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Hardware-Daten zur Nintendo Wii U: Schwache CPU, aber gutklassige GPU

Sowohl bei PC Perspective als auch bei AnandTech hat man sich die seit kurzem in den USA erhältliche neue Spielekonsole Nintendo Wii U angesehen und selbige auch auseinandergenommen – bei AnandTech sogar bis hin zur Abnahme des Chip-Heatspreaders, womit die darunter verborgenen Chips von CPU und GPU sichtbar wurden. Ziel dieser Aktionen war es natürlich, etwas mehr über die Hardware der Nintento Wii U in Erfahrung zu bringen, nachdem sich Nintendo selber zu dieser Frage bisher in weitgehendes Schweigen gehüllt hat. Zusätzlich gibt es bei Iwata Asks ein ausführliches Interview mit Nintendo zur neuen Spielekonsole.

Nintendo Wii U Mainboard (© Iwata Asks)
Nintendo Wii U Mainboard (© Iwata Asks)
Nintendo Wii U Chips (© AnandTech)
Nintendo Wii U Chips (© AnandTech)

Leider lassen sich trotzdem in den meisten Fällen nur halbwegs belegbare Annahmen zur Hardware der Wii U notieren: So ist die CPU ein PowerPC-basierter Dreikern-Prozessor von IBM, welcher von IBM selber in der 45nm-Fertigung hergestellt wird. Die Architektur der CPU soll dabei etwas älter sein und noch nicht einmal die Klasse der Xenon-CPU in der Xbox 360 erreichen. Dafür spricht auch die Chipfläche, welche von AnandTech mit mickrigen 33mm² angegeben wird – zum Vergleich, selbst ein Ivy-Bridge Zweikern-Prozessor mit nur der GT1-Grafiklösung bringt es in der dramatisch kleineren 22nm-Fertigung schon auf eine Chipfläche von 94mm². Die CPU der Wii U scheint eher in die Größenklasse einer Atom-CPU zu gehen – wobei selbst diese unter der 45nm-Fertigung größere Chipflächen aufgewiesen hat (26mm² für einen SingleCore-Atom ohne integrierter Grafiklösung unter 45nm).

Hier ist wohl keine große Prozessoren-Power zu vermuten, trotz der nominell drei Rechenkerne. In diese Kerbe schlägt auch eine Wortmeldung der Entwickler von Metro: Last Light bei NowGamer, wonach speziell die CPU der Wii U klar zu langsam für eine Umsetzung des Spiels auf die Wii U sein soll. Daß es das Spiel im Gegensatz dazu jedoch für Xbox 360 und Playstation 3 geben wird, ist ein deutlicher Fingerzeig darauf, wo sich die Hardware der Wii U im Vergleich zu diesen inzwischen nun wirklich etwas angegrauten Konsolen einordnen muß. Nintendo wollte eigentlich mindestens das Niveau von Xbox 360 und Playstation 3 schaffen – um somit viele Konvertierungen und damit ein umfangreiches Spieleportfolio zu erreichen – dies scheint aber nicht wirklich gelungen zu sein.

In die andere Richtung hin überraschend ist dagegen die GPU der Wii U, welche von AnandTech mit einer Chipfläche von satten 156mm² angegeben wird – nahezu fünfmal so groß wie die CPU. Hierunter soll sich eine AMD-basierte Grafiklösung des DirectX-10.1-Technologielevels verbergen, welche von Auftragsfertiger Renesas hergestellt wird. Da letzterer wohl derzeit noch keine 28nm-Fertigung anbietet (und der Chip auch viel zu groß für ein 28nm-Produkt ist), sollte es sich demzufolge um eine GPU in der 40nm-Fertigung handeln. Rein theoretisch könnte man in diese Chipfläche zwischen 640 Shader-Einheiten (RV740-Chip mit 137mm² Chipfläche) und 800 Shader-Einheiten (RV840-Chip mit 166mm² Chipfläche) pressen – was jedoch beiderseits angesichts der schwachen CPU als überaus viel erscheint.

Eine mögliche Auflösung der supergroßen Chipfläche der GPU wäre es, wenn diese über direkt eingebetteten eDRAM verfügt, welcher dann gewöhnlich die Chipfläche gut aufbläht. Zwar gibt es noch einen kleinen extra Chip auf dem Trägermaterial mit einer Chipfläche von nur 2,6mm² – dies könnte ebenfalls ein On-Die-Speicher sein, allerdings ist die Bedeutung dieses Chips bislang unklar. Gerade wenn der Grafikchip der Wii U nicht aus der normalen Produktion von AMD bzw. TSMC genommen wird, sondern extra hergestellt wird, würde sich die direkte Einbettung des Speichers durchaus lohnen. Angenommen der eDRAM nimmt ein Drittel der Chipfläche der GPU weg, wären mit dem "Rest" dann noch vielleicht 400 bis 480 Shader-Einheiten realisierbar.

