21

AMD stellt Ryzen 4000G Serie an "Renoir"-basierten Desktop-APUs rein für OEM-Hersteller vor

Wie erwartet, hat AMD heute die "Ryzen 4000G" Serie an Desktop-APUs auf Basis des für das Mobile-Segment schon zum Jahresanfang präsentierten "Renoir"-SoCs offiziell vorgestellt. Jene neue Prozessoren-Serie entläßt AMD nun allerdings allein ins OEM-Segment, nicht jedoch ins Retail-Segment – womit die neuen Prozessoren auch keine offiziellen Listenpreise tragen. Entsprechende Gerüchte hatte es vorher zwar einige gegeben (meistens jedoch bezogen auf die entsprechenden Pro-Ausführungen dieser Prozessoren), allerdings überrascht jener Schritt in seiner Deutlichkeit, denn es wurde auch kein späterer Retail-Start (unter expliziter Nennung von "Renoir") in Aussicht gestellt. AMD "vergräbt" damit diese eigentlich hochinteressanten und mit einiger Spannung erwarteten Prozessoren, denn es gibt heute auch keine Testsamples und damit keinerlei Launchreviews. Die interessierten Hardware-Tester müssen somit zusehen, diese Prozessoren irgendwann einmal in Form eines Komplett-PCs testen zu können – was zwar auch ein paar Fragen beantworten wird, allerdings bei weitem nicht das Datenmaterial eines regelrechten Hardware-Launches erzeugt.

Kerne Takt L2+L3 iGPU Speicher TDP/PPT Liste Release Pro-Modell
Ryzen 7 4700G 8C/16T 3.6/4.4 GHz 4+8 MB Vega 8 @ ≤2.1 GHz 2Ch. DDR4/3200 65/?W rein OEM 21. Juli 2020 Ryzen 7 Pro 4750G
Ryzen 7 4700GE 8C/16T 3.1/4.3 GHz 4+8 MB Vega 8 @ ≤2.0 GHz 2Ch. DDR4/3200 35/?W rein OEM 21. Juli 2020 Ryzen 7 Pro 4750GE
Ryzen 5 4600G 6C/12T 3.7/4.2 GHz 3+8 MB Vega 7 @ ≤1.9 GHz 2Ch. DDR4/3200 65/?W rein OEM 21. Juli 2020 Ryzen 5 Pro 4650G
Ryzen 5 4600GE 6C/12T 3.3/4.2 GHz 3+8 MB Vega 7 @ ≤1.9 GHz 2Ch. DDR4/3200 35/?W rein OEM 21. Juli 2020 Ryzen 5 Pro 4650GE
Ryzen 3 4300G 4C/8T 3.8/4.0 GHz 2+4 MB Vega 6 @ ≤1.7 GHz 2Ch. DDR4/3200 65/?W rein OEM 21. Juli 2020 Ryzen 3 Pro 4350G
Ryzen 3 4300GE 4C/8T 3.5/4.0 GHz 2+4 MB Vega 6 @ ≤1.7 GHz 2Ch. DDR4/3200 35/?W rein OEM 21. Juli 2020 Ryzen 3 Pro 4350GE

Über den Grund dafür, wieso AMD ausgerechnet seine mit Abstand interessanteste APU aller Zeiten nicht ins Retail-Segment entläßt, darf reichlich spekuliert werden. Performance-Probleme werden es gemäß der Vorab-Benchmarks und auch der generellen Ansetzung kaum sein – eher denn war von "Desktop-Renoir" zu erwarten, dass jene APU den bisherigen Matisse-basierten Desktop-Prozessoren in einigen Disziplinen gehörig Feuer macht. Da AMD aber letztlich im Retail-Segment derzeit bestmöglich dasteht, musste diese Haus-eigene Konkurrenz aus AMD-Sicht sicherlich nicht unbedingt sein. Für AMDs weiteren geschäftlichen Erfolg ist es wohl auch viel interessanter, endlich einmal im OEM-Geschäft wirklich größere Positionen zu besetzen. Dies ist sicherlich erreichbar auf Basis der aktuell zugunsten von AMDs Ryzen-Prozessoren generell positiven Berichterstattung sowie des Verkaufsnamens "Ryzen 4000" – selbst wenn es eigentlich ein "Ryzen 4000G" auf "nur" der Basis der Zen-2-Architektur ist. Gerade wenn dann später im Jahr die Zen-3-Architektur erscheint, dürfte diese Namenswahl zusammen mit der dann einsetzenden Berichterstattung zu den "richtigen" Ryzen-4000-Prozessoren auf Zen-3-Basis ihre verkaufsfördernde Wirkung zugunsten dieser Zen-2-APUs entfalten.

