22

Die nVidia-Geschäftsergebnisse im dritten Quartal 2023

nVidia hat seine Geschäftsergebnisse für das sinngemäße dritte Jahresquartal 2023 vorgelegt, welches in nVidias vom Kalender abweichender Fiskalordnung das dritte Finanzquartal des Finanzjahres 2024 bildet und von August bis Oktober 2023 lief. In diesem Zeitraum ging nVidias "großer Sprung nach vorn" unvermittelt weiter: Lag man im ersten Jahresquartal bei 7,2 Mrd. Dollar Umsatz, ging es im zweiten Quartal auf 13,5 Mrd. (+88%) hinauf und nummehr im dritten Quartal auf 18,1 Mrd. (+34%). nVidias eigene Prognose von 16,0 Mrd. Dollar wurde somit satt überboten und im Endeffekt wird nVidias aktueller Erfolg nur durch die begrenzten Fertigungskapazitäten an HPC/KI-Beschleunigern limitiert bzw. kann nVidia derzeit "nur" noch so viel wachsen, wie auch die entsprechenden Fertigungskapazitäten (insbesondere das Packaging) ausgeweitet werden.

Q3/2022 Q4/2022 Q1/2023 Q2/2023 Q3/2023
Umsatz 5931 Mio. $ 6051 Mio. $ 7192 Mio. $ 13'507 Mio. $ 18'120 Mio. $
(nomineller) Gewinn 680 Mio. $ 1414 Mio. $ 2043 Mio. $ 6188 Mio. $ 9243 Mio. $
Bruttomarge 53,6% 63,3% 64,6% 70,1% 74,0%
operativer non-GAAP-Gewinn 1536 Mio. $ 2224 Mio. $ 3052 Mio. $ 7776 Mio. $ 11'557 Mio. $

Besonders bezeichnend fiel dieses erneute Rekordquartal in einen Zeitraum weit entfernt von jeglicher Produkt-Neueinführung – es gab zwar die Ankündigung von H200, aber jene wird erst nächstes Jahr verfügbar werden. Auch bei den Gewinn-Zahlen stellte nVidia neue Rekordwerte auf, besonders markant der enorm hohe operative Gewinn von 11,6 Mrd. Dollar sowie die Bruttomarge von 74,0%. Dies zeigt (erneut) auf eine Vollauslastung der Fertigung hin und zugleich auf einen echten Sondereffekt – welcher hier dadurch existiert, dass nVidia derzeit alle verfügbaren KI-tauglichen Beschleuniger faktisch aus den Händen gerissen werden. Durch die auch in diesem Feld markante Marktführerschaft nVidias (bei geschätzt 80-90% Marktanteil) ist letztlich jeder Preis zu machen und steigen somit die Gewinne der sowieso schon teuer verkauften HPC-Beschleunigern um so mehr an.

Der Blick auf die Einzelsparten zeigt dann auch, dass das DataCenter-Segment inzwischen für glatte 80% von nVidias Gesamtumsatz steht – Tendenz weiterwachsend, während es bei den anderen Sparten vergleichsweise kaum eine Bewegung gibt. Die Gaming-Sparte verbesserte sich um durchaus nicht schlechte +14,9% (wie gesagt in einem Quartal ohne neu in den Markt gekommene Produkte), aber da der Zugewinn der DataCenter-Sparte mit +40,6% bedeutsam größer ausfiel, dürfte die Gaming-Sparte auch zukünftig bei nVidia immer weiter zurückgedrängt werden. Schon jetzt ist nVidia bei 80% HPC-Anteil klar als HPC-Firma zu kennzeichnen – und wenn man (hypothetisch) morgen das Gaming-Geschäft abstoßen sollte, würde das von den Geschäftszahlen her kaum wirklich auffallen.

