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Skylake non-K-Overclocking: Verfügbare BIOS-Updates & erreichbare Performance-Gewinne

Die Möglichkeit, beim Multiplikator gelockte Intel-Prozessoren (die sogenannten "non-K-Modelle") doch noch zu übertakten, ist trotz der heutzutage erreichten generellen Prozessoren-Performance immer noch ein spannender Punkt – kostenlos Performance oben drauf ist eben nie zu verachten, gerade wenn man sich damit gleich einmal oberhalb des (nominellen) Leistungsniveaus nachfolgender Prozessoren-Generationen schieben könnte. Wie bekannt, sind in den letzten Tagen hierzu Meldungen aufgetaucht, daß diese bislang "verbotene" Option mittels neuer Beta-BIOSe für diverse Z170-Mainboards nun doch bei den ungelockten Skylake-Prozessoren möglich wird. Aufgrund der Intel-Historie in diesen Dingen konnte man aber eigentlich von einem schnellen Widerspruch des Prozessorenherstellers hierzu ausgehen. Jener Widerspruch ist nun aber auffallend ausgeblieben – womit sich immer mehr der Verdacht aufdrängt, daß das ganz mit Wissen und eventuell sogar mit Segen Intels passiert. Dies haben nun auch andere Mainboard-Hersteller zum Anlaß genommen, entsprechende BIOS-Updates für eine Vielzahl an Z170-Platinen zur Verfügung zu stellen bzw. selbige anzukündigen:

Letztlich sehen wir hier schon einen kleinen Dammbruch zugunsten des "Skylake non-K-Overclockings", insbesondere seitens MSI sind entsprechende BIOS-Updates nunmehr für eine große Zahl an Z170-Mainboards verfügbar. Ob Intel hier noch einmal gegensteuert, ist ungewiß und wird mit jedem Tag unwahrscheinlicher – wobei natürlich auch ein späterer Konter nicht unmöglich ist. Intel kann durchaus auch ohne Mithilfe der Mainboard-Hersteller ein Microcode-Update für seine Prozessoren per Windows Update verbreiten lassen, welche diese Art der Übertaktung mittels Anhebung des Grundtakts wiederum unmöglich macht. Gänzlich 100%ig ist dieser Weg jedoch nicht, da Übertakter schließlich auch Windows Update generell meiden oder eben erst mit einigem zeitlichen Abstand Windows-Updates einspielen könnten, um diese Gefahr zu minimieren.

Zu betonen sind an dieser Stelle allerdings auch nochmals die Nachteile, welche man mittels dieser Übertaktung per Grundtakt (derzeit) eingeht: Die integrierte Grafik der CPU ist nicht mehr nutzbar, alle Stromspar- und Turbo-Modi laufen nicht mehr – die CPU taket also ohne Last nicht mehr dynamisch nach unten, sondern bleibt dauerhaft auf ihrem Overclocking-Takt gefangen. Leider lassen sich auch die CPU-Temperaturen mittels des internen Sensors nicht mehr korrekt auslesen und funktioniert ACPI unter Windows XP nicht mehr. Und letztlich leiden auch die AVX-Taktraten deutlich – hier drosselt die CPU, um Überhitzung zu vermeiden. Dies ist zwar prinzipiell bei allen aktuellen Intel-Prozessoren genauso, aber unübertaktet ist eine durch AVX-Berechnungen ausgelöste Drosselung bei Consumer-Modellen eher unwahrscheinlich und eigentlich nur von den Xeon-Prozessoren her bekannt. Insgesamt schauen diese praktischen Einschränkungen momentan beherrschbar aus – wie dies in Zukunft mit eventuell stärkere Nutzung von AVX-Code im Consumer-Bereich aussieht, muß man abwarten.