Andererseits ermöglicht die OEM-only-Strategie bei Ryzen 4000G es auch, eine eventuelle Lieferschwäche an Renoir-Chips nicht in der Öffentlichkeit des Retail-Markts ausbaden zu müssen. Inwiefern AMD und Chipfertiger TSMC mit der Renoir-Produktion wirklich nachkommen, kann man sicherlich streiten: Für das Mobile-Segment wurde Renoir wie bekannt bereits im Januar vorgestellt, war dann aber lange Wochen nicht erhältlich, was sich erst im späten Frühling gebessert hat und nunmehr endlich in einer passablen Lieferbarkeit (mit allerdings weiterhin gewissen Schwächen) mündete. Wenn jetzt noch die OEM-Bestellungen für Desktop-Renoir hinzukommen, könnte es allerdings auch schnell wieder knapp werden. Zumindest sind somit tatsächlich keine größeren Reserven zu sehen, auch noch das Retail-Segment zu beliefern, womit der Retail-Verzicht bei Desktop-Renoir durchaus folgerichtig (wenngleich trotzdem nicht schön) ist. Die Vorstellung von Desktop-Renoir rein für OEMs erkauft AMD zudem zusätzlich Zeit, denn trotz eventuell bereits getätiger Vorbereitungsarbeiten werden die PC-Hersteller nun trotzdem erst einmal beginnen, ihre Renoir-PCs zusammenzuschrauben, zu verschiffen und dann in ihren regionalen Lägern verkaufsfertig vorzuhalten. Lieferbare Angebote an Renoir-basierten Komplett-PCs dürften (bis auf eventuelle Ausnahmen) somit erst in einigen Wochen auftauchen.

Bezüglich der technischen Daten lag die Vorab-Berichterstattung im übrigen fast komplett richtig, einzig bei Ryzen 3 4300G und Ryzen 5 4600G fallen die maximalen Boost-Taktraten jeweils um 100 MHz niedriger aus als vorab genannt. Die für den einen oder anderen Verwendungszweck interessanten GE-Modelle mit nur 35 Watt TDP treten dann bis auf die Ausnahme des Achtkerners allein mit einem etwas niedrigeren Basetakt, aber identischem Boosttakt an. Normalerweise werden diese extra Modelle wenig betrachtet, aber bei diesen reinen OEM-Produkten könnte es durchaus vorkommen, viele Komplett-PCs mit GE-Prozessoren vorgesetzt bekommen – weil jene für die OEMs aus Sicht des kompletten Systems günstiger zu erstellen sind (weniger Kühl- und Netzteilbedarf). Inwiefern die Prozessoren ungelockt ausgeliefert werden (unsicher) bzw. mit dem Heatspreader verlötet antreten (unwahrscheinlich bei einem OEM-Produkt), war derzeit leider nicht Erfahrung zu bringen. Beachtbar ist daneben noch, dass die ebenfalls aufgelegten und veröffentlichten Pro-Modelle zwar (wie üblich) die exakt gleichen Hardware-Daten aufweisen, jedoch nummerntechnisch leicht abweichende Modellnamen tragen.

