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AMD stellt die Radeon RX 6000M Serie an RDNA2-basierten Mobile-Beschleunigern vor

Als ersten Punkt von AMDs Computex-Vortrag hat AMD die Radeon RX 6000M Serie an Mobile-Beschleunigern auf RDNA2-Basis offiziell gemacht. Hiermit wagt AMD nach Jahren der fast völligen Abstinenz aus dem Mobile-Markt und dem ersten, kleinen Schritt zurück mit der Radeon RX 5000M Serie nunmehr einen echten Widereintritt ins Mobile-Segment, welches nach langjähriger nVidia-Dominanz somit wieder ein ernsthaftes Konkurrenz-Angebot bekommt. Vorgestellt wurden die drei Mobile-Lösungen Radeon RX 6600M, 6700M und 6800M, wobei erstere auf Basis des Navi-23-Chips erscheint und die beiden letztgenannten auf Basis des Navi-22-Chips. Der Navi-21-Chip schafft es somit nicht ins Mobile-Segment – was jedoch wenig verwundert, da dies bei nVidia (GA102) auch nicht anders ist.

Radeon RX 6600M Radeon RX 6700M Radeon RX 6800M
Chip-Basis AMD Navi 23 AMD Navi 22 AMD Navi 22
Technik 28 Shader-Cluster (1792 FP32-Einheiten), 32 MB Infinity Cache, 128 Bit GDDR6-Interface 36 Shader-Cluster (2304 FP32-Einheiten), 80 MB Infinity Cache, 160 Bit GDDR6-Interface 40 Shader-Cluster (2560 FP32-Einheiten), 96 MB Infinity Cache, 192 Bit GDDR6-Interface
Chip-Takt ?/2177/? MHz ?/2300/? MHz ?/2300/? MHz
Speicher 8 GB GDDR6 @ 14 Gbps 10 GB GDDR6 @ 16 Gbps 12 GB GDDR6 @ 16 Gbps
reguläre TGP bis zu 100 Watt bis zu 135 Watt 145 Watt "und mehr" (+15 Watt dynamischer Spielraum per Smartshift)
Release 31. Mai 2021 31. Mai 2021 31. Mai 2021
Taktraten-Angaben: 1. Base Clock, 2. Game Clock, 3. Boost Clock  (wobei Base- und Boost-Clock derzeit fehlen)

Bei der Namenswahl bietet AMD über das Fehlen des größten Grafikchips im Mobile-Segment leider nur dieselbe teilweise "Falschbenennung" wie nVidia auf: Denn die Radeon RX 6800M auf Basis des Navi-22-Chips entspricht auf dem Desktop einer Radeon RX 6700 XT – und nicht einer Radeon RX 6800 oder 6800 XT. Bei nVidia ist dies wie gesagt nicht anders, auch dort entspricht die GeForce RTX 3080 Laptop nur einer GeForce RTX 3070 Desktop. Die restlichen Benennungen sind hingegen zutreffend, abgesehen von einem Mobile-typischen Performance-Abschlag, welcher über niedrigere Stromverbrauchs-Limits erzeugt wird. Die diesbezüglichen Angaben von AMD sind (derzeit) leider wenig weniger genau als bei nVidia, es wird zu allen Mobile-Lösungen nur eine maximal mögliche TGP genannt, zudem kann zumindest die Radeon RX 6800M darauf auch noch dynamisch 15 Watt mehr über das "Smartshift"-Feature legen. Jenes funktioniert äquivalent zu nVidias "Dynamic Boost 2.0", wo vom Prozessor eventuelle TDP-Reserven abgeknöpft und dem Grafikchip zugeschrieben werden.

Mit der Namenswahl versucht AMD natürlich, das Performance-Level der ähnlich benannten nVidia-Lösungen zu suggerieren bzw. drückt dies auch über seine eigenen Benchmarks aus. Jene wurden allerdings nicht auf wirklich vergleichbaren Geräten erstellt, denn insbesondere im Vergleich GeForce RTX 3080 Laptop (115+15W) gegen Radeon RX 6800M (145+15W) hat die AMD-Lösung einen deutlichen TGP-Vorteil für sich – und dies obwohl es durchaus Notebooks mit GeForce RTX 3080 Laptop auf vergleichbar hoher TGP gibt (real genutzte TGP-Werte laut der ComputerBase). In gewissen Sinne ergibt sich somit aus den AMD-eigenen Benchmarks bereits der Punkt, dass zumindest ein Vergleich auf wirklich gleicher TGP klar an nVidia gehen müsste. Die TGP-Differenz im anderen AMD-erstellten Vergleich von GeForce RTX 3060 Laptop (90+5W) gegen Radeon RX 6600M (100W) ist kleiner und vielleicht kommt die AMD-Lösung auf gleicher TGP somit wirklich an die nVidia-Lösung heran – eine sichere Aussage hierzu läßt sich aus diesen AMD-Benchmarks jedoch nicht gewinnen.