Umsätze Q3/2022 Q4/2022 Q1/2023 Q2/2023 Q3/2023
Gaming  (GeForce & Switch) 1574 Mio. $ 1831 Mio. $ 2240 Mio. $ 2486 Mio. $ 2856 Mio. $
Data Center  (HPC/KI) 3833 Mio. $ 3616 Mio. $ 4284 Mio. $ 10'323 Mio. $ 14'514 Mio. $
Professional Visualization  (ex-Quadro) 200 Mio. $ 226 Mio. $ 295 Mio. $ 379 Mio. $ 416 Mio. $
Auto  (Tegra) 251 Mio. $ 294 Mio. $ 296 Mio. $ 253 Mio. $ 261 Mio. $
OEM & Other 73 Mio. $ 84 Mio. $ 77 Mio. $ 66 Mio. $ 73 Mio. $

Und so ist es aus Konsumenten-Sicht ein zweischneidiges Schwert, wenn nVidia derart einseitig vom Erfolg umgerannt wird. Da kommen dann schnell einige Befürchtungen auf: Wie, dass nVidia zukünftig im Gaming-Segment einfach nur noch abkassiert und vergleichsweise wenig zum Fortschritt beträgt. Oder dass man die Milliarden-Gewinne dazu nutzt, um sich im Gaming-Segment auf Ewigkeiten die Spitzenposition zu sichern, was aber auch wieder die anderen Marktteilnehmer entmutigt. In beiden Fällen bliebe (voraussichtlich) kein besonders spannender Grafikkarten-Markt zurück – etwas, was man aus einigen Blickwinkeln heraus teilweise bereits über das aktuelle Grafikkarten-Angebot sagen kann.

Rein aus geschäftlicher Sicht katapultieren der neuerliche Umsatz-Anstieg nVidia nunmehr eindeutig an Intel vorbei auf den ersten Platz der drei großen Chip-Entwickler des PC-Bereichs. Die aktuell von nVidia erreichten 18,1 Mrd. Dollar Quartalsumsatz wären selbst für Intel eine gutklassige Größe gewesen, der erste Platz für nVidia ist also nicht nur der aktuellen Schwäche Intels geschuldet. Der von nVidia für das vierte Jahresquartal 2023 prognostizierte Quartalsumsatz von 20,0 Mrd. Dollar (±2%) wäre zudem auch für Intel ein absoluter Spitzenwert, welchen Intel bislang nur in zwei Quartalen jemals (leicht) überboten hat. Da Intel aber derzeit weit weniger stark zurückkommt, als nVidia (weiter) vorlegt, dürfte nVidia mit dem vierten Jahresquartal den Abstand zu den Verfolgern sogar noch leicht vergrößern.

Damit treffen die an dieser Stelle schon frühzeitig im Jahr erstellten Prognosen zu, wonach nVidia durchaus eine Chance hat, im Gesamtjahr 2023 Intel beim Umsatz zu überrunden. Inzwischen ergeben auch die Hersteller-eigenen Prognosen genau diesen Ausgang – und es wird noch nicht einmal knapp, sprich Intel kann dies auch nicht über ein "Wunder-Quartal" wieder hinbiegen. Das Jahr 2023 wird den Führungswechsel bei den großen Chip-Entwicklern des PC-Segments sehen, die über viele Jahre um ganze Dimensionen kleinere Firma nVidia wird im Gesamtjahr 2023 beim Umsatz an Intel vorbeiziehen. Noch erreicht nVidia dabei nicht die Höhe von Intels früheren Rekord-Jahren, ist aber mit der Prognose für das laufende Quartal bereits fest dabei, auch diese Umsatz-Größen zukünftig noch anpeilen zu können.

Umsätze AMD nVidia Intel
Q1/2023 5,4 Mrd. $ 7,2 Mrd. $ 11,7 Mrd. $
Q2/2023 5,4 Mrd. $ 13,5 Mrd. $ 12,9 Mrd. $
Q3/2023 5,8 Mrd. $ 18,1 Mrd. $ 14,2 Mrd. $
Prognose Q4/2023 6,1 Mrd. $  (±300 Mio. $) 20,0 Mrd. $  (±2%) 15,1 Mrd. $  (±500 Mio. $)
Quartalsrekord 6,6 Mrd. $  (Q2/2022) 18,1 Mrd. $  (Q3/2023) 20,5 Mrd. $  (Q4/2021)
Prognose 2023 ~23 Mrd. $ ~59 Mrd. $ ~54 Mrd. $
Jahresrekord 23,6 Mrd. $  (2022) 27,0 Mrd. $  (2022) 79,0 Mrd. $  (2021)

