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Gerüchteküche: Hardware-Spezifikationen zur Xbox Scarlett sprechen von Navi-21-Grafiklösung mit 3328 Shader-Einheiten

Bei Pastebin (via Xbox Dynasty) ist eine komplette Auflistung der Hardware-Spezifikationen der kommenden Xbox Scarlett aufgetaucht. Hierbei wurden sowohl die Spezifikationen des aktuellen Developer Kits als auch die Spezifikationen der finale Konsole sehr detailliert beschrieben – entweder lagen hierzu also Insider-Informationen vor, oder das ganze ist ein großer Fake. Für die Echtheit der Information spricht teilweise, das nirgendwo Übertreibungen oder augenscheinliche Unstimmigkeiten zu finden sind bzw. daß das ganze durchaus ins Rahmenbild passt, welches bislang zur Xbox Scarlett existiert. Eine Gewähr für die Korrektheit dieser Informationen kann dennoch nicht übernommen werden – man kann sich derzeit mehr oder weniger nur auf diese Informationen einlassen, in der Hoffnung, das dies alles stimmen möge.

Microsoft Xbox "Scarlett" Hardware-Spezifikationen

  • basierend auf dem "Anubis" SoC mit 393mm² Chipfläche
  • Custom Zen 2 Prozessor mit 8 CPU-Kernen (16 Threads) @ 3.4 GHz
  • Custom Navi 21 Grafiklösung mit 52 Shader-Clustern @ 1623 MHz
  • Hardware-RayTracing an Bord, 1 RT-Einheit pro Shader-Cluster
  • 24 GB GDDR6-Speicher @ 560 GB/sec
  • Speicher aufgeteilt in 18 GB regulärer Hauptspeicher, 2 GB Cache und 4 GB für das Betriebssystem
  • 1 TB NVMe-SSD auf PCI Express 4.0 als Massenspeicher
  • je nach Aufgabenstellung lassen sich 32-84 GB dieser SSD als virtueller Arbeitsspeicher nutzen
  • 2x HDMI 2.1 als Display-Ausgänge
  • Netzteil mit 275 Watt
  • finale Version soll im August 2020 vorliegen
  • Quelle: Pastebin

Grundsätzlich sind diese Hardware-Daten nicht überraschend, sondern wurden in dieser Form bereits erwartet. Offen waren zuletzt eigentlich nur die Leistungsfähigkeit der Grafiklösung, Speicherinterface sowie Speichermenge und letztlich die Frage, ob es wieder ein monolitischer Ansatz sein soll oder ob AMD hier doch sein Chiplet-Verfahren nutzt. Letzterer These kann man wohl eine Absage erteilen, denn die Nennung des "Anubis"-SoCs mit seiner Chipfläche von 393mm² räumt alle anderen Möglichkeiten vom Tisch. Natürlich ist es etwas überraschend, das bei der Grafiklösung mit "Navi 21" ein extra Codename genannt wird – aber dies dürfte nicht bedeuten, das die Grafiklösung extra gefertigt wird, die angegebene Chipfläche des SoCs reicht für die beschriebene Hardware ziemlich gut aus. Entweder hat AMD hier erstmals einer integrierten Grafiklösung einen eigenen Codenamen gegeben – oder das ganze ist eher im Sinne von "basierend auf der Technik von Navi 21" zu verstehen. Sollte Navi 21 allerdings tatsächlich ein extra Codename nur für den Konsolen-Bereich sein, würde dies auch bedeuten, das von den kürzlich gemeldeten zwei Navi-2X-Grafikchips nur noch einer für den PC-Einsatz vorgesehen wäre (was die Einordnung der verschiedenen Navi-Chips nochmals mehrdeutiger macht).

