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Gerüchteküche: Chipflächen zu Navi 2X aufgetaucht, angeblich unter besserer Fertigung als 7nm

Der gewöhnlich sehr gut informierte User 'AquariusZi' hat im chinesischen PTT-Board einige neue Informationen zu AMDs Navi-2X-Grafikchips zum besten gegeben, mittels welcher sich diese kommende Chip-Generation urplötzlich viel besser einordnen läßt. Bislang gibt es hierzu nicht viel mehr als Treiber-Einträge und damit die drei Codenamen "Navi 21", "Navi 22" und "Navi 23" – ohne aber einen Hinweis, in welche Richtung diese Grafikchips jeweils gehen sollen. Jener Hinweis ergibt sich nunmehr automatisch über die Chipflächen ("Die Size"), welcher 'AquariusZi' zu allen drei Navi-2X-Chips notiert. Die ~505mm² für Navi 21 wurden zwar früher schon einmal genannt, seinerzeit war dies aber auch nur ein unbelegtes Gerücht, zudem war bislang die Zuordnung der Chipfläche zum konkreten Grafikchip unsicher (terminlich hätte es auch "Arcturus" sein können). Mit dieser Chipfläche zeigt sich Navi 21 klar als der erhoffte Enthusiasten-Chip, während Navi 22 mit ~340mm² ins HighEnd-Segment gehen dürfte und Navi 23 mit ~240mm² für das Midrange-Segment gedacht sein sollte.

1. N21 – 505mm² / N22 – 340mm² / N23 – 240mm².
   At most ±5mm².
   At these sizes, don't talk about squeezing them into an APU.
 
2. By TSMC's definition, N20 family is no longer using 7nm.

Quelle:  AquariusZi im PTT-Board am 28. April 2020, Übersetzung ins Englische von RetiredEngineer

Dies ergibt dann vor allem ein schon vergleichsweise komplettes Portfolio an RDNA2-Lösungen – und wenn man selbiges dann mit Refreshes von RDNA1-Lösungen auffüllt, könnte AMD zum ersten Mal seit einiger Zeit mal wieder mit einem vollzähligen Grafikkarten-Angebot von Mainstream- bis Enthusiasten-Segment antreten, welches keine regelrechten Alt-Lösungen (prä-RDNA) enthält. Wie performant die einzelnen Navi-2X-Chips konkret ausfallen, darüber kann man derzeit nur bessere Mutmaßungen anstellen – denn aus den genannten Chipflächen kann man allerhöchstens grobe Schätzungen zur Anzahl der jeweils verbauten Hardware-Einheiten ableiten. Hinzukommende Effekte, wie die veränderte RDNA2-Architektur, die Hinzunahme von RayTracing, die unbekannten Speicherinterfaces sowie die wieder etwas leistungsfähigere Chipfertigung spielen hierbei auch noch mit hinein – womit genauere Abschätzungen erst dann möglich werden, wenn wenigstens von einem dieser Navi-2X-Chips spezifische Hardware-Daten vorliegen.

Fast der eigentliche Hammer ist dann die nonchalante Aussage, wonach die Navi-2X-Chipfamilie "gemäß TSMC-Definition" nicht mehr der 7nm-Fertigung zuzuordnen sei – sondern offenbar schon unter einer besseren Fertigung daherkommt. So wie es geschrieben ist, deutet dies auch nicht auf einen "Schleichweg" wie mit einer der aufgemotzten 7nm-Varianten (N7P oder N7+) hin, sondern eigentlich eine Chipfertigung, welche keine "7" mehr im Namen trägt. Dies käme reichlich unerwartet, andererseits nutzen die Chipentwickler natürlich die ihnen gebotenen Möglichkeiten gern aus – und TSMC ist derzeit technologisch und auch terminlich ziemlich weit vorn. Da die 5nm-Fertigung für PC-Bereich aber noch gut um ein Jahr als zu früh erscheint, würde sich hierzu als erstes die 6nm-Fertigung als leichte Verbesserung von TSMCs standardmäßigem 7nm-Prozeß (mit DUV-Belichtung) anbieten. Alle möglichen anderen Lösungen sind aber genauso wenig vom Tisch, selbst die 5nm-Fertigung darf laut der von AMD erst kürzlich nochmals wiederholten Aussage zugunsten einer klar besseren Energieeffizienz der RDNA2-Architektur noch nicht gänzlich abgetan werden:

AMD on track to launch next-generation gaming GPUs later this year with a 50% performance-per-watt increase compared to AMD current offerings.
Quelle:  AMD @ Twitter am 28. April 2020

