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nVidia stellt (zweite) Shield-Konsole vor

Richtig viel Wirbel hat nVidia um seine GTC-Präsentation gemacht: Vorgestellt werden sollte nicht weniger als eine "revolutionäre Gaming-Plattform", an welcher nVidia fünf Jahre gearbeitet haben will. Dabei wurde weder der GM200-Chip noch irgendetwas wirklich überraschendes vorgestellt, sondern einfach nur eine neue Shield-Konsole. Eine solche gab es schon einmal vor einiger Zeit – das seinerzeitige Handheld-Gerät wurde aber rechtzeitig vorher in "Shield Portable" umbenannt, um sich von der neuen Shield-Konsole abzugrenzen. Das Prinzip der Shield-Konsole ist jedoch – abgesehen von Äußerlichkeiten und der konkret verbauten Hardware – geblieben: Es handelt sich schlicht um eine Android-Konsole für den Anschluß an den Fernseher, aufgehübscht durch Funktionen für TV-Streaming (bis zu 4K) und Spiele-Streaming mittels nVidias "GRID" CloudGaming-Service.

Die dafür aufgebotene Hardware ist allerdings deutlich leistungsfähiger als bei der ersten Shield-Konsole: Gab es bei jener nur einen Tegra 4 (QuadCor-CPU ARMv7 samt vor-Kepler-GPU mit 72 Shader-Einheiten), kommt nun ein Tegra X1 zum Einsatz, welcher mit acht ARM-Rechenkernen (ARM v8, 4x Cortex-A57 + 4x Cortex-A53) sowie einer Maxwell-basierten Grafiklösung mit immerhin 256 Shader-Einheiten deutlich mehr Power hat und selbst auf dem PC unteres Einsteiger-Niveau liefern könnte. nVidia betont an dieser Stelle gern die immerhin 512 GFlops Rechenleistung, was doppelt so viel wie bei der Xbox 360 sind – aber natürlich noch weit unter den Performance-Werten der aktuellen Spielekonsolen (PS4 bei 1,84 TFlops samt deutlich besserem Speicherinterface). Damit liegt man sicherlich an der Spitze dessen, was im Mobile-Segment derzeit üblich ist – bzw. sogar deutlich darüber, denn die meisten Mobile-SoCs haben nur einen Bruchteil dieser Grafik-Rechenleistung.

    nVidia Shield

  • nVidia Tegra X1 SoC in der 20nm-Fertigung von TSMC
  • CPU-Part:  ARMv8 Achtkern-Prozessor, 4x Cortex-A57 + 4x Cortex-A53
  • GPU-Part:  Maxwell-GPU mit 256 Shader-Einheiten auf ~1000 MHz Takt
  • Speicherinterface:  wahrscheinlich 128 Bit DDR
  • Speicher:  3 GB Arbeitsspeicher & 16 GB weiterer Speicher
  • Funkstandards:  WLAN 802.11ac, Bluetooth 4.1
  • Anschlüsse:  Gigabit-Ethernet, USB 3.0, microSD, HDMI 2.0 (inkl. HDCP 2.2)
  • Leistungsaufnahme:  20 Watt
  • Preis:  199 Dollar
  • Verfügbarkeit:  ab Mai in den USA, Europa-Termin ist unbekannt

Der entscheidender Punkt an nVidias neuem Konsolen-Versuch dürfte jedoch sein, daß man es diesesmal begriffen hat, daß man nicht einfach nur leistungsfähige Hardware hinwerfen darf und das ganze dann von alleine aus den Startlöchern kommen soll. Android-Gaming gibt es schließlich schon auf dem billigsten Smartphone – und selbst das Streaming an den Fernseher beherrschen inzwischen einige Geräte (und es werden immer mehr). Die höhere Hardware-Power, welche nVidia schon längere Zeit dem Smartphone- und Tablet-Segment bietet, wurde jedoch nie wirklich ausgenutzt – und zwar aus dem schlichten Grund, daß es nie einen Aufrüstdruck unter Android gab und daher die Spieleentwickler sich meistens am kleinsten gemeinsamen Nenner an verfügbarer Hardware orientierten.

Um dieses Henne/Ei-Problem zu lösen, hat nVidia bei seinem zweiten Konsolen-Versuch etwas investiert und einige bekannte Spieleentwickler mit an Bord geholt, welche bekannte PC-Titel auf die Shield-Konsole umsetzen werden. Erste Ergebnisse hiervon sind "Borderlands: The Pre-Sequel" (Gearbox), "Crysis 3" (Crytek) "Doom 3: BFG Edition" (id Software), und "The Talos Principle" (Croteam) – bis zum Start sollen es 50 Spiele-Titel des PC-Segments sein, welche die neue Shield-Konsole beherrscht. Sofern nVidia weiter energisch in diese Richtung hin arbeitet, kann man durchaus zu einer kritischen Masse gelangen, an welcher das Thema dann von allein an Fahrt aufnehmen könnte. Bis dahin ist jedoch in jedem Fall Durchhaltevermögen gefragt, allein mit den jetzigen Spielenennungen ist natürlich noch kein großer Staat zu machen.

Denn immerhin steht die Shield-Konsolen dann eben doch im Wettbewerb mit den beiden LastGen-Konsolen Xbox 360 und Playstation 3, deren Angebot an neuen Spielen jedoch in absehbarer Zeit rapide abnehmen wird – und vor allem den beiden aktuellen Konsolen Xbox One und Playstation 4, welche zwar mehr kosten, dafür aber auch (deutlich) mehr Grafikqualität bieten und zudem ein überlegenes Spiele-Portfolio führen, welches auf Jahre hin reichhaltigen Zuwachs erhalten wird. So gesehen ist der von nVidia aufgerufene Preis von 200 Dollar vielleicht etwas zu hoch, 150 Dollar fühlen sich weitaus freundlicher an und dürften auch eher für jene Anfangserfolge sorgen, welche ein solches Projekt eines nicht gestandenen Konsolenherstellers einfach benötigt.

Insofern ist ein wenig in Frage zu stellen, ob sich die neue Shield-Konsole wirklich durchsetzen kann – aber zu wünschen wäre es nVidia, würde es doch neuen Wettbewerb erzeugen und das Thema Android-Gaming auch mal richtig voranbringen. Gerade aus Sicht des Grafikchip-Entwicklers nVidia, welcher bisher noch gar nicht richtig am großen Mobile-Markt hat partizipieren können, ist die neue Shield-Konsole extrem wichtig, weil man damit im besten Fall einen Hardware-Wettbewerb auf der Android-Plattform anstoßen könnte. Bis dahin ist es jedoch noch ein weiter Weg, derzeit muß die zweite Shield-Konsole erst einmal beweisen, daß sie im Gegensatz zu ersten Shield-Konsole überhaupt vom Endverbraucher angenommen wird.