Die genannte Speicherkonfiguration passt zu diversen Platinen-Leaks, wo bereits 24 GB GDDR6-Speicher zu sehen waren, wenngleich mit höherer Geschwindigkeit. Microsoft scheint für die finale Konsole nicht den höchstmöglichen GDDR6-Speichertakt zu nutzen, sondern ist aufgrund der angebenen Speicherbandbreite schon mit ca. 2920 MHz Speichertakt zufrieden – möglicherweise schlicht aus Stromspar- bzw. Effizienzgründen. Das Speicherinterface dürfte wahrscheinlich einheitlich 384 Bit breit sein, geteilte Speicherinterface sind eher unwahrscheinlich – auch die dediziert 4 GB für das Betriebssystem hängen wohl am allgemeinen Speicherinterface. Dafür spricht die Hardware-Ausstattung des Developer Kits, welches mit 48 GB eine glatte Speicherverdopplung enthält (nicht ungewöhnlich für derartige Kits). Wenn es getrennte Speicherinterfaces je nach Nutzung der Speicherbereiche geben würde, wäre eine solche glatte Verdopplung nicht zwingend notwendig bzw. wäre auch die Nutzung von GDDR6-Speicher für das Betriebssystem nicht besonders effektiv. Die finale Konsole soll aber tatsächlich 12 Samsung-Speicherchips á 2 GByte tragen – was wiederum auf ein einheitliches 384 Bit breites Speicherinterface hinweist.

Als Hauptpunkt gibt es dann 56 Shader-Cluster, was 3328 Shader-Einheiten entspricht, die auf 1623 MHz GPU-Takt laufen. Inwiefern dieser Takt ein durchschnittlicher oder maximaler Boost sein soll, ist unklar – in jedem Fall ist es etwas niedriger als bei der Radeon RX 5700 XT (1755 MHz durchschnittlicher Boosttakt, 1905 MHz Maximaltakt), was allerdings für Spielekonsolen vollkommen normal ist. Auf 1623 MHz gerechnet, kommt man auf eine nominelle Rechenleistung von 10,8 TFlops, dies sind 20% mehr als bei der Radeon RX 5700 XT und grob das Niveau der GeForce RTX 2080 FE (10,6 TFlops). Ob diese Rechnung gänzlich stimmt, ist jedoch unsicher, weil eben die Maßgabe fehlt, wie die Taktratenangabe der SoC-Grafiklösung zu verstehen ist. In jedem Fall ist die herauskommende Rechenleistung (gemessen an aktuellen Grafikkarten) in der Nähe von HighEnd-Lösungen zu suchen, nicht aber bei den absoluten Spitzenmodellen. Dies wäre auch eher Konsolen-untypisch bzw. würde nicht ins Preisbudget dieser Spielekonsolen passen. Wie üblich, können Spielekonsolen lange auch mit (gegenüber dem PC) zurückhängender Rechenleistung überleben, beispielsweise kommt die Playstation 4 (1,8 TFlops) noch nicht einmal auf die Rechenleistung einer Radeon RX 460 (2,1 TFlops).

Architektur Rechenleistung Bandbreite
Xbox One GCN 1,3 TFlops 68 GB/sec
Playstation 4 GCN 1,8 TFlops 176 GB/sec
Playstation 4 Pro GCN 4,2 TFlops 218 GB/sec
Xbox One X GCN 6,0 TFlops 326 GB/sec
Radeon RX 5700 XT RDNA 9,0 TFlops 448 GB/sec
GeForce RTX 2080 FE Turing 10,6 TFlops 448 GB/sec
Xbox Scarlett RDNA 10,8 TFlops 560 GB/sec
GeForce RTX 2080 Ti FE Turing 14,2 TFlops 616 GB/sec