Generell betrachtet spricht sowieso die Technik-Ansetzung dagegen, dass AMD diese Performance-Vergleiche gewinnen kann: Bei GeForce RTX 3080 Laptop gegen Radeon RX 6800M stehen sich 48 zu 40 Shader-Cluster zugunsten von nVidia gegenüber, bei GeForce RTX 3060 Laptop gegen Radeon RX 6600M immerhin noch 30 zu 28 Shader-Cluster. Jene sind bekannterweise überhaupt nicht direkt vergleichbar, aber vom Performance-Bild aus dem Desktop-Bereich her ist bekannt, dass die Shader-Cluster von Ampere auf gleichem Takt um die 30-35% mehr Performance als die Shader-Cluster von Turing erbringen, während AMD seinerseits zwischen RDNA1 und RDNA2 mit deutlich höheren Taktraten angerückt ist. In der Summe kann sich dies fast ausgleichen, mit allerdings immer noch gewissem Vorteil pro nVidia. Somit braucht AMD's RDNA2 üblicherweise mindestens die gleiche und eher eine leicht höhere Anzahl an Shader-Clustern, um mit nVidia's Ampere mitzuhalten. Dies trifft jedoch keinen dieser Mobile-Vergleiche (gemäß des Verkaufsnamens) zu – welche AMD somit in dieser Form kaum gewinnen kann.

AMD nVidia
GeForce RTX 3080 Laptop
GA104, 48 SM @ 256 Bit, 8/16 GB GDDR6, 80-150W +15W
Radeon RX 6800M
Navi 22, 40 CU @ 192 Bit, 12 GB GDDR6, ≤145W +15W
GeForce RTX 3070 Laptop
GA104, 40 SM @ 256 Bit, 8 GB GDDR6, 80-125W +15W
Radeon RX 6700M
Navi 22, 36 CU @ 160 Bit, 10 GB GDDR6, ≤135W
GeForce RTX 3060 Laptop
GA106, 30 SM @ 192 Bit, 6 GB GDDR6, 60-115W +15W
Radeon RX 6600M
Navi 23, 28 CU @ 128 Bit, 8 GB GDDR6, ≤100W
GeForce RTX 3050 Ti Laptop
GA107, 20 SM @ 128 Bit, 4 GB GDDR6, 35-80W +15W
GeForce RTX 3050 Laptop
GA107, 16 SM @ 128 Bit, 4 GB GDDR6, 35-80W +15W

Allerdings fehlt im Mobile-Segment auch der eigentliche Bewertungsmaß in Form der jeweiligen Preispunkte – eine Radeon RX 6800M braucht sich schließlich nicht mit einer GeForce RTX 3080 Laptop herumärgern, wenn jene den Notebook-Hersteller letztlich zum Preispunkt der GeForce RTX 3070 Laptop angeboten wird. Und diesbezüglich darf man durchaus von einer aggressiven Preisgestaltung seitens AMD ausgehen – gerade weil selbige OEM-Preise eigentlich nie an die Öffentlichkeit dringen und man daher keine psychologischen Nachteile fürchten muß (ein niedriger Listenpreis wird im Massenmarkt teilweise als Zeichen für ein zurückhängendes Produkt verstanden). Durchaus möglich, dass AMDs Radeon RX 6000M Serie im Performance/Preis-Verhältnis der GeForce 30 Mobile-Serie deutlich überlegen ist – was sich jedoch mangels Preisinformationen schwerlich jemals belegen lassen wird. Allenfalls wird die Zeit zeigen, ob AMDs Mobile-Lösungen nicht generell zu günstigeren Notebook-Preisen führen und der Vergleich gemäß der reinen Namenswahl somit nicht zielführend ist.

