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AMDs Radeon R400 Serie anscheinend erneut mit vielen Rebrandings

Golem berichten über eine Aussage von AMD-Chefin Lisa Su, wonach AMD im Jahr 2016 das komplette Grafikkarten-Portfolio erneuern will. Wohlgemerkt sprach die AMD-Chefin hierbei von Grafikkarten und nicht von Grafikchips – daran, daß es nächstes Jahr nur zwei neue AMD-Grafikchips geben soll, ändert sich also nichts. Dies bedeutet zumindest, daß man die Radeon R400 Serie der Artic-Islands-Generation bereits im Jahr 2016 so breit herausbringen wird, daß die Radeon R300 Serie komplett außer Dienst gestellt werden kann. Sofern wirklich nur zwei neue AMD-Grafikchips kommen, geht damit kaum ein Weg an Rebrandings vorbei – und zwar großzügigen Rebrandings, für eine komplette Grafikkarten-Serie benötigt man heutzutage gut und gerne vier differierende Grafikchips.

Es deutet sich damit immer mehr an, daß AMD im Portfolio der Radeon R400 Serie zwei neue und zwei oder drei alte Grafikchips verwenden wird. Ziemlich sicher ist bereits, daß Greenland der neue Enthusiasten- und Profi-Chip wird, welcher (klar) oberhalb des Leistungspotentials des Fiji-Chips geht. Ein Performancezuwachs von 100% ist allerdings angesichts der zu erwartenden Anlaufschwierigkeiten bei der 14nm-Fertigung, der höheren Kostenlage dieser Fertigung sowie der voraussichtlichen Hinzunahme von Profi-Features in diesen Grafikchip (im Gegensatz zu Fiji, welche einen reinen Gamer-Chip darstellt) nicht zu erwarten, eher realistisch ist eine Prognose von 50-70% Performancezuwachs. Damit würde man bestenfalls ins (voraussichtliche) Performancefeld der Radeon R9 Fury X2 gelangen – mit einer SingleChip-Lösung wohlgemerkt.

Southern Islands Volcanic Islands Pirate Islands
Verkaufsname Radeon HD 7000 Serie Radeon R200 Serie Radeon R300 Serie
Enthusiast Tahiti
365mm² @ 28nm TSMC
GCN 1.0, DirectX 11.2a (DX12 in Software)
2048 Shader-Einheiten
384 Bit DDR GDDR5-Interface
Perf.Index: von 300% bis 400%
Hawaii
438mm² @ 28nm TSMC
GCN 1.1, DirectX 12.0
2816 Shader-Einheiten
512 Bit DDR GDDR5-Interface
Perf.Index: von 480% bis 520%
Fiji
596mm² @ 28nm TSMC
GCN 1.2, DirectX 12.0
4096 Shader-Einheiten
4096 Bit DDR HBM1-Interface
Perf.Index: von 600% bis 670%
HighEnd - Tahiti
365mm² @ 28nm TSMC
GCN 1.0, DirectX 11.2a (DX12 in Software)
2048 Shader-Einheiten
384 Bit DDR GDDR5-Interface
Perf.Index: von 300% bis 400%
Hawaii
438mm² @ 28nm TSMC
GCN 1.1, DirectX 12.0
2816 Shader-Einheiten
512 Bit DDR GDDR5-Interface
Perf.Index: von 530% bis 570%
Performance Pitcairn
212mm² @ 28nm TSMC
GCN 1.0, DirectX 11.2a (DX12 in Software)
1280 Shader-Einheiten
256 Bit DDR GDDR5-Interface
Perf.Index: von 225% bis 270%
Pitcairn
212mm² @ 28nm TSMC
GCN 1.0, DirectX 11.2a (DX12 in Software)
1280 Shader-Einheiten
256 Bit DDR GDDR5-Interface
Perf.Index: 245% bis 300%
Tonga
359mm² @ 28nm TSMC
GCN 1.2, DirectX 12.0
2048 Shader-Einheiten
256 Bit DDR GDDR5-Interface
Perf.Index: von 360% bis 390%
Mainstream Cape Verde
123mm² @ 28nm TSMC
GCN 1.0, DirectX 11.2a (DX12 in Software)
640 Shader-Einheiten
128 Bit DDR GDDR5-Interface
Perf.Index: von 70% bis 145%
Bonaire
160mm² @ 28nm TSMC
GCN 1.1, DirectX 12.0
896 Shader-Einheiten
128 Bit DDR GDDR5-Interface
Perf.Index: von 175% bis 200%
Pitcairn
212mm² @ 28nm TSMC
GCN 1.0, DirectX 11.2a (DX12 in Software)
1280 Shader-Einheiten
256 Bit DDR GDDR5-Interface
Perf.Index: 260%
LowCost - Oland
~100mm² @ 28nm TSMC
GCN 1.0, DirectX 11.2a (DX12 in Software)
384 Shader-Einheiten
128 Bit DDR GDDR5-Interface
Perf.Index: von 60% bis 110%
Bonaire
160mm² @ 28nm TSMC
GCN 1.1, DirectX 12.0
896 Shader-Einheiten
128 Bit DDR GDDR5-Interface
Perf.Index: 185%