Mit dem derzeit erreichbaren Nutzen dieser neuen Möglichkeiten hat man sich dann bei EuroGamer in Form entsprechender Benchmarks beschäftigt. Dabei wurde ein zweikerniger Core i3-6100 auf einem MSI Gaming Z170A Gaming M5 von 3.7 auf 4.44 GHz gebracht (+20,0%), sowie ein vierkerniger Core i5-6500 auf einem ASRock Z170 Pro4S von 3.2/3.6 GHz auf 4.51 GHz (+40,9% bis +25,3%). Nicht unerwartet lieferte dabei der Vierkerner die klar bessere relative Übertaktungs-Performance ab – nicht nur war der Overclocking-Takt minimal höher, sondern vor allem ist der relative Taktgewinn bei den üblicherweise etwas niedriger getakteten Vierkernern generell höher. Bei den nahe an der Rohleistung operierenden Tests wie dem Cinebench oder Video-Encoding schlägt der Taktratenvorteil vollkommen durch – doch erstaunlicherweise gewinnen auch Spiele-Benchmarks unter hoher Auflösung & Bild-Qualität etwas hinzu, hier allerdings auch provoziert durch die unter FullHD üblicherweise auf die CPU wartende GeForce GTX Titan X. Mit kleinerer, besser zu diesen Prozessoren passender Grafiklösung dürfte der Performancegewinn unter (Grafikkarten-limitierten) Spielen dagegen eher nahe des Nullbereichs liegen:

Core i3-6100 Core i5-6500
Technik Skylake, 2C+HT, 3.7 GHz, 65W TDP Skylake, 4C, 3.2/3.6 GHz, 65W TDP
Overclocking @ 4.44 GHz (+20,0%) @ 4.51 GHz (+40,9% bis +25,3%)
Performancegewinn Cinebench 11.5/15 SingleThread +19,5% +32,3%
Performancegewinn Cinebench 11.5/15 MultiThread +20,0% +37,9%
Performancegewinn x264 Video-Encoding +19,9% +35,4%
Performancegewinn Spiele @ 1920x1080 "High/Ultra Quality" mit GeForce GTX Titan X +6,9% +9,1%

Jene grob 35% mehr Rohperformance, welche man aus einem Core i5-6500 herausholen kann, sind allerdings wirklich ansprechend – es liegt schon einige Prozessoren-Generationen zurück, wo man solcherart gutklassigen Rohleistungsgewinne durch Übertaktung erzielen konnte. Ausgangslage hierfür ist es, sich einen nominell möglichst niedrig getakteten Skylake-Prozessor anzulachen, da die erreichbare Overclocking-Taktrate faktisch überall bei zwischen 4.4 und 4.5 GHz liegt, egal des nominellen Takts. Regulär müsste also der Core i5-6400 der beste Overclocker des Skylake-Portfolios sein, da dessen nominelle Taktraten bei gerade einmal 2.7/3.3 GHz liegen. Dies wäre natürlich in der Praxis zu überprüfen – potentiell könnte Intel beim Core i5-6400 schlicht die schlechtesten Modelle der gesamten Vierkern-Produktion verklappen und ist es daher vielleicht der sicherste Weg, das Modell darüber zu nehmen – den Core i5-6500 (10$ höherer Listenpreis, derzeit ~20 Euro höherer Straßenpreis).

Intels Zweikerner lohnen dagegen kaum auf diese Art zu übertakten, da deren nominelle Taktraten schon sehr hoch sind – und der benutzte Core i3-6100 ist hierbei schon das kleinste verfügbare Modell. Natürlich sind auch knapp 20% mehr Rohperformance nicht schlecht, werden aber in der Anwendungspraxis keinen bemerkbaren Unterschied ausmachen, da kommen davon dann üblicherweise nur 5-10% realer Mehrleistung an. Eher interessant dürfte es sein, die kleinen Pentiums zu übertakten, der Pentium G4400 fängt beispielsweise bei nur 3.3 GHz Takt an. Allerdings geht man auch hier das Risiko ein, daß dort die schlechtesten Modelle der gesamten Zweikern-Produktion verkauft werden. Zudem gilt generell bei Zweikernern ohne HyperThreading, daß jene inzwischen vollkommen unmodern sind – vier Threads sollte ein Prozessor heutzutage schon haben, ob nun physikalisch vorhanden oder per HyperThreading gebildet. Bei einem sowieso schon vorhandenen Skylake-Zweikerner kann man diese Taktratensteigerung (bei passender Kühlung & Netzteil) natürlich trotzdem mitnehmen, nur als Neukauf lohnt dies eher weniger – hier sind eher die kleinen Vierkerner des Skylake-Portfolios empfohlen.

