Wenn man von Grafikkarten redet, dann meint man eigentlich nur die GPU. Zum Leidwesen des einzelnen Karten-Herstellers, ist die GPU nicht nur das zentrale Herzstück, sondern auch das größte Unterscheidungsmerkmal. Kein Wunder also, wenn der Anwender das Drumherum vergisst und sich gleich dem Kern-Element widmet. Früher war dies nicht der Fall. Damals produzierte ein Hersteller nicht nur Grafikchips, sondern verbaute sie auch gleich auf eine Karte. Diese ganzheitliche Methode änderte sich aber, als junge und aufstrebende Entwickler – wie nVidia oder 3Dfx – sich dem Grafikkarten-Giganten S3 stellen mussten, der in seiner Blütezeit 80% des weltweiten Grafikkarten-Marktes kontrollierte. Eine Marktbeherrschende Stellung, die bis heute unerreicht bleibt. Und vor allem auch eine, der man – so ganz ohne Rückendeckung – nicht begegnen konnte. Teamwork lautete das Zauberwort. Und so konzentrierten sich die Entwickler auf die Grafikchips, während sie wiederum anderen – kleinen und großen – Halbleiter-Herstellern die Möglichkeit gaben, in die lukrative Welt der Grafikkarten einzusteigen.
Durch die erfolgreiche Zusammenarbeit aus unabhängigen Entwicklern und flexiblen Halbleiter-Produzenten konnte man gemeinsam selbst Monopolisten überrennen. Doch nicht jeder hat aus dieser Entwicklung gelernt. Hersteller wie 3Dfx, die einen Schritt zurück wagten, indem sie die Zusammenarbeit lösten und selbst Grafikkarten zu produzieren begangen, lebten nicht lange genug, um diesen Fehler zu bereuen. Und Entwickler wie Matrox oder 3DLabs, die immer nur Grafikkarten – aber niemals Grafikchips – verkaufen wollten, konnten sich nicht mehr gegen die zahlreichen Konkurrenten behaupten, die mit Synergie-Effekt den Markt für sich eroberten. Die logische Schlussfolgerung ist, dass lediglich durch die Zusammenarbeit mit anderen Firmen ein Grafikchip-Hersteller gedeihen kann. Eine Behauptung, die nicht zuletzt auch durch die wenigen verbliebenen Chip-Hersteller untermauert wird.
Grafikchip-Hersteller | Existenz | Umsatz | Mitarbeiter | |
---|---|---|---|---|
3Dfx | 1994 bis 2000 | 44.000.000 USD (1999) | 123 | |
3DLabs – ZiiLabs | 1994 bis heute | 30.000.000 USD (2003) | 91 | |
ATI – AMD | 1985/1969 bis heute | 5.800.000.000 USD (2008) | 14.700 | |
Cirrus Logic | 1981 bis heute | 174.642.000 USD (2009) | 473 | |
Imaginations Technologies – PowerVR | 1985 bis heute | 60.000.000 GPB (2008) | 436 | |
Intel | 1968 bis heute | 38.334.000.000 USD (2007) | 85.000 | |
Matrox | 1976 bis heute | 550.000.000 USD (1999) | 900 | |
NeoMagic | 1993 bis heute | 124.700.000 USD (1999) | 162 | |
Number Nine | 1982 bis 2000 | 16.500.000 USD (1998) | 130 | |
nVidia | 1993 bis heute | 4.100.000.000 USD (2008) | 4.000 | |
Real3D | 1996 bis 1999 | unbekannt | 100 | |
S3 – S3 Graphics | 1989 bis heute | 400.000.000 USD (1998) | 300 | |
Silicon Graphics | 1981 bis 2009 | 341.000.000 USD (2007) | 1.155 | |
SiS | 1987 bis heute | 165.858.000 USD (2008) | 252 | |
Trident Microsystems | 1987 bis heute | 73.000.000 USD (2009) | 624 | |
Tseng Labs | 1983 bis 1997 | 21.500.000 USD (1988) | 96 | |
VIA Technologies | 1987 bis heute | 252.500.000 USD (2008) | 1.013 | |
XGI Technology | 2003 bis heute | unbekannt | 90 | |
aktuelle und ehemalige Grafikchip-Hersteller |
Doch wie ergeht es den Karten-Herstellern? Denn während nun die Chip-Hersteller sich lediglich der Massenproduktion verschreiben, müssen sich die Karten-Hersteller dem eigentlichen Konkurrenzkampf stellen. Erschwerend kommt dabei hinzu, dass sie sich nicht nur gegen Grafikkarten mit fremden Grafikchips behaupten müssen, sondern auch noch gegen andere Karten-Hersteller, die identische Grafikchips und somit baugleiche Produkte umsetzen. Nicht selten ist das einzige Unterscheidungsmerkmal der Name oder der Preis. Da fällt es schwer, die Kundschaft davon zu überzeugen, dass das eigene Produkt besser ist, als das Zwillings-Produkt des anderen Herstellers.
Im Folgenden wollen wir daher nicht die Chip-Hersteller, sondern die Karten-Hersteller in den Fokus rücken, um ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Produkte und sich selbst zu behaupten. Wo liegen die Besonderheiten des jeweiligen Karten-Herstellers und warum sollte man gerade einem Bestimmten den Vorzug geben, wenn 10 andere mit einem vergleichbaren Produkt aufwarten können? Dies ist die entscheidende Frage, die über den Köpfen der Hersteller schwebt und die wir in diesem Interview beantworten wollen. Es gilt sich also zu differenzieren. Mal sehen ob das den Karten-Herstellern gelingt.