Für alle in der Radeon R400 Serie benutzten Grafikchips darunter muß man immer einrechnen, daß die benutzten älteren Grafikchips dann regulärerweise immer eine Stufe nach unten rutschen sollten – und sich dies für AMD dann immer noch rechnen muß. Den Tonga-Chip beispielsweise können wir uns eher schwerlich im Mainstream-Feld vorstellen, dafür ist jener mit 352mm² Chipfläche eigentlich zu dick. Eher interessant zur Weiterverwendung wäre der Haiwaii-Chip mit seinen 438mm² Chipfläche, was für das HighEnd-Feld noch gut verwendbar wäre – allerdings steht der Hawaii-Chip bereits in diesem Marktbereich, und durch dessen bereits erfolgtes Rebranding bleibt kaum noch Platz für weitere Leistungssteigerungen. Eine halbwegs sichere Wahl zur Weiterverwendung ist derzeit nur der Bonaire-Chip mit seinen 160mm² Chipfläche, welcher wohl vermutlich AMDs zukünftige LowCost-Lösungen der Radeon R400 Serie befeuern wird.

Im Raum zwischen Bonaire und Greenland bieten sich dann drei voneinander abweichende Lösungen an: Erstens könnte AMD ganz konservativ vorgehen und die jeweils neuesten Chips weiterverwenden, sprich Tonga für das Mainstream-Segment und Fiji für das HighEnd-Segment – Ellesmere/Baffin wäre dann der neue Performance-Chip. Gegen diese Lösung spricht, daß AMD hierfür auch Hawaii weiterverwenden könnte und daß sich dann eine größere Lücke zwischen Tonga und Bonaire auftun würde (in welcher derzeit noch der Pitcairn-Chip steht). Zweitens könnte AMD davon ausgehen, wo es derzeit am meistens zwickt und mittels Ellesmere/Baffin den Pitcairn-Chip im Mainstream-Segment ablösen, Fiji-, Hawaii- und Tonga-Chip könnte dann erneut benutzt werden (oder auch nur zwei davon). Und drittens könnte AMD versucht sein, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen und die teuren Fiji- und Hawaii-Chips durch Ellesmere/Baffin als HighEnd-Lösung zu ersetzen, das restliche Portfolio würden dann Tonga und Bonaire bilden. Auch hier gäbe es allerdings dann wieder das Problem der großen Lücke zwischen Tonga und Bonaire.

