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Trusted Computing: Die Management Engine hat uns

Seit der (stillen) Erstentdeckung der früher "Manageability Engine" und nun "Management Engine" genannten Trusted-Computing-Funktionalität von Intels Prozessoren ab der Sandy-Bridge-Generation ist scheinbar nicht viel passiert: Es gab mal mit "TrustZone" die Ankündigung eines vergleichbaren Features für AMD-Prozessoren, welches AMD wohl aber erst ab nächstem Jahr realisieren wird, dann wollte Intel die "Identity Protection Technology" innerhalb der Management Engine ab Ivy-Bridge-Ultrabooks freischalten – und letztlich sollte ein TPM 2.0 Modul ab dem Jahr 2015 Teil der Hardware-Spezifikationen von Windows 8.1 für zertifizierte Systeme werden. Danach sind die Einträge zum News-Thema "Trusted Computing" jedoch ausgeschöpft – und auch sonst wurde das Thema selten erwähnt, einmal abgesehen von einer kürzlichen, jedoch eher allgemein gedachten Wortmeldung auf dem CCC-Kongreß.

Damit kann fast der Eindruck entstehen, es hätte sich bei diesem Thema letztlich nichts entscheidendes getan. Doch weit gefehlt: Entgegen früherer Ankündigungen, die Sache vorsichtig und nur im Rahmen einer ordentlichen Kommunikation mit Presse und Hardware-Käufern abzuhandeln, hat Intel seinen neuen Trusted-Computing-Ansatz in Form der Management Engine inzwischen breit in neu verkauften Systemen untergebracht. Zumindest im Notebook-Bereich ist es inzwischen normal, neue Geräte per default mit aktiver Management Engine auszuliefern, inklusive entsprechender Treiber und reihenweise mitlaufender Dienste (Beispiel eines neu gekauften Windows 8.1 Notebooks im Auslieferungszustand):

Ironischerweise ist das Internet voll von Anfragen nach entsprechenden Treibern bzw. ob jene Windows-Dienste regulärer Natur sind – was leider fehlt, sind die erschöpfenden Erklärungen, um was es sich hierbei eigentlich handelt. Intel hat es gut geschafft, das Thema aus der Presse herauszuhalten (was natürlich auch ein Fehler der "Fachpresse" ist) und somit jenes Feature still und leise als festen Bestandteil heutiger PCs zu etablieren. Die wirklich allerwenigsten Nutzer dürften dabei wissen, um was es sich hierbei handelt und was man mit einer Management Engine anfangen kann. Vor allem aber fehlen bis dato immer noch alle positiven Nutzungsmöglichkeiten der Intel Management Engine, beispielsweise ein außerhalb des eigentlichen Systems stehender Virenscanner. Was derzeit aber schon da ist, ist eine für den Anwender undurchsichtige Blackbox zugunsten von Intel und Microsoft.

Und an dieser Stelle muß klar gesagt werden: So war das ganze nicht gedacht. Angedacht war, daß Intel dies transparent und mit Bedacht auf die Kundenrückmeldungen einführt, nicht daß es dem Anwender einfach so stillschweigend untergejubelt wird. Intel hat faktisch alle Versprechungen aus der unglückseligen Palladium/TCPA-Affäre gebrochen, wo man seinerzeit aber eben auch großen Gegenwind aus der Öffentlichkeit bekam. Da jener Gegenwind heutzutage fehlt, kann Intel nunmehr nach Gusto schalten und walten – was dann auch einen Fehler der Öffentlichkeit bzw. der "Fachpresse" darstellt. Verloren haben in jedem Fall die Konsumenten, denen eine potentielle Kontrolltechnologie unter dem verfälschenden Stichwort einer (bislang rein angeblich) höheren Sicherheit untergejubelt wird.

PS:
Alle PCs dürften mit deaktivierter bzw. deinstallierter Managment Engine genauso einwandfrei funktionieren wie vorher. Wir haben diesbezüglich jedenfalls bislang noch von keinen Problemen gehört. Nichtsdestotrotz sollte eine solche Änderung natürlich immer von einem Fachmann vorgenommen werden, der im Notfall den ursprünglichen Zustand auch wieder herstellen kann.

Nachtrag vom 4. Januar 2015

In der Diskussion über die kürzliche Meldung zu Intels Management Engine wurde der Punkt erwähnt, daß gemäß früheren Berichten die Management Engine relevant für die Hardware-Beschleunigung für Videos sei, darunter auch Intels QuickSync-Feature. Nach entsprechenden Tests kann allerdings bestätigt werden, daß dem nicht so ist: Trotz deaktivierter Management Engine, sparsamer Treiberinstallation und deaktivierter Intel-Dienste funktioniert die Hardware-Beschleunigung für Videos inklusive auch QuickSync einwandfrei. Möglicherweise war dies früher einmal miteinander verbunden, möglich war dies auch ein einfacher Bug zu Anfangszeiten der Management Engine. Unsere Erfahrung lautet jedenfalls darauf, daß eine Deaktivierung keinerlei Featureverlust im Normalbetrieb nach sich zieht – irgendwelche Tweaktools, welche (unnötigerweise) nur mit der Management Engine zusammen funktionieren, natürlich ausgeschlossen.