Dies ist immer noch viel angesichts von Xbox 360 (240 Shader-Einheiten einer AMD-GPU) und Playstation 3 (32 Shader-Einheiten einer nVidia-GPU; nicht direkt vergleichbar) – was wiederum erklärt, wieso Nintendo den GPGPU-Faktor der Wii U derart betont: Man hat einfach eine schwache CPU, dafür aber vergleichsweise viel Rechenleistung in der GPU, welche die Spieleentwickler also anstelle der CPU nutzen sollen. Für Spieleumsetzungen von Xbox 360 und Playstation 3 wird dies allerdings kein leichtes Brot, denn dort kann man sich zumeist auf die immer noch gutklassigen CPUs verlassen, welche die – aus heutiger Sicht – schwachen Grafiklösungen dieser Konsolen stützen müssen.

Beim Speicher-Subsystem setzt Nintendo (neben dem eDRAM) auf 2 GB DDR3/1600-Speicher, wovon jeweils 1 GB für die CPU und für die Grafiklösung zur Verfügung stehen. Dies hört sich nach wenig an, ist aber immer noch bedeutend mehr als bei Xbox 360 (512 MB insgesamt) oder Playstation 3 (512 MB insgesamt) – Speichersorgen sollte die Nintendo Wii U also am wenigsten haben. Das Speicherinterface ist allerdings nur 64 DDR breit, was nicht gerade überragend ist, durch den vergleichsweise hohen Speichertakt aber wieder etwas herausgerissen wird. Allerdings reicht die Speicherbestückung kaum aus, um bei den Titeln für die NextGen-Konsolen Xbox 720 und Playstation 4 mitspielen zu können, welche beiderseits mit nicht unter 4 GB Speicher (an einem möglicherweise breiteren Speicherinterface) erwartet werden (Anmerkung: in der originalen Meldung wurde zuerst von einem 32 Bit DDR und dann nachfolgend von einem 128 Bit DDR Speicherinterface gesprochen, dies wurde inzwischen korrigiert).

Nintendo Wii U

  • CPU: IBM PowerPC-basierter TripleCore-Prozessor, 45nm-Fertigung von IBM, Leistungsklasse (wegen schwachem CPU-Design und wahrscheinlich sehr niedriger Taktraten) allerdings höchstens Atom-Niveau
  • GPU: AMD-basierte DirectX-10.1-Grafiklösung nahe des RV740-Chips, wahrscheinlich 400 bis 480 VLIW5 Shader-Einheiten, 40nm-Fertigung von Renesas, wahrscheinlich 32 MB eingebetteter eDRAM, Leistungsklasse (aufgrund wahrscheinlich sehr niedriger Taktraten) irgendwo in Richtung Radeon HD 4650 bis 4670, maximal bis zur Radeon HD 4770
  • Speicher: 2 GB DDR3/1600 an einem 64 Bit DDR Speicherinterface (12,8 GB/sec Speicherbandbreite), jeweils 1 GB für die CPU und 1 GB für die GPU nutzbar

Aber schon grundsätzlich ist dafür die Hardware der Wii U zu schwach – wenn man es grob betrachten wollte, würde man die CPU auf Atom-Niveau und die GPU auf Niveau einer Radeon HD 4650 bis 4670 einordnen. In beiden Fällen kommt als wichtiges Element zur Performance-Einordnung noch hinzu, daß die Taktraten von CPU und GPU wohl wirklich niedrig ausfallen – weil Nintendo ansonsten niemals auf die nur 33 Watt Lastverbrauch kommen würde, welche AnandTech ausgemessen haben. Zum Vergleich: Eine Radeon HD 4770, welche technologisch der Wii U wohl am nächsten kommt, hatte eine TDP von 80 Watt (als komplette Grafikkarte). Diese 33 Watt für ein Spiel unter der Wii U sind nun einmal – auch angesichts der passiven Chipkühlung (es gibt allerdings einen Gehäuselüfter) – nur mit wirklich niedrigen Taktraten erreichbar, welche die Performance der verbauten GPU deutlich nach unten drücken werden.

In der Summe läßt sich die Nintendo Wii U somit als grob gleichwertig zu Xbox 360 und Playstation 3 einschätzen, allerdings mit einer deutlichen Schwäche auf CPU-Seite, dafür aber Stärken auf der GPU-Seite und der verbauten Speichermenge. Aufgrund dieser Eigenheiten dürfte nicht jedes Spiel der aktuellen Konsolengeneration auf die Wii U umsetzbar sein – über die Spiele der NextGen-Konsolen braucht man sich bei der Wii U hingegen keine Gedanken zu machen, dafür ist der generelle Ansatz zu schwach. Dies muß jedoch überhaupt nichts zu den Marktchancen der Wii U sagen, denn trotz späterem Markteinstieg und schwächerer Hardware wurde die orginale Wii deutlich besser verkauft (97 Mill. bis Ende September 2012) als Xbox 360 (67 Mill. bis Ende Oktober 2012) und Playstation 3 (70 Mill. bis Anfang November 2012). Nintendo hat faktisch seinen eigenen Markt und muß sich nicht zwingend mit den anderen Spielekonsolen messen – womit auch die abermals schwache Hardware nicht so großartig ins Gewicht fällt.