Es wird trotzdem eine Herausforderung, mit diesen Hardware-Daten ein wirkliches 4K-Rendering auf der Xbox Scarlett zu ermöglichen bzw. vor allem auch langfristig durchzuhalten. Wenigstens ist die Speicherbandbreite hierfür mit 560 GB/sec gutklassig (und höher als bei der vorgenannten GeForce RTX 2080). Denn Rest müssen dann Hardware-nähere Programmierung und diverse Tricks der Spieleentwickler bringen, welche insbesondere im Konsolenbereich natürlich darauf geeicht sind, mit einer bestimmten Hardware niemals unter eine gewisse Ziel-Framerate zu fallen. Man kann sich sicherlich auch noch leistungsfähigere Hardware vorstellen – wenn es allerdings in die genannte Chipfläche, das bekannte Preisbudget (üblicherweise 500 Dollar/Euro, maximal 600 Dollar/Euro) und zum genannten 275-Watt-Netzteil passen soll, erscheint tatsächlich nicht mehr möglich zu sein. Allein Navi 10 und ein Core-Chiplet von Zen 2 ergeben schließlich schon 325mm² Chipfläche – um auf den Anubis-SoC zu kommen, müssen in dessen 393mm² Chipfläche dann noch 30% mehr Shader-Einheiten, ein 50% größeres Speicherinterface sowie ein entsprechender Mainboard-Chipsatz herein. Die Benutzung der fortschrittlicheren 7nm+ Fertigung (unbestätigt, aber wahrscheinlich) ergibt noch einmal etwas bessere Möglichkeiten, aber keine komplett abweichende Rechnung.

Wie gesagt sind diese unbestätigten Hardware-Spezifikationen zur Xbox Scarlett somit vergleichsweise stimmig und können daher durchaus ernst genommen werden. Angeblich soll die finale Hardware im August 2020 vorliegen, was gut zum von Microsoft angesagten Launch-Termin im vierten Quartal 2020 passt – somit verbleiben einige Monate Zeit, um genügend Konsolen für den Launch vorzuproduzieren. Im PC-Bereich sollten zum Launchtermin der Xbox Scarlett ziemlich sicher schon neue Grafikkarten-Generationen von AMD und nVidia übernommen haben, welche das Rohleistungs-Niveau auf dem PC nochmals weiter nach oben verschieben werden. Dennoch dürfte diese NextGen-Spielekonsole ihren Einfluß auf das PC-Segment haben, denn wenn man mittels der Xbox Scarlett (wie auch der Playstation 5) dann UltraHD-Rendering zu (angenommen) 500 Dollar/Euro anbietet, lassen sich die jetzigen Grafikkarten-Preise auf dem PC nicht mehr wirklich halten. Die beiden kommenden NextGen-Spielekonsolen könnten somit neben dem sicherlich zu erwartenden technologischen Schub, welcher sich in besseren Spielen für Konsoleros und PC-Jünger äußern wird, sogar eine gewisse Preisbereinigung bei PC-Grafikkarten auslösen.

Nachtrag vom 12. August 2019

Neben einigen Bedenken, ob die ganze genannte Technik überhaupt ins knappe Power-Budget eines 275-Watt-Netzteils passt, gibt es zu den (angeblichen) Xbox Scarlett Spezifikationen vor allem den (schlagenden) Einwand, das der genannte SoC-Name "Anubis" eigentlich zur Xbox One X gehört. Es existieren hierfür zwar vergleichsweise wenige Belege (beispielsweise bei TechPowerUp), gleichfalls wurde "Anubis" auch schon in Jahresanfangs-Gerüchten der Xbox Scarlett zugeordnet, nichtsdestotrotz ist dies ein starkes Gegenargument. Denn wenn der Name "Anubis" wirklich zur Xbox One X gehört, hat jener bei der Xbox Scarlett regulärerweise nichts zu suchen – was die Chance auf einen Fake doch sehr erheblich erhöht. Dabei passt ein solcher einfacher Fehler nicht einmal zum Stil der restlichen technischen Angaben, welche recht solide und vollständig vorgetragen wurden. In jedem Fall kann man damit dieses Gerücht als arg in der Schwebe betrachten – wer es ganz genau nehmen will, sollte selbiges wegen dieser klaren Unstimmigkeit bei der Namenswahl des SoCs eher ignorieren. Im gegenteiligen Fall darf dann zumindest in der Frage, ob die ganze Technik überhaupt ins Power-Budget passt, immer noch eingerechnet werden, das hier wahrscheinlich schon die verbesserte 7nm+ Fertigung von TSMC angesetzt werden wird – welche etwas stromsparender zu Werke gehen sollte als die initiale 7nm-Fertigung der aktuellen Zen-2-Prozessoren und Navi-Grafikchips.