Das einzige, was nVidia derzeit etwas stören könnte, sind die US-Importsanktionen gegenüber China, welche nVidia von einem gewichtigen Markt abschneiden (die anderen Anbieter natürlich genauso). Der Effekt dessen ist derzeit jedoch geringfügig, denn alle HPC/AI-Aufträge aus dieser Richtung finden derzeit spielend andere Abnehmer und tatsächlich betroffen sind somit nur die zukünftigen Absätze an HighEnd-Grafikkarten wie der GeForce RTX 4090 sowie nachfolgenden ähnlich starken Modellen. Da das Gaming-Segment aber bei nVidia inzwischen zu klein ist, um echte Auswirkungen auf den gesamten Unternehmensumsatz zu haben, wird dieser Effekt – der ja sowieso nur ein Segment eines Teilmarktes betrifft – zu klein sein, um derzeit geschäftlich (beachtbar) wirksam zu werden.

Zukünftig könnten die Effekte größer ausfallen, denn mit jener neuen Grafikchip-Generation dürften mehr Grafikkarten unter die Embargo-Bestimmungen fallen und somit China in Zukunft auch als Markt für Consumer-Grafikkarten immer mehr ausfallen. So lange aber das HPC/AI-Geschäft weiterhin brummt, kann dies maximal kleine Schrammen für nVidias Geschäftszahlen bedeuten. Selbst die Aussicht, mittels dieses Embargos letztlich die ideele Anschubfinanzierung für eigene chinesische Grafikkarten und HPC-Beschleuniger zu liefern, muß nVidia nicht fürchten, da man zum einen technologisch um Dimensionen voraus ist und zudem China (noch lange) nicht über diese Chipfertigung verfügt, um Projekte der hierfür benötigten Performance-Klasse äquadat fertigen zu lassen.

Das eigentliche geschäftliche Risiko nVidias liegt hingegen direkt im aktuellen Erfolg verborgen: So lange der aktuelle AI-Boom läuft, kann nVidia erst einmal gut verdienen. Niemand kann allerdings sagen, ob dies nicht ein endliches Wachstum ist oder ob nicht eventuell eines Tages auch ein gewisser Einbruch kommt – dann, wenn die ganzen AI-Firmen mal nachrechnen, was man alles investiert hat und was die Konsumenten letztlich real bereit sind für die neuen Möglichkeiten zu zahlen. Neben dem Ende des Booms liegt der zweite Risikofaktor darin, dass je länger der AI-Boom läuft, um so eher Seiteneinsteiger auftauchen und aus dem Geschäft mit KI-Beschleunigern einen echten Markt machen. Hierbei könnte es zum einen technologische Durchbrüche geben, zum anderen aber macht nVidia derart viel Gewinn mit diesen Beschleunigern, dass es selbst technologisch zurückhängende Kontrahenten auch einfach über die Preisschiene versuchen können.

Zu Zeiten eines Überbedarfs (wie derzeit) spielt so etwas keine Rolle, da wird schlicht alles gekauft was verfügbar ist. Aber diese Zeit wird auch vorbeigehen und dann bildet sich ein ernsthafter Markt an KI-Beschleunigern heraus. In diesem dürften man immer noch gut verdienen, kann aber sicherlich nicht mehr jeden Preis diktieren, weil es eben auch andere gangbare wie lieferbare Angebote gibt. Was man jetzt sieht, sind schlicht die typischen Auswirkungen einer (heftigen) Boom-Phase durch das Aufblühen einer neuen Anwendungs-Möglichkeit von IT-Gerätschaften. Auch dieser Boom wird aber zu Ende gehen, irgendwann findet selbst der lukrativste Geschäftszweig sein natürliches Limit. Die Frage ist nur, wie weit nVidia derzeit noch wachsen kann, bevor diese Marktsättigung eines Tages eintritt.