Nachtrag vom 1. Juni 2021

Der Umstand, dass AMD seine eigenen Benchmarks zur Radeon RX 6000M Serie nicht auf wirklich vergleichbaren Stromverbrauchs-Werten angesetzt hat, kam auf Twitter zum einen nicht gut an, hat zum anderen aber auch Fragen nach der Korrektheit dieser Angaben nach sich gezogen. Laut der ComputerBase, woher diese Angaben stammen, stimmt dies jedoch alles: AMDs eigenes Test-Gerät mit Radeon RX 6800M lief auf 145 Watt Base-TGP und sogar (zusätzlichen) 15% (nicht 15W, wie ursprünglich berichtet) dynamischen Spielraum. Auf nVidia-Seite hatte AMD dann ein Asus ROG Strix Scar 15 verwendte, welches sowohl laut Asus-Webseite als auch der Übersichtsliste bei Notebookcheck mit 115W Base-TGP sowie 15W dynamischen Spielraum operiert. Eine Restchance auf einen Irrtum besteht natürlich weiterhin – denn nur AMD kann letztlich aufklären, welches Setting beim konkreten Test tatsächlich anlag.

Anderseits ist es vom Prinzip her unwahrscheinlich, dass AMD mit nur 40 Shader-Clustern (Radeon RX 6800M) auf dieselbe Performance kommt wie nVidia mit gleich 48 Shader-Clustern (GeForce RTX 3080 Laptop), selbst angenommen einer höheren Energieeffizienz erscheint dies als zu großer Hardware-Unterschied. Ob AMD jedoch überhaupt eine höhere Energieeffizienz im Mobile-Segment aufweist, muß sich erst noch erweisen. Im Desktop ist dies trotz klar besserer Fertigung (7nm TSMC vs. 8nm Samsung) nicht wirklich das Fall – aber natürlich liegen die Dinge im Mobile-Segment immer noch ein wenig anders. Nichtsdestotrotz hat AMD hierbei sogar die schlechteren Karten, denn nVidia hat zweifelsfrei mehr Erfahrung darin, seine Mobile-Lösungen möglichst energieeffizienz auf Performance zu bringen, während AMD gerade erst aus einer Phase herauskommt, wo man das Mobile-Segment mit seinen Grafiklösungen jahrelang links liegengelassen hatte.

Notebookcheck haben sich nun auch dieser Performance-Frage zugewandt und hierzu die bereits von einigen Seiten vorliegenden Testberichte zu ersten Notebooks mit Radeon RX 6000M Mobile-Grafiklösungen studiert bzw. mit eigenen Benchmarks verglichen. Dabei zeigte sich genauso das Bild, dass eine auf maximaler TGP von 160W laufende Radeon RX 6800M nur dann mit GeForce RTX 3080 Laptop-Lösungen mithalten kann, wenn die nVidia-Lösung auf deutlich niedrigerer TGP läuft – im konkreten Beispiel sogar auf einer Max-TGP von nur 100 Watt. nVidia-Lösungen mit gleichwertig hoher TGP kommen dann laut Notebookcheck jeweils beachtbar besser heraus. Die Ergebnisse der vorliegenden Testberichte zur Radeon RX 6000M sind allerdings nicht einheitlich, bei Dave2D @ YouTube soll auf beiderseits 140W TGP tatsächlich ein grober Performance-Gleichstand herrschen. Allerdings liefern die allermeisten der vorliegenden Testberichte keine besonders präsisen Angaben zur Frage der TGPs: Und immer dann, wenn nur ein einzelner Wert angegeben wird, verbleibt das Restrisiko, was damit gemeint sein könnte (Base-TGP oder Max-TGP) und ob der Tester überhaupt diese Differenz verinnerlicht hat.

Generell ist zu empfehlen, für Notebook-Tests immer beide Werte anzugeben – oder halt die Base-TGP samt dynamischen Spielraum. Letzterer ist eben nicht gleichwertig zur Base-TGP, weil hierfür immer nur dynamisch TDP-Reserven von der CPU abgezogen werden und somit die Performance-Effizienz dieser TDP-Umschichtung anzunehmenderweise niemals ähnlich hoch ist wie bei einer entsprechend höheren Base-TGP. Noch besser ist es, die offiziellen Stromverbrauchswerte zudem gleich selber nachzuprüfen, normalerweise läßt sich eine maximal zulässige Strombelastung (bei ausreichender Kühlung) mit entsprechenden Volllast-Benchmarks jederzeit nachstellen. Dabei könnte man sogar erkennen, ob das Notebook nicht viel eher in ein Temperatur-Limit läuft und somit nicht die volle Performance gemäß seiner TGP-Klasse erreichen kann. All dies sind für den Notebook-Käufer sicherlich wertvolle Informationen – bedingen aber natürlich, das man sich seitens der Hardwaretester mit dem Themenkomplex TGP & Power-Limitierung wirklich auseinandersetzt.