Matisse Desktop-Renoir
CPU-Architektur Zen 2 (Chiplets) Zen 2 (monolithisch)
L2-Cache pro CPU-Kern 512 kByte pro CPU-Kern 512 kByte
L3-Cache Vierkerner: 16 MB, Sechs- und Achtkerner: 32 MB Vierkerner: 4 MB, Sechs- und Achtkerner: 8 MB
Gfx-Anbindung x16 Lanes 4.0 x16 Lanes 3.0
M.2-Anbindung x4 Lanes 4.0 x4 Lanes 3.0
unlocked  (nicht bei den Pro-Modellen)
Verlötung
Speichersupport 2Ch. DDR4/3200 2Ch. DDR4/3200
Modelle (4C) Ryzen 3 3100 (3.6/3.9 GHz), Ryzen 3 3300X (3.8/4.3 GHz) Ryzen 3 4300GE & Ryzen 3 Pro 4350GE (3.5/4.0 GHz), Ryzen 3 4300G & Ryzen 3 Pro 4350G (3.8/4.0 GHz)
Modelle (6C) Ryzen 5 3600 (3.6/4.2 GHz), Ryzen 5 3600X (3.8/4.4 GHz), Ryzen 5 3600XT (3.8/4.5 GHz) Ryzen 5 4600GE & Ryzen 5 Pro 4650GE (3.3/4.2 GHz). Ryzen 5 4600G & Ryzen 5 Pro 4650G (3.7/4.2 GHz)
Modelle (8C) Ryzen 7 3700X (3.6/4.4 GHz), Ryzen 7 3800X (3.9/4.5 GHz), Ryzen 7 3800XT (3.9/4.7 GHz) Ryzen 7 4700GE & Ryzen 7 Pro 4750GE (3.1/4.3 GHz), Ryzen 7 4700G & Ryzen 7 Pro 4750G (3.6/4.4 GHz)
Marktverfügbarkeit OEM & Retail rein OEM

Nachtrag vom 21. Juli 2020

Mit den offiziellen AMD-Folien zur Ryzen 4000G Performance hat sich AMD keinen großen Gefallen getan, wird dort doch ausschließlich gegenüber Intels Core i-9000 Serie verglichen – und nicht gegenüber der neuen Core i-10000 Serie auf Basis von "Comet Lake". Dies kommt um so schlechter, als dass die von AMD gewählten Vergleichs-Prozessoren allesamt ohne HyperThreading operieren müssen, nunmehr aber durchgehend durch Comet-Lake-Nachfolger mit HyperThreading abgelöst wurden – was sich unter Anwendungs-Benchmarks sichtbar zeigen dürfte. Sicherlich wären die Vorteile von Ryzen 4000G gegenüber den Prozessoren-Modellen der Core i-10000 Serie kleiner als als derzeit gegenüber der Core i-9000 Serie angegeben, der Vergleich wäre aber dennoch seriöser wie zielgerichteter – denn schließlich stellt sich die Frage "Coffee Lake oder Ryzen 4000G" nicht wirklich. AMDs Angabe, man habe die Core i-10000 Serie mangels größerer Marktverfügbarkeit nicht berücksichtigt, entbehrt zudem nicht einer gewissen Ironie – denn auch von AMDs eigenen neuen Desktop-APUs kann man schließlich selbiges behaupten.

Daneben gibt es eine ziemliche Verwirrung darüber, ob Ryzen 4000G nun doch noch in den Retail-Markt kommt. Die AMD-offizielle Aussage hierzu ist eigentlich eine gut versteckte Absage, wenn AMD's gegenüber PCWorld "there is a next-gen APU coming for DIY customers" angibt. Denn jene NextGen-APU kann schließlich kaum Renoir sein, Renoir ist nunmehr offiziell vorgestellt und somit nicht mehr "Next-Gen". AMD wird den Desktop-Markt ergo durchaus noch mit einer (neuen) APU bedienen – nur eben nicht mehr mit Renoir. Von der offiziellen Aussage abgesehen dürfte Renoir dennoch irgendwie in den Einzelhandel gelangen, dies war bisher eigentlich fast immer so bei Massenprodukten für den OEM-Markt. Einige Modelle der (teureren) Ryzen Pro 4000G Serie sind derzeit schon gelistet, die Normal-Modelle dürften irgendwann im Laufe von Spätsommer bis Herbst nachfolgen. Allerdings wird es dann nur Tray-Ware geben (teilweise sogar mit Kühler, aber ohne verlängerte AMD-Garantie) und auch die Preislagen könnten eher ungünstig ausfallen, wenn aufgrund des fehlenden regulären Angebots kein großer Preis-Wettbewerb zwischen den Einzelhändlern stattfindet.