Dabei kann man durchaus die Überlegung aufstellen, wie wahrscheinlich es ist, das AMD jenen (sehr) deutlichen Energieeffizienz-Sprung allein über Architektur-Verbesserungen erreicht haben könnte – was zur These führt, das hierfür eine (maßgeblich) bessere Chipfertigung der RDNA2-basierten Navi-2X-Chips doch überaus hilfreich wäre. In jedem Fall scheint AMD nunmehr nVidia mittels der Navi-2X-Serie ernsthaft herausfordern zu wollen, denn Chipflächen von gut 500mm² unter der 7nm-Fertigung (oder besser) ergeben zusammen mit einem dicken Sprung bei der Energieeffizienz ein glasklares Enthusiasten-Projekt mit einem Performance-Potential beachtbar oberhalb der GeForce RTX 2080 Ti. Wenn AMD seine diesbezüglichen Pläne derart in die Tat umsetzen kann, benötigt nVidia dann wirklich die anstehende Ampere-Generation, um gleiches (oder besseres) aufbieten zu können.

Nachtrag vom 29. April 2020

Das Posting von 'AquariusZi' (laut unserem Forum ein bekannter Leaker zu TSMC-Interna) im PTT-Board mit den Chipflächen zu Navi 2X> ist möglicherweise als direkte Reaktion darauf entstanden, das einige Meldungen der letzten Tage bezüglich Dell-Notebooks mit Cezanne-APU samt "Navi 23" jenen AMD-Grafikchip fälschlicherweise als iGPU der Cezanne-APU eingeordnet hatten. In jedem Fall hat sich AquariusZi in seinem weiteren Posting auffallend stark mit der AMDs NextGen-APU auf Basis von Zen 3 und RDNA2 beschäftigt – und bringt dabei u.a. zum Ausdruck, das von integrierten Grafiklösungen trotz RDNA2-Architektur kein Hardware-RayTracing erwartet werden kann. Dies erscheint auch wenig zielführend, denn die Performance von iGPUs ist hierfür grundsätzlich zu schwach – ein RayTracing-Support würde also nur unnötig Chipfläche kosten. Wahrscheinlich deswegen hört RDNA2 dann bei einer Chipfläche von ~240mm² von Navi 23 auf (von AquariusZi mit dem deutlichen Hinweis versehen, das jene Chipfläche klar zu viel für eine APU wäre): Dies ist womöglich das Maximum, wo RayTracing noch Sinn ergibt – bei kleineren RDNA2-Chips wäre dies dann eher zu entfernen. Aber vermutlich dürfte AMD für das Mainstream-Segment schlicht den Navi-14-Chip aus der RDNA1-Serie weiterverwenden, jener bietet sich mit seiner deutlich kleineren Chipfläche von 158mm² perfekt für den Platz unterhalb von Navi 23 an.

Selbige Textstelle zu RayTracing bei RDNA2 wird anderenorts allerdings auch wieder anders gedeutet – hin in Richtung eines RayTracing-Supports allein für die HighEnd-Lösungen der RDNA2-Generation. Dafür spricht sicherlich der auffallend große Sprung in der Chipfläche zwischen Navi 22 (~340mm²) und Navi 21 (~505mm²) – aber ansonsten eigentlich gar nichts, denn AMD hatte schließlich indirekt den eigenen RayTracing-Support durchgehend von LowEnd- zum HighEnd-Segment in Aussicht gestellt (wobei selbige Aussage im Original bei weitem nicht so klar daherkommt, wie es AMD oftmals nachgesagt wird). Zudem wird mißachtet, das AquariusZi an dieser Textstelle (gemäß der Übersetzung ins Englische von RetiredEngineer) allein nur zwischen "high end products" und "lower end products" unterscheidet, sich zudem in einer generellen Abhandlung über AMDs NextGen-APU (mit Zen 3 & RDNA2) befindet. Da aber selbst AquariusZi das ganze mit einem "may" (könnte) versieht, läßt sich hieraus in jedem Fall keine belastbare Aussage ziehen, wonach AMD den RayTracing-Support innerhalb der RDNA2-Generation (außerhalb des APU-Bereichs) einschränkt. Dies stellt eine (noch) nicht auszuschließende Möglichkeit dar – mehr aber derzeit nicht.

Chipfl. Fertigung Archit. RayTr. (spekulierte) Hardware Release
Navi 10 251mm² N7 RDNA1 40 CU @ 256 Bit GDDR6 7. Juli 2019
Navi 14 158mm² N7 RDNA1 24 CU @ 128 Bit GDDR6 12. Dezember 2019
Navi 21 ~505mm² besser als N7 RDNA2 spekulativ 80-96 CU @ 384-512 Bit GDDR6 (oder HBM) H2/2020
Navi 22 ~340mm² besser als N7 RDNA2 spekulativ 56-64 CU @ 256-384 Bit GDDR6 Ende 2020 bis Anfang 2021
Navi 23 ~240mm² besser als N7 RDNA2 spekulativ 32-40 CU @ 192 Bit GDDR6 Ende 2020 bis Anfang 2021