mögliche Arctic-Islands-Portfolios (Radeon R400 Serie)
Variante 1 Variante 2 Variante 3
Portfolio Greenland
Fiji
Ellesmere/Baffin
Tonga
Bonaire
Greenland
Fiji
Hawaii
Tonga  (?)
Ellesmere/Baffin
Bonaire
Greenland
Ellesmere/Baffin
Hawaii  (?)
Tonga
Bonaire
Rolle von
Ellesmere/Baffin
Performance-Chip in Ablösung von Hawaii Mainstream-Chip in Ablösung von Pitcairn (möglicherweise auch Pitcairn & Tonga) HighEnd-Chip in Ablösung von Fiji & Hawaii (möglicherweise auch nur Fiji)
Probleme große Lücke zwischen Tonga und Bonaire - große Lücke zwischen Tonga und Bonaire

Welche dieser Lösungen zutrifft, ist ungewiß und derzeit schlicht spekulativ. Auch ist schon zu erahnen, daß es kaum perfekten Lösungen geben wird, wenn AMD wirklich nur zwei neue Grafikchips verwenden will – eigentlich würde man eher drei neue Grafikchips benötigen, um sowohl die großen Löcher im Portfolio zu stopfen als auch nicht zu stark auf alte, (dann) ineffiziente Grafikchips setzen zu müssen. All zu deutlich sollte man sich in diesen Fragen aber sowieso noch nicht festlegen, da nicht wirklich sicher gesagt werden kann, mit wievielen Grafikchips AMD im Radeon R400 Serie Portfolio letztlich hantieren will. Weitere Informationsfetzen zu diesem Thema dürften aber sicherlich alsbald nachfolgen und damit den Sachbestand weiter beleuchten.

Daß es zu diesen großzügig benutzten Rebrandings kommen wird, ist dagegen ziemlich sicher angesichts der Aussage der nur zwei neuen AMD-Grafikchips im Jahr 2016. Sofern sich daran nichts ändern sollte, bleibt AMD schließlich gar kein anderer Weg, als mit Rebrandings zu arbeiten. Selbst ein sehr gestrafftes Portfolio mit nur drei Grafikchips würde dann zumindest einen Rebranding-Grafikchip umfassen – ist aber sowieso unwahrscheinlich, heutzutage sind 4-5 Grafikchips für ein komplettes Portfolio notwendig. Mit diesen erneuten Rebrandings macht sich AMD natürlich nicht beliebter – um genau zu sein, hier ist ein großer Grund der Absatzschwierigkeiten von AMD zu finden. Sicherlich spart AMD hierfür auch massiv Kosten für die Entwicklung neuer Grafikchips (bzw. kann die Entwicklungsteams konzentriert auf die einzeln daherkommenden Chips ansetzen, anstatt jene ein ganzes Chip-Portfolio zur selben Zeit entwickeln müssen) – aber ob es die Negativpunkte wert ist, welche AMD hierfür gerade im Schlagwort-getriebenen Massenmarkt bekommt, sei doch bezweifelt.

Nachtrag vom 4. Dezember 2015

Aus unserem Forum kommen noch viele andere Auslegungsmöglichkeiten des kommenden Arctic-Islands-Portfolios: Denkbar wäre auch ein viel kleinerer Ansatz, welcher zuerst Mainstream- und HighEnd-Chips ersetzt, um dann mit einer neuen Enthusiasten-Lösung erst dann anzutreten, wenn die 14nm-Fertigung dafür wirklich reif ist. Immerhin gilt, daß man gerade die Fiji-basierten Grafikkarten durchaus noch mittels der Verwendung von HBM2-Speicher über das Jahr 2016 retten könnte – erst einmal würde das (potentiell) eine höhere Speicherbandbreite und zweitens eine größere Speichermenge (8 GB) ergeben. Am Ende ist es ironischerweise so, daß man eigentlich das komplette AMD-Lineup ersetzen müsste, sich bis auf Bonaire für LowCost-Bedürfnisse kein einziger der aktuellen AMD-Grafikchips wirklich für die Übernahme in die Radeon R400 Serie anbieten würde. AMD ist also wirklich gut darin beraten, die Rate der Rebrandings bei der Radeon R400 Serie möglichst gering zu halten bzw. die kommenden Rebrandings nachfolgend möglichst schnell durch 14nm-Lösungen zu ersetzen.