Nachtrag vom 23. Juli 2020

Einigermaßen in Diskussion ist derzeit die Anzahl der PCI Express Lanes von "Renoir". Dessen Mobile-Ausführungen bieten bekannterweise nur 8 Lanes für die (extra) Grafiklösung, zuzüglich 4 weiteren für eine NVMe-SSD sowie 4 weiteren für die Chipsatz-Kapazitäten. Bislang war dies der offizielle AMD-Standpunkt, exakte Aussagen zu auf dem Renoir-Die vorliegenden wirklichen Kapazitäten gab es nicht. Aufgrund diverser Die-Shots wurde allerdings kürzlich schon die Annahme getroffen, wonach auf dem Renoir-Die mehr vorliegen könnte als diese kumulativ 16 PCI Express Lanes. Zum Start von Desktop-Renoir gab es in dieser Frage zuerst leider keine Aufklärung, teilweise scheint AMD sogar höchstselbst die falsche Angaben herausgegeben zu haben, es würde weiterhin nur insgesamt 16 PCI Express Lanes geben. Doch wie AMDs Robert Hallock auf Discord (in Kopie bei Reddit) eindeutig klarstellt, verfügt Desktop-Renoir über (freigeschaltete) 24 PCI Express Lanes – womit eine extra Grafikkarte ergo mittels 16 Lanes angebunden werden kann:

Da Renoir nur PCI Express 3.0 aufbietet, ist dies durchaus nicht ganz ohne Relevanz, zumindest im Desktop-Segment. Die Mobile-Modelle von Renoir bleiben hingegen (aus Stromverbrauchsgründen) auf 16 Lanes insgesamt und 8 Lanes für eine extra Grafiklösung beschränkt, so wie dies allerdings schon die ganze Zeit über bekannt war. Seitens Igor's Lab wird dies als Grund dafür angesehen, dass die Notebook-Hersteller eine Ryzen 4000 U/H APU so selten mit wirklicher HighEnd-Grafik paaren – worüber man allerdings geteilter Meinung sein kann. Schließlich misst dies im Notebook nun wirklich kaum jemand so genau aus, gerade wenn es keinen direkten Vergleichs-Prozessor mit höherer Anzahl an PCI Express Lanes gibt. Der Einfluß der jeweils gewählten Taktraten & Power-Limits sowie der zur Verfügung gestellten Kühlkonstruktion dürfte die Grafik-Performance im Notebook weitaus mehr beeinflussen als die PCI-Express-Bandbreite, bei welcher es selbst unter (idealen) Desktop-Bedingungen zumeist nur um Differenzen im niedrigen einstelligen Prozentbereich geht.

Zwei andere Punkte zu Desktop-Renoir konnten zudem inzwischen auch geklärt werden: Zum einen tritt die Ryzen 4000G non-Pro-Serie ungelockt an, wäre also zum Übertakten zu verwenden. Die Ryzen 4000G Pro-Serie ist laut AMDs Webseite allerdings gelockt und damit eigentlich nicht zum Übertakten (per Multiplikator) geeignet. Die inzwischen einigen Berichte aus Asien mit übertakteten Pro-Prozessoren passen allerdings nicht zu dieser offiziellen Angabe, welche somit besser nochmals zu bestätigen wäre – gerade da die Pro-Modelle die einzigen sind, welche derzeit tatsächlich im Einzelhandel angeboten werden (die non-Pro-Modelle hingegen mitnichten). Und zum anderen kommt nochmals von AMDs Robert Hallock auf Reddit die Bestätigung, wonach die Ryzen 4000G Serie tatsächlich verlötet daherkommt. Dies war gemäß den jeweiligen APU-Vorgängern nicht eindeutig zu erahnen – denn der Ryzen 5 3400G aus der Picasso-Generation war ebenfalls verlötet, der Ryzen 3 3200G hingegen nur mit Wärmeleitpaste versehen. Normalerweise sollte diese Bestätigung dann die komplette Ryzen-4000G-Serie betreffen, inklusive von GE- und Pro-Modellen – ansonsten hätte man diese semi-offizielle Aussage irgendwie einschränken müssen.