Und eventuell ist es Intel angesichts der derzeitigen Lieferprobleme mit den HighEnd-Modellen von Skylake gar nicht so unrecht, wenn etwas mehr kleinere Skylake-Prozessoren verkauft werden. Sofern das ganze Teil von Intels Strategie ist, dann dürfte der Hauptgrund der Absage an die bisherige Übertaktungs-Limitation allerdings sein, daß man sich zum einen für AMDs kommenden Angriff mit der Zen-Architektur wappnen will – und zum anderen mit der 2017er Cannonlake-Architektur wohl einen großen Sprung vor hat, dann wird es vermutlich auch bei Intel Achtkerner im "normalen" Consumer-Segment geben. Gegenüber der Zen-Architektur ist es gut für Intel, wenn die Nutzer jetzt auf schnell getaktete Skylake-Systeme umsteigen – dann sinkt der Druck, unbedingt auf Zen zu wechseln. Und Cannonlake wird mit seinen (vermutlichen) Achtkernern die aktuelle Skylake-Architektur trotz der hohen Taktraten dann gleich wieder alt aussehen lassen, insofern spielt dieses kleine Jahresendgeschenk Intels mittel- und langfristig wohl keine Rolle.

Nachtrag vom 4. Februar 2016

Wie die PC Games Hardware berichtet, nutzt Intel derzeit anscheinend die sowieso notwendigen BIOS-Updates gegen den Skylake-AVX-Bug dazu aus, um gleichzeitig das Skylake non-K-Overclocking wiederum zu unterbinden. Solcherart BIOS-Updatees liegen bereits zu ASRock-Platinen vor, die anderen beteiligten Mainboard-Hersteller dürften umgehend folgen – denn unwahrscheinlich, daß Intel denen diesen Übertaktungsspaß durchgehen läßt, ASRock dann aber nicht. Damit endet dieser kleine Schleichweg dann doch noch – ohne großes Trara seitens Intel, aber dennoch ziemlich effektiv, denn man kann sich hiermit nur zwischen zwei Übeln entscheiden: Übertaktung möglich und damit Verzicht auf alle zukünftigen BIOS-Updates – oder Mitnahme aller BIOS-Updates und damit Verzicht auf Übertaktung von non-K Skylake-Prozessoren.

Gleichzeitig gibt Intel damit auch die Richtung vor, wie man diesen Schleichweg zur Übertaktung sieht: Als unerwünschte Möglichkeit, welche Intel mit seinen (ziehenden) Mitteln bekämpft. Auf neueren Platinen wird dieser Schleichweg dann sicherlich gleich vom Start weg nicht mehr möglich sein, Intel wird diese Möglichkeit in allen zukünftigen Microcode-Ausgaben berücksichtigen respektive deaktivieren. Erstaunlich ist allenfalls, daß sich Intel bislang auffallend ruhig verhalten hat, im Gegensatz zu früheren, ähnlich gelagerten Versuchen der Mainboard-Hersteller hat man öffentlich gar nichts zum Geschehen gesagt. Die letztlich zählende Reaktion in Form der Microcode- und dann BIOS-Updates macht aber klar, daß Intel hier an seiner bisherigen Strategie festhält, wirklich keinerlei Übertaktungen außerhalb der von Intel vorgegebenen Pfade (bei Skylake nur mit K-Modellen) zu ermöglichen.