen richtig angesetzt: AMD muß gar nicht auf ein paar Prozent Performancevorteil herumreiten – wenn man letztlich mindestens dieselbe Performance auf einer klar niedrigeren Wattage aufbieten kann.

Nach wie vor das große Fragezeichen ist allerdings, ob AMD diese gleichwertige Performance auch im Spiele-Bereich gelingen kann, wenn man nunmehr auch im Consumer-Bereich keine monolithischen Dies mehr einsetzt. Der Chiplet-Ansatz mag viele Vorteile haben, geht aber normalerweise immer gegen die Speicherlatenzen – was unter gewöhnlicher Anwendungs-Software keine beachtbare Relevanz hat, im Spiele-Bereich jedoch (bei niedrigen Speicherlatenzen) beachtliche Vorteile sichert. In dieser Frage muß AMD erst einmal beweisen, das man sich mit dem Chiplet-Ansatz nicht einen großen Nachteil im Spiele-Bereich angelacht hat – noch dazu, wo AMDs bisherige Ryzen-Prozessoren selbst im monolithischen Design noch einen beachtbaren Performance-Rückstand unter Spielen gegenüber vergleichbaren Intel-Prozessoren aufweisen. Mit einem gewissen Performance-Rückstand nur unter Spielen kann man zwar in der reinen Praxis durchaus leben, dies wäre dann aber eben ein (erheblicher) Makel am Zen-2-Design – und somit eine Chance für Intel, um AMD doch noch in die Parade zu fahren.

Genauer dürfte sich dies dann allerdings erst zur Jahresmitte 2019 heraustellen, denn die aktuelle Ankündigung bezieht sich wie gesagt nicht auf einzelne Modelle, sondern nur die Prozessoren-Generation im allgemeinen – ist also weit weg von allen hochfliegenden Vorab-Gerüchten, welche AMD bereits die Vorstellung eines kompletten Prozessoren-Portfolios auf Zen-2-Basis noch zur CES unterstellt hatten. Sowohl der Vorserien-Status des demonstrierten Ryzen 3000 Prozessors als auch die generelle Terminlage deuten darauf an, das es hierfür noch viel zu früh ist, das also AMD selbst intern noch keine wirkliche Festlegung über konkrete Modelle und Taktraten getroffen hat. Dies dürfte im Laufe des Frühjahrs passieren, mit neuen (offiziellen) Informationen zu Zen 2 bzw. Ryzen 3000 darf dann zur Computex Ende Mai gerechnet werden. Interessant neben den konkret mit Ryzen 3000 erreichbaren Taktraten dürfte dann vor allem werden, wieviele CPU-Kerne AMD maximal in den Sockel AM4 steckt. Die CES-Demonstration ist diesbezüglich sicherlich Tiefstapelei – andererseits muß es auch nicht sein, das AMD gleich mit Ryzen 3000 schon 16-Kerner für den Sockel AM4 bringt, dies könnte man sich durchaus auch für die Ryzen 4000 Generation im Jahr 2020 aufheben.

Nachtrag vom 9. Januar 2019

Zu den zwei AMD-Ankündigungen der CES 2019 in Form der "Radeon VII" sowie "Ryzen 3000" wäre noch zu erwähnen, das beide kommenden AMD-Produkte bereits PCI Express 4.0 unterstützen – womit später im Jahr 2019 dann erste vollständige PC-Systeme mit PCI Express 4.0 möglich werden. Bei der Radeon VII handelt es sich um eine einfache Unterstützung des neuen Standards mit natürlich der Abwärtskompatiblität zu PCI Express 3.0 – die Karte läuft also praktisch in diesem Modus, welchen das jeweilige Mainboard vorgibt. Auch bei Ryzen 3000 ist dies eine Frage des jeweils benutzten Mainboards: Die bisherigen AM4-Platinen haben natürlich noch keinen Support von PCI Express 4.0, laufen dann also unter PCI Express 3.0. Dafür braucht AMD aber auch keinen neuen Sockel und nicht zwingend neue Chipsätze und Platinen für Ryzen 3000, wird die von Anfang an versprochene Plattform-Kontinuität somit eingehalten. Nur wer PCI Express 4.0 wirklich nutzen will, ist also auf eine neue Platine angewiesen – was wohl Aufgabe des kommenden X570-Chipsatzes sein wird, der zur Computex vorgestellt werden soll. Im übrigen sollten allerdings auch neue AMD-Platinen basierend auf älteren Chipsätzen diese Funktionalität zu PCI Express 4.0 zur Verfügung stellen können, da die hierfür notwendige Chipsatz-Funktionalität schließlich in den Ryzen-Prozessoren selber steckt und die Mainboards eigentlich nur den passenden Steckplatz mitbringen müssen.

Nachtrag vom 11. Januar 2019

Stichwort PCI Express 4.0: Zwar wird es den offiziellen Support für jenes Feature erst mit den neuen Mainboard-Chipsätzen B550 & X570 geben, allerdings ist PCI Express 4.0 durchaus auch auf Mainboards mit den bestehenden 300er und 400er Chipsätzen realisierbar. Wie Tom's Hardware unter Berufung auf eine Bestätigung seitens AMD ausführen, sind dafür noch nicht einmal neue Mainboards erforderlich – PCI Express 4.0 ist auch auf einigen bestehenden Mainboards nachträglich aktivierbar. Dafür muß die Verdrahtung des Mainboards entsprechend hochwertig sein und vor allem der Grafik-Steckplatz (normgerecht) nahe an der CPU sitzen, damit die Signalwege nicht zu lang werden. Die Mainboard-Hersteller müssen dies dann für jenes einzelne Mainboard validieren und nachfolgend per BIOS-Update freischalten – worauf AMD keinen Einfluß hat, dies ist eine freie Entscheidung der Mainboard-Hersteller. Ob dies bei vielen älteren Platinen geschieht, wäre somit zu bezweifeln – allerdings ist damit klar, das neu herauskommende Mainboards auf Basis der 300er/400er Chipsätze somit problemlos mit dem Support von PCI Express 4.0 erstellbar sind (wie dies schon erwartet wurde).

Bei AnandTech hat man von AMD hingegen Detail-Informationen zu Chiplets & TDP von "Matisse" eingeholt, der Desktop-Ausführung von Zen 2 unter dem späteren Verkaufsnamen "Ryzen 3000". So sollen die Matisse-basierten Prozessoren in derselben TDP-Bandbreite wie Ryzen 2000 herauskommen – sprich von 35 Watt bis 105 Watt. Da "Matisse" dann alles abdeckt, was im Consumer-Bereich (außerhalb von Threadripper) kommt, würde dies bedeuten, das AMD auch seine potentiellen Zen-2-basierten 16-Kerner noch in diese TDP von 105 Watt pressen will. Die 7nm-Fertigung von TSMC würde demzufolge eine Verdopplung der Kern-Anzahl bei gleichbleibendem Stromverbrauch ermöglichen – was ein sehr starkes Ergebnis wäre. Ganz beschrieen werden sollte diese Nachricht aber noch nicht, denn ein 16-Kerner mit 105 Watt TDP bleibt eine grenzwertige Angelegenheit – und wenn dann real eine höhere TDP-Marke herauskommt, wäre dies auch nicht so tragisch. Der entscheidende Punkt von Zen 2 ist derzeit sowieso eher, das AMD gemäß seiner CES-Demonstration mit einem Zen-2-basierten Achtkerner das Cinebench-Resultat eines Core i9-9900K erreichen konnte, ohne aber wie der Intel-Prozessor die TDP-Grenze maßgeblich zu reißen.

Denn die generelle Schlagkräftigkeit von 12- und 16-Kern-Prozessoren im normalen Consumer-Segment muß sich erst noch erweisen – viel wichtiger dürfte sein, was AMD bei den 6- und 8-Kern-Prozessoren hinbekommt, da dort das größere Geschäft (auch mit den PC-Herstellern) wartet. Das AMD hierbei gute Karten mittels Zen 2 hat, darauf weist die CES-Demonstration sicherlich schon hin. Eine Option, die AMD dagegen derzeit nicht bemühen wird, ist die Auflage von Matisse-Prozessoren mit einem Compute-Die (mit 8 CPU-Kernen), dem obligatorischem I/O-Die – und dann einem Graphics-Die auf dem freibleibenden Platz, sprich eine Matisse-basierte APU. Dieser These hat AMD gegenüber AnandTech eine Absage erteilt und selbiges mit dem gänzlich anderen Ansatz von APUs (Mobile zuerst & niedrigere Kostenlage) begründet. Diese Aussage muß natürlich nicht für zukünftige Chiplet-Generationen von AMD gelten – doch primär müssen für diesen Chiplet-Ansatz zuerst einmal die Kosten sinken, ehe man selbiges auch im APU-Bereich ins Auge fassen kann. Zukünftig dürfte sich AMD sicherlich dieser Idee zuwenden, der Chiplet-Ansatz macht es schließlich naheliegend, irgendwann alle CPUs & APUs nur noch aus einem Baukasten-System zu erstellen. Dieses Jahr dürfte da aber nichts mehr passieren, denn die "Picasso" nachfolgende "Renoir"-APU steht (obwohl technisch zu Zen 2 gehörend) erst im Jahr 2020 auf